Verborgen
Verborgen
„Und wie hört sich das an?“, ruft Frank während der Motor laut zu grollen anfängt.
„Das ist Musik in meinen Ohren!“, ruft ihm Eveline Meier, durch das offene Fenster zu und dreht den Motor wieder ab.
Frank geht zu ihr ans Fenster, während er sich die Hände am, früher mal weiß gewesenen, Lappen abwischt.
„danke.“, sagt sie leise, „du bist der Beste.“
Etwas später sieht er durchs Fenster seines Büros, wie sie mit dem reparierten Wagen davonfährt. Er überfliegt noch die letzten Abrechnung, löscht das Licht und schließt die Türen. Es ist Zeit Feierabend zu machen, denkt er. Er geht zu seinem alten Lieferwagen, der auch mal eine Generalüberholung brauchen könnte, steigt ein und fährt los, nachdem er einen Radiosender mit passender Musik gefunden hat.
Frank zündet sich, derweil Johnny Cash eine Countryballade durch die Boxen raunt, eine Zigarette an. Zuhause wird das nicht mehr möglich sein. Er genießt jeden Zug.
Er fährt aus der Stadt, oder besser dem kleinen Ort heraus, überquert die holprigen Landstrassen, die langsam aber sicher zu seinem Anwesen führen. Abgelegen und einsam wohnen. Das ist das wenige von seinen früheren Träumen gewesen, das er tatsächlich umgesetzt hat. Darauf hatte er bestanden. Ein paar Tiere, ein großer Garten, ein kleines Feld für etwas Getreide. Ein wenig Bäuerliches, wie es seine Vorfahren im großen gehabt hatten.
Der Staub steigt unter den Rädern seines Wagens auf, wie er sich seinem Anwesen nähert. Überrascht stellt Frank fest, dass ein Mercedes mit abgedunkelten Scheiben etwas abseits ihres Hauses parkiert steht.
„Keine Ahnung, wem der gehört.“, denkt Frank und drückt die zweite Zigarette aus, wie er einbiegt und an dem Mercedes vorbeifährt.
Als er ins Haus kommt, riecht er schon das Abendessen.
„Ich war doch heute mit kochen dran!“, ruft er und weiß nicht, ob er sich freuen soll oder enttäuscht ist.
„Ich hab da dieses neue Rezept aufgeschnappt.“, sagt Fabienne, die ihn von hinten mit ihren Armen umschließt und ihm einen Kuss auf die Wange drückt.
„Haben wir Besuch?“
„Nein, warum?“
„Da draußen steht ein Wagen.....“
„Ach der..“, unterbricht sie ihn seufzend, „steht schon seit heute Mittag dort. War einfach plötzlich da, wie aus dem nichts. Ich sah weder jemanden aus- noch einsteigen.“
Plötzlich unterbricht sie ein lauter, langgezogener Schrei. Frank wendet sich gerade noch rechtzeitig zur Treppe, um den neunjährigen Paul gerade noch die letzten Stufen hinab hüpfen zu sehen.
„hey, hey.“; macht Frank, „nur ruhig, ja? Ich könnte etwas Ruhe brauchen.“
Paul streckt die Zunge raus, springt zu ihm, Frank geht in die Hocke, um sich einen Kuss abzuholen und danach rennt der Kleine weiter ins Wohnzimmer, wo er den Frank verhassten Fernseher einschaltet. Ein Kompromiss, um den Frank nicht herumgekommen war.
Nachdem er sich ausgezogen, seiner Frau einer Weile beim Kochen zugesehen und sie mit Komplimenten über ihre grazilen Bewegungen überflutet hat, beginnt er den Tisch zu decken.
Anna und Felix treffen gemeinsam ein, als Frank gerade das letzte Besteckpaar zurechtrückt.
„Wem gehört der Luxusschlitten da draußen?“, will Felix wissen, während seine vier Jahre jüngere Schwester, erst einmal ihrem Vater einen Kuss gibt.
Frank hebt seine Arme leer in die Höhe.
„Wir sind völlig ahnungslos.“, ruft er.
„Felix dachte schon, er gehört uns und er kriegt den Alten.“; meint Anna zu Frank
„HA, soweit kommts noch. Ich dachte, du bist Sozialist?“, ruft er zu seinem Sohn zu, „die fahren keine Autos, die laufen. Ist gerechter für die Welt.“
Das Abendessen war wie immer ein Chaos. Zumindest in den Augen Franks. Da war auf der einen Seite sein Sohn Felix. Der gute steht am Ende der Pubertät. Er redet ständig in einer pubertärpolitischen Art, während seine Schwester Anna gerade am Anfang der Pubertät steht und im Sekundentakt von charmant, liebevoll, zu bissig und trotzig wechselt und dann wär da noch der Kleinste, Paul, der sowieso das Chaos in Person ist.
Die einzige Rettung für Frank, nicht völlig verrückt zu werden, ist es hin und wieder einen Blick in die Augen seiner Frau zu werfen. Ihr Lächeln lässt ihn sofort wieder wissen, wie gut er es doch hat.
Beim Abwasch sieht Frank zufällig wieder nach draußen. Es ist inzwischen dunkel, der Mercedes steht immer noch da.
„ich frag mich, was das soll.“, murmelt er vor sich hin.
„Warten wir bis morgen.“, meint Fabienne, die hinter ihm den Kühlschrank öffnet.
Am nächsten Morgen steht Frank früh auf. Das erste, was ihn antreibt, ist die Neugier, ob der Wagen immer noch draußen steht. Er läuft zum Fenster und tatsächlich hat sich der Mercedes keinen Zentimeter vom Fleck bewegt.
Grummelnd geht sich Frank waschen, zieht sich an. Sonst beobachtet er jeden morgen noch eine Weile lang seine Frau, doch an diesem Morgen denkt er nur an dieses Auto.
Als er in der Küche die Thermoskanne mit seinem Kaffe verschließt, kommt auch Fabienne aus dem Zimmer.
„Er steht immer noch da draußen.“, sagt Frank missmutig, als er seine Frau hört, ohne sich zu ihr drehen.
„Vielleicht campt jemand in der Nähe und dachte, er lässt den Wagen dort für die Zeit stehen.“
Frank dreht sich zu ihr und wirft seiner Frau einen leicht abschätzigen Blick zu.
„Es gibt komische Menschen, Liebling.“, entschuldigt sie ihre Vermutung.
Frank seufzt laut, packt die Kanne, geht zu Fabienne, küsst sie und verlässt das Haus. Bei seinem Wagen angekommen öffnet er die Tür, wirft die Kanne auf den Beifahrersitz und hält inne. Er wendet seinen Blick zum Mercedes.
„Verdammt.“, sagt er und geht los.
Frank ist noch knapp zwanzig Schritte von dem Auto entfernt, da hört er, wie plötzlich der Motor angeht. Vor Schreck weicht Frank einen Schritt zurück, doch der Wagen bleibt stehen. Frank geht weiter, Schritt für Schritt. Seine Mine ist ernst, fast wütend. Nach zehn Schritten fährt der Mercedes los, wendet und fährt aus Franks Blickwinkel. Als er sich nach einem Moment wieder verwirrt umdreht, sieht er seine Frau, die ihn von der Haustür her besorgt beobachtet.
Frank bringt gerade eine Radkappe an einem alten Toyota an, als das Telefon im Büro losträllert. Er steht auf und wischt sich die Hände ab.
„Ja?“, meldet er sich, nach dem Abheben des Hörers.
„Frank? Ich bins. Der Wagen steht wieder draußen.“, sagt seine Frau mit schüchterner Stimme.
„Verdammt!“, entfährt es Frank, „hör zu, bleib ruhig. Das ist irgendein blöder Scherz. Ruf den Wachtmeister an, der soll sich drum kümmern, ok?“
„Schon getan, er ist unterwegs.“
„Gut.“
„Ich hab Angst, Frank.“
„Brauchst du nicht.“, Frank lächelt, „das ist nur ein Idiot, der uns erschrecken will.“
„Warum denn?“
„Langeweile.“
Als Frank am Abend nach Hause gefahren kommt, stellt er beruhigt fest, dass sich kein Mercedes mehr in Sichtweite befindet.
Im Haus erklärt ihm Fabienne, während Frank Spaghetti kocht, dass der Mercedes weggefahren sei, kaum habe sich der Polizeiwagen genähert.
„Idiot.“; sagt Frank kichernd.
Das Abendessen geht wie das gestrige vonstatten. Frank verrichtet den Abwasch gemeinsam mit Fabienne. Sie sind so ins Schäkern vertieft, dass sie nichts um sich herum mitbekommen, bis Paul plötzlich in die Küche tritt und meint:
„Das Auto steht wieder da!“.
Erschrocken starren beide aus dem Küchenfenster. An der selben Stelle wie zuletzt steht der Mercedes. Ohne zu zögern geht Frank zum Telefon und nimmt den Hörer ab. Die Leitung ist tot, stellt er leise fest.
„Was?“, ruft Anna empört, „Vivian wollte mich noch anrufen.“
Frank kehrt in die Küche zurück, Fabienne starrt immer noch durch das Fenster nach draußen.
„Wir haben keine Telefonverbindung.“, sagt er.
„Was bedeutet das?“
„Dass die Leitungen wieder mal spinnen.“, er lächelt, „Komm schon, Schatz, das passiert uns hier draußen nicht zum ersten Mal.“
Sie reagiert nicht.
„Wer auch immer das ist, er will uns provozieren. Wir müssen einfach ruhig bleiben.“, sagt Frank bestimmt, „das ist alles.“
Daraufhin geht Frank zur Tür raus. Er läuft ruhigen Schrittes zu seinem Wagen. Er setzt sich hinein und will den Motor starten, doch es geht nicht.
Als er zurück ins Haus kommt, fragt ihn Fabienne, was er draußen getan habe.
„Nichts, nur frische Luft geschnappt.“, Frank geht ins Wohnzimmer, während ihm Fabienne folgt. Die Kinder sitzen alle vor dem Fernseher.
„Hört mal.“, sagt er, „ich will, dass niemand heute Abend raus geht.“
„Warum?“, wollen Anna und Felix im Chor wissen.
„Der Typ im Mercedes ist wieder draußen. Wenn wir ihn ignorieren, wird es ihm vielleicht bald mal langweilig.“
„Warum rufst du nicht die Staatsmacht?“, fragt Felix.
„Wir haben keine Telefonverbindung.“, antwortet Anna an der Stelle ihres Vaters.
Felix wirft seinem Vater einen skeptischen Blick zu, wieder lächelt Frank.
„macht euch keine Sorgen. Das ist nur ein Spinner! Gestalten wir uns einfach einen schönen Abend.“
Felix und Fabienne schien dieser Spruch nicht zu beruhigen. Egal wie sehr Frank versuchte gelöst und gut gelaunt zu wirken.
Immer wieder fand Frank einen von beiden vor einem Fenster stehend wieder, mit dem Blick zum fremden Wagen gerichtet.
Um zehn Uhr, nachdem er Paul ins Bett gebracht hat, schleicht sich Frank heimlich in den Keller. Er schließt seinen Schrank auf und kramt sein Gewehr und Munition hervor. Nachdem er es geladen hat, wischt er sich mit der Handfläche über sein heißes, von Schweißperlen heimgesuchtes Gesicht.
Er wartet schliesslich bis nach Mitternacht. Alle sind seit einer Weile im Bett. Nur Frank ist noch auf. Und der Mercedes steht immer noch draußen. Jetzt holt er aus dem Keller das Gewehr.
Innerlich zerreißt ihn die Nervosität beinahe, äußerlich jedoch wirkt er ruhig und gefasst, als er die Treppe vom Keller hochsteigt und schliesslich mit dem Gewehr im Anschlag das Haus verlässt. Draußen hat Regen eingesetzt, eine kalte Brise weht. Frank nähert sich Schritt für Schritt dem Mercedes, während er das Gewehr an seinen Oberkörper gepresst hält. Während des Gehens lädt er die Waffe durch und dann, dreißig Schritte vor dem Mercedes, hält er inne. Das Fenster zur Beifahrerseite geht ein Stück weit hinunter. Frank will gerade die Waffe hochnehmen, als ein Lauf am Fenster vorbei auf ihn zeigt. Ein Schuss löst sich, Frank lässt perplex die Waffe fallen und wirft sich zu Boden.
Eine tiefe Männerstimme erklingt:
„Lassen sie die Waffe liegen und kehren sie in ihr Haus zurück.“
„Wer sind sie?“, entgegnet Frank mit verzerrtem Gesicht.
Der Lauf zeigt immer noch auf ihn, es kommt keine Antwort.
Zögernd kämpft sich Frank zurück auf die Beine, sieht zum Gewehr am Boden, zum Lauf der Waffe, die auf ihn zeigt und er kehrt langsam zurück zum Haus.
Kaum ist er wieder drin, hört er die Schritte von oben.
„Frank!“, ruft seine Frau, die mit den Kindern im Schlepptau die Treppe hinabgestürmt kommt.
Paul und Felix bleiben etwas abseits, Fabienne umarmt ihn und Anna geht auf die Tür zu.
„Anna!“, schreit Frank, „Komm zurück!“
„Wer ist das?“; fragt Anna mit zittriger Stimme.
Felix rennt zu ihr und schließt sie in seine Arme, wo sie zu weinen anfängt. Paul beobachtet die Szenerie mit skeptischem Blick, so als vermute er irgendeinen Scherz und dass alle gleich zu lachen anfangen würden.
Es vergehen Minuten und Stunden, wo sie gemeinsam da sitzen. Nervosität, Gereiztheit, Panik und Wut wechseln sich ab. Immer überschattet von Hoffnungslosigkeit.
Paul ist wieder eingeschlafen und liegt im Schoss von Felix. Anna versucht ein Buch zu lesen.
Felix hatte vorhin vorgeschlagen einfach zu gehen, wegzurennen. Es gab sogar einen Streit deswegen zwischen ihm und seinem Vater.
„Ruhe bewahren.“, war alles, was dieser zu sagen hatte, der vorhin noch fast erschossen worden wäre.
Zumindest das ewige „warum“ und „wer“ hatte aufgehört.
Um vier Uhr bat Frank seine Frau mit ihm in die Küche zu kommen.
„Hör mal, wir müssen etwas tun.“, sagt er ruhig.
„Aber....“, sie will ihm widersprechen, dass er doch die ganze Zeit über meinte, sie sollen ruhig bleiben, doch er lässt sie nicht aussprechen, „er hat auf mich geschossen, er kann mich nicht mehr gehen lassen.“
„Was willst du denn tun?“; fragt sie.
„Ich lenke ihn ab, gehe wieder raus. In der Zeit musst du mit den Kindern hinten aus dem Fenster steigen und über den Hügel in den Wald fliehen.“
„Nein.“, sagt sie ohne zu zögern, „vergiss es, nein. Bestimmt nicht.“
„Es gibt keine andere Möglichkeit. Ihr könnt Hilfe rufen.“
„Nein, Frank, nein.“
„Ok, hör zu.“, er umgreift ihre Schultern, „das alles ist wegen mir. Ich bin an alldem schuld.“
„Nein, du hast nur versucht....“
„Nicht wegen vorhin.“, er sieht, wie ihn seine Frau fassungslos anschaut, „bevor wir uns kennen lernten. Ich war früher ein anderer, als du meinst. Ich habe gedealt, krumme Geschäfte gemacht. Schließlich habe ich meine Leute, Gangster, Kriminelle, verraten. Damit kam ich selber frei. Ich habe alle möglichen Verbrecher an die Polizei verraten.“
Fabienne sieht ihn entsetzt an, dann lacht sie los, das ist zu verrückt.
„Es ist die Wahrheit.“; sagte Frank und schüttelte sie leicht, daraufhin reisst sich Fabienne los, schlägt ihm ins Gesicht und verlässt die Küche.
„Weck Paul!“, befiehlt sie im Wohnzimmer Felix, „wir hauen ab.“
„Na endlich.“, sagt er.
„Aber wie?“, will Anna wissen, als Frank zurück ins Zimmer kommt.
„Dein Vater lenkt den Typen da draußen ab.“; antwortet Fabienne, woraufhin Felix entsetzt aufspringt. Paul reibt sich die Augen.
„Aber das geht doch nicht!“, widerspricht Felix, „das ist irre.“
Er verstummt, als ihm Fabienne eine Ohrfeige verpasst.
„Wag nicht mit mir umzugehen, als wäre ich dumm. Ihr tut jetzt, was wir sagen.“
„eure Mutter hat Recht.“; sagt Frank und beginnt zu erklären, was er vorhat und wie sie fliehen sollen.
Felix, Anna und Fabienne sollen jeweils ein Küchenmesser mit sich nehmen.
Felix hat nur ein zynisches Lachen für die Idee übrig. Doch er sagt nichts weiter. Er denkt an seine Geschwister, für die er sich am allermeisten verantwortlich fühlt.
Die Verabschiedung geht zügig, kalt und gehetzt vor sich. Es ist ja auch keine Verabschiedung, sie sehen sich ja wieder, meint Frank. Umarmt alle kurz und schiebt sie dann weg.
Felix schüttelt während dieser Prozedur nur den Kopf.
Schließlich verschwinden sie alle in dem Zimmer, durch dessen Fenster sie steigen sollen. Frank will keine Zeit verstreichen lassen und geht zur Haustür. Angst macht sich plötzlich in ihm breit, nicht um die anderen, sondern plötzlich um sich selbst. Er muss sich dazu überwinden, die Türklinke umzulegen und nach draußen zu treten. Er glaubt den Blick des Fremden auf sich spüren zu können, als er den ersten Schritt nach draußen setzt.
„ich muss mit ihnen reden!“, ruft er, „wir wollen verhandeln! Wir haben Geld!“
Es folgt keine Reaktion und Frank geht einfach weiter, nähert sich dem Mercedes. Irgendwann geht das Fenster wieder ein Stück hinunter und er blickt wieder in den Lauf der Waffe.
„Hören sie!“, er lächelt, schmierig wie ein Vertreter, „sagen sie uns doch, was sie wollen.“
Was Frank nicht weiß, ist, dass seine Frau im Fensterrahmen inne gehalten hat. Sie drückte Paul Felix in den Arm und sagte, er müsse dafür sorgen, dass sie nicht anhielten, bevor sie den Wald erreicht hätten, sie bliebe bei ihrem Vater.
Deshalb erschreckt er auch mehr ab ihrer Stimme, als ab der Waffe, die vom Mercedes her auf ihn zeigt, als sie meint:
„Wir können ihnen viel bezahlen!“, sie kommt bis zu Frank gelaufen. Er sieht sie ungläubig an, sagt jedoch nichts.
„Wir haben bestimmt mehrere Tausend hier und könnten noch mehr von der Bank beschaffen.“; fährt sie fort und Frank nickt zustimmend.
Die beiden Männer im Wagen beobachten die beiden Eltern gelangweilt. Der Dickere, dafür etwas Jüngere der beiden zielt die ganze Zeit über mit seiner Pistole nach draußen. Dann klingelt plötzlich das Autotelefon. Der Ältere und Dünnere der beiden nimmt den Hörer ab.
„Ja?“, krächzt er.
„Ich bins, ich wäre jetzt soweit.“
„Na dann, nur zu..“, der Dünne und Ältere bricht das Gespräch wieder ab und lächelt den Dickeren und gleichsam Jüngeren an.
Frank und Fabienne stehen indes, ohne irgendetwas davon mitzukriegen noch immer draußen und reden sich um Kopf und Kragen. Beide haben das Gefühl, dass sie ihre Sache gut machen. Immerhin wurde nicht auf sie geschossen. Das muss doch als Erfolg gewertet werden. Doch noch bevor sie sich richtig freuen können, hören sie, wie doch plötzlich Schüsse abgegeben werden. Nicht etwa auf sie beide. Nein. Die Schüsse klingen aus der Ferne. Einer; zwei und ein dritter. Erst reagiert keiner der beiden. Erst verstehen sie nicht, was eben vor sich geht. Es dauert fünf Sekunden, bis sich das Gesicht Fabiennes schmerzlich verzieht, sie keuchend, stöhnend auf ihre Knie fällt. Es dauert, bis Frank bewusst wird, was die drei Schüsse zu bedeuten haben. Er starrt jedoch weiterhin nur auf den Wagen. Er ist überzeugt, gleich wird auch er getötet. Der Motor erklingt, die Räder setzen sich in Bewegung, während die Waffe vor seinem Angesicht verschwindet und das Fenster wieder hochgekurbelt wird.
Der Mercedes fährt davon. Einfach so. Frank dreht sich zu Fabienne, die auf den Boden starrt und komische Geräusche von sich gibt. Langsam macht er sich auf dem Weg ums Haus herum, den Hügel hinauf. Er sucht seine Kinder.
Diese wird er auch finden. Sie liegen nur einen knappen Kilometer von ihnen entfernt. Kurz vor einer Waldlichtung sind ihre toten Körper über den Boden verteilt. Wie Jagdvieh niedergestreckt. Auf dem Hügel etwas entfernt, montiert ein junger, hübscher Student gerade sein Gewehr auseinander und verräumt die Einzelteile in einem Koffer. Er hat seine Aufgabe für heute erledigt.
Es ist Zeit für den Feierabend, denkt er und geht ......