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Verdammtes Unbunt

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15.03.2008
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Verdammtes Unbunt

Wie er die Maschinerie hasst, zu der sein Leben werden kann, eingezwängt zwischen eigenen Ansprüchen und den Erwartungen der andern.
Es fühlt sich an, als schnauft er auf rostigen Geleisen einen ständig wachsenden Berg hinauf.

Vorgestern war noch alles gut, erinnert er sich.
Jedes Wort war mit Musikalität durchwirkt, jeder Satz ein lustiges Liedchen.
Nach einem langen Lauf legte er sich auf sein Bett und sah den Worten so lange beim Tanzen zu, bis die Buchstaben ihre Bedeutung und Form verloren, um dann ineinander zu fließen, bunt wie ein Spektrum aller Schmetterlingsfarben.
Nach diesem Erlebnis wusste er: Kein Schatten holte ihn jemals wieder ein!
Nicht nachdem er die Quelle aller Farben gesehen hatte.

Natürlich täuschte er sich. Nach den gauklerischen Farbspielen umklammerte der Würgegriff des Alltags nur umso fester die Kehle und ließ nur noch wenige Worte entkommen, die nicht zueinander passten.
Das Essen schmeckte vergiftet, der morgendliche Lauf erfrischte nicht mehr, sondern ermüdete.

Letzte Nacht wurde er von seiner Atemlosigkeit gehetzt, bis er sich in einer fremden Umgebung wiederfand.
Wenige Sekunden später bemerkte er, dass er vor seiner Haustür stand und spürte die Rattenzähne des Wahnsinns an der Vernunft nagen.
In seiner Wohnung klinkte er seinen Wahn in ein Word-Dokument und schrieb sich in die Tiefe hinein und wieder hinaus. Irgendwann waren alle bösen Geister in Buchstaben gebannt, er schlief ein.

Als er an diesem Morgen erwacht, startet er den Computer in der Hoffnung auf ein paar gelungene Worte, dumpf erinnert er sich an das Gefühl ein großes Gedicht geschrieben zu haben. Doch sind es nur große Worte, die sich beim gedanklichen Abklopfen als hohl erweisen.
Beginnende Geisteskrankheit hätte er hinnehmen können, aber vor Phrasendrescherei fürchtet er sich. Von dem Gedicht angewidert, schlägt er auf den altmodischen Röhrenbildschirm bis der in einem jämmerlich kleinen Blitz implodiert.

Wenig später wird es Zeit, loszugehen. Er setzt einen Fuß vor den anderen, bis er auf dem realen Bahnsteig ankommt. Dort steht er jeden Morgen und wartet auf den Zug, der ihn zur Arbeit bzw. in hinreichende Nähe deportiert. Arbeitsstelle: Eine Buchhandlung, der zentrale Punkt in seinem Leben. Wenn es gut läuft, ein Tanzsaal, an schattigen Tagen wie diesem ein steinerner Käfig.

Manchmal träumt er wie es wäre: Einfach im Zug sitzen bleiben, nicht am Bahnhof raus, wo er jeden Morgen aussteigt, von wo er sich auf den immer gleichen Fußweg zur Arbeit macht.
Wohin der Zug weiter fährt, das weiß er nicht. Das will er nicht wissen, um darüber spekulieren zu können: Sich mögliche Zielbahnhöfe erträumend.
Vielleicht ratterte der Zug wie eine schwergewichtige Gleisfee auf dem Weg vom Hauptbahnhof aus in den Nordosten einfach in derselben Richtung weiter, bis an die Ostsee, wo er einen Tag am ewig wandelbaren Meer verbringen könnte.
Oder was ihm endorphingeschwängerte Tage vorgaukelten: Die Geleise machten eine Biegung, führten nach Südosten weiter: An Prag vorbei, den Balkan hinunter, einen Tag später stiege er in Istanbul aus, dem byzantinischem Konstantinopel, wo er über Basare schlenderte, ehrwürdigen Männern an ihren weißen Bärten zöge und ein paar Gramm türkischer Opiumproduktion paffte.

Ja, wieso eigentlich nicht? Wieso nicht einmal weiter fahren – Istanbul wartete schon auf ihn. Nur weg von dieser inspirationsfressenden Alltagsmaschinerie. Was denkbar ist, muss auch möglich sein! (Er hatte es stets vermieden, seine Blauäugigkeit zu verlieren, indem er seine Träume nie in die Tat umzusetzen versuchte.)

Schon ist es soweit, der Zug fährt ein, er setzt sich hinein. Wenige Minuten später signalisiert ein Schaffner freie Fahrt. Der übliche Weg vorbei an vier Unterwegsbahnhöfen. Sein Blick fliegt mit der Geschwindigkeit des Zuges über die allzu bekannten Landmarken, deren Betrachtung seinen Geist leert, wie es das Abfühlen der kleinen Knubbel auf dem Rosenkranz bewirkt oder das gleichförmige Gebrabbel von Mantras.

Der Zug quietscht in den Bahnhof ein, an dem er aussteigen müsste.
Und er stampft weiter, wie jeden Morgen, aber dieses mal mit dem Dichter als Passagier, wie nie zuvor. Die Grenze des Unbekannten, die bisher nur in der Vorstellungskraft überschritten wurde, verschiebt sich mit jeder Minute weiter nach hinten.

Die Expedition ins Unbekannte dauert sieben Minuten und sechzehn Sekunden. Dann fährt der Zug in einen schäbigen Provinzbahnhof ein, den der Schaffner als Endhaltestelle ausgibt und wo er die Fahrgäste auffordert auszusteigen.

Der Passagier steigt aus. Kurz danach pfeift der Schaffner die Abfahrt des Zuges des gegenüberliegenden Gleises an. Der potentielle Arbeiter durchschlüpft die Zugtüren, kurz bevor sich das stählerne Biest in Bewegung setzt. Er fährt wieder! Zurück.

Ungefähr acht Minuten (die Rückfahrt dauert länger, weil dieser Zugführer von einem Zugunglück träumte, wovon er niemandem erzählte, weswegen er aber seine Geschwindigkeit um wenige Km/h reduzierte, was er selbst nicht bemerkte) nachdem sie losfuhren, halten sie bei der Haltestelle in der Nähe seiner Arbeit.
Jetzt steigt der junge Arbeiter aus (nur ein Spatz bemerkt, dass er aus einer Richtung kommt, aus der er nie zuvor kam und macht tschilpend darauf aufmerksam) und geht eilig zu seinem Job. Er macht sich auf Ärger gefasst, aber es ist schlimmer: Niemand bemerkte sein Fehlen.

 

Hallo Kubus,

ein Mensch, der sich davor fürchtet, von dem großen Ungetüm Alltag verschluckt zu werden. Ein Mensch, der sich mit seiner Dichtung von der Herde zu lösen versucht, danach trachtet, sich über diese zu erhöhen. Doch insgeheim weiß er, dass er nur einer von ihnen ist. Seine Dichtung, die ihn eigentlich vom Gewöhnlichen scheiden soll, führt ihn das vor Augen, zeigt, dass er die Worte so wenig beherrscht wie das Leben. Zumindest fehlt ihm der konsequente Mut dazu, sich selbst zum Meister aufzuschwingen. Die Versuche sind bestenfalls halbherzig.
Soweit meine Lesart.

Das Gefühl, das deinen prot antreibt ist mir natürlich nicht unbekannt.
Aber leider verspielst du die eigentlich Kraft der Kg durch das Überreizen deiner Bilder. Man merkt dem Text zu sehr an, dass er mit ausgefallenen Formulierungen beeindrucken möchte. Dabei wäre an vielen Stellen weniger mehr.
Die Idee mit den Geleisen/ der Lok ist gut. DIe bringst du am Anfang an und nimmst sie später wieder auf. Aber dazwische sind es zu viele andere Elemente, die in ihrer Fülle den Text erschlagen.
Zudem wäre dein Prot auch greifbarer, wenn du hn und wieder etwas Konkretes durch den poetischen Filter lassen würdest. Weswegen war denn noch vor zei Tagen alles anders? Was genau hat ihn runtergezogen? Was treibt ihn zum Dichten? Der Prot bleibt etwas blass, sebst nur eine Formulierung zwischen vielen anderen Zeilen, die nirgends richtig haften wollen und irgendwie aus dem Stadium der Idee nicht heraus kommen.

grüßlichst
weltenläufer

 

hi weltenläufer!

ich verstehe was du meinst, habe selbst das gefühl, die geschichte ist nicht ganz echt, der fehlt herzblut. sie ist ja auch ein kunstprodukt, spielt fernab der eigenen erfahrung und ist wiederholt durch diesen poetischen filter getropft. wobei diese punkte alleine nicht gegen eine gute geschichte sprechen müssen. aber hier teile ich dein gefühl in teilen, vielleicht liegts wirklich daran, dass der prot zwischen bildwelten verschwindet?
aber aus verschiedenen gefühlsperspektiven denke ich mir: da ist die lok eine schwergewichtige gleisfee, ein eisenkoloss, eine stählerne bestie! byzanz ist konstantinopel ist istanbul... scheiß auf beeindrucken - dieses spielerische macht spaß!
freilich sollte es auch dem leser so gehen. :)

ich wart noch ein weilchen ab (wegen ev. rückmeldungen von hier oder anderen foren), dann überarbeite ich die story nochmal.
mein dank fürs vorbeischauen und die mitteilung der lesart - interessiert mich immer sehr!

grüße
kubus

 

Hallo Kubus,

auch, wenn dein Protagonist am Ende Bahn fährt, bleibt mein erstes Detail gültig.
Mir hat die Geschichte insgesamt durchaus gefallen. Die Autoren scheinen es dir im Moment angetan zu haben. Das Gefühl kenne ich auch, gerade, weil mein Alltag mich auch dauernd am Schreiben hindert. Mir ging es ähnlich wie weltenläufer, zunächst fand ich den Text zu überladen. Zum Ende hin gerätst du mehr in Fluss, bleibst gleichmäßiger und fängst den Kontrast zwischen Anspruch und Realität dadurch besser ein. Die Sprache wird für mein Gefühl aber dann zu sehr zur Umgangssprache.
Details:

Ein Gefühl wie in einem Tal, dessen Berge widernatürlich schnell wachsen und durch das er auf rostigen Geleisen eine scheinbar endlose Steigung hinauf schnauft.
ein in sich inkonsistenter Vergleich, erst müssen die Berge erst wachsen, dann schnauft er aber auf schon rostigen Schienen die Berge hinauf. Auch umschließen der Berge Täler, sind also deren Kontrast, nicht Teil davon, selbst, wenn ohne Berge natürlich kein Tal existiert. Und wenn er durch das Tal fährt (ist er eigentlich eine Lokomotive?), kann er nicht gleichzeitig die Berge hinauf. Als letztes frage ich mich, warum du die Anstrengung minimierst, indem er nicht selbst laufen muss?
farbig wie ein Spektrum aller Schmetterlingsfarben.
mglw. bunt
Letzte Nacht wurde er von seiner Atemlosigkeit so lange durch die Stadt gehetzt
wenn ich atemlos bin, kann ich nicht laufen, meinst du vielleicht eher rastlos?
Wenige Sekunden später bemerkte er, dass er vor seiner Haustür stand.
In diesem Moment spürte er die Rattenzähne des Wahnsinns an der Vernunft nagen.
Bald darauf in seiner Wohnung klinkte er seinen Wahn in ein Word-Dokument
Meinst du nicht, dass du mit den Verlaufseinleitungen ein wenig übertreibst?
Vielleicht haben wir einen unterschiedlichen Begriff von klinken/einklinken, ich finde die Vokabel nicht passend.
zuletzt implodiert er in einem jämmerlich kleinen Blitz
Mein technischer Unverstand fragt sich, ob das bei einem Flachbildschirm möglich ist oder nur bei einem Röhrenmonitor?
Einfach im Zug sitzen bleiben, nicht am Bahnhof aussteigen, wo er jeden Morgen aussteigt
Dreimal die gleiche Information, zweimal dasselbe Wort.
(Er hatte es stets vermieden, seine Blauäugigkeit zu verlieren, indem er seine Träume nie in die Tat umzusetzen versuchte.)
Würde ich aus der Klammer nehmen und nach "Ja, wieso eigentlich nicht?" platzieren. Ist vom Timing her dann glaube ich besser.
Schon war es soweit, der Zug fährt ein, er setzt sich hinein
Tempus: Schon ist es soweit
(die Rückfahrt dauert länger, weil dieser Zugführer von einem Zugunglück träumte, wovon er niemandem erzählte, weswegen er aber seine Geschwindigkeit um wenige Km/h reduziert, was er selbst nicht merkt)
auch hier stört mich die Klammer, vor allem der Tempus und der Ausdruck: reduzierte; nicht bemerkte

Das Ende ist schlicht, einfach und dadurch treffend.

Lieben Gruß
sim

 
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Hallo Kubus,

Am Anfang ist die Geschichte gut geschrieben und ich weiß nach drei Abschnitten noch nicht, worum es überhaupt geht. Ich musste ich manchmal daran denken, dass dort jemand älter wird, und einfach nicht mehr so kann.
Die gewählte Sprache ist relativ poetisch, daher stört dann sowas wie "er öffnete ein Word Dokument", oder ein Satz, der beschreibt, wie er sich "Mit dem GEfühl ein großes Gedicht geschrieben zu haben". Da wünsche ich mir dann doch etwas anderes. 'Gefühle erzählt man nicht, indem man "Gefühl der Hoffnung schreibt". DAdurch fühlt der Leser nie das beabsichtigte Gefühl. Umschreib es, lass es erahnen usw.

Oder "Flachbildschirm". Ich kann dir nicht genau beschreiben, wieso ich diese Worte in einem solchen Text dann nicht mehr poetisch finde, aber man merkt, dass du dir nicht genug Mühe gegeben hast, den Klang der Worte zu benutzen. Oder dein Texte beschreibt genau so, wie es in der Geschichte dein Prot erfährt: Er kann nicht mehr schreiben und hat das Gefühl dazu verloren.

Der unglückliche Dichter macht beruhigende Musik an.
Dass er trotz des fehlenden optischen Ausgabemediums die richtigen Stellen auf dem nicht mehr vorhandenen Bildschirm anklickt, wodurch kurz darauf Born to be wild aus seinen Boxen klingt, zeigt ihm, wie sehr dieses Gerät bereits mit ihm verbunden ist und löst eine tiefe Krise in ihm aus, in der er sich fragt, wie er dem Bildschirm so etwas antun konnte.
Das ist vielleicht die unschwungvollste Stelle, die ich seit langem gelesen habe. Außer vielleicht in meinen eigenen Texten, aber die streiche ich dann.
Genauso wenig, wie du erwähnen musst, dass es sich hier um einen Dichter handelt, musst du schreiben, dass Musik aus Boxen kommt. Und er macht auch keine beruhigende Musik an, denn es erklingt Born To Be Wild. Vielleicht will er beruhigende Musik anmachen, aber tatsächlich tun tut er es nicht.

Fünf Minuten später aber pfeift sein innerer Schaffner all die weinenden inneren Kinder in die Lok der Verantwortung.
puah! Die Lok der Verantwortung klingt schon fast nach einer christlichen Metapher. Und du verwendest zwei mal inneren, was einfach nicht klingt.

Danach wird es etwas besser. Was passen könnte, denn in der Geschichte scheint ja auch eine Art Wendepunkt zu kommen.

wie es das Abfühlen der kleinen Knubbel auf dem Rosenkranz bewirkt oder das gleichförmige Gebrabbel von Mantras.
sowas finde ich dann sogar richtig gut.

Der Zug quietscht in den Bahnhof ein, an dem er aussteigen müsste.
Auch hier weitere gelungene Sätze.

Die vermeintliche Pointe danach ist abzusehen und die Geschichte wird auch sprachlich wieder schlechter.

Dieses Erlebnis stürzt den jungen Mann, der ein Dichter während seiner Transformation zu einem Arbeiter ist, also noch ein Schmetterling, der eine Raupe zu werden sich anschickt oder umgekehrt, in eine tief empfundene Hoffnungslosigkeit.
beschreib doch nicht, wie du es haben willst, sondern zeig es durch ein Bild, durch eine Handlung. Der Spatz als allleiniger Zeuge der ungekonnten Ausreizertour des Prot ist schon ein sehr gutes Motiv, z. B. Und der Vergleich mit dem Schmetterling zur Raupe, den streich mal bitte schnell, und keiner hat was gesehen.

Ich empfehle dir genau das Gegenteil von dem, was dir mein Kollege weltenläufer, den ich ja ansonsten schätze, geraten hat. Werde nicht konkret, denn jeder, so auch weltenläufer, weiß im Grunde schon nach drei Sätzen, um was für eine GEschichte es sich hier handelt. Mach die KG kürzer und versuch mehr die Wörter die Geschichte erzählen zu lassen, nicht den Inhalt. der Inhalt kommt von alleine.

sei mir nicht böse, trotzdem lieben Gruß

 

hallo sim! fiel mir jetzt auch auf, dass meine letzten texte sich mehr oder weniger um schreiben und schreibende prots drehen. so was! gut zu wissen.

ein in sich inkonsistenter Vergleich, erst müssen die Berge erst wachsen, dann schnauft er aber auf schon rostigen Schienen die Berge hinauf. Auch umschließen der Berge Täler, sind also deren Kontrast, nicht Teil davon, selbst, wenn ohne Berge natürlich kein Tal existiert. Und wenn er durch das Tal fährt (ist er eigentlich eine Lokomotive?), kann er nicht gleichzeitig die Berge hinauf. Als letztes frage ich mich, warum du die Anstrengung minimierst, indem er nicht selbst laufen muss?
ich hab drüber nachgedacht und den satz umgestellt, die berge sollten nicht mehr dem tal zugehörig sein. aber auch in einem tal gibt es höhenunterschiede, die steigung ist möglich. er ist in dem vergleich ne lok, weil diese den gleisen folgen muss, also keinen anderen weg als geradeaus gehen kann. die berge sind schon da, das erdrückende also, das wächst eben noch bedrohlich schnell. hm, das bild ist vielleicht nicht das gelbe vom ei, aber besseres hab ich grad nicht.
2. bunt wird genommen!
3. ne, ich meine atemlos. in folge des würgegriffs des alltags: atemlosigkeit, wortlosigkeit, heimatlosigkeit.
4. die häufung der verlaufseinleitungen fiel mir gar nicht auf - sind jetzt reduziert. mein sprachgefühl sagt, wenn sich jemand bspw. ne pille "klinkt", nimmt er sie ganz und gar auf. so denke ich, dass der text sich den autoren einverleibt.
5. anscheinend implodieren die nicht. :hmm: also einen röhrenbildschirm!
6. die wiederholung stützt den inhalt.
7. ich kann mir das ausgeklammerte nicht in der normalen textstruktur denken! das in klammern geschriebene stelle ich mir wie eine off-stimme vor, die eine interessante, aber nicht unbedingt nötige info gibt. tempi und schreibweisen angepasst.

he Aris! ein alter mann? darauf wär ich nicht gekommen...
dass ich erzähle, wo ich zeigen sollte, hörte ich schon häufiger. ich behalte es im auge. es war nicht meine absicht, mit einem schlechteren textteil schlechtes befinden auszudrücken - fände ich als begründung auch schwach. der nichtimplodierende flachbildschirme ist ja eh gekillt. :D
1. tatsächlich überlegte ich schon vorm posten, ob ich die stelle ganz rausnehme. so - geschehen!
2. zugestanden, klingt gruselig, passt aber. die dopplung von inneren stört wirklich, aber ich finde kein angemessenes synonym.
3. den vergleich lass ich, hast du das "oder umgekehrt" gelesen? so darfs stehen bleiben.


weltenläufer, auch Aris komm ermutigte mich, die story nicht zu konkretisieren und die bilderwelten bestehen zu lassen - sie sind der kern der geschichte. ein vielleicht überflüssiges textelement entfernte ich, was die angesprochene überfülle reduzieren sollte. die belebung des prots beschäftigt mich noch.

freut mich, wenn die geschichte teilweise spaß gemacht hat!
danke für die adleräugigen komms, herzliche grüße,
kubus

 

Natürlich täuschte er sich. Nach den gauklerischen Farbspielen umklammerte der Würgegriff des Alltags nur umso fester die Kehle und ließ nur noch wenige Worte entkommen, die nicht zueinander passten.
Das Essen schmeckte vergiftet, der morgendliche Lauf erfrischte nicht mehr, sondern ermüdete.
Nach dem Absatz möchte ich dem Autor zurufen: Komm zur Sache oder ich steig aus. Vielsilbiges Geschwätz war bis hier hin. Man sollte als Autor doch schauen, dass man den Leser bei der Stange hält? Die ersten 3 Absätze machen auf mich schon den Eindruck: Der Text hört sich halt gern selbst reden.

Letzte Nacht wurde er von seiner Atemlosigkeit so lange durch die Stadt gehetzt bis er jegliche Orientierung verlor und sich ängstlich in einer völlig fremden Umgebung wiederfand.
Der Stil ist überladen. Hier ist ein Stilmittel in dem Satz, das er wirken könnte: wurde er von seiner Atemlosigkeit durch die Stadt gehetzt!
Das ist ein schöner, cleverer Gedanke.
Nur geht der sprachliche Witz, der Pfeffer in einem Meer von Brei unter. „durch die Stadt“ braucht es nicht, „jegliche“ braucht es nicht, „ängstlich“ braucht es nicht, und völlig fremde Umgebung ist arg aufgedunsen.

Letzte Nacht wurde er von seiner Atemlosigkeit gehetzt, bis er sich an einem fremden Ort wiederfand.

Ist auch nicht Shakespeare, aber das würde einen doch als Leser mal wach halten.

Fünf Minuten später aber pfeift sein innerer Schaffner all die weinenden inneren Kinder in die Lok der Verantwortung.
Alder, auch wenn das hier irgendwie ein Form/Inhalt-Gag ist, ist das echt …wah.

Eine Geschichte über Dilettantismus, die Dilettantismus als Stilmittel benutzt, ist leider auch dilettantisch und liest sich ganz furchtbar.
Gruß
Quinn

 

hi Quinn!

Eine Geschichte über Dilettantismus, die Dilettantismus als Stilmittel benutzt, ist leider auch dilettantisch und liest sich ganz furchtbar.
ganz reizend. ;) dein vorschlag sagt mir trotzdem zu, den übernehme ich teilweise, "ort" nicht, "umgebung" passt besser. das mit den inneren figuren bleibt, nur ein synonym für "inneren" bei schaffner suche ich noch. danke fürs vorbeischauen.
grüße
kubus

 

Grüß Dich Kubus,

Du hast einen Hang zu Lyrik. Wie fast immer bei mir scheint schon alles zu der Geschichte um einen zur Dichtung neigenden Angestellten im Buchhandel (eigentlich Dichter zu sein wird dort als Berufskrankheit angesehen werden können) gesagt zu sein, zumal Du selbst den Text direkt schon zu Anfang kommentierst:

>Jedes Wort war mit Musikalität durchwirkt, jeder Satz ein lustiges Liedchen.
Nach einem langen Lauf legte er sich auf sein Bett und sah den Worten solange beim Tanzen zu, bis die Buchstaben ihre Bedeutung und Form verloren, um dann ineinander zu fließen, bunt wie ein Spektrum aller Schmetterlingsfarben.<

Warum nur >Schmetterlingsfarben<, wo er doch >die Quelle aller Farben gesehen hatte< - ähnlich Rimbaud? >Nach diesem Erlebnis wusste er: Kein Schatten holte ihn jemals wieder ein!<

Da hilft nur eins: alles Überflüssige müsste gestrichen werden, so oft, bis der Sinn, den Du der Geschichte geben willst, gerade noch zu erkennen ist.

Gingiko hatte im vergangenen Winter versucht festzustellen, wieviel Lyrik unter kg.de geduldet werde.

Gruß

Friedel

 

hi Friedel!

eigentlich Dichter zu sein wird dort als Berufskrankheit angesehen werden können
es trifft erstaunlich wenige, zumindest hörte ich von ein paar buchhändlern, die solche neigungen entwickelten. mir persönlich bekannt ist da allerdings niemand, was schon erstaunlich ist, naja, vielleicht gehen sie damit einfach nicht hausieren.

Warum nur >Schmetterlingsfarben<, wo er doch >die Quelle aller Farben gesehen hatte< - ähnlich Rimbaud?

das erstere, um den farben eigenschaften zu geben, die ich mit schmetterlingen assoziiere: leichtigkeit, freiheit usw.
das zweite als anspielung auf den urquell, auf den moment, indem die welt noch nicht geteilt und also harmonisch war. was rimbaud damit zu tun hat, begreife ich leider nicht, bin aber sicher, dass du mich aufklären wirst. :) übrigens kam ich zum schluss die überschrift von "mein lyrisches ich und ich" so zu ändern wie du es vorschlugst.

ja, alles überflüssige streichen! man gebe mir einen festen platz im gelände, dann hebelte ich die nichtsnutzigen worte aus. ich bin immer wieder erstaunt, wie blind ich als autor meiner eigenen geschichte gegenüber sein kann. ich seh da nix mehr.

wieviel lyrik? bis vor kurzem glaubte ich der definition, dass das letzte erhaltene merkmal von lyrik die kurzzeile ist, da bin ich belehrt. magst mal den link schicken zu dem von ginkigo? klingt ja interessant.

grüße

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Kubus,

den link selbst kann ich Dir aus der Erinnerung nicht nennen, wohl aber den Titel >Ab wann ist eine Kg Lyrik?< und der müsste sich unter >Arbeitsgruppen</>Autoren< Ende 2008/Anfang 2009 finden.

> (...) das zweite als anspielung auf den urquell, auf den moment, indem die welt noch nicht geteilt und also harmonisch war. was rimbaud damit zu tun hat, begreife ich leider nicht<

>Je dirais quelque jour vos naissance latentes< schrieb er in den >voyelles<, einem Sonett, dass Du ergooglen kannst mit einer Vielzahl von Übersetzungen oder von mir bis zur Unkenntlichkeit atomisiert unter Are-Efens "Versuchung ..."

> übrigens kam ich zum schluss die überschrift von "mein lyrisches ich und ich" so zu ändern wie du es vorschlugst<, was mich dann auch ein bisschen freut.

>ja, alles überflüssige streichen!< Wird doch wohl gehn, peu à peu was streichen (Adjektive zuerst), schaun, ob der Sinn erhalten bleibt, und nächste Streichung. Wenn Dir dann noch was dazu einfällt, ohne den ursprünglich gemeinten Sinn zu stören, ruhig ausprobieren in entgegengesetzter Richtung.

Versuchemers ma' mi'm ersten Absatz:

>Wie er sie hasst – diese erbarmungslose Maschinerie, zu der sein Leben werden kann. Eingezwängt zwischen den Ansprüchen die er an sich selbst stellt und den Erwartungen, die andere an ihn haben.<

1. Schritt: >Wie er sie hasst – diese Maschinerie, zu der sein Leben werden kann. Eingezwängt zwischen den Ansprüchen die er an sich selbst stellt und den Erwartungen, die andere an ihn haben.<

....

x. Schritt, jetzt ist mir aufgefallen, man könnte einen Satz daraus machen, etwa >Wie er die Maschinerie hasst, zu der ein Leben werden kann, eingezwängt zwischen eigenen Ansprüchen und den Erwartungen der andern.< Na, wenn da nicht der gemeinte Sinn erhalten bliebe!

So, jetzt will ich Dich nicht länger langweilen bei dem schööööönen Wetter.

Gruß

Friedel

 

hi Friedel, der satz ist gut, der kommt mit rein. hast ja recht mit den streichungen, nach einer textpause werde ich auch wieder was sehen. manchmal hilfts auch, den text auszudrucken, also auf nem anderen medium zu betrachten. gerade schreibe ich aber was anderes, da habe ich echt keine lust auf korrekturarbeiten.

"voyelles" also? ich werds wohl googeln, sorry, aber euer dialog übersteigt meinen horizont. (vor allem ist das schöne wetter heute zum hitzemonster mutiert. bei diesem wetter: keine metaphysik!) :D

kubische grüße

 

Hallo Kubus,

Wollte diese Geschichte schon lange lesen, weil ich den Titel ser gelungen und ansprechend fand. Die Zugfahrt in die Möchtegernwelt hat mich nicht enttäuscht.

Den ersten Satz finde ich gut, aber dann wird mir der erste Absatz etwas zu konfus und dick aufgetragen um den Leser reinzuziehen.

Ein Gefühl wie in einem Tal, das er auf rostigen Geleisen eine scheinbar endlose Steigung hinauf schnauft, von widernatürlich schnell wachsenden Bergen umgeben und bedroht.”

Hier vermischst Du mir zu viele Bilder. Erst war da noch die Maschine, die ich mir vorstelle, dann kommen Berg und Tal und Geleise dazu. Das ist mir zu viel auf einmal und auch die “widernatürlich schnell wachsenden Berge” – too much auf einmal für meine Fantasie.

Wenn Du hier mit Geleisen und schnaufen bereits einen Zug andeuten willst, würde ich den Satz deutlich vereinfachen. Sowas wie:

"Es fühlte sich an als schnaufte er auf rostigen Geleisen einen ständig wachsenden Berg hinauf."

Den zweiten Absatz hingegen mochte ich sehr gern. Hier passen die Bilder von Worten, Musik und Farben. Lese eine Anspielung an Drogen heraus, die sich aber später nur mit dem Kommentar über Opiumprodukte in Istambul wiederholt.

"spürte die Rattenzähne des Wahnsinns an der Vernunft nagen."

Zu umständlich. Würde entweder Wahnsinn oder Vernunft rauslassen. (“Rattenzähne des Wahnsinns an ihm nagen” oder “spürte, wie Rattenzähne an seiner Vernunft jagten”, oder sowas)

"Eine tiefe Krise setzt ein."

Das hast Du mit vorhergehendem schon ausgedrückt – und besser. Würd’ ich streichen.

"Gehorsam setzt der junge Poet sein Gefühlsleben aus"

Sein Gefühlsleben setzt er aus? Das ist gemein - und auch nicht so nachvollziehbar, denn er fühlt ja noch so einiges im Zug der Vernunft. Vielleicht seine Muse, seine Ambitionen, seine Träume, seine Träumereien, seine Tagträume, seine Frustrierung, seine charakteristische Sensibilität …

Manchmal träumt er wie es wäre: Einfach im Zug sitzen bleiben, nicht am Bahnhof raus, wo er jeden Morgen aussteigt, von wo er sich auf den immer gleichen Fußweg zur Arbeit macht.
Wohin der Zug weiter fährt, das weiß er nicht. Das will er nicht wissen, um darüber spekulieren zu können: Sich mögliche Zielbahnhöfe erträumend
.”

Den Teil würde ich noch ein Bisschen verdichten, ist mir zu nüchtern erzählt, will nicht so recht zum Rest passen.

"Ja, wieso eigentlich nicht? Wieso nicht einfach mal weiter fahren.

Das ebenfalls, zu umgangssprachlich."
“Wieso nicht einmal weiter fahren.”, wäre genug.

"Wenige Minuten später signalisiert ein Schaffner freie Fahrt dem Zughirten, der seinen Eisenkoloss lostreibt."

Der Hirte will mir da nicht reinpassen. Ich seh ihn nicht in diesem Bild. Er verwirrt mich.

Den letzten Absatz mag ich sehr. Obwohl er vollgepackt ist – sogar noch eine Minigeschichte eingeschoben, die mir recht gut gefällt und ein Vögelchen. Das Ende sitzt, nur würde ich noch ein paar Kleinigkeiten anders formulieren, damit sie schöner klingen:

"und geht eilig zu seinem Job. Er macht sich auf Ärger gefasst, aber es ist schlimmer: Niemand bemerkte sein Fehlen."

Kleinigkeit:
“Sah den Worten solange beim Tanzen zu …”
“so lange” getrennt, oder?

Mir gefiel die Geschichte sehr gut und ich mag Deine schräge Ausdrucksweise. Nur verwirrst Du manchmal den Leser durch zu viele Bilder, die man sich nicht so schnell hintereinander oder miteinander vorstellen kann, und wechselst ab und zu in einen recht nüchternen Ton über, der dann irgendwie nicht dazupasst.

Liebe Grüsse

Elisabeth

 

hallo Elisabeth, danke für die beschäftigung mit dem text und besonders für die vorschläge, von denen mir manche erstaunlich gut in das sprachgewebe passen. ich hatte gestern genug abstand, dass ich mir den text noch einmal vornehmen konnte.
wie du siehst habe ich einiges fast wortgenau umgesetzt, bzw. manches im text weggelassen.
besonders der zweite satz gefällt mir jetzt besser, verbildlicht er doch die im ersten satz angesprochenen empfindungen und ist dabei wesentlich schlanker. die drei krisen nahm ich komplett raus, sie sollten angesichts der kleinen anlässe witzig wirken. offensichtlich war das nicht der fall. die konkreten zeitlichen verortungen entfernte ich ebenso wie den mehrmals bemängelten absatz mit dem inneren schaffner, der mir nach erneuter durchsicht auch überflüssig vorkam. insgesamt hat der text ballast verloren. ich bin zufrieden. die erneute überarbeitung hat der geschichte gut getan. den satz mit den rattenzähnen beließ ich so, weil ich den satz ohne vernunft nicht denken konnte. (klingt logisch, eh?) ebenso den absatz, den du als zu nüchtern beschreibst. ich empfinde ihn als passend und möchte daran nicht rumdoktorn.
freut mich, dass deine erwartungen in den text nicht enttäuscht wurden!
herzliche grüße
kubus

 

Ja, so ist's besser,

lieber Kubus,

aber es ließe sich mE noch einiges kürzen/zusammenfassen.

Aufgefallen ist meiner Kleinkrämerseele nur eines (Flüchtigkeit?). > ..., weswegen er aber seine Geschwindigkeit um wenige Km/h reduzierte, ...<, denn Stundenkilometer wird in (den von Dir bevorzugten) Kleinbuchstaben abgekürzt: km/h.

Tschüss

Friedel

 

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