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Verlassen

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01.09.2007
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Verlassen

Julian hatte ein sehr zartes und zerbrechliches Äußeres.
Immer schaute er traurig und nachdenklich.
Julian war sehr stiller Natur, aber es kam ehr daher, weil es für ihm nicht viel gab, worüber er reden könnte.
Er war gezeichnet von seiner Vergangenheit.
Einer sehr traurigen Vergangenheit.

Julian wurde als drittes Kind geboren.
Mit seinen beiden älteren Geschwistern Michael und Alexandra lebte er glücklich bei seinen Eltern Catherina und Jürgen.
Den engsten Kontakt hatte Julian mit seinen Vater und seiner Schwester.
Jürgen brachte ihm das Fussballspielen bei und bei seiner großen Schwester konnte er sich jeder Zeit ausheulen.
Die Familie war sehr glücklich und zufrieden und es gab nur sehr selten Streit.
Julian war zu dieser Zeit ein aufgeschlossener, lebendiger Junge mit vielen Freunden und sehr gut in der Schule.
Seine Eltern waren sehr stolz auf ihn.

Eines Tages, als der Vater Urlaub hatte, wollte er nach der Schule wieder mit Julian Fußball spielen und der Kleine freute sich sehr darüber.
Obwohl ihm Schule eigentlich keinen Spaß brachte, ging er diesmal gerne hin, weil er an den Schulschluss dachte, wo Papa anschließend mit ihm Fussballspielen wollte.
Nach der Schule tanzte deshalb Julian hocherfreut nach Hause, verfolgt von seinen Schulfreund Benjamin, der ihn fragte, warum er denn so glücklich sei. „Ich werde gleich wieder mit Papa Fußball spielen!“, antwortete dieser überglücklich.
Als sich beide Wege trennten, ging Julian den Rest des Weges alleine weiter und klingelte aufgeregt an der Tür seiner Eltern. Er hoffte, dass sein Vater diesmal öffnen würde, um ihn sofort zum Fussballspielen abzuholen, doch es stand wie jeden Tag seine Mutter vor der Tür. Sie hatte Tränen im Gesicht. „Hallo, mein Spatz!“, grüßte sie traurig. „Was hast du Mama? Wo ist Papa?“, fragte Julian erschrocken und aufgeregt zugleich, doch die Mutter traute sich nicht mit ihren Jüngsten darüber zu reden.
Stattdessen stand seine Schwester hinter Catherina, um Julian in die Arme zu nehmen.
„Wo ist Papa?“, fragte Julian noch einmal, doch die Mutter beugte sich zu ihm nieder, streichelte ihn und sprach „Du musst jetzt ganz stark sein, hörst du?“ „Aber was ist denn passiert?“, fragte Julian noch einmal. Seine grosse Schwester nahm ihn in den Arm und sprach „Du bist noch viel zu klein um dieses zu verstehen!“ Auch in ihren Gesicht waren Tränen. „Ich werde ab heute auf dich aufpassen!“ „Aber Papa? Der wollte doch heute mit mir Fußball spielen! Wo ist er denn?“, fragte Julian und nun begann auch er zu weinen.

Die Jahre vergingen und Julian wurde immer verschlossener. Sein Freundeskreis wurde immer kleiner und die Noten waren auch nicht mehr so gut wie vorher. Aus den einst noch lebenslustigen Jungen war ein trauriges Sensibelchen geworden.
Anstatt für Fußball interessierte er sich nun für Bücher.
Die grosse Schwester übernahm für Jürgen die Vaterrolle und unternahm öfters mal etwas mit ihren Brüdern. Die Mutter besaß nun die bedeutende Rolle in der Familie, doch Julian fühlte sich wie immer ehr nach seiner großen Schwester hingezogen.

Eines Tages wollte Alexandra mit Julian einen kleinen Spaziergang machen.
Michael wollte lieber Fernsehen gucken.

Auf den Spaziergang schmiegte Julian zärtlich seinen Kopf an seine Schwester. „Ich mag dich!“, rief er. „Ich dich auch!“, antwortete seine Schwester.
Beide waren zu diesen Zeitpunkt die wahrscheinlich glücklichsten Kinder, die man sich vorstellen konnte.
Die Geschwister tanzten fröhlich auf der Straße herum.
Fast Gedankenverloren, weil sich beide sehr gerne hatten.
Dann mussten sie über eine Straße gehen.
Alexandra nahm Julian an die Hand und sagte „Erst nach links und rechts schauen und gucken, dass kein Auto kommt! Und jetzt du: Worauf musst du achten?“, fragte Julian´s Schwester. „Nach links und rechts schauen und gucken, dass kein Auto kommt!“, antwortete Julian. „Richtig!“, freute sich Alexandra. „Siehst du eins?“, fragte sie ihren Bruder. Julian schüttelte den Kopf. „Und was heißt das?“, fragte Alexandra. „Wir dürfen rüber!“, jubelten beide im Chor und Alexandra rannte auf die Straße. Julian hinterher.
Plötzlich aber raste mit hoher Geschwindigkeit ein Auto um die Ecke. Julian und Alexandra konnten nicht mehr rechtzeitig reagieren. Während Julian noch rechtzeitig bremsen konnte, war es für Alexandra schon zu spät und sie wurde vom Waagen erfasst. Der Autofahrer hielt sofort an und rief vom Handy aus einen Krankenwaagen.
Als der Notarzt kam, wurde Alexandra ins Krankenhaus eingeliefert.
Der Unglücksfahrer brachte den Kleinen nach Hause, der die schlechte Nachricht seiner Mutter und seinen Bruder erzählte.
Danach fuhren die vier ins Krankenhaus.
Während Julian und Michael vor der Zimmertür um ihre grosse Schwester bangten, stand die Mutter mit einer Krankenschwester an Alexandra´s Krankenbett.
Als sie rauskam, hatte sie Tränen im Gesicht.
„Was hast du Mama? Wann darf ich meine liebe Schwester sehen?“, fragte Julian erschrocken und aufgeregt zu gleich, doch die Mutter traute sich nicht mit ihren Jüngsten darüber zu reden.
Stattdessen nahm Michael seinen Bruder in die Arme.
„Wann darf ich meine liebe Schwester sehen?“, fragte Julian noch einmal, doch die Mutter beugte sich zu ihm nieder, streichelte ihn und sprach „Du musst jetzt ganz stark sein, hörst du?“ „Aber was ist denn passiert?“, fragte Julian noch einmal. Auch sein grosser Bruder streichelte ihn nun und sprach „Du bist noch viel zu klein um dieses zu verstehen!“ Auch in seinen Gesicht waren Tränen. „Ich werde ab heute auf dich aufpassen!“, sprach die Mutter. „Aber Alexandra! Warum bringen diese Leute sie weg?“, fragte Julian und nun begann auch er zu weinen. ...

 

Hallo Katherine,

du liebst anscheinend des Schicksals schwere Not und lässt es entsprechend erbarmungslos kitschig zuschlagen. Nicht, dass es solche Schicksale nicht gäbe, aber ist es, zumal in einer Rubrik wie Gesellschaft, damit getan, sie vorzuführen, um auf die Tränendrüse zu drücken? Interessant wäre doch erst, wie die Protagonisten mit dem Schicksal umgehen, sich davon gefangen nehmen lassen oder sich dagegen stemmen, wie die Traumatisierung sich auswirkt, wie die Erfahrung das weitere Leben bestimmt. Zerbrechen die Beziehungen daran oder rückt der Rest der Familie enger zusammen? So liest man zwar über das traurige Schicksal, die Menschen, die es erleiden, kommen einem aber nicht näher.

Lieben Gruß
sim

 

Hi Katherine,

ich finde zusätzlich zu dem, was sim sagte, den Verlust von Alexandra nicht glaubwürdig rübergebracht. Du verwendest über hundert Wörter um dem Leser weiszumachen, wie sorgfältig die Kinder schauen, ob kein Auto kommt. Und trotzdem kommt eines, tststs. Und dann - die Überraschung obendrauf: Nein, der Fahrer begeht zur Feier des Tages keine Fahrerflucht oder sucht noch schnell nen Parkplatz, sondern er hat sofort angehalten, wow!

Der Unglücksfahrer brachte den Kleinen nach Hause,
Okay, nehmen wir mal an, er hat die traditionellen Einbleuungen der Mutter ("Steig nie ...") schockbedingt vergessen. Welches Kind lässt sich von jemandem nach Hause fahren, der gerade die Schwester überfahren hat?! Mindestens das hättest du berücksichtigen müssen.

Dass ich so fies und unsensibel über deine Geschichte herziehen kann, liegt entweder daran, dass ich fies und unsensibel bin, oder daran, dass deine Geschichte einfach mal nicht gelungen ist. ;)

Was ich wiederum gut finde ist die Wiederholung des "Du musst jetzt stark sein"-Motivs. Nach meiner Meinung muss dieser Spruch sehr brutal für ein Kind wirken (die professionelle Notfallseelsorge ist ja noch recht jung und leider selten zudem), wird er wahrscheinlich verstanden als "Ich muss nun ganz allein damit zurecht kommen". Gib diesem Aspekt doch mehr Gewicht in deiner Story und steck mehr Originalität hinein, aber das ist nur ein Vorschlag.


-- floritiv.

 

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