Was ist neu

Verloren

Mitglied
Beitritt
19.04.2006
Beiträge
4

Verloren

Sie ist weg!
Verschwunden, aus der Schule, aus der Stadt, warum nicht aus meinen Gedanken!?
Sie ist nicht mehr im Heim. Wieder bei den Eltern. Und ihrem kleinen Brüderchen. Und sie freut sich, wieder bei ihnen sein zu können. Dabei meinte sie vor ein paar Wochen, ihre Familie existiert nicht mehr für sie.
Sie hatte Probleme. Mit ihren Freunden, am meisten mit sich selbst.
Abgerutscht, in der Schule, mit dem Verstand. Das letzte, was ich von ihr hörte? Sie soll schwanger sein! Im vierten Monat! Also doch! Gerüchte gab es schon lang. Vor drei Wochen hatte ich mit ihr geredet. Sie war beim Arzt, ist nicht schwanger. Sie hatte gelogen, wieder.
Warum endet das so? Ich mochte sie, wirklich. Sie war anders. Liess sich nichts gefallen. Wir passten zusammen, redeten über alles. Zu oft über den Tod. Ich vertraute ihr, hielt zu ihr, die ganze Zeit. Andere hatten sie schon aufgegeben und ich hasste sie dafür, die anderen. Doch sie sahen, was sie wirklich war. Jetzt sehe ich es auch, was sie ist. Sie ist verloren.


Für L.

 

Sorry Nerine,

selbst wenn du einem Leser nicht alles vorkauen möchtest, für eine Geschichte braucht es ein bisschen mehr. Dieses liest sich wie eine Abrechnung bei der du dem Leser keine Gelegenheit gibst, das Mädchen, über das du herziehst kennen zu lernen. Er muss einfach nur glauben, was die Icherzählerin behauptet.
Das ist zu wenig.

sim

 

Hi Nerine!

Na ja, das ist schon eine sehr kurze Kurzgeschichte, und so richtig eine Geschichte ist es auch nicht, da die "Handlung" quasi nur aus einem inneren Monolog besteht, in dem die/der Prot einen Zustand beklagt und zwar einen Rückblick einflechtet, der aber kein chronologisch geordneter Erzählfluss ist.

Das Grundmotiv finde ich grundsätzlich interessant. Der/Die Prot ( das Geschlecht sollte schon erkennbar sein, weil der Leser sonst die Gründe für die Enttäuschung nicht nachvollzieht - ein im Stich gelassener Liebespartner empfindet anders als eine enttäuschte beste Freundin ) hat immer zu dem Mädchen gehalten, als alle sie verloren geglaubt hatten. Als sie jedoch zu ihrer Familie zurückkehren kann, freut sich die Erzählperson nicht für sie, sondern wird von Eifersucht und Neid ergriffen, nach dem Motto "Und was ist mit mir? Wieso hast du mir nicht alles erzählt, wir waren doch die besten Freundinnen/Freunde". Gerade als sie Hilfe am dringendsten braucht, und wenn es nur über die Ferne durch bleibenden Telefon-, E-Mail-, oder Briefkontakt ist, wird die Freundin abgewiesen. Dann wäre deine Geschichte eine über verletzte Eitelkeit.
Oder meinst du es etwa anders? Ist die Familie vielleicht mit ein Grund dafür, dass sie so abgerutscht ist? Dann bekäme der Schlusssatz eine völlig andere, eine prophetische Bedeutung.
Um dem Leser die Motive und Gefühle der Erzählperson deutlich zu machen, musst du eine wirkliche Handlung erzählen, eine Entwicklung der Geschehnisse aufbauen. Stell dir vor, was für Szenen sich abgespielt haben müssen. Wie die Freundin vom Frauenarzt kam und gelogen hat, ihre Körpersprache aber seltsam niedergeschlagen wirkte. Oder die Abschiedsszene. Wie sie dem/der Prot fröhlich mitteilt, dass sie nun wieder bei der Familie sein darf. Wirkt die Fröhlichkeit gezwungen? Oder ist sie echt? Und wie ist die Familie so?
Alles Dinge, die einfach danach schreien, auserzählt zu werden. Mit anderen Worten: Danach, dass eine richtige Geschichte daraus gemacht wird.

Einzelheiten:

Dabei meinte sie vor ein paar Wochen, ihre Familie existiert nicht mehr für sie.

Hier verwendet man den Konjunktiv: Existiere.

Sie war beim Arzt, ist nicht schwanger.

Auch hier ist der Konjunktiv angemessen: Sie sagte, sie sei beim Arzt gewesen. Schwangerschaftstest negativ.

Liess sich nichts gefallen.

Wenn du nicht in der Schweiz wohnst, kommt hier ein ß hin. ;)

Ciao, Megabjörnie

 

Hallo Nerine,

Kurze Geschichten sind nicht zwingend schlechter als längere,
aber wenn man sich für einen kleineren Umfang entscheidet, sollte man auch versuchen, die Situation trotzdem einleuchtend und die Gefühle ausreichend auszudrücken. Und das hat meiner Meinung nach hier ein bisschen gefehlt. Deine Story ist ein guter Anfang, sollte allerdings noch etwas ausgebaut werden.

Ciao, Jussy

 

Ich denke mal, dass du hier keinen echten Prosatext schreiben wolltest, so dass Megabjönes Anmerkungen dir nciht viel weiter helfen können.
Als kurzes Abriss einer Persönlichkeit find ich den Text gelungen. Die kurzen Sätze haben etwas einschneidendes. Jedem seine Art mit den Wörtern zu jonglieren, denke ich bei sowas immer nur. Die Wörter dürfen eben nur nicht auf den Boden fallen.

Eike

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom