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verspielt und selig

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05.09.2006
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verspielt und selig

In einem Sandkasten aus orangem Plastik, in einem Garten, der alle Farben eines Garten kennt und geräumig für spielerische Abenteuer, in einer Straße, die ruhig und mit großen Häusern, wo mehrere Zimmer durchquert werden müssen, um zum Ziel zu gelangen, in einer Stadt, die behütetet fünfzig Jahre nach dem Krieg floriert. Ebendort entwirft ein Kind ein Kanal-, Tunnel- und Teichsystem. Der Entwurf wird mit jedem Schüppenschub, mit jedem neuen Aufschauen.

Es ist Sommer und der Regen ein Fremder in diesen Tagen dort. Der gelbe Sand zerrinnt an der Oberfläche in der Hand. Der weiter unten taugt mehr. Das Kind ist so beschäftigt, dass alles andere stören müsste, es aus dieser Welt herausholen würde. So ernst, dass kaum jemand noch daran zweifeln kann, dass Kind habe keine Vorstellung von dem, was es macht. So selbstverständlich, als wäre der Sandkasten der zweit normalste Ort zu sein für das Kind, nach dem Bett. Ab und an hustet das Kind. Nicht schlimm, sondern beiläufig. Als die Sonne neulich nur so aussah, als schiene sie warm, hatte es wohl nicht auf den Rat der Mutter gehört, sich etwas anzuziehen.

Neben dem Kind sitzt noch jemand. Er war von der Straße herein gekommen und hatte sich behutsam dazu gesetzt, als wäre es nicht seine Absicht gewesen, überhaupt mit dem Kind zu reden. Nach einigem Zuschauen fragt er nach dem Namen des Kindes, während jenes ungestört wie eh und je seine Tunnel gräbt. Das Kind antwortet und spielt. Dann aber fragt es zurück, wie er denn hieße.
„Ich heiße Tod, das ist mein Name“. Das Kind verlangsamt sein Spiel und stoppt und fragt, warum. Er erwidert: „Hat nicht jeder einen Namen?“. Einen Moment lang Pause. Doch das Kind scheint die Antwort hinzunehmen und begibt sich wieder an sein Spiel. Und so geht es weiter. Die Blätter liegen behaglich im Sonnenschein, dessen Licht sich rötet gegen Abend.

„Darf ich mitspielen?“ fragt der Tod nach einer Weile. Das Kind meint ja. Allerdings macht es keine Anstalten den Tod einzuweisen oder so etwas. „Was soll ich machen?“ Das Kind zuckt mit den Achseln. Es ist auch gar nicht mehr soviel Platz zu bespielen im Sandkasten. Von einem kurzen „da“ und „so“ doch noch angeleitet, fängt der Tod zu graben. Wenn er nicht wusste, wie es weiter gehen sollte, ahmte er einfach die Bewegungen und Überlegungen des Kindes nach. Und irgendwann dann rief die Mutter nach dem Kind.

 

Nun, danke erstmal, dass du dich bequemnt hast, zu lesen, was nicht dein Ding ist und was wahrscheinlich eher in die Rubrik "Seltsam" gehören könnte.

Allerdings bitte ich gerade deswegen, nochmal kurz nachzudenken. Denn was würde es bedeuten, wenn dieses Stück Text, will ich es mal nennen, trotzdem hier steht? Kind und Tod. Behütete Welt.. Wirklichkeit? Wie ist der Umgang mit diesem Thema (bei Kindern)?

Es würde zu lange dauern, einen Diskurs anzufangen über "wie geht unsere Kultur mit dem Tod um in Bezug auf Kinder, mit Kindern", aber klar wird doch, dass es auch andere "Entwürfe" geben könnte. (Auch wenn ich den Tod als personifiziert übernehme.)

Weiterhin: Inhaltlich stört dich vor allem, dass du kein Zugang zu ihr findest. Natürlich. Dein Geschmack ist dein Geschmack. Natürlich. Aber sie deswegen mit einen paar sprachlichen Nebenbemerkungen abzutun wäre doch etwas schade. Viel schöner fände ich, wenn du über das sprechen würdest, worum es hier geht (für dich) - lässt man den obigen quatsch mal beiseite.

"Die Blätter liegen behaglich im Sonnenschein, dessen Licht sich gegen Abend rötet". Hm, vielleicht muss man das etwas physikalisch betrachten. Ich werde drüber nachdenken. Es ist übrigens der einzig mögliche Hinweis auf den Tod des Kindes, was ich als Hauptdeutung nicht gut finde. naja.

Zur Einleitung: Sie wirkt auf dich konstruiert. Ich empfinde das anders. Eher als Zoom, als Schnelleinleitung. Eine Kurzgeschichte kann sehr davon profitieren. Muss sie aber auch nicht, klar. Besonders sollte sie "Frieden", in geweisser Weise "Seligkeit", Verspieltheit, Unbeschwertheit, aber auch Offenheit gegenüber all dem, was nicht in der Einleitung steht.

Übrigens, es ist schon ein Stilmittel. Es wird ein "ist" ausgespart. Dies nennt man Ellipse, aber das ist nicht weiter von Belang. Ich würde dir raten, nicht Opfer der (rigiden) Grammtik zu werden. Nein, nicht dass ich alles regeln will, wie es mir passt. Aber gerade an der Schnittstelle zwischen regelnder Grammatik und Sprachgebrauch (Kreativität, Chaos, Stilmittel etc.), da entsteht vielleicht Literatur oder nennen wir es beim Namen: Poesie.

Das gilt sicherlich unabhängig davon, ob ich selbst dazu fähig bin. Schönen Tag euch.

 

Hallo Peter Silie

Mir hat deine Geschichte sehr gut gefallen, auch wenn ich mir noch nicht so im Klaren darüber bin, wie ich das Ende deuten will.
Vor allem hat mich der Schreibstil irgendwie begeistert, in einen Bann gezogen. MMn wirkt die Einleitung in die Geschichte auch gar nicht zu konstruiert und außerdem sprachlich korrekt, wenn sie auch nicht im "normalen" Stil geschrieben ist. Bei den ersten Sätzen entstand in meinem Kopf wirklich der Eindruck eines Zoom, sehr schön hinbekommen :thumbsup:

Auch wie du die Sorglosigkeit des Kindes beschreibst hat mir gefallen.
Vielleicht ließe sich die Geschichte wirklich in eine andere Kategorie verschieben, muss aber nicht sein.

Alles in Allem eine sehr schöne, sehr lebendig wirkende Geschichte.

Grüße,
fuzzy

 

hallo peter Silie

interessante Geschichte, die du da abgeliefert hast.
Damit erschöpfen sich jedoch schon meine lobenden Worte.
Bei allen weiteren punkten muss ich leider ZP zustimmen.

Zur Einleitung: Sie wirkt auf dich konstruiert. Ich empfinde das anders. Eher als Zoom, als Schnelleinleitung. Eine Kurzgeschichte kann sehr davon profitieren. Muss sie aber auch nicht, klar. Besonders sollte sie "Frieden", in geweisser Weise "Seligkeit", Verspieltheit, Unbeschwertheit, aber auch Offenheit gegenüber all dem, was nicht in der Einleitung steht.
ich finde den Einstieg auch konstruiert, außerdem liest er sich schwer (aufgrund deiner "ellipse")
Das du selbst das anders empfindest, ist kein Wunder, du steckst ja auch unmittelbar in deiner Geschichte drinnen. Du willst aber den leser erreichen - und deswegen solltest du dir schon anhören, wie dieser deinen text wahrnimmt. Deine eigene Wahrnehmung ist dabei leider alles andere als objektiv...

Wie gesagt, die Idee finde ich interessant und ausbaufähig. So, wie der text jetzt steht, ist er zu "bemüht poetisch". ;)

grüßlichst
weltenläufer

 

Okay, das klang vielleicht etwas zu direkt, entschuldige Zerbröselb Pistole. Obgleich ich hier nicht davon abrücken will. Die Nähe zur Poesie hat nicht zwangsläufig etwas mit Gedichten zu tun.

Mir ist aufgefallen, dass du, Zerbrösel Pistole (auch) schon mal den ein oder anderen "seltsamen" Text schreibst, bei dem ein "ist" von anderen vorgeschalgen wird. Wie dem auch sei, leider reißt es euch aus dem Lesefluss und das ist schlecht. Mir ist das gar nicht aufgefallen und es hat mir bis jetzt auch keiner gesagt.

ZurGrammatik: Du hast nun etwas falsch verstanden. Dies ist keine Entschuldigung für den Gebrauch falscher Grammatik, sondern eine (Rechtfertigung für eine mögliche) Anwendung der Sprache.

D.h. also nicht, keiner bräuchte die rigide eherne Grammatik. Quatsch. Nur, abgesehen davon, dass wir eh nicht alle Regeln kennen und zur Anwendung bringen, sie doch eigentlich der Kommunikation dienlich sein sollte, das sie kommunikation sind, obwohl fixiert. Das bedeutet: Sprache entwickelt sich weiter. In diesem Prozess finden sich Dichter, Schrifthüter, Reformer und Rereformer, ganz normal.

Und ehrlich gesagt, schauen wir Dichter an, die die dt. Sprache geprägt haben, finden sich reihenweise "falsche" Verben. Oder Neologismen, weil die Nähe zur Verwandtschaft so unkenntlich. Und wir finden sie phanatastisch. Zu dem, was damals Regelverstoß war, ist heute Regel (nicht immer natürlich).

Der Punkt ist folgender: Texte setzen sich zusammen aus dem Hilfsgebot Grammatik (zur Verständlichkeit und Ordnung) und dem der Bilder, der Stimmungen, der Klänge, der Sinne (etc.). Ich würde dem nicht mal zustimmen, dass ein Autor 100% Grammatiker sein muss. Denn vielleicht ist das genau eine Gefahr zu nahe den vorgesehenen Schemata zu sein.

Ob nun der Autor sie beherrscht oder nicht, dass ließt sich nicht mit. Und dann bleibt nur das Kriterium: der Wille des Lesers, der im MOment 1:2 steht.

Allerdings glaube ich nicht, dass dieses eine "ist" zwei Tore gegen mich schießt, denn es gibt auch noch den Rest des Textes. Kann es sein, dass euch gar nichts gefällt daran? Entweder ist es zu nah an euren Texten oder viel zu weit weg, weiß nicht, aber im Grunde hätte ich gerne über den Inhalt geredet.

@der_Friese: wAS genau is dir ein Rätsel?

 

@ weltenläufer

Ja, wie gesagt: der Wille des Lesers. Aber der Wille des Lesers ist auch wieder nur eine Kriterium unter.. wenigen. Immerhin.

Ich muss leider sagen, dass diese "bemüht" mir sehr unangenehm ist. Denn wie soll ich klar machen, dass es gar nicht so gemeint ist und dass man sachen auch "bemüht" finden können will?

Die Einleitung, als "Realeinleitung" gefällt mir auch zu sehr, als dass ich sie als "ausbaufähig" betrachten könnte. Was so ein "ist" nicht alles an- oder abstellen kann! darüber zu schreiben wäre wirklich ausbaufähig. Es war eine (konstruktive) Idee, die einleitung ohne Hauptsatz, also vor allem ohne Hauptverb zu schreiben, weil ich dachte, das gehört da einfach heute nicht rein. Und dann ist es ganz einfach zu lesen: in einem Sandkasten... , in einem Garten,.... in einer Starße.... , in einer Stadt,.....

Warum regt sich keine über die 50 Jahre auf? es sind doch nun 61. Warum sagt keiner: ej, platte these "der Tod spielt mit"??

gruß
petri

 

Oh, ja stimmt. auf das andere bin ich gar nicht oder nur indirekt eingegangen. aber auch ich schrieb mehr als das, von dem du sprichst.

"Es ist deine Aufgabe als Autor, eine Geschichte zu schreiben, die es aus sich heraus schafft, mich über das Thema nachdenken zu lassen, von dem sie handelt."

Es ist nicht böse gemeint, aber so eine Definition finde ich irgendwie doof. Also meine Aufgabe ist diese: zu schreiben, was ich schreiben muss, wie ich es schreiben muss. Das muss sich ja in deinen Ohren fast wie naiv, dumm oder verblendet, jugendlich verzückt klingen. Das kann ich mir vorstellen, aber irgendwie meine ich das so und ich kann nicht anders. (es gibt gute gründe.. bla etc.)

Du übergehst die Geschichte voll und das hat beim "Ist" angefangen. Ej, das kann passieren und liegt sicher auch bei mir und so, aber warum hast du dann überhaupt angefangen, zu posten?

Natürlich is die geschichte strange, aber ich findsie lustig und würde gerne über den Inhalt etwas reden, weil ich ihn selbst nicht kenne. Sicher hatte ich eine Idee, als ich die schrieb. Aber nur die Idee. wusste ich, was sie nachher bedeutet?

 

Hallo Peter,

einiges war mir in deiner Geschichte nicht schlüssig.

Der erste Satz war viel zu lang, und klang bemüht.Da vergeht die Lust am Lesen.
Und der Tod kommt nur, weil das Kind hustet? Also das klang ein bißchen wie zusammengebaut.Warum war das Kind krank? Was war der Sinn des ganzen Tunnel graben?
Oder hatte das Kind nur geträumt ob der Tod neben ihm saß?
Am Anfang hatte ich erst an Tschernobyl.Mit dem gelben Sand und so.

Ich hoffe du bist nicht verärgert darüber.

Liebe Grüße
Agimar

 

@Agimar: Ach wo. Das finde ich interessant, denn die Tschernobyldeutung habe ich schon mal von nem Kumpel gehört, die ich aber nicht intendiert habe.

Der Husten muss nichts mit dem Tod zu tun haben, der danach "dazu" kommt. Ich verstehe es mehr als Schreibgimmick, denn es soll eine kleine Erkältung sein, was aber auch verstrahlung sein könnte.

Tunnelgraben muss meiner meinung nach auch keine Metapher sein, die zur Letztdeutung führen muss, wenn es denn eine gibt. Vielmehr steht sie für (phantasievolle) ungebremste, "ehrliche", "natürliche", "normale" und beneidenswerte Grundaktivität des Menschen (hier mit dem Mitteln eines Kindes). Der Sinn der Metapher ist diese irgendwie "fundamentale" Beschäftigung des Kindes. Es mag sicher auch andere geben.

Die Frage, ob das Kind nur träumt, die habe ich allerdings bis zum Ende nicht ausräumen wollen. Ich hatte mal eine Version, in der Tod und Kind hand in hand auf die Straße gehen und die mutter sieht ihr kind aus dem Sandkasten fallen. Das fand ich aber zu blöd, zu symmetrisch, zu einfach. und da wäre man dann nur die biologische Deutung (Husten, Tschernobyl, etc.) gelieben, denn die Mutter träumt ja wohl kaum?!

Apropos zusammengebaut: Wo der Tod auftritt, ist immer irgendwas zusammengebaut, denke ich. Wuie gesagt, der erste Satz ist keiner, im strengen sinne. Eine Aufzählung ohne Verb und "und".

@zerbrösel-pistole: du kannst recht haben, allerdings kalng deine "kritik" eher nicht konstruktiv als nett gemeint, dass kann ich falsch verstanden haben. Da du es dann auch nicht verstanden hast, dass ich missverstand, hast entsprechend geantwortet, ich dann auch etc. und entschuldige, wenn es dich allzusehr erbost hat.

Gut, dass zu sehen. wenn du willst, sprechen wir weiter über die Kritikpunkte in concreto, sonst lassen wir einfach den Meta-diskurs, was meinst du?

 

Hallo, Peter Silie!

Im Grunde genommen, hat mich deine kurze Erzählung schon angesprochen. Sehr gut beschreibst du die konzentrierte Sandarbeit des Kindes. Den tieferen Sinn deiner Geschichte erfuhr ich allerdings erst durch die vielen Kommentare. Sorry vielmals! Mich haben weniger die langen Einleitungssätze gestört, als die grammatikalischen Schwächen deines Textes. Da sind einige Wortauslassungen, (auch im Eröffnungssatz), Beistrichfehler, und am Ende des Textes wechselst du die Zeitform. Der ganze Text steht in der Gegenwart, die letzten beiden Sätze stehen plötzlich in der Mitvergangenheit. Würdest du (zumindestens) diese Dinge korrigieren, könnte deine Geschichte stilistisch eindeutig gewinnen. Auch die Pointe, (der Tod des Kindes) könnte klarer formuliert sein. Vielleicht doch noch einmal drüber gehen?

Liebe Grüße,
Manuela :)

 

Na, bei der Zeichensetzung gehts schon manchmal mit mir durch. Das werde ich überarbeiten.

Allerdings, und wer hoffentlich glaubt es, der Zeitbruch ist beabsichtigt, das mache ich öfter. Es handelt sich hier um die Erzählerische Pointe, nicht die inhaltliche. Man könnte das ganze auch als Anekdote, als Witz oder ein text a la "und die Moral von der Geschicht", obwohl es eben nicht unabhängig vom Vortext gesegehen werden kann bei der Deutung, aber so isset ja immer.

Ach und dieses ominöse "verstehen". Je mehr man redet, desto mehr und weniger kann man verstehen. aber ich glaube nicht, dass ich schon über meine eigene ursprüngliche intention geschrieben habe. von da her kann es sich um dieses verstehen nicht drehen. oder?

gruß
petri

 

apropos verstehen: ich würde, wie so viele andere sicher auch, mich dagegen wehren, Texte lesen als zu sehr auf die mitunter schulische Verstehensschiene zu drücken. Das wirkt, obwohl natürlich wichtig und irgednwie grundsätzlich, ein wenig der kunst (des...) nicht gerecht werdend.

ich hätte nicht gedacht, dies zu anfang ins forum schreiben zu müssen, aber man braucht nicht (so) verstehen, um zu verstehen, um Teilzuhaben. Es spielt sich auch auf anderen Ebenen ab (farben, bilder, analogien, stimmungen), die bei allen verschieden sind. naja. Woher kommen den "leicht verständliche und verdauliche" Texte? aus dem stift von Mcdonalds?

 

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