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Verstehe einer die Frauen

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25.09.2005
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Verstehe einer die Frauen

Verstehe einer die Frauen
Es war einer dieser typischen Samstagabende. Die Luft in der Disco war von beissendem Rauch erfüllt, es roch nach Schweiss und ausgekipptem Bier. Ein paar auffällig geschminkte Frauen standen an der Bar neben der Tanzfläche und träumten von ihrem Traumprinzen. Auf der erhöhten Bühne in der Mitte tanzten betrunkene Männer. Wenn man es "tanzen" nennen konnte. Eigentlich sah es mehr aus, als würde ein Schwarm Bienen über die Fläche fliegen und alle versuchten die fliegenden Brummer mit ihren panisch herumschwingenden Armen zu verscheuchen oder ihnen mit dem Rumgehüpfe wenigstens Angst einzujagen. Auch mit dem Wort "Männer" muss man an dieser Stelle vorsichtig umgehen. Einige glichen mehr kleinen Kindern. Eventuell lag es daran, dass ein blondes Exemplar auf allen Vieren herumkroch und ein Geldstück zu suchen schien. Ein anderer dagegen schlief mit dem Daumen im Mund auf dem roten Sofa in der Chillout-Lounge, aus seinem Mund lief klebriger Speichel. Jener wurde von drei grölenden Prachtexemplaren der Gattung "Homo Wiesn Fastfoodus" beobachtet, welche einen Halbkreis um ihn gebildet hatten und seinen Kopf als Bierablage benützen. Doch widmen wir uns einmal der anderen Ecke des Raumes, wo Martina stand.
Sie war ursprünglich mit ihrer besten Freundin gekommen, jene hatte sie aber nach einem kurzen Schwatz mit einem der obigen "Männern" (ist hier bewusst in Anführungs- und Schlusszeichen gesetzt) im Stich gelassen. Ihr Blick suchte die Disco nach einem Typen ab, der es wenigstens noch schaffen würde, mit seinem Finger die Nase zu berühren ohne sich dabei ein Auge auszustechen. Doch es schien vergebens. Da erklang ein "Hallo" in ihrem Ohr, welches bei Moll begann und bei einem schrillen Ton endete. Begleitet wurde die originelle Begrüssung von einer Fahne, welche in etwa "hey, ich kann hundert Bier trinken" rief. Sie drehte sich um und schaute in ein Gesicht, welches feuerrot leuchtete. "Ich, Thorsten", sagte er mit einem geschwollen Akzent. Sie hatte das Gefühl, wenn sein Puls auch nur einen Schlag höher liegen würde, müsste sein Gesicht explodieren. Eigentlich war es ihr egal, solange er dies nicht in ihrer Nähe tun würde. Egal war sogar untertrieben, sie wünschte es sich. Nach einem erzwungenen Lächeln, welches den Anschein hatte, als stecke eine Zitrone in ihrem Mund, drehte sie sich desinteressiert um. "Die Alte will erobert werden", ging durch Thorstens Kopf. Er strich sich mit seinen klebrigen Händen durch die Haare, welche dank dem soeben zugeführten Malz und Hopfen, welches zwischen den Fingern haftete, in der gewünschten Richtung stehen blieben.
Er erinnerte sich an einen Artikel, nach dem Humor das A und O beim Baggern sei. Er musste nicht lange nachdenken, beim Oktoberfest der Jungschützen, wo er im Vorstand tätig war, hatte er einen Witz gehört. Er war sich seines Sieges sicher. "Weißt du, dass Weiberhormone im Bier enthalten sind? Nein? Umso mehr davon getrunken wird, umso mehr Scheisse wird gelabert und schlechter Autofahren kann man auch". Anscheinend hatte er ihren Geschmack genau getroffen, vor allem das Wort "Weiber" schien treffend gewählt. Thorsten hielt sich seinen Bauch, oder wohl eher seinen Ranzen und lachte laut heraus. So ironisch es nur gehen konnte meinte Martina "Haha". Thorsten strahlte auf. Sie fand ihn witzig, nun hatte er eigentlich schon gewonnen.
"Haha" ist in etwa dasselbe wie ein "Aua". Kein Mensch schreit jemals "Aua" oder "Autsch" wenn er einen Arm gebrochen hat. Ebenso wenig sagt jemand "Haha" oder "Hihi" wenn etwas amüsant ist.
Der Jägerinstinkt in seiner feuerroten Rübe verstärkte sich, die Telefonnummer musste her. "Hey Baby! Ich hab meine Telefonnummer verloren, hast du mir deine?". Er lächelte, und kam sich ungeheuer kreativ vor. Diese Masche hatte vor Jahren schon einmal geklappt, sie ging sogar mit ihm nach Hause. Glücklich erinnerte er sich daran, wie er mit ihr schlief. Er war sich sicher, sie zum Höhepunkt gebracht zu haben. Ihr Satz "Ach komm, hör auf" war für ihn eindeutig gewesen. Aber nun zurück zu Martina.
Sie wollte ihn nun auf eine freundliche Art und Weise loswerden. "Hör mal zu, Thorsten. Du bist ganz bestimmt ein Netter, aber...". Sein Kopf leuchtete, die Augen glänzten noch stärker. Er war nett, NETT. Den Rest des Satzes hatte er nicht vernommen.
Wenn jemand sagt, du seiest ein Netter oder eine Nette, dann gleicht das in etwa einem "mit dir steige ich nie in die Kiste" oder einem "Hau ab du Langweiler". Eigentlich ist die genaue Bedeutung egal, doch es steckt bestimmt mehr Antipathie als Sympathie dahinter. Doch Thorsten wusste dies damals nicht.
Erneut fragte er Martina nach deren Nummer. Als sie ihn mit grossen, fragenden Augen anschaute, kehrt machte und verschwand, dachte er nur den so oft gedachten Satz: "Da verstehe einer die Frauen. Zuerst eindeutige Zeichen geben, um dann, wenn es ernst wird, den Schwanz, äh...was auch immer, einzuziehen".

 

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