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Verzweiflung

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17.08.2005
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Verzweiflung

Ich sitze gerade auf dem Sofa und schau mir wieder diese beschissen Sendung an. Ich weiß eigentlich gar nicht warum ich mir das jeden Tag antue, vielleicht weil ich mir dadurch ein wenig besser vorkomme. Aber besser als wer? Ich will mich doch nicht mit diesen Versagern vergleichen. Das sind richtig arme Schweine. Entweder wollen sie sich mal in der Glotze sehen und bei Freunden angeben, oder sie sind so richtig verzweifelt.
Ha, da ist wieder so ein Kandidat. Ihm steht ja die pure Unfähigkeit ins Gesicht geschrieben. Er heißt Fabian. Ha, welche einigermaßen vernünftige Eltern nennen denn ein Kind Fabian.
Kein Wunder, dass der Typ keine Freundin findet. Hätten ihm die Eltern einen anderen Namen ausgesucht, hätte er doch zumindest eine Basisaustrahlung, aber so.
Da sieh mal einer an, der Fabian ist 31 Jahre alt, der schaut doch wie 40 aus. Mindestens. Das muss die Verzweiflung sein. Klare Sache. Fall erledigt. Das ist die Verzweiflung. Ich habe immer schon gesagt, wer jung bleiben will, muss fröhlich sein.
So, so der Fabian kann also kochen. Ha, so ein elender Schleimer. Der kann doch sicher einen Teller von der Pfanne nicht unterscheiden. Oh mein Gott, jetzt tut er so, als ob er abspülen würde. Ha, glaubt er denn wirklich, dass er damit eine Frau beeindrucken kann? Der ist ja so richtig verzweifelt. Wenn der so weitermacht, bekommt er von mir einen Ehrenplatz in meiner Top10 Liste der Verzweifelten. So ein Depp aber auch.
Oh ja, jetzt kommt sicherlich das Beste, er muss seine Traumfrau beschreiben. Da bin ich aber mal gespannt.
Ha, als ob ich es gewußt hätte, dem kleinen, süßen Fabian sind Äußerlichkeiten nicht wichtig, die inneren Werte zählen. So ein Vollhorst. Kein Wunder, dass ihm Aussehen zweitrangig ist, bei der Fratze. Mein Gott, wie weit kann die Verzweiflung einen bloß treiben?
Jetzt kommt meine Lieblingsstelle. Nun muss der verzweifelte Kandidat die Eigenschaften der Traumpartnerin aufzählen. Die tun dann alle so, als ob sie alle diese Eigenschaften von einer Liste ablesen würden, bloß die Reihenfolge variiert ab und zu.
Ja, ja, ja. Sie soll also treu sein, und auch humorvoll und zu guter Letzt soll sie spontan sein. Was für ein Versager. So stelle ich mir die Hölle vor. Ein Haufen Verlieren, die sich um die Pole Position streiten, obwohl sie nicht einmal die Qualifikation überstehen.
Wird aber auch Zeit, dass die diesen Loser wegblenden. Die Telefonnummer hätten sie ruhig weglassen können, da ruft eh keine an.
Bin mal gespannt, welcher Kanarienvogel jetzt angeflogen kommt.
Ha, ich glaube, ich spinne. Nein, das ist doch nicht möglich. Sie braucht gar nicht anzufangen, sie bekommt gleich die begehrte Trophäe der Top10. Die hat ja `ne Mantamatte, da wäre sogar der Polster Toni neidisch. Die setzte ich sofort auf Platzt 1. Die holt keiner mehr ein. Der absolute After-Burner. Ich lache mich tot.
Angelika heißt die Alte, das wird ja immer bunter. Wie hat eigentlich die Menschheit bis heute überlebt? Also, ich frage mich wirklich.
Oh, Angelika hat ja zwei Kinder. Jetzt wird’s kriminell. Ich möchte mal die Mantamatte sehen, die der zwei Kinder macht. Ha, vielleicht war’s ja der Toni.
Nein, nein. Bitte erlöst mich von meinen Qualen. Ich glaube, ich bin im Wald. Ich kann’s ja nicht fassen, dass sie das gesagt hat:
»Ich bin 39 Jahre alt, habe zwei Kinder. Ich gehe gerne spazieren, gehe gerne aus. Und Hobbys habe ich auch«.
Das war alles. Das ist keine Verzweiflung mehr, das ist der pure Wahnsinn. Das würde ich auch sagen, wenn ich mich irgendwo vorstellen müsste.
»Hehe. Und Hobbys habe ich auch. Jaja«
Ich glaube mein Schwein pfeift. Das ist ja grandios. Ich glaube der Typ, der so eine Frau nimmt, muss ein Säufer sein oder einer werden.
Was, was hat die jetzt gesagt? So ein Mist. Was nuschelt die denn so? Jetzt habe ich nicht mitgekriegt was sie gesagt hat. Ich glaube ich nehme mir heute Nacht die Wiederholung auf Video auf. Meine Güte, kann man verzweifelt sein.
Ich denke, heute wird niemand mehr Angelika übertrumpfen. Unmöglich.
Ja wer kommt denn jetzt? Habe ich umgeschaltet? Ha, Olá Chicka. Die schaut ja mal richtig vernünftig aus. Da muss irgendein Hacken sein, die war vielleicht mal ein Mann. Ha, eine Griechin. Sehr vernünftig, die aus dem Süden sind sowieso heißer. Komischer Name Jeane. Jeane Kuriopulus. Vorne Französin, hinten Griechin.
Ha das passt mal wieder. Wenn die keine Sexgranate ist. Ha, vorne französisch, hinten griechisch! Klasse, die Frau gefällt mir.
Schau mal einer an, sie ist erst 36. Hat sich gutgehalten, die Kleine. Schöne Brüste, lange Beine, ein schöner Arsch. Was will man mehr. Wenn sie jetzt auch noch stumm wäre, wäre sie die perfekte Frau, ha.
Sie liebt also die Sonne und die heißen Strände, na das kann ich mir lebhaft vorstellen. Die möchte ich auch gerne mal in Bikini sehen und wenn sie ganz nackt wäre, da hätte ich auch nichts dagegen, ha.
Sie sucht also keinen Standardmann, einen der langweilig ist, der keine Hobbys hat, sondern nur vor dem Fernseher rumsitzt. Ha, der bin ja ich.
Die hübsche Jeane will also keine Kinder, weil sie sich lieber auf ihre Karriere konzentrieren will. In der Unterhaltungsbranche.
Das glaube ich einfach nicht. Diese Frau ist ja wie für mich geschaffen.
Halt, jetzt beschreibt sie ihren Traumtypen. Nicht zu groß, nicht zu klein. Nicht blond und blöd. Sportlich und nicht faul. Also wirklich, wenn das eben eine Fahndungsbeschreibung gewesen wäre, müsste man mich verhaften. Ich habe es doch gewußt. Baby, ich wurde geboren, um dich glücklich zu machen. Der absolute After-Burner.
Jetzt sagt doch endlich diese beschissene Telefonnummer an. Ich muss die süße Maus anrufen. Na also, geht doch.
Das ist doch zum Mäusemelken, die scheiß Nummer ist andauernd besetzt. Ich drücke doch tatsächlich schon zum fünften oder sechsten mal, aber immer besetzt.
Ha, es klingelt.
Nein, ich glaube es nicht, schon wieder diese Computerfrau:
»Alle unsere Leitungen sind zur Zeit belegt, bitte rufen Sie später wieder an«
Das ist doch zum Verzweifeln.

 

Hi alexander!

Nun, als Einstieg ist die Geschichte recht gut. Ich habe mich jedenfalls gut unterhalten gefühlt, auch wenn's mich nicht so vom Hocker gerissen hat.
Monologgeschichten haben es halt so an sich, dass sie Schwierigkeiten mit dem Spannungsaufbau haben. Deshalb ist diese Form auch eher für nachdenkliche Texte geeignet, bei lustigen hapert es meist ein wenig.
Bei diesem hier musste ich aber oft schmunzeln. Da sitzt so ein Typ vor der Glotze und zieht sich eine Kontaktanzeigen-Sendung rein, zieht über die ganzen "Loser" her, und die ganze Zeit merkt man, dass er selbst einer der untersten ist. Echt stark! :thumbsup:

Gut fand ich folgende Stellen:

Nein, nein. Bitte erlöst mich von meinen Qualen. Ich glaube, ich bin im Wald. Ich kann’s ja nicht fassen, dass sie das gesagt hat:

Was, was hat die jetzt gesagt? So ein Mist. Was nuschelt die denn so? Jetzt habe ich nicht mitgekriegt was sie gesagt hat. Ich glaube ich nehme mir heute Nacht die Wiederholung auf Video auf. Meine Güte, kann man verzweifelt sein.

Hier kommt die Ironie der Situation gut raus. Wäre er nicht selber ein Versager, würde er sich das ja nicht unbedingt angucken wollen.

Jeane Kuriopulus. Vorne Französin, hinten Griechin.

:D :D :D

Dafür gibt es mehrere Stellen, die den Text erheblich runterziehen. Zum Beispiel:

Ich sitze gerade auf dem Sofa und schau mir wieder diese beschissen Sendung an. Ich weiß eigentlich gar nicht warum ich mir das jeden Tag antue, vielleicht weil ich mir dadurch ein wenig besser vorkomme. Aber besser als wer? Ich will mich doch nicht mit diesen Versagern vergleichen.

Da haben wir einen typischen Anfängerfehler. Mit so einem Anfang kannst du den Leser nicht zum Weiterlesen animieren. Als unerfahrener Autor ist man leicht versucht zu glauben, man müsse den Leser erst mal in die Situation "einführen" und erklären, worum es geht. Das ist aber nicht der Fall.
Der Leser kann das Bild auch selbst zusammensetzen. Bei Kurzgeschichten ist ein "En medias res"-Anfang typisch. Du wirst ihn bei einem großen Teil der guten Geschichten hier antreffen. Lass den Leser in die Ausgangssituation hineinspringen, indem du den Prot eine herablassende Bemerkung machen lässt, z. B. "Mein Gott, was für ein Loser" oder "Das sind echt arme Schweine".
Dass der Prot an diesen "Losern" sein Selbstwertgefühl heben will, kommt deutlich genug raus. Das bedarf keiner Erklärung. Die zitierten Sätze können ganz wegfallen und wie oben beschrieben ersetzt werden. Wenn der Leser selbst hinter die Ironie kommt, gefällt sie ihm auch besser. ;)

Hätten ihm die Eltern einen anderen Namen ausgesucht, hätte er doch zumindest eine Basisaustrahlung, aber so.

So kommt nicht raus, was du sagen willst. Jeder andere Name als Fabian würde ihm eine Basisausstrahlung verschaffen? Na, da kenn ich aber noch eine Menge, die ähnlich beschissen klingen...
Besser vielleicht "Wenn sie ihn wenigstens Freddy oder Jason genannt hätten..." :D

Ha, welche einigermaßen vernünftige Eltern nennen denn ein Kind Fabian.

Dieses Wort hält den Satz unnötig auf. Gerade bei Humor auf flotten Stil achten!

Das muss die Verzweiflung sein. Klare Sache. Fall erledigt. Das ist die Verzweiflung.

Der ist ja so richtig verzweifelt. Wenn der so weitermacht, bekommt er von mir einen Ehrenplatz in meiner Top10 Liste der Verzweifelten.

Mein Gott, wie weit kann die Verzweiflung einen bloß treiben?

Die ständige Wiederholung des Worts "Verzweiflung" nervt irgendwann. Den fett angestrichenen Satz besser streichen. Der Abschnitt funktioniert auch ohne ihn.

Ha, als ob ich es gewußt hätte, dem kleinen, süßen Fabian sind Äußerlichkeiten nicht wichtig, die inneren Werte zählen. So ein Vollhorst. Kein Wunder, dass ihm Aussehen zweitrangig ist, bei der Fratze.

Oben vielleicht besser "wer hätte das gedacht". Der letzte Satz ist eigentlich überflüssig, dass Fabian in den Augen des Prot eine Hackfresse hat, ist schon klar. Vielleicht solltest du etwas Subtileres, Gehässigeres einsetzen, wie "Klar, Aussehen darf ihm ja auch nicht wichtig sein, seiner Frau schließlich auch nicht" oder so.

Ein Haufen Verlieren, die sich um die Pole Position streiten

Kleiner Tippfehler.

So stelle ich mir die Hölle vor.

Da ist mir die Beziehung zum Folgenden nicht klar.

Da muss irgendein Hacken sein, die war vielleicht mal ein Mann.

Buchstabe zuviel.

Komischer Name, Jeane

Komma einfügen.

Ha, vorne französisch, hinten griechisch!

Den Witz musst du nicht wiederholen, um ihn verständlich zu machen. Satz besser streichen.

Sie sucht also keinen Standardmann, einen der langweilig ist, der keine Hobbys hat, sondern nur vor dem Fernseher rumsitzt. Ha, der bin ja ich.

Missverständlich. Ich bin erst beim "Zurücklesen" auf die Bedeutung gekommen. Ich dachte erst, er hält sich selbst für diesen "Standardmann", was ja wohl auch stimmt.
Aber man kann unmöglich sagen: "Das bin ich", wenn man vorher nur gehört hat, was man nicht ist. Von der Formulierung also nicht nur missverständlich, sondern unlogisch.

Die Pointe am Schluss ist allerdings ein bisschen schwach. So spontan würde mir auch nichts einfallen, aber das Ende hätte einfach mehr Pfiff verdient. Kannst ja mal ein Brainstorming machen, was sich da noch ergeben könnte. ;)

Ciao, Megabjörnie

 

Ich sitze gerade auf dem Sofa und schau mir wieder diese beschissen Sendung an.
So, da hat mb ja was übersehen, obwohl er sogar diese Stelle zitiert hat ...
also, beschissene
Zur Geschichte:
Ja, ganz witzig, eigentlich alles genauso, wie mb es beschrieben hat.
Aber mb, ich finds n bisschen komisch, dass du jeden Witz erklärst, aber alex vorwirfst einen zu erklären ;-)

So stelle ich mir die Hölle vor.

Da ist mir die Beziehung zum Folgenden nicht klar.

Echt nicht? vllt wirds dir klarer, wenn du den Punkt nach "vor" durch einen Doppelpunkt ersetzt?
Aber etwas habe auch ich nicht verstanden:
Jeane Kuriopulus.
Hä? Wo ist der Witz?
Ala
Tserk

 

Also um ehrlich zu sein, hat mich der Protagonist der Geschichte eher genervt als unterhalten. Einer vond en Typen, mit denen man sich nicht unterhalten kann, die sich prollig, lautstark, aber ohne Intention äussern. Der ANsatz der Geschichte war gut, aber ich finde, es ist dir nicht so gut gelungen die Verbindung zwischen den Losern der Sendung und dem Protagonisten herzustellen. Vielleicht wäre es besser gewesen, in der Sendung einen ähnlichen Charakter wie ihn zu porträtieren oder den Protagonisten als einen einfältigen TYpen wie FAbian darzustellen.
Insgesamt hat mir die Geschichte nicht so gut gefallen.Lachen kontne ich eigentlich nicht, habe mehr den Kopf geschüttelt über den Sprachgebrauch deiner Hauptfigur.

 

Ich glaube übrigens in der Zwischenzeit, dass die Geschichte eher bei "Gesellschaft" besser untergebracht wäre. Ist aber auch in dieser Rubrik nicht schlecht untergebracht.

Die Kritiken (vor allem von mb) sind sehr konstriktiv. Vielen Dank dafür. Werde mir sicher einiges merken müssen.

Alex

 

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