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Vom Lied des Lebens

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29.03.2006
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Vom Lied des Lebens

Eine zarte Melodie suchte sich ihren Weg durch die afrikanische Steppe. Zu viele Arten lebten hier, als dass ein Schweigen die Zeit für einen Augenblick anhalten würde. Der Wind trug den Gesang von Leben immer weiter, zwischen den Gräsern hindurch und hoch gen Himmel. Ihr gemeinsamer Tanz ging weiter bis hin zur Wasserstelle, wo sich alle Tiere versammelten und für einen Moment keine Feinde waren; so lange bis die Herrscher der Savanne ihren Durst gestillt hatten und der Hunger sie wieder quälte. Und in diesen Momenten vermischte sich das Lied der Steppe mit dem Geruch des Todes. Sie spührten das Blut, denn erneut hatten die Herrscher Beute gemacht. Voller Angst drängten sich die Gnu- und Antilopenherden zusammen und spähten umher mit weit aufgerissenen Augen. Nur in diesen Momenten der Angst legte sich die Decke des Schweigens über das Land.

„So kann das nicht weitergehen“, sagte einer der jungen Gnus zu seiner Herde. „Das Morden muss aufhören!“, pflichtete ihm ein anderer bei. „Aber was sollen wir denn nur tun?“ Die Menge war ratlos, doch als sie die Hoffnung auf eine Lösung schon fast aufgegeben hatten, meldete sich der Älteste unter ihnen: „Meine Kinder, wenn es wirklich das ist was ihr euch wünsch, dann kann ich euch helfen!“ Die Herde wurde wieder munter; einige waren so aufgeregt, dass sie nicht stillhalten konnten und auf der Stelle hin und her tänzelten. Nachdem sich die meisten wieder beruhigt hatten, sprach der Graue weiter: „Heute Nacht, wenn ihr innere Ruhe gefunden habt und euch im Land der Träume wieder findet, dann betet und glaubt daran, dass euer Wunsch in Erfüllung geht!“ Nachdem sie das gehört hatten, konnten sie kaum dem Moment abwarten in dem sie sich vor den Löwen in Sicherheit glaubten und sich ausruhen konnten. Sie taten, wie es der Älteste unter ihnen gesagt hatte. Im Traum dachten sie alle nur daran, wie sehr sie sich ein Leben ohne ihren Feind den Löwen wünschten und da sie sich vorher noch nie beschwert hatten und noch nie etwas verlangt hatten, wurde ihnen der Wunsch erfüllt.
Am nächsten Morgen, als alle zur Wasserstelle gingen, lauschten sie dem Lied der Steppe und waren verblüfft. Nicht eine Sekunde merkten sie wie die Hand des Todes knapp an ihren Gesichtern entlang streifte. Den ganzen Tag und die ganze Nacht hörte man die Melodie des Lebens.
Überglücklich bejubelten sie ihren Ratgeber und nannten ihn von da an nur noch „Weiser“.

Die Zeit verging und die Gnuherde lebte im Überfluss. Sie konnte eine Stelle gemütlich abgrasen, ohne vor der Gefahr zu fliehen, Die Mütter brachten mehr Kinder zur Welt denn je und alle freuten sich, dass sie sich keine Sorgen mehr um das Wohl der Kleinen und Kranken machen mussten. So umtanzte sie die Melodie des Lebens eine ganze Zeit. Eines Morgens jedoch, als der Anführer der Herde an die Wasserstelle kam, sah er, dass sie leer war. Sie enthielt kein Tröpfchen Wasser mehr. Er schluckte hart, aber verwarf den Gedanken, als ihm das Leben ein Ständchen brachte. Sie zogen weiter und ließen das verdorrte Land hinter sich.
Doch irgendwann kamen sie nicht mehr weiter. Vor ihnen lag das große Wasser, dass sie weder überwinden noch trinken konnten und hinter ihnen das verdorrte Land.
In Panik wandten sich die Gnus zu dem Ältesten und fragten ihn erneut um Rat, doch dieser schüttelte nur den Kopf und ließ die Schultern hängen. Als sie aufhorchten war die Melodie des Lebens wie vor dem Wunsch unterbrochen und der Schleier des Todes legte sich auf das Land. Doch diesmal unterbrach er nicht, nein er erstickte die Melodie. Keiner konnte fliehen, denn sie waren einfach zu viele.

 

Hallo kinky,

ich finde es immer problematisch, wenn eine Aussage in einer Geschichte eine zuvorgetroffene Aussage über den Haufen wirft.

Zu viele Arten lebten hier, als dass ein Schweigen die Zeit für einen Augenblick anhalten würde
Erst sind es zu viele Arten, als dass es geschehen könnte, doch dann:
Nur in diesen Momenten der Angst legte sich die Decke des Schweigens über das Land.
Angst und Artenvielfalt stehen in keinem kausalen Zusammenhang. Die erste Aussage hätte also schon eingeschränkt sein müssen.
Auch sprachlich holpert es ab und zu:
Ihr gemeinsamer Tanz ging weiter bis hin zur Wasserstelle,
Von wessen gemeinsamen Tanz ist hier die Rede? Wenn du den von Wind und Gesang meinst, der geht bis hoch in den Himmel, das ist viel weiter als die Wasserstelle. Und was nützt es den Tieren, die Durst haben, wenn sich Wind und Gesang bis zur Wasserstelle tanzen?
Sie spührten das Blut
spürten
„Heute Nacht, wenn ihr innere Ruhe gefunden habt und euch im Land der Träume wieder findet, dann betet und glaubt daran, dass euer Wunsch in Erfüllung geht!“
Sie sollen also schlafend beten? Oder davon träumen, dass sie beten? Nehmen wir mal an, dass man ohne viel Trainig die Trräume so beeinflussen kann, was unterscheidet geträumte Wünsche von bei klarem Bewusstsein ausgesprochenen?
Gut, letztlich kommt es dir auf die recht simple Philosophie des Kreislaufs an. Sterben und Leben gehören zusammen. Der Kreislauf der Natur darf nicht unterbrochen werden.
Man könnte natürlich auch sagen, okay, mögen sie jetzt sterben, die Gnus, aber bis dahin haben sie ein tolles Leben gehabt. Ist es den Preis nicht wert?

MfG, sim

 

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