Vom Streben nach Leben
Das bin ich nun, ein Niemand. Ein Niemand, den die Nachwelt auf keinen Fall vermissen wird. Quasi, ein ganz normaler Durchschnittsbürger, wie die Meisten von uns. Ich habe wohl, wie die meisten anderen Menschen vor mir auch, ein ganz normales Leben geführt, wurde geboren, bin unter normalen Umständen aufgewachsen, habe eine Landestypische Ausbildung genossen und ein Job als Gärtner bekommen.
Man kann sich sein Leben freilich nicht selbst aussuchen, nur darauf hoffen, mit den gegebenen Mitteln und Fähigkeiten, das Beste daraus zu machen. Aus diesem Grunde beneide ich Kinder, welche noch an eine gute Zukunft glauben, ihrer Kreativität, ihren Wünschen und Hoffnungen sind keine Grenzen gesetzt, zumindest, bis ihr Verstand weit genug entwickelt ist. Ab dann geht es nur noch Berg ab, die Schonzeit verfliegt und
man verleibt ihnen Bildung ein, damit aus ihnen später mal fleißige und kompetente Arbeiter werden, die das Wirtschaftssystem aufrechterhalten.
Zumindest fühlt es sich so an, wenn ich so über meine Vergangenheit nachdenke.
Ich bin der Protagonist meines eigenen Lebens, will Geschichte schreiben, etwas bewirken und Zeichen für die Nachwelt setzen.
„Alles Humbug", wie mein alter Herr immer zu sagten pflegte.
„Vergiss deine Träume, mein Junge, du wirst es niemals schaffen.
Die menschliche Gesellschaft ist wie eine Armeisenkolonie, die meisten werden dazu geboren um zu Arbeiten und um sich um das Wohlergehen anderer zu kümmern, es ist nur einen geringen Teil der Kolonie mehr vergönnt.
Jeder wird für einen bestimmten Zweck geboren, dieser Rolle kann man nicht entfliehen, auch wenn sie noch so Grausam ist.
Du willst Freiheit? Eine bessere Zukunft? Etwas Besonderes sein?
Das kann dir selbst der Tod nicht bescheren.“
Und nun stehe ich hier, am Grab eines Mannes, der sein Schicksal so hinnahm, wie es kam
und noch nicht einmal Probiert hat, etwas in seinem Leben zu ändern.
Immer wieder, wenn ich hier vorbeikomme, drängt sich mir ein und der selbe Gedanke auf:
„So will ich nicht enden.“
Aber wie und was kann ich ändern??? Ich bin nur ein kleiner Mann ohne Einfluss, was ich tue und denke ist den Menschen egal, ich bin kein Schriftgelehrter, bedeutender Philosoph, oder Politiker, dem die Menschen vertrauen und Gehör schenken.
„Nein“.
Ich bin einfach nur Till Dietmar, aus der Steinstraße 62, der in seiner Zweizimmerwohnung lebt und noch nicht einmal traut andere Menschen anzusprechen, um soziale Kontakte zu knüpfen. Ich habe keine Freundin, keine Kinder, keine Bekannten, kein großes Einkommen
und mein Privatleben in der Freizeit spiegelt sich vorm Fernseher wieder.
Das Einzige worauf ich stolz bin, sind meine zufriedenen Kunden, welche mein Talent bewundern, Pflanzen prächtig gedeihen zu lassen und wunderbare Blumenbeete kreieren zu können. Ich freue mich jedes Mal, wenn ich die erfreuten Blicke meiner Kunden sehe
und spüre, wie ihr Herz aufgeht.
Es scheint mir dann fast so, als hätte ich eine Wundertat vollbracht und ich fühle mich,
so zufrieden mit mir selbst. Solche Augenblicke machen mein Leben wieder lebenswert, wenn auch nur für kurze Zeit…