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Von der ordnenden Macht fallenden Schnees

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10.10.2006
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Von der ordnenden Macht fallenden Schnees

„Das Haus ist jetzt zu groß für mich allein.“
Die Worte schwebten im Flur, nisteten sich in der Luft ein, hallten von den Wänden wider. Und langsam, schneckengleich, noch während sie weiterredete und weiterging, da kamen sie wieder, verfolgten sie, sickerten in ihr Bewusstsein. Allein.
Vollends erreichten die Worte sie erst im Wohnzimmer. Vor dem Panoramafenster, in dem sie sich spiegelte. Die Worte waren wie der Kuss eines Prinzen. Sie erwachte.

Der Makler zog mit geübtem Griff eine Packung Tempos aus seiner Hosentasche, drückte den Fingernagel unter die rote Lasche der Verpackung, griff mit spitzen Fingern ein Taschentuch heraus, wedelte es dann – wie ein Zauberer – in der Luft auf und drückte es gegen ihre Nase. Nicht aufdringlich, ihr blieb genug Luft. Er war … routiniert.
„Ich kann auch morgen wiederkommen.“
„Morgen“, antwortete sie. „Da bin ich schon wieder zu Hause.“
„Verstehe.“
Sie öffnete die Augen weit, sah ihn an, ließ das Taschentuch zu Boden fallen und wischte sich grob übers Gesicht. Was für einen Eindruck sie wohl jetzt auf ihn machte? Das konnte sie ein paar Tausend kosten. Aber andererseits wollte er ja einen hohen Preis erzielen wegen der Provision. Und wenn …
Die Worte kamen zurück. Wie ein Bumerang. Allein.
„Ich lass Ihnen einen Moment. Setzen Sie sich doch. Nehmen Sie sich die Zeit.“
Er bugsierte sie in den Ohrensessel ihres Vaters, der seitlich des Panoramafensters stand, der schon immer dort gestanden hatte, solange sie denken konnte, und der im Laufe der Jahre so viel Pfeifenrauch aufgesogen hatte, dass er nach ihrem Vater roch, wahrscheinlich immer nach ihm riechen würde. Nach Äpfeln irgendwie. Von hier aus hatte man ja auch einen guten Blick auf den Apfelbaum im Garten, vielleicht bestand da irgendein Zusammenhang, vielleicht war das ja wichtig irgendwie und überhaupt …
Sie vergrub ihren Kopf in beide Hände und weinte.
Die letzten Tage, als sie funktionierte, weil sie es musste, waren vorbeigezogen, ohne dass sie am Steuer gewesen wäre. Alles war gut gegangen und jetzt saß sie hier und weinte wie ein kleines Kind. Außer Kontrolle. Entwürdigend.
Sie atmete flach und kontrolliert. Wie bei einer Schwangerschaftsübung im Fernsehen. Zwei Mal flach durch den Mund ein, dann durch die Nase aus, die verrotzt war und zu. Dann hechelte sie. Wie im Fernsehen. Sie schmeckte Tränen auf ihrer Zunge. Ihre Hand war voll mit Rotz. Sie wischte sie am Sessel ab. Und langsam, Schritt für Schritt, Atemzug um Atemzug, Träne für Träne, da war sie wieder, wer sie sein wollte.

„Fantastische Immobilie wirklich. Und so ruhig. In den späten Siebzigern, sagten Sie?“
„Achtundsiebzig, ja.“
„Achtundsiebzig, Gott. Da war ich grad mit der Uni fertig.“
„Ich war da zwei Jahre alt.“
„Verzeihen Sie. Ihnen ist natürlich nicht nach einer Plauderei.“
„Doch. Ist mir.“
„Verstehe“, sagte er und schwieg.
Sie führte ihn durch das Haus. Zimmer für Zimmer. Und es gab viele: Auf dem Land war Land billig. Sie führte ihn durch Zimmer, die sie seit fünf oder sechs Jahren nicht mehr gesehen hatte. Durch die Waschküche, durch den Heizungskeller, durch den Hobbyraum ihres Vaters, wo einsam ein Stück Holz auf der Werkbank lag. Sie redete, was sie dachte, reden zu müssen. Hatte Rechnungen durchgesehen, gestern Nacht. Fünfundneunzig die Dachisolierung erneuert, neunundneunzig die Auffahrt frisch gepflastert worden und ab zweitausenddrei dann fast jährlich Renovierungen. Da war ihr Vater in Pension gegangen. Da war Zeit fürs Haus. Alles in Top-Zustand. Ein Juwel. Vielleicht für eine Familie aus der Stadt.
Vor dem Panoramafenster brach er sein Schweigen. „Wie sieht’s mit Schulen aus?“
„Gut“, sagte sie. „Sehr gut.“
„Und die Nachbarn?“
„Ruhig.“
„Dann schauen wir uns doch mal den Garten an.“
Seine Schuhe hallten auf dem Parkett, als er auf die Verandatür zuging. Er griff nach der Klinke, drehte sie herum und zog daran, aber nichts tat sich.
„Da gibt es einen kleinen Trick, warten Sie. Ich mach das. Schauen Sie. Erst leicht andrücken, dann geht es.“
Sie zog die Tür auf, eine laue Sommerbrise wehte ins Haus. Ihr wurde schwindlig.
„Das müsste aber vorher noch repariert werden. Ich kümmer mich darum, wenn Sie schon morgen abreisen. Das ist kein Problem.“
Er schob sich an ihr vorbei. Nach draußen in den Garten. Ihre Beine waren wie Teig. Eine riesige Pranke schloss sich um ihr Herz.
„Kommen Sie?“
Sie machte einen Schritt, der sie über die Verandaschwelle tragen sollte, verlor das Gleichgewicht und fiel.

„Ist Dornröschen aus seinem Schlaf erwacht?“
Ihre Augen waren verknatscht. Sie lag. Das konnte sie fühlen.
„Platzangst. Dass ich das noch mal erleben darf.“
Sie blinzelte. Aber ihr Blick war verschmiert, so als ob sie durch eine Scheibe blicken würde, die mit schmutzigem Wasser gewaschen worden war.
„Sie heißen wirklich Sämäntha?“ Die Männerstimme klang amüsiert.
„Sammantha“, flüsterte sie.
„Sämäntha Röhm klänge auch ziemlich dämlich.“
„Allerdings“, sagte sie flach.
„Ihr Vater stand auf große Brüste, hm?“
Jetzt konnte sie das Gesicht sehen. Kantige Gesichtszüge, blaue Augen, ausgeprägte Wangenknochen. Wow.
„Wer zum Teufel sind Sie?“
„Oh, Fink mein Name. Das kränkt mich nun aber, dass Sie sich nicht mehr an mich erinnern.“
Das war das Zimmer ihrer Eltern. Das Schlafzimmer. Gott, hatte man sie entführt?
„Ich bin mit Ihnen zur Schule gegangen. Okay, damals war ich vielleicht noch ein bisschen dicker und hatte so eine alberne Brille und alles. Aber ich kann mich noch sehr gut an Sie erinnern. Sie waren der Traum meiner schlaflosen Nächte.“
„Was? Was reden Sie da nur?“
Er seufzte. „Okay, okay. Dann machen wir einen auf Äskulap. Sie haben vor drei Wochen das Bewusstsein verloren, als Sie einem Makler den Rasen zeigen wollten. Ein sehr schöner Rasen übrigens.“
„Drei Wochen?“
„Bei Ihnen wurde Platzangst diagnostiziert.“
„Klaustro-“
„Nein!“ Er klang richtig beleidigt. „Das ist Raumangst. Die Angst vor engen Räumen. Sie haben Platzangst, also praktisch Angst vor draußen.“ Und nach einer Pause ergänzte er noch: „’tschuldigung, aber das regt mich wirklich auf.“
„Das kann nicht sein“, sagte sie. „Ich bin nicht verrückt.“
„Ach, das mit dem verrückt wird eh überbewertet. Ist ja nicht so, als könnten Sie nur Sex haben, wenn Sie sich ein Hühnerkostüm anziehen, oder so. Ich könnte Ihnen da Sachen erzählen.“
„Und Sie sind? Mein Pfleger?“
Er spitzte die Lippen und wackelte mit dem Kopf hin und her. „So ungefähr.“
Sie stützte sich mit den Händen vom Bett ab und brachte ihren Oberkörper nach oben.
Fink zog eine Augenbraue hoch und lächelte.
Ihre Arme zitterten und sie begann zu schwitzen.
„Ist ganz normal. Sie haben sich in den letzten Wochen kaum bewegt.“
„Wollen Sie mir nicht helfen?“
„Nö.“
Ihre Arme sackten ein und sie fiel wieder zurück ins Bett. Sie musterte ihn misstrauisch – und, sie gestand es sich ungern ein, durchaus amüsiert. „Sind Sie sicher, dass Sie mein Arzt sind?“
„Ziemlich, aber na ja, wenn alles gut läuft, könnte ich ja bald mehr für Sie sein.“
„Was ist in den drei Wochen passiert?“
Er winkte ab. „Nichts Nennenswertes.“
„Was ist in den drei Wochen passiert und warum kann ich mich nicht mehr daran erinnern?“
„Ich hab doch gesagt, Sie haben sich kaum bewegt. Wir haben stationär einfach keine Fortschritte machen können. Jetzt haben Sie sich mal nicht so, es wird schon wieder.“
„Platzangst?“
„Ja, eigentlich heißt es ja Agoraphobie, aber das klingt wie ne Katzensorte. Machen Sie sich nicht verrückt, ist nicht weiter wild. Ist einfach irgendwie posttraumatischer Stress, oder so. Sie fühlen sich halt hier behütet. Und haben Angst vor draußen. Das geht vielen so.“
„Meine Eltern?“
„Sind tot.“
„Ist das der Auslöser?“
„Ich bin nicht Freud, aber: Ja, ich würde sagen: Das war der Auslöser. Sie sind aber ganz schön clever für eine so attraktive Frau.“
Sie schob die schwere Bettdecke von sich, fest entschlossen, aufzustehen und ihn zu erwürgen. Schwungvoll drehte sie sich auf ihrem Po in Richtung der Bettkante und streckte die Beine hinaus. Aber kaum berührten ihre Füße den weichen Teppichboden, wurden ihre Bewegungen langsamer und vorsichtiger.
Er kicherte.
„Ich bin kein kleines Mädchen mehr“, sagte sie und biss die Zähne zusammen. „Ich werde jetzt aufstehen und Sie erwürgen.“
„Natürlich sind Sie ein kleines Mädchen. Ich habe Ihre Unterwäsche gesehen, die mit den kleinen Blümchen. Herzallerliebst. Wirklich herzallerliebst.“
Mit einem Wutschrei sprang sie aus dem Bett, kam zitternd auf die Beine und stürzte auf diesen Wichser zu. Sie stolperte allerdings schon nach wenigen Zentimetern und fand sich taumelnd in seinen starken Armen wieder. Er roch herb, nach Äpfeln.

Draußen fiel der erste Schnee. Sie konnte es vom Küchentisch aus sehen, durch das schmale Fenster. Der Rasen, nicht mehr ganz so gepflegt wie früher, würde bald einen schmeichelnden, weißen Anstrich bekommen. Samantha Fink seufzte und rührte zwei Stück Zucker in den Kaffee. Sie musste ihm unbedingt sagen, dass er sich mehr um den Rasen kümmern sollte. Natürlich nicht jetzt, aber wenn die Sonne wieder schien. Ihr Vater hatte den Rasen geliebt.
Sie nippte am Kaffee, er war heiß und süß. So wie sie ihn mochte. Sie stand auf und ging mit nackten Füßen ins Wohnzimmer, um aus dem Panoramafenster zu schauen. Sie mochte es, den kalten Parkettfußboden unter ihren Füßen zu fühlen. Dem Schneefall zuzusehen, hatte etwas Ordnendes, fand sie.
„Liebling?“, rief sie. „Kommst du mal bitte, mir ist nach ein bisschen furchtbar kitschiger Zweisamkeit!“
Keine Antwort.
„Du kannst mich von hinten nehmen. In den Arm!“
Keine Antwort.
„Komm jetzt endlich her! Ich will, dass du mich festhältst, während ich dem Schnee zusehe.“
Immer noch nichts. Ihr Blick fiel auf das Hochzeitsfoto an der Wand über dem alten Ohrensessel. Die Zeremonie hatte hier stattgefunden. Der Pfarrer hatte mit dem Panoramafenster im Rücken gleich dort drüben gestanden und hinter ihm waren die ersten Blätter des Apfelbaums rotbraun zu Boden gefallen.
Und jetzt inmitten des fallenden Schnees sah sie eine Gestalt unter dem kahlen Apfelbaum liegen. Flach und reglos. Ein schwarzer Schemen im weißen Meer.
Sie schrie und rannte zur Verandatür, hob ihren bleischweren Arm zur Klinke, ließ ihn fallen und starrte weiter auf den Schemen unterm Apfelbaum. Herzinfarkt, er hatte es neulich erst gesagt. Weit verbreitet in der Familie. Und all das gute Essen und der Kaffee und der Stress. Tauber Arm, hatte er gesagt.
Sie zerrte an der Türklinke, leicht andrücken, verdammt, wie oft hatte sie ihm gesagt, er solle das endlich reparieren. Sie drückte die Tür an, zu fest, viel zu fest, sie bewegte sich nicht. Wollte sich wahrscheinlich gar nicht bewegen. Mit Gefühl, einatmen, ausatmen, wie im Fernsehen. Die Tür. Sie öffnete sich, kalter Wind schlug hinein. Ihr wurde schwindlig, ihre Beine – wie Kaugummi. Eine riesige Pranke klammerte sich um ihr Herz, durch ihren Kopf fuhr ein Schnellzug. Ihr wurde schwarz vor Augen. Sie - sie schloss die Tür, sackte mit dem Glas im Rücken zu Boden und weinte.
Aber atmen, atmen jetzt, Sammantha, bist kein kleines Kind mehr. Sie rappelte sich hoch, mit nackten Füßen übers Parkett in die Küche. Weiß an der Wand: Das Telefon. Sie stürzte darauf zu, zitternde Finger flogen über die Tasten. Kein Freizeichen. Das Telefon war tot.
Draußen die Gestalt, Robert verdammt!, hob einen Arm kraftlos nach oben.
Sie riss das Küchenfenster auf. Schrie nach Hilfe, schrie sich heiser. Keine Antwort. Ihr wurde schwindlig.
Sie hielt die Luft an und dann, dann schloss sie das Fenster und öffnete eine Küchenschublade.

Doktor Robert Fink fror und zählte langsam bis zweihundertfünfzig. Erst hatte er vorgehabt, bis dreihundert zu zählen, aber es war wirklich kalt. Jetzt war er bei einhundertachtundachtzig angekommen. Und der Schrei war ungefähr vierzig her oder fünfzig, wer konnte das schon genau sagen?
Schocktherapie. Ein letzter Ausweg. Ewig konnte das nicht so weitergehen. Ein halbes Jahr lang hatte er ihr das Gefühl gegeben, sicher zu sein, hatte versucht, ihr die Grundsicherheit wiederzugeben. Hatte es mit allem probiert, Medikationen und Gesprächen. Hatte Fachleute konsultiert. Und noch immer waren keine Erfolge zu verzeichnen.
Zweihundertneundvierzig, zweihundertfünfzig. Oh, Gott. Wie sollte er ihr das nur erklären? Er rappelte sich hoch, klopfte sich den Schnee vom Mantel und stapfte missmutig auf die Verandatür zu. Sie war noch verschlossen, nicht mal ein kleiner Fortschritt war zu erkennen, also ging er um das Haus herum, durch die Eingangstür. Irgendwie war es bestimmt noch zu retten. Sie musste doch erkennen, dass er nur ihr Bestes wollte.
„Sammy? Sammy?“
Keine Antwort.
In der Küche fand er sie, ein langes Steakmesser lag neben ihr. Sie war verblutet.

 

Hallo Quinn,

ich gestehe, ich bin gespalten! :D

Mein eines Ich erkennt natürlich die routinierte Schreibe und den erzählerisch schönen Aufbau des Plots an.

Mein anderes Ich dachte während des Lesens, dass die Handlung doch arg pilcheresk ist und hoffte auf ein überraschendes Ende.

Und siehe da, es kam, was mein erstes Ich wieder dazu brachte, sich einzumischen. *g* Boa, Quinn, nee das Hammerende mit dem blutigen Messer war mir zu viel.

Du hast sicher bezügl. der Agoraphobie recherchiert. Gibt es das wirklich, dass sich jemand aufgrund eines halben Jahres mit Panikattacken und dieser "Schocktherapie" umbringt? Scheint mir nicht realistisch - oder habe ich irgend etwas an Deinem Ende falsch verstanden?

Das wars, was ich zu sagen hatte. Außer, dass ich es nicht bereue, die Geschichte gelesen zu haben.

Liebe Grüße
melisane

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey Quinny!

Die Worte waren wie der Kuss eines Prinzen. Sie erwachte.
Da diese Worte ja offensichtlich ihren Angstschub auslösen, passt das mit dem „Kuss des Prinzen“ nicht, finde ich, das klingt viel zu positiv.
der seitlich des Panoramafensters stand, der schon immer dort gestanden hatte,
zweimal eine Einleitung der Nebensätze mit „der“ find ich nicht schön
Die letzten Tage, als sie funktionierte, weil sie es musste, waren vorbeigezogen
Besser würde ich finden: Die letzten Tage hatte sie funktioniert, weil sie es musste ...
weinte wie ein kleines Kind. Außer Kontrolle. Entwürdigend.
Es ist vielleicht spitzfindig, aber sie weint eher „ohne“ Kontrolle, statt „außer“ Kontrolle, oder? Sonst würde es ja meinen, dass sie sich der Kontrolle jemandes anderen durch Weinen entzieht.
die verrotzt war und zu. Dann hechelte sie. Wie im Fernsehen. Sie schmeckte Tränen auf ihrer Zunge. Ihre Hand war voll mit Rotz.
doppelter Rotz - nicht schön, nimm doch einmal Schleim ;)
Ihre Beine waren wie Teig. Eine riesige Pranke schloss sich um ihr Herz.
Eine tatsächlich pilchereske Stelle, das mit der Pranke hast du später nochmals.
Jetzt konnte sie das Gesicht sehen. Kantige Gesichtszüge, blaue Augen, ausgeprägte Wangenknochen. Wow.
Wieder der Pilcher-Faktor :p
also praktisch Angst vor Draußen.
klein: draußen, komt später nochmals
und sie begann, zu schwitzen.
keine Komma, wenn im Nebensatz nur der Infinitiv steht
Ich habe ihre Unterwäsche gesehen,
groß: Ihre - übrigens bei so einer Bemerkung würde ich bei jedem Arzt das Vertrauen verlieren. ;)
Sie stolperte allerdings schon nach wenigen Zentimetern und fand sich taumelnd in seinen starken Armen wieder
Wieder P-Faktor
Natürlich, nicht jetzt,
ohne Komma
hatte etwas ordnendes
groß: Ordnendes
Kommst du mal bitte, mir ist nach ein bisschen furchtbar kitschiger Zweisamkeit?
Rufzeichen statt Fragezeichen
dass du mich festhälst
Meinst du wirklich „halsen“ oder doch „halten“? ;)
dass er nur ihr bestes wollte.
groß: Bestes

Es erscheint mir einiges unwahrscheinlich an der Geschichte : Naja, ich hab ja keine Ahnung, wie man sich nach drei Wochen im bewusstlosen Zustand fühlt, aber dass man dann gleich bereit ist, sein Gegenüber als erotisches Objekt wahrzunehmen, kann ich mir nicht vorstellen. Auch das ein P-Faktor. Der Titel klingt ein bisschen nach „Fräulein Smilla“, und da gab es ja mal einen Film mit Miss Weaver, die sich auch nicht vor die Tür traute.
Ich weiß nicht genau, welche Funktion der Kitsch-Faktor in deiner Geschichte hat, aber es ist dir sicher nicht einfach so passiert. Damit das Ende umso effektiver ist? Mir erscheint es etwas aufgesetzt, kommt völlig unvorbereitet. Es ist mir schon klar, dass die Figur des Robert und die ihres Vaters irgendwie in ihrem Inneren verschwimmen, schon damit angedeutet, dass beiden der Apfel zugeordnet wird, und dass deswegen ihre Panik umso größer ist. Dieses ganze Geplänkel mit Robert am Krankenbett deutet aber ja auf ein heiteres Happy End hin, irgendwie macht es aber nicht den Eindruck, dass du den Leser an der Nase herum führen willst, sondern eher, dass du mit dem Ende den Kitsch in der Geschichte ironisieren willst. Aber das gelingt dir leider nicht ganz, denn auch das Ende ist eigentlich kitschig, weil zu melodramatisch.

Trotzdem war es spannend zu lesen, ich denk, da wär aber noch einiges drinnen.

Gruß
Mrs. Robinson :D

 

Hallo Melisane,

Mein eines Ich erkennt natürlich die routinierte Schreibe und den erzählerisch schönen Aufbau des Plots an.
Auf den erzählerisch schönen Aufbau des Plottes bin ich auch ein bisschen stolz. ;)

Mein anderes Ich dachte während des Lesens, dass die Handlung doch arg pilcheresk ist und hoffte auf ein überraschendes Ende.
Pilcheresk ist ja gemein, ich hatte eher so einen kitschigen Michelle-Pfeifer/Harrison-Ford-Streifen im Kopf.

Und siehe da, es kam, was mein erstes Ich wieder dazu brachte, sich einzumischen. *g* Boa, Quinn, nee das Hammerende mit dem blutigen Messer war mir zu viel.
Ist schon arg dick aufgetragen, ja.

Du hast sicher bezügl. der Agoraphobie recherchiert. Gibt es das wirklich, dass sich jemand aufgrund eines halben Jahres mit Panikattacken und dieser "Schocktherapie" umbringt? Scheint mir nicht realistisch - oder habe ich irgend etwas an Deinem Ende falsch verstanden?
Ich sollte vielleicht den Effekt stärker betonen, dass sie sich in einer Welt eingerichtet hat (im Haus ihrer Eltern), in der sie sich nicht einrichten kann (die Szene mit der Hochzeit im eigenen Wohnzimmer ist dort wohl noch nicht stark genug). Wenn man so will, stellt ihr Mann sie ja auf die Probe: Ist deine Angst stärker als deine Liebe zu mir? Und sie antwortet: Die Angst ist stärker als mein Wille zu Leben.

Das wars, was ich zu sagen hatte. Außer, dass ich es nicht bereue, die Geschichte gelesen zu haben.
Das reicht doch schon. Wenn man sich in neue Gefilde vorwagt, ist es schön, sowas zu lesen.
Vielen Dank ;)

Hallo Frau H.,

Da diese Worte ja offensichtlich ihren Angstschub auslösen, passt das mit dem „Kuss des Prinzen“ nicht, finde ich, das klingt viel zu positiv.
Die mitschwingende märchenhafte Konnotation ist durchaus beabsichtigt.

Wieder der Pilcher-Faktor
Auch du, mein Sohn Brutus?

groß: Ihre - übrigens bei so einer Bemerkung würde ich bei jedem Arzt das Vertrauen verlieren.
Ach, herrje. Ich bin gestern noch zweimal über die Sie's und Ihre/Ihnen drübergegangen. Irgendwas entgeht mir da immer.
In den 3 Wochen scheinen sich die beiden schon nähergekommen zu sein. Und ihr Arzt ist ja von Anfang an hinter ihrer Unterwäsche her. Das alte Schlitzohr!

Der Titel klingt ein bisschen nach „Fräulein Smilla“, und da gab es ja mal einen Film mit Miss Weaver, die sich auch nicht vor die Tür traute.
Copykill, hervorragender Film. Aber ganz anders. Serienmörder und so. So eine Geschichte könnte ich auch mal schreiben, aber dann wird's wieder ein riesen Epos, an dem ich zwei Monate sitze, verzweifel und schlecht gelaunt durch die Gegend taumle.

Ich weiß nicht genau, welche Funktion der Kitsch-Faktor in deiner Geschichte hat, aber es ist dir sicher nicht einfach so passiert. Damit das Ende umso effektiver ist?
Die Handlung legte den Kitschfaktor nahe, fand ich. Die wiederkehrende Bilder (das Wetter, der Baum, das Fenster, der ganze Kram) zeichnen da natürlich eine Wandlung ,oder sollten sie zeichnen. Du hast sicher recht, dass mir das nicht so gelingt, wie ursprünglich beabsichtigt.

Aber das gelingt dir leider nicht ganz, denn auch das Ende ist eigentlich kitschig, weil zu melodramatisch.
Ich finde es bildet in der Schlichtheit der Beschreibung einen Schlußpunkt. Als so melodramtisch habe ich es gar nicht empfunden. Aber du gehst hier mit der Erwartungshaltung rein, dass ich Kitsch unbedingt ironisieren muss. Wobei es mir in erster Linie darum ging, eine - ich finde tatsächlich- spannende Geschichte zu erzählen, die sehr rasch und gradlinieg verläuft, mit vielen Andeutungen und - das ist wohl das Problem - auch Auslassungen. Es hätte wohl noch einer Szene bedurft, die das alltägliche (eigentlich unmögliche) Leben der beiden skizziert. Ich habe versucht das im Vorfeld der dann eigentlich dramatischen Szene zu schildern, was mir aber wohl mißlang.

Aber, schlagt mich, ich find's echt spannend. ;)

Deine stilistischen Anmerkungen arbeite ich ein (wobei ich niemals Schleim zu Rotz schreiben würde!, das arme Wort "Rotz" ist so gefährdet, das darf ruhig zweimal in einem Satz stehen!).

Danke vielmals, danke Ihnen wirklich sehr, Frau H.
Quinn

 

Hallo Quinn,

noch mal ich.

Pilcheresk ist ja gemein, ich hatte eher so einen kitschigen Michelle-Pfeifer/Harrison-Ford-Streifen im Kopf.
Nix gegen Frau Pilcher. Ich habe mal aus Neugierde ein Buch von ihr gelesen und erzählerisch ist sie gar nicht mal so schlecht. Sie packt nur Romantik und Tragödie so eng aufeinander, dass es einem vernunftbegabten Wesen denn doch zu viel wird. Und nur diese Parallele habe ich gezogen - ich meine die mit dem gepackten Drama. :D

Quinn schrieb:
Ich sollte vielleicht den Effekt stärker betonen, dass sie sich in einer Welt eingerichtet hat (im Haus ihrer Eltern), in der sie sich nicht einrichten kann (die Szene mit der Hochzeit im eigenen Wohnzimmer ist dort wohl noch nicht stark genug). Wenn man so will, stellt ihr Mann sie ja auf die Probe: Ist deine Angst stärker als deine Liebe zu mir? Und sie antwortet: Die Angst ist stärker als mein Wille zu Leben.
*händereib* Im Allgemeinen wirft man mir ja immer meinen Hang zur Reduktion vor, schön, dass ich da mal was zurückzahlen kann.

Nee, deine Intention ist da bei mir nicht angekommen. Die Geschichte ist auch so ruhig erzählt - vielleicht zu ruhig, dass man ihr den Selbstmord einfach nicht abnimmt. Die Frau hat eine Angststörung, kommt allerdings eher melancholisch daher. Ich weiß nicht, ob Du schon mal eine Panikattacke hattest? Ich leide mehr oder weniger unter dem Gegenteil und ich kann Dir sagen, wenn Du in einer Duschkabine eine Angstattacke bekommst, dann reagiert ausschließlich Dein Körper. Schweißausbruch, Pulsrasen, etc. :D

Da der Verstand komplett aussetzt, bezweifle ich einfach, dass man so kurz danach zu so einer reflektierten Handlung wie einem Selbstmord fähig ist. - Und zu ihrem Mann: seine Rolle hatte ich ganz anders verstanden. Der Gute ist doch Arzt. Aus therapeutischen Gründen würde er vielleicht dieses Spielchen spielen, aber niemals als beziehungstechnischen. Als Profi muss er da unterscheiden und würde niemals die Frage "Deine Angst oder ich?" stellen. Er weiß, dass das eine mit dem anderen nichts zu tun hat.

Urks und schon habe ich Dir Deinen Plot totgeschwätzt. :sealed:

Liebe Grüße
melisane

 

Hallo Quinn,

die Geschichte hat Spannung, aber leider unlogisch und dilettantisch dargestellt. Wenn der eigene Ehemann Arzt ist, müsste er wissen, dass auf jedem Fall, seine Frau kein weiteres Trauma ausgesetzt werden darf, denn Platzangst beziehungsweise Agoraphobie hat als Ursache ein oder mehrer Traumata, die Schocktherapie wäre in deinem dargestellten Fall eben nicht heilbringend, sondern genau, das hast du richtig dargestellt, tödlich. Obwohl ich die Art der Tötung zu pathetisch finde, aber das ist Ansichtssache.

Trotzdem habe ich deine Geschichte gern gelesen und mich gut unterhalten.

liebe Grüße Weltflucht

 

Hm, Weltflucht, ja, ich geb dir Recht. Ich muß zugeben, dass ich mich in der Geschichte auch nicht so richtig wohlfühle, auf der einen Seite wollte ich eben dieses "Arzt verliebt sich in Patientin"-Ding verwenden und die "Heilung", auf der anderen Seite aber auch eine kurze, knackige Geschichte schreiben.
Man hätte sicher dem "Arzt" und seiner Entscheidung mehr Raum einräumen müssen, also wie sich das entwickelt - oder man hätte ihn keinen Arzt sein lassen sollen, sondern einen ganz normalen, liebenden Ehemann, der dann verzweifelt und zum Letzten greift. Das ist vielleicht das Problem, dass es da einer dritten männlichen Figur bedurft hätte. Also der Makler, dann ein Arzt, der ihr die Krankheit erklärt, und dann noch ein Ehemann. Dadurch dass ich 2 und 3 verschmolzen habe (aus dramaturgischen Gründen) wirkt es wahrscheinlich wirklich dilettantischer und "doofer" als es gedacht war.

Schwierig, da würde die "kompakte" Form (auf die ich eigentlich stolz bin und auf die ich abgezielt habe) natürlich den Bach runtergehen. Ach, ich weiß auch nicht.

Auf jeden Fall Danke für deine Kritik, trifft es sehr gut, finde ich
Quinn

Hallo Rosta,
freut mich, dass dich die Geschichte unterhalten hat. So war es gedacht. ;)

Ja, der Dialog zwischen dem Arzt und der Patientin ist natürlich ein wenig dreist, also er geht da von Anfang an ziemlich ran und sieht sich wohl mehr als Werbender denn als Sorgender. ;)

Deine Zusammenfassung der Geschichte hat mir gut gefallen, vor allem die Idee, dass sie nach dem Aufwachen sofort "geprägt" wird, fand ich sehr schön.

Vielen Dank für deine Kritik
Quinn

Hallo Melisane (man sieht, ich mache es heute - zur Abwechslung - in umgekehrter Reihenfolge!),

dass mit der Angst-Attacke ist halt immer so eine Sache. In einer Geschichte eignet sich nicht immer die "Realität", also ein komplett irrationales, panikartiges Handeln wäre da vielleicht angebrachter, wobei ich denke, dass sie innerlich zu dem Zeitpunkt der letzten Szene schon wesentlich "kaputter" ist als es den Anschein hat. Sie richtet sich ja in einer unmöglichen Situation ein, kann nicht mehr aus dem Haus und will dann die Probleme aber nicht wahr haben, ob sie dann, als sie erkennt, dass die Angst so groß ist, dass sie nicht mal rausgehen kann, um ihren Mann zu retten, also ob sie dann überhaupt irgendwas "erkennt" (dass sie vielleicht lebensunfähig ist) oder wie es dann zu dieser Reaktion kommt, darüber kann man natürlich diskutieren. Ich habe es offen gelassen und es sie einfach tun lassen. Das hält, wie du aufzeigst, wohl leider einer genaueren Betrachtung nicht stand.

Was du über den Arzt sagst und sein "unprofessionelles Verhalten" deckt sich mit dem, was Weltflucht sagt. Da bräuchte es wohl wirklich einfach eine dritte Figur, um das deutlich zu unterscheiden. Dann wären wir bei einer Variation der "Memento"-Szene, wenn die Frau ihren gedächtnislosen Mann mehrmals bittet, ihr Insulin zu spritzen.

Vielen Dank für die erneute Rückmeldung
Quinn ;)

 

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