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Von Tragödien der Familie

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10.05.2005
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Von Tragödien der Familie

Schon seit sechzehn Jahren wohne ich nun in diesem Haus, und es war immer alles okay. Niemals gab es Streit, Tränen oder Trennungen. Jedoch hätte auch nie jemand gedacht, dass es in dieser glücklichen Zeit zu einer solchen Tragödie kommt.
Während meine Mutter in der Küche saß, und sich die Augen ausheulte, zerhackte mein Stiefvater im Garten die dicken Holzblöcke. Schon den ganzen Morgen lag schwere Stimmung in der Luft. Keiner sprach mit dem anderen ein Wort und keine Blicke wurden ausgetauscht.
Es war mir schon immer klar, dass meine Oma in unserer Familie einen besonderen Stellenwert hatte. Aber nie hatte sich meine Mutter mit dem Gedanken abgefunden, irgendwann ohne meine Großmutter leben zu müssen. Das passte meinem Stiefvater überhaupt nicht. Ständig nörgelte er an ihr herum, sie müsse lernen loszulassen. So tragisch wäre die Situation ja auch wieder nicht.
Aber um erste einmal zu erklären, worum es geht, hier eine kurze Zusammenfassung:
Seit dem meine Großmutter ihren Schlaganfall hinter sich hatte, wohnte sie bei uns im Wohnzimmer. Klar, ab und zu fand sie auch einen anderen Platz, aber im Wohnzimmer am Kamin hatte sie immer den ganzen Überblick. So weit ich mich erinnern kann, war sie immer sehr lieb und nett. Daher sitzt der Schock bei meiner Mutter zur Zeit sehr tief.
Es war einfach eine Tragödie. Als mein Stiefvater letztes Wochenende zum Putzen verdonnert wurde, ging er meiner Mom den ganzen langen Tag aus dem Weg. Sogar beim Putzen konnte er nur schwer seine Wut unterdrücken, und zerschmetterte alles, was ihm in die Quere kam. Leider machte er auch vor meiner Staffelei nicht halt, die ich jetzt mit Paketband geklebt hatte. Aber das schlimmste, das aller, aller schlimmste Ereignis passierte am Tag darauf.
Als Georg, mein Stiefvater, das Wohnzimmer staubfrei machen wollte, räumte er zunächst alles auf Seite. Alle kleinen Lampen wurden schnaubend auf den Boden geschmissen und der Staubwedel leistete in den schönen, gepflegten Blumen ganze Arbeit. Er achtete nicht weiter auf meine Oma, die er unwirsch auf einen der durchgesessenen Sessel degradierte. Doch als unser Kater Whisky auf den Sesselrand sprang, fiel meine Oma von diesem und landete mit einem lauten Knall zu Boden. Georg bekam wohl einen riesigen Schreck. Denn er brüllte das ganze Haus zusammen, was meine Mom dazu veranlagte, sogar ihre Bratkartoffeln im Stich zu lassen. Als ich ins Wohnzimmer kam, herrschte dort ein wahres Durcheinander. Mein Vater starrte mich kreidebleich an und meine Mutter jagte den Kater quer durch den Raum. Ich hätte schwören können, dass sie ihm sogar auf den Schwanz getreten ist.
„Mom, reg dich ab. Whisky hat es bestimmt nicht mit Absicht getan.“, sagte ich beruhigend und lässig zu ihr.
„Bitte?!“ Ihre Stimme hatte einen seltsam hohen Ton angenommen, und als sie eingeschnappt den Hals reckte, ähnelte sie ein wenig E.T.
Jetzt meldete sich Georg zu Wort: „Hör zu, Liebling! Sie ist tot. Von deinem Geschrei wird’s auch nicht besser.“
„Sagt mal, habt ihr beide noch alle Tassen im Schrank?! Wisst ihr, wie viel sie mir bedeutet hat?“
„Natürlich wissen wir das, Mama.“, antwortete ich in einem unschuldigen Ton.
„Ich meine ja nur. Das war doch klar, dass so etwas mal passieren würde. Immerhin ist Whisky schon den ganzen Tag hier herum gelaufen. Ich hab doch gesagt, dass du ihn rausschicken sollst.“
Meine Mutter begann jetzt in Eimern zu heulen: „Ich fasse es nicht! Ich fasse es nicht! Blöder Kater!! Nicht nur, dass meine geliebte Mutter da unten am Boden verstreut liegt, nein, mein schöner Teppich ist auch noch total versaut.“
Jetzt blickte ich zu Boden, und sah den schönen, südländischen Teppich mit Asche bepulvert. Da lag meine Oma. In alle Winde zerstreut. Und niemandem außer meiner Mutter machte es etwas aus.
So ist das also passiert. Nachdem meine Mom die Urne wieder geklebt und die Asche im Umkehrverfahren des Staubsaugers in eine Salatschüssel gefüllt hatte, thronte meine Großmutter wieder im Wohnzimmer auf dem Kaminsims.
Doch in unserem Haus herrscht noch immer drückende Stille. Doch ich hätte schwören können, dass meine Mutter heute sogar ein wenig über diese Sache grinste.

 

Hallo Sarah!

Im ersten drittel der Geschichte dachte ich mir: Was hat der Text denn in der Humor-Rubrik zu suchen. Am Ende wurde ich aber dann ja doch eines besseren belehrt. :D

Die Idee finde ich ganz witzig, allerdings besteht die gesamte (Humor-)geschichte aus dieser einen Pointe. Diese ist zwar gut, aber so ein Lacher hie und da zusätzlich wäre ganz nett. Für die Pointe ist meines Erachtens das "Vorspiel" zu lang.

Dann ist mir noch aufgefallen, dass es etwas unlogisch ist, dass man eine Urne auf dem Sofa oder Sessel liegen/stehen hat. Die ist für gewöhnlich aufm Kaminsims oder so.

Gruß. Kaktus.

 

HI
Hab wohl ein wenig undeutlich rübergebracht, dass der Stiefvater die Urne beim Putzen unachtsam auf den Sessel stellt. Ansonsten stand sie immer auf dem Kaminsims.

Sarah

 

Sarah Andrews schrieb:
Hab wohl ein wenig undeutlich rübergebracht, dass der Stiefvater die Urne beim Putzen unachtsam auf den Sessel stellt. Ansonsten stand sie immer auf dem Kaminsims.

achso :D

Lieben Gruß. Kaktus.

 

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