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Wartezeit
"Wir sind also verliebt. Und jetzt?", fragt der Kopf die Liebe, "Was machen wir jetzt? Wollen wir ihm so wie früher ein kleines Zettelchen zustecken? Ich hätte da noch ein paar Buntstifte, gerade recht für eine wunderhübsche Zierleiste."
Die Liebe lächelt sanft - "Nein, nein. Das haben wir früher mal getan."
"Ah, ich verstehe!" beeilt sich der Kopf zu sagen. Er irrt sich schließlich so ungern. "Wie wäre es mit ein paar Worten? "Ich liebe dich" zum Beispiel?"
"Weißt du", meint die Liebe, "das wäre jetzt wohl zu viel. Und zu wenig."
Der Blick der Liebe fällt auf den enttäuschten Kopf und sie kann gar nicht anders, als ihm tröstend eine ihrer zarten Schwingen um seine Schultern zu legen. "Quäl dich nicht, lieber Kopf. Man kann mich nicht beschreiben und zwischen Buchstaben einsperren. So ist mein Wesen. Ich lasse mich nicht locken oder zwingen. Und ich komme nur dann wenn man gar nicht mit mir rechnet."
"Irgend etwas muss ich doch tun. Lass mich ein wenig nachdenken, das hilft immer." Aber das sanfte Streichen der Schwingen seiner Gesprächspartnerin verwirrt den Kopf und seine Gedanken werfen sehnsüchtige Blicke nach ihren Flügeln und beginnen heimlich ein wenig zu träumen.
Streng ruft der Kopf seine Gedanken zur Ordnung: "Wo wollt ihr denn hin! Ruhe ihr dummen Dinger! Das ist eine ernste Sache und wir müssen nachdenken. Was wir wirklich brauchen ist eine gute Taktik. Hm, hmmm .... Taktik ... eine gute Taktik. Sag mal, Liebe erinnerst du dich, als wir damals im Sommer ..."
"Nein, nein," sagt die Liebe, und der Kopf ist sich nicht sicher, ob er da nicht ein leises Lachen gehört hat " Bemüh’ dich nicht. Wir brauchen keine Taktik.“
Entsetzt springt der Kopf auf und schüttelt die Flügel der Liebe ab. „Was heißt hier „wir brauchen keine Taktik“. Bist du verrückt – das ist eine schließlich eine ernste Sache! Oder willst du mir jetzt weiß machen, dass er dir nicht mehr wichtig ist?“
Der Kopf ist so aufgeregt, dass er gar nicht merkt, wie er immer hektischer im Kreis läuft und sich dabei selbst im Weg steht.
„Komm, setzt dich wieder. Ich gebe dir ja recht. Er ist mir sogar sehr wichtig. Und gar nicht auszudenken wie wichtig er werden könnte wenn die Dinge ...“
„Na also“, fällt Kopf der Liebe ins Wort, „und damit die Dinge richtig gehen brauchen wir eine Taktik, nicht wahr?“
„Weißt du Kopf, diesmal brauchen wir so etwas wirklich nicht. Wenn es richtig ist, dann wird es sich nicht verhindern lassen. Egal was wir tun. Und wenn es doch nicht richtig ist mit ihm, dann werden uns weder Zierleisten noch deine klugen Taktiken helfen.“
Einladend hält sie dem Kopf eine Flügelspitze entgegen. „Komm, setzt dich, ich will es dir ein wenig erklären. Das mit den Taktiken, das ist gefährlich. Sehr gefährlich. Gar nicht auszudenken, was passiert wenn sie funktionieren.“
Zögernd kommt der Kopf näher „Aber genau das sollen sie doch, nicht?“
„Denk doch mal nach, du bist doch so gut darin. Was wäre wenn sie funktionieren? Er würde die Taktik lieben, und das, was wir dann zu sein scheinen. Aber nicht uns.“
„Und ohne Taktik? Meinst du wirklich er wird uns eines Tages lieben?“ fragt der Kopf und setzt sich ganz gedankenverloren zu den Füßen der Liebe.
„Das kann keiner sagen. Aber vielleicht, ja. Und wenn wir alle sehr viel Glück haben – dann können wir beide ihn auch lieben. Es wäre möglich.“
„Und was machen wir bis dahin, Liebe?“
„Bis dahin warten wir. Ich weiß, ich weiß, nicht immer einfach. Aber es geht nicht anders. Und es tut mir leid, dass dir das manchmal auch weh tun wird, Kopf. So ist das nun mal mit mir.“
Und leise meint der Kopf „Ja, es tut weh. Es ist nicht einfach ... und ich hatte schon vergessen, wie wunderschön es ist.“
Die Stimme des Kopfes wird immer leiser, denn er kuschelt sich gerade vorsichtig in die weichen, flauschigen Flügel der Liebe und ist ein wenig berauscht vom Duft ihrer Federn. Er merkt natürlich, dass seine Gedanken auch langsam beginnen schüchtern zu flattern. Aber bestimmt wollen sie nur die Schmetterlinge im Bauch besuchen um dort gemeinsam zu warten. Auf dich.