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Wasserstoffperoxid

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14.04.2005
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Wasserstoffperoxid

Und plötzlich war das Leben leichter. Pam schlendert um die Ecke des grauen Reihenhauses. Sogar die Luft war irgendwie dünner, Sie strömte in Pams Lunge wie ein laues Sommerlüftlein. Ihr Brustkorb spannte und zwickte nicht mehr so wie früher. Ihre zierlichen Füße schwebten über den dreckigen Asphalt und ihre perlweißen Riemenschuhe zerschnitten die Stille des herannahenden Morgen, mit einem melodischen Klicken. Ein Lächeln zauberte einen seidenen Glanz auf ihr sonst so steriles Antlitz. Selbst die Luft um Sie herum schien gereinigt, als sie über ihre makellose Haut strich.

Doch jäh zerschnitt ein Runzeln auf ihrer perfekten Stirn das Idyll des erwachenden Tages. Tränen sammelten sich in den Ecken ihrer grauen Augen und drohten über ihre Lider zu quellen. Dennoch erreichten sie den Zenit der Traurigkeit nicht, da die Furchen auf der Stirn tiefer wurden und die Augen sich verkniffen, bis das Glitzern in den Augen nahtlos in ein wütendes Funkeln überging. Ein stilles „Es war richtig.“, entfleuchte ihren dünnen Lippen. Klick klack klick klack klackklackklack. Sie schüttelte sich die feinen Strähnchen aus dem vor Anstrengung verzerrtem Gesicht. Pam betrachtete mit zusammengekniffenen Augen die aufgehende Sonne. Der grau durchzogene Himmel hing tief, ein leises Grollen kündigte bereits ein herannahendes Sommergewitter an. Doch dies war nicht der Grund warum Pams Schritte kleiner wurden und ihr Atem immer heißer in ihrer Kehle brannte

Die ersten feinen Tropfen begaben sich schon auf den weiten Weg zur Erde. Wie silberne Fäden durchzogen sie die stickige Luft und kühlten mit einem leisen Platschen den erwärmten Boden und Pams glühende Stirn. Innerhalb von wenigen Minuten steigerte sich das sanfte Tropfenkonzert zu einem imposanten Trommelwirbel. Winzige Rinnsale bildeten sich auf Pams weißem Sommerkleid und ließen es an ihrer salzigen Haut kleben. Doch konnte auch er nicht wegwaschen was an Schuld an ihr haftete. Blut ist nun mal dicker als Wasser.

Pam strich sich die völlig die triefenden Haare aus dem Gesicht. Bevor sie eintrat warf sie noch ein flüchtigen Blick zurück und atmete tief ein. Eine stechende Wolke an Desinfektionsmitteln schlug ihr ins Gesicht, als sie die Glastür öffnete. Ihre Finger strichen behutsam über die kalte edelmetallene Türschnalle. Eine wohlige Häuslichkeit durchflutete ihren Körper und ließ Sie die bibbernden Glieder vergessen. Endlich war sie wieder in gewohnter Umgebung. Eine zierliche Person hinter dem Rezeptionstresen wandte den Blick in ihre Richtung. „Guten Tag Frau Dr., die Polizei ist hier. Ich hab denen gesagt sie kommen gleich…“, hallte ihre gläserne Stimme von den grauen Wänden ihrer Praxis.


Sie hasste ihn. Wie konnte er ihr das nur antun. Sie hatte sich wahrlich nichts vorzuwerfen. Sie hatte alles richtig gemacht in ihrer Erziehung. Hatte ihn an ihrer blassen Brust saugen lassen, bis sein gieriger Hunger gestillt war. Hatte ihm die Haare gescheitelt als er noch zu jung war dies selbst zu tun. Sie hatte alles aufgegeben für ihn. Sie ließ sich sogar scheiden, als sie bemerkte, dass ihr Mann versuchte ihn ihr wegzunehmen. Kein Hindernis war zu hoch um es nicht zu überwinden, hatte sie gedacht. Damals als das Leben noch lebenswert war. Selbst an die ordinären Pflichtschulen hatte sie ihn nicht geschickt, um sein Hirn nicht mit den Sorgen der Arbeiterklasse zu verweichlichen, sondern hatte ihm den Luxus einer Privatschule geboten. Eine gute Mutter war sie ihm gewesen. Pam konnte nicht glauben, dass all die Stunden, die sie mit ihm lernend und maßregelnd verbracht hatte vergebens waren, dass die ganze Mühe und Hoffnungen die sie in ihn gesteckt hatte, umsonst waren. Tränen der Verzweiflung liefen ihr die Wangen hinab. Ihre in gelbe Plastikhandschuhe gehüllten Finger verkrampften sich in dem weißen Kleid, das sie zum Bleichen in eine hochprozentige Wasserstoffperoxidlauge in ihre Wanne gelegt hatte.

Beim alljährlichen Osterputz war sie auf sein schmutziges Geheimnis gestoßen. Zwischen den zerknüllten Bettlacken ihres Sohnes hatte sie es entdeckt. Bei dem bloßen Gedanken an den Fund krümmte sich ihr der Magen zusammen und ein bitterer Geschmack reizte ihre Geschmacksnerven. Eine solche Perversität hätte sie nie für möglich gehalten. Ihr eigen Fleisch und Blut war genauso krank und verabscheuungswürdig, wie die ganzen aidsverseuchten Schwuchteln in den Talkshows.

Sie hatte nie etwas bemerkt von seiner Andersartigkeit, sonst hätte sie schon viel früher gehandelt. Dann hätte sie sich wenigstens viel unnütze Arbeit und verschwendete Stunden ersparen können. Die ganze Zeit, die sie ihm geopfert hatte, hätte Sie für sinnvollere Dinge nutzen können. Wie zum Beispiel das Bleichen des Sommerkleides, das sie seit Jahren nicht mehr tragen konnte. Welch Ironie, dass ihr Sohn in kindlicher Unwissenheit den Rotebeetesaft über ihren Schoß gekippt hat.

Pam zog das geliebte Kleidungsstück aus der weißlich-undurchsichtigen Flüssigkeit. Nun erstrahlte es wieder fleckenlos und konnte getragen werden. Wie eine Prinzessin würde sie sich fühlen, wenn sie damit durch den Park spazieren würde. Keinen Gedanken würde sie an ihn verschwenden und endlich wäre die ganze Last der letzten Jahre von ihr ab. Keine störende Nebenfaktoren und keine Sorgen mehr. Endlich wieder ausschlafen und die Zeit genießen, die er ihr gestohlen hatte, dieser hinterhältige Bastard.
Am liebsten würde sie noch einmal auf ihn einprügeln, doch schon jetzt hatte sie keine Kraft mehr und außerdem war die sich langsam zersetzende Kleidung an seinen Gebeinen Genugtuung genug. Sie blickte noch einmal in seine leblosen blutleeren Augen. Ihn konnte sie ruhig noch ein paar Minuten einweichen lassen. Wenn sie es sich recht überlegte würde Sie ihn noch ein paar Tage ziehen lassen. Vielleicht würde die Säure die Schandflecken auf seiner Seele und die Schatten seiner sündhaften Vergangenheit ausbleichen.
Vorsichtig legte Pam das Kleid in das Marmorwaschbecken und tränkte es in klarem Wasser. Sie wusch und schrubbte, bis es endlich makellos rein war. Ein kaltes Lächeln breitet über ihr makelfreies Gesicht und legte die darunter liegenden perlweiß-strahlenden Zähne frei.

 

Hallo toffy und herzlich willkommen auf kg.de. :)

Als Einstand ist deine Geschichte gar nicht mal schlecht. Wobei ich das erst sagen kann, nachdem ich sie zu Ende gelesen hatte. Am Anfang fand ich den Stil nämlich nicht besonders gelungen und wenn ich mich dort auch nicht "durchquälen" musste, so hat mich die Geschichte in den ersten Ansätzen doch nicht unbedingt zum Weiterlesen animiert. Ich kann leider nur versuchen, das, was mich gestört hat, zu umreißen. Denn es ist mehr ein Bauchgefühl.

Mir persönlich war der Stil zu Beginn zu schwülstig, in Teilen zu ausführlich, zu sehr gespickt mit Adjektiven. Ich selbst bin eher ein Fan von Adjektiven, wenn sie helfen, eine Stimmung oder eine Atmosphäre zu verdeutlichen oder wesentliche Merkmale einer Person darzustellen. Aber hier kam es mir zu dicke. In jedem Satz fünf bis zehn Adjektive (Achtung: Übertreibung ;) ) sind auch mir zu viel. Das kann aber tatsächlich subjektives Empfinden sein. Beispiel: Bei Effie Briest, das wir eigentlich für die Schule lesen mussten, kam ich nie über die ersten beiden Seiten hinaus. Andere halten es für hohe und wertvolle Literatur. :sick: :D

Ich denke aber, dass du so oder so die Spannung im ersten Teil deutlich steigern könntest. Das Wetter ist eigentlich uninteressant für deine Geschichte. Zumindest ist der Raum, den du dem "Wetterbericht" gegeben hast, eindeutig zu groß in der Relation. Dagegen würde ein bisschen mehr Handlung - und sei es auch in den Gedanken der Protagonistin - der Geschichte ein bisschen mehr Würze und Lebendigkeit verschaffen. Du könntest die Frau weitergehend charakterisieren. Dabei bräuchtest du gar nicht auf die Pointe am Schluss verzichten oder sie vorwegnehmen. Einfach den Widerspruch, den sie in sich vereint, ein bisschen ausbauen und genauer darstellen. Dafür Naturbetrachtungen zurückfahren.

Durch den zweiten Teil deiner Geschichte und vor allem den letzten Absatz komme ich aber doch zu dem oben geschriebenen Urteil: kein schlechter Einstand. Die Idee zum Plot ist gut, auch sind in der Umsetzung gute Züge erkennbar. Man kann aber noch dran feilen.

Es sind noch eine ganze Reihe Fehler im Text. Zumeist Kommafehler, aber auch Fehler in der Groß-/Kleinschreibung (zum Beispiel "Sie" groß geschrieben, obwohl es ein Pronomen und nicht die förmliche Anrede ist). Sieh den Text doch noch einmal daraufhin durch. Wenn du nicht weiterkommst, helfe ich dir auch gerne.

Viele Grüße
Kerstin

 

Grüß dich kerstin!

Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast meinen Text durchzulesen.
Ich stimme dir in den meisten Punkten voll und ganz zu. Bei diesem Punkt muss ich dir leider widersprechen:

Ich denke aber, dass du so oder so die Spannung im ersten Teil deutlich steigern könntest. Das Wetter ist eigentlich uninteressant für deine Geschichte. Zumindest ist der Raum, den du dem "Wetterbericht" gegeben hast, eindeutig zu groß in der Relation.

Ich sehe grad diesen "Wetterbericht" als geeignetes Stilmittel, um die Parallele mit dem drohenden Unheil bzw. den begangenen Taten zu ziehen. Zumeist schreibe ich Geschichten in englischer Sprache, da nennt man des "Foreshadowing". Gefällt mir sehr gut des Stilmittel, wahrscheinlich hab ich deshalb ein bißchen übertrieben. Werd schauen was sich da machen läßt.

Was die Fehler betrifft, werde ich mich bemühen soviele auszumerzen wie es mir irgendwie möglich. Rechtschreibung war noch nie meine Stärke.

Vielen Dank noch einmal auf diesem Weg. Total genial konstruktiv formulierte Kritik. :schiel: :thumbsup:

lg toffy

 

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