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Wehrhafte kleine Ärgernisse

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01.02.2007
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Wehrhafte kleine Ärgernisse

Fantasievoll drapierte Verpackungen kann ich durchaus würdigen, bringe aber dem Inhalt entschieden mehr Interesse entgegen und versuche daher, beides möglichst schnell voneinander zu trennen. Ich bin kein Mensch, der geduldig Knoten aufknüpft und Geschenkpapier gebügelt wiederverwendet.
Besonders ungeduldig machen mich Podukte, die nahtlos in durchsichtige Folie eingeschweißt sind, somit einerseits den Blick freigeben auf den begehrten Inhalt, andererseits den Zugriff erschweren, zum Beispiel CDs.
Diese spielen nun in der Tat eine nicht unwesentliche Rolle in meinem Alltag. Ich bin oft lange Strecken mit dem Auto unterwegs. Seit mich dabei Hörbücher begleiten, freue ich mich regelrecht auf solche Fahrten. Ich fahre los, ich komme an, dazwischen gehe ich mit Hape Kerkeling den Jakobsweg.

Heute stehen gut vier Stunden Autofahrt an. Eine neue CD liegt neben mir auf dem Sitz. Während der Wagen schon rollt, greife ich danach und mache mich einhändig an das Aufreißen der Verpackung.
Erfahrungsgemäß klappt das nie, so auch diesmal. Also halte ich notgedrungen an und untersuche die CD auf mögliche Angriffspunkte hin. Ich entdecke tatsächlich einen schwach schimmernden Aufreißstreifen in der durchsichtigen Hülle. Der Anfang müsste logischerweise an einer Schmalseite sein. Die optische Überprüfung liefert dafür leider keinen Beweis. Also probiere ich wahllos, mit Fingern und Zähnen einen ersten Riss in den Klarsichtmantel hinein zu arbeiten. Jedoch erweist er sich zum Schutz der CD als optimal gewählt. Er gibt nirgends nach und erfüllt damit den ihm zugedachten Zweck hervorragend, mich aber zunehmend mit Ärger.

Angesichts solch' verbissener Gegenwehr bleibt nur der Einsatz ungehemmter roher Gewalt. Irgendwo muss doch eine Schwachstelle zu finden sein! Aber außer dass ein Fingernagel abbricht, geschieht nichts Wesentliches. Immerhin bewegt sich nun, wie um mich zu foppen, unerreichbar unterhalb des Zellophans der Aufreißstreifen nutzlos hin und zurück, ohne die Sollbruchstelle ihrer Aufgabe zuzuführen. Kurzzeitig kommen mir alternative Strategien in den Sinn, die sich zwischen "ungehört verschenken" und "aus dem Fenster werfen" bewegen. Aber mein Wille zur Unterhaltung siegt. Ich komme ohnehin schon zu spät.

Ein Messer oder Schraubenzieher wäre enorm hilfreich, gehört aber leider nicht zur Ausstattung von Handtasche und Fahrzeug, ein unentschuldbares Versäumnis. Ich versuche es kurz entschlossen mit dem Autoschlüssel. Drei bis vier Ansätze der scharfen Kante bringen mich endlich meinem Ziel näher. Nun ist nur noch eine weitere Perfidie der CD-Verpacker zu überwinden: Das Papier ist niemals in einem Stück abzuziehen, sondern zerfällt stets in diverse Teile, die renitent an den Fingern kleben bleiben. Nun ja, das Fahrzeuginnere ist ohnehin längst fällig für eine Reinigung.

Endlich - die CD ist befreit und steht zum Hörgenuss bereit. Schade, dass die Hülle durch mehrere Kratzer unübersehbar verunstaltet ist. Nach Gebrauch verschenken kann ich sie bestimmt nicht mehr.

Wir leben in einer Welt voller technischer Errungenschaften. Das Genom des Menschen ist entschlüsselt, Schafe werden geklont, Weltraumausflüge mit der Routine von Kaffeefahrten durchgeführt. Eine CD, ein schlichtes Objekt des täglichen Lebens, benutzerfreundlich einzuhüllen, entzieht sich beharrlich den verfügbaren Möglichkeiten.

Ich halte es für fair, den Käufer zumindest derart vorzuwarnen:
1 CD - Laufzeit 65 Minuten - Entnahme 20 Minuten

 

Hallo Belisa
und herzlich willkommen :)

Ich fahre los, ich komme an, dazwischen gehe ich mit Hape Kerkeling den Jakobsweg.

Uuhh! Ausgerechnet! :sconf:

Heute stehen gut vier Stunden Autofahrt an. Eine neue CD liegt neben mir auf dem Sitz. Während der Wagen schon rollt, greife ich danach und mache mich einhändig an das Aufreißen der Verpackung.
Erfahrungsgemäß klappt das nie, so auch diesmal.

Wenn der Prot das weiß, dann sollte er die Cd vielleicht einfach vorher aufmachen?

Weltraumausflüge mit der Routine von Kaffeefahrten durchgeführt.

Das ist schlicht Unsinn

Ich halte es für fair, den Käufer zumindest derart vorzuwarnen:
1 CD - Laufzeit 65 Minuten - Entnahme 20 Minuten

Ich lach mich krank.... :dozey:
Nee, sorry, ich kann mit deiner Geschichte nichts anfangen. Dabei ist sie ja gar nicht mal schlecht geschrieben, aber warum nur hast du dir das Öffnen einer Cd zum Thema genommen? Das ist für mich wie, über das Reinigen eines Teppichs, oder das Gießen von Topfpflanzen zu schreiben - einfach langweilig. :sleep:
Klar, das ist die Alltagsrubrik und Alltag ist es allemal (wobei ich persönlich finde, das das Öffnen einer Cd-Verpackung nicht gerade den Schwierigkeitsgrad von Spaceshuttel-Fliegen hat und zur Not macht man die Dinger halt VOR dem Autofahren auf) dennoch ist mir das hier auch für einen Alltagsgeschichte zu wenig, ich würde sogar dazu neigen es eigentlich keine Geschichte zu nennen, aber darüber ließe sich streiten (schau dir mal ein paar Empfehlungen an). Ich kann jedenfalls nur empfehlen mal was längeres und interessanters zu probieren, das Potential hast du allemal.


Gruß, Skalde.

 

Hallo Belisa,

auch von mir ein herzliches Willkommen auf kg!

Da hast du offensichtlich Skaldes Geschmack so rein gar nicht getroffen, aber zufällig meinen, denn ich finde, dass die Idee, sich nur um ein winziges Detail unserer Alltagsbeschwerlichkeiten zu kümmern und es zum Thema einer Geschichte zu nehmen ist, überhaupt nicht tadelnswert, sondern in Ordnung ist.

Ich habe beim Lesen teils gedacht, du beschreibst etwas aus meinem Leben, denn den Kampf mit CD-Verpackungscellophan habe ich schon oft ausgefochten und kenne abgebrochene Fingernägel, verschrammte CD-Hüllen mitsamt abgerutschten Messerspitzen, die gefährlich nahe in einer Hand zu landen drohten und ich hab mich auch oftmals gefragt, was das soll, dass man mit einem derartigen Hindernis in einer Zeit belastet wird, die technisch weitaus in der Lage wäre, mir das Leben leichter zu machen. Statt dessen geschieht das Gegenteil und ich fühle mich manchmal als hätte ich eine Zeitreise ins Mittelalter getan.

Dein Schreibstil gefällt mir gut! Ich mag das leicht Ironische. Und es passt auch gut zum Thema.

Was ich jedoch zu kritisieren habe ist, dass du für das Thema eine interessantere Verpackung hättest wählen können, um beim Thema zu bleiben:
du schilderst ein alltägliches Ärgerniss innerhalb einer alltäglichen Handlung und das, so vermute ich, brachte Skalde in Unmut, und auch mir geht es so, dass ich glaube, man könnte es entweder witziger, noch ironischer bis hin zum Sarkasmus verpacken oder eben noch skuriler in Form der Übertreibung darstellen.
Ich empfehle dir, falls du ihn noch nicht hier entdeckt hast, einfach mal eine Geschichte von "Jack Torrance" zu lesen. Da passiert von der Sache her auch meist nicht viel, es geht um oft Schlichtes, Banales und eigentlich Unwichtiges und doch gelingt es ihm, es so darzubieten, dass man sich drüber amüsieren kann. Seinen Mut, Dinge mehr zu verzerren und satt ironisch hinzuschreiben, den wünsche ich dir auch. :)

Nur zu...ich freue mich auf weitere Geschichten von dir.

Lieben Gruß
lakita

 

Hallo Skalde,
danke für die Begrüßung und das zugestandene Potential!
Ansonsten bin ich ja wohl mit dieser 1.Geschichte bei dir durchgefallen. Immerhin hast du ihr eine Kritik gewidmet und nicht einmal Rechtschreibfehler moniert. Das wird mir weiterhelfen.

Liebe Lakita,
auch dir danke für das Willkommen! Dein ausgleichender Kommentar hat mir Mut gemacht. Ich sehe jetzt , nachdem schon zwei Leser an derselben Stelle mit ihrer Kritik ansetzen, dass dieser Alltagsspot wirklich ziemlich fade ist. Seltsam, normalerweise neige ich viel mehr zur Übertreibung, Überspitzung. Diesmal leider nicht. Allerdings finde ich, dass dein Kommentar lesenswerter ist als mein erster Versuch an dieser Stelle.
Ich bleibe dran und werde mir deinen Tipp zu Herzen nehmen.
Grüsse von Belisa

 

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