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Weißer geht’s nicht

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19.03.2003
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Weißer geht’s nicht

Jeden Tag, nicht nur einmal die Woche, wünsche ich mir Kuchen. Mein Herz verlangt nach dem süßen Gebäck.
Rastlos, ratlos, zwickt mich ein Hunger, der nicht gestillt werden kann. In meinem Zimmer, auf dem Fensterbrett, steht neben dem Kugelkaktus Brot.
Wolken am blauen Himmel ziehen Fäden wie die Zuckerwatte auf dem Rummelplatz.
Das Fenster ist ein Viereck aus Licht. Die Welt draußen ist durch das Glas wie abgeschirmt. Nur leise dringen Außengeräusche zu mir durch. Dann und wann höre ich bei Ostwind den Regionalzug. Er fährt stündlich auf neu verlegten Gleisen, der Schotter ist noch hell. Die Trasse glänzt im Sonnenlicht. Bis ans Meer führt sie. Meine Hand umschließt einen Schotterstein, den Micha, mein Bruder mir vor Jahren geschenkt hat. Sein Funkeln besticht, er ist kein Granit, und weil nur Diamanten so funkeln können, gestatte ich ihm, mich auf seinem blauschwarzen Teppich davonzutragen.
Meine Welt schaut dann klein und begrenzt aus, zeigt die andere Wirklichkeit, in der der Kosmos gigantisch, mein Zimmer nur ein ionisierendes Teilchen, kleiner, als ein Staubkorn ist. Es verwahrt, indem es alles Licht reflektiert und den anderen nur das zeigt, was sie sehen dürfen. Es gibt eine Tür. Mit einem Schlüssel im Schloss. Der wurde vor langer Zeit umgedreht. Ich wache am Tag und auch in der Nacht. Auch wenn die Nächte wolkenlos sind, werden die Sterne verschluckt.

Ich lehne mich aus dem Fenster, weit hinaus, atme rosige Luft und Schwefelwasserstoff ein. Rußige Flocken tanzen bei Südwind. Sie werden, wenn der Wind nicht dreht, morgen auf die weißen Riesen fallen. Faule Eier kündigen den Frühling an. Mir wird komisch, nicht vom Geruch, denn er gehört zu den Schornsteinen am Horizont wie der Ruß auf die sauberen Laken, die grau trocknen.
Das Fallrohr neben meinem Fenster, trägt es mich?
Es fühlt sich an, wie ein Sprung vom Fünferbrett, mehr Tiefe ist unter dem Fenster nicht zu sehen. Der Höllenschlund darunter zählt nicht. Flau im Magen weiche ich zurück. Nacht für Nacht sitze ich am Fenster. Jedes Scheinwerferpaar erzählt mir seine Geschichte, woher es kommt, wohin es geht. Die blanken Augen, die ich erwarte, scheren auf dem Parkplatz ein. Als die dunkle Gestalt unter der Laterne einen Schatten auf die Häuserwand wift, lecke ich mir die Lippen. Die Schritte klingen hohl in der Nacht. Sie hallen dumpf, bis vor meiner Tür. Ein Schlüssel rührt im Schloss, wie man sonntags einen Kuchenteig ansetzt.

„Bille, bist du ...?“ Ich ersticke Michas Frage, als ich ihm das Brot in den Mund schiebe.

 

Hallo Goldene Dame,

eine wahrhaft seltsame Geschichte, der Wechsel zwischen Ausblick (aus dem Zimmer) und Blick auf die Wohnung.
Brot neben dem Kaktus, dem stachligen Gesellen und werdender Kuchen, der eingangs so begehrte, dann als Assoziation, wenn sich der Schlüssel im Schloss dreht.
Die Außenwelt repräsentiert das Weite, Große, Bewegung; die Innenwelt ist klein, abgeschlossen, wohl auch hoffnungslos („Auch wenn die Nächte wolkenlos sind, werden die Sterne verschluckt.“). Draußen befinden sich „Höllenschlund“ „und Faule Eier kündigen den Frühling an.“
Mir kommt es so vor, als ob es um Ängste geht um Limitierungen: „den anderen nur das zeigt, was sie sehen dürfen“, „Rußige Flocken tanzen bei Südwind. Sie werden, wenn der Wind nicht dreht, morgen auf die weißen Riesen, fallen“ - „Weißer geht´s nicht“.

Für Einzelheiten finde ich keine weitere Bestimmung, auch fehlt mir ein Focus, der einen Spannungsbogen unterstützt.


Änderungsvorschläge:


„Steigte ich aufs Dach, könnte ich ihn erspähen“

- Stieg ich (würde ich auf das ...)

„Schäfchenwolken am blauen Himmel ziehen Fäden wie die Zuckerwatte auf dem Rummelplatz.“

- Schäfchenwolken ziehen keine Fäden (Zirruswolken).

„Er ist nicht Granit.“

- Er ist nicht aus Granit oder Es ist nicht (kein) Granit.

„Ich lehne mich aus dem Fenster, weit hinaus, atme die rosige Luft des Schwefelwasserstoffes ein“

- bei einer seltsamen Geschichte ist schwer zu beurteilen, was seltsam ist oder ungünstig. Schwefelwasserstoff und rosig beißt sich im Normalfall.

„sonntags einen Kuchenteich ansetzt“

- Kuchenteig; „ansetzt“: dies bezieht sich auf das Rühren, doch unter Teig ansetzen versteht man doch eher Teig gehen lassen, also nicht rühren.


L G,

tschüß... Woltochinon

 

Hallo woltochinon,
Erst mal danke fürs Lesen.
Bei dieser Geschichte kommt es in erster Linie nicht darauf an, ob sie inhaltlich zu verstehen ist. Das ist auch nicht möglich, weil dir der Focus fehlt. Der Spannungsbogen ist schlicht auf die Eingangsmetapher zurückzuführen. Trotzdem hast du das Wesentliche treffend herausgefiltert.

Ich lehne mich aus dem Fenster, weit hinaus, atme die rosige Luft des Schwefelwasserstoffes ein“

- bei einer seltsamen Geschichte ist schwer zu beurteilen, was seltsam ist oder ungünstig. Schwefelwasserstoff und rosig beißt sich im Normalfall.


Der Normalfall ist hier, dass Hochöfen die Nacht erhellen. (Sie sieht rosig aus, verschluckt die Sterne, und es riecht nach H2S) Bei Südwind werden die Flocken aus den Schornsteinen in Richtung des Zimmers getragen. Sie schwärzen die Wäsche (Weißer Riese)

Vielleicht kannst du meinen Bildern jetzt besser folgen.

LG
Goldene Dame

 

Hallo Goldene Dame,


„du das Wesentliche treffend herausgefiltert“ - da bin ich aber froh, da dies bei deinen Bildern und einer von dir gern verwandten Symbolik nicht einfach ist.
Ich weiß zwar, dass Hochöfen ein ganz besonderes Rosarot am Himmel erzeugen können, doch bei

„atme die rosige Luft des Schwefelwasserstoffes ein“ sehe ich folgende Schwierigkeit:

„des“ bedeutet, dass „rosig“ durch den Schwefelwasserstoff bedingt ist (Luft voll Schwefelwasserstoff wäre günstiger).

Die Eisenbahnlinie, die bis ans Meer geht, ist sicher ein Sehnsuchtssymbol, der Kampf gegen den Ruß, der nur ein bedingtes weiß zulässt, ist dem Kampf gegen Windmühlenflügel ähnlich.

Alles Gute,

tschüß... Woltochinon

 

Ich habe jetzt den Text dreimal gelesen. Der letzte Teil, wenn die Scheinwerfer beginnen, Geschichten zu erzählen, bringt mich raus aus dem Text und gibt ihm Rätselcharakter. Wessen Auto biegt denn da ein, wer steigt aus dem Wagen und schlüsselt am Schloss? Naja, irgendwie scheint mir das nicht so zusammen zu passen.
Erst gehts um Kuchenliebe, dann lässt der/die Prot seine/ihre Gedanken schweifen. Und aus dem Text liest sich mir ein Fernweh heraus kombiniert mit dem Gefühl, dass die eigene kleine Welt unwichtig sei verglichen mit der Außenwelt. Und dann ein Sprung aus dem Fenster? Aber er/sie weicht ja zurück. Kehrt also zurück zum Ursprung, dem eigenen kleinen Zimmer? D.h. ist nicht mehr in Gedanken auf Reise und beobachtet. Aber was da dann passiert, da komm ich nicht hinter. Naja, jedenfalls kehrt er/sie zum Anfang zurück und denkt wieder an Kuchen.

 

Hi zaza,
Dreimal lesen, danke!
Der Text ist rätselhaft, wollte ich auch. Wenn du so willst, ist es die Kuchenliebe, auf die gewartet wird. Sie soll endlich (heim)kommen.
GD

 

Starke Bilder sind es zweifelsohne, die in dieser Geschichte erfolgreich erzeugt werden. Doch scheinen sie mir zunehmend zum Selbstzweck zu werden, der rote Faden verliert sich in ausufernden Metaphern, die doch so in der Luft schwebend selbst an Wert verlieren; es fehlen Zusammenhänge und Bezüge, andererseits wird nicht genug geschaffen, auf das sich bezogen werden könnte. Die Bedeutung und Form der Kuchenliebe ist keine selbstständige philosophische Disziplin.
Natürlich will ich nicht Zusammenhanglosigkeit unterstellen, eine Thematik ist vorhanden und wurde hier bereits herausgearbeitet, doch scheint sie dem Bildersturm in meinen Augen nicht gewachsen.
Große Wortgewalt, die sich leider teilweise ins leere entlädt, aber auf jeden Fall vergnüglich zu lesen.


Gruß,
Abdul

 

Hi Z-P
Danke fürs "Ausgraben"!

Dieser Absatz ist einer meiner Top 5 -Absätze hier auf kg.de.
Kenne ich die anderen 4 :D Na ja, freut mich wenns dir gefallen hat :)


Komisch ... komisch.

Ja, ... seltsam ;)


Hi AbdulAlhazred


Doch scheinen sie mir zunehmend zum Selbstzweck zu werden, der rote Faden verliert sich in ausufernden Metaphern, ...

Recht haste alles nur Selbstzweck:lol:

Ich steh dazu!:schiel:

Ich will nicht abstreiten, dass mir hier stilistisch kein Glanzstück gelungen ist.
Nobody ist perferkt, wer nicht wagt, der nicht gewinnt. ;)

Danke euch fürs Lesen und Kommentieren:)

GD

 

Hallo goldene Dame

wahrlich mysteriös, was du da von dir gegeben hast. Auch nach dem zweiten Lesen will sich mir das Mysterium jedoch nicht erschließen. Der Schlüssel, der in der Kg(?) angedeutet wird, wird dem Leser vorenthalten.
So bleiben es nur Bilder projizierende Worte, in ein angenehm lesbares Gewand gestickt.

Nicht alle Mysterien sollten gelöst werden. Was wäre die Welt ohne sie?
;) :)
grüßlichst
weltenläufer

 

Hi weltenläufer

So bleiben es nur Bilder projizierende Worte, in ein angenehm lesbares Gewand gestickt.

Snief, es gab eine Zeit, da hätte mir dieser Kommentar das Herz gebrochen.

Hochscroll: April 2005 hatte ich einen kreativ schreibkurs :D

Nicht alle Mysterien sollten gelöst werden. Was wäre die Welt ohne sie?
Danke für dein Verständnis :D

Z-P

Die andern vier sind von mir!
Dann schau ich mal :Pfeif:

Lieben Gruß
GD

 

Hi Goldene Dame,

sprachlich ist dein Text mit Sicherheit ein schöner Appetithappen. Du hast eine sehr bildliche Sprache durch die man sich alles sehr schön vorstellen kann. Dafür: Daumen hoch. Aber mir fehlt der Plot.

Dein Text steht zwar in seltsam, für meinen Geschmack ist er aber zu seltsam. Hab ihn auch mehrmals plus die Anmerkungen in den anderen Beiträgen gelesen, mir fällt es aber immer noch sehr schwer einen Sinnzusammenhang in dem Text zu finden.

Noch eine Formulierung die mich gestört hat:

Faule Eier kündigen den Frühling an.
Warum kündigen faule Eier den Frühing an?

 

hi Goldene Dame,

mir hats für zwischendurch ganz gut gefallen. hat was von nem diätszenario.

kleinigkeiten:

Steigte ich aufs Dach, könnte ich ihn erspähen, schließe ich die Augen, sehe ich: Die Gleise sind neu verlegt.
hier brichst du irgendwie innerhalb eines satzes den stil. fand ich net so geschickt.
einen Kuchenteich
wenn du nicht einen teich anlegst um kuchen darin schwimmen zu lassen, müsste es wohl teig sein. oder bin ich wieder der neuen rechtschreibreform hinterher?

beste grüße
krilliam Bolderson

 

Hallo neukerchemer

Aber mir fehlt der Plot.

Du hast Recht, ein bisschen dünn ist das Ganze. Es ist mehr die innere Handlung. Der Fehler ist eben, dass von außen betrachtet zu wenig, bzw, nur undeutlich erzählt wird, um auf das Innere schließen zu können.:(

Das habe ich damals beim Schreiben dieser Geschichte noch nicht so empfunden, weil ich "in ihr steckte" und mir alles so logisch vorgekommen ist.

Ich hatte auch diesen Drang "Bilder" heraufzubeschwören übermächtig werden lassen.:shy:

Warum kündigen faule Eier den Frühing an?
Weil der Wind aus Süden kommt. Gerade diese Passage macht deutlich, wie "verantwortungslos" ich das Bild projeziert habe.
Hallo krilliam
hat was von nem diätszenario.

Deine Neigung Verzweifelten mit Humor zu begegnen hat was :lol:

wenn du nicht einen teich anlegst um kuchen darin schwimmen zu lassen, müsste es wohl teig sein. oder bin ich wieder der neuen rechtschreibreform hinterher?
Voll peinlich, aber du bist mir, einem Urgestein der Legastenie begegnet.:schiel:

hier brichst du irgendwie innerhalb eines satzes den stil. fand ich net so geschickt.
Das stört mich sogar mehr, als das niemand versteht was ich geschrieben habe.:heul: :heul:

Danke für Eure Anmerkungen. Ich glaub ich "fusch" :hmm: mal drüber. Irgendwie nervt mich doch so einiges.

GD

 
Zuletzt bearbeitet:

Beiträgen gelesen, mir fällt es aber immer noch sehr schwer einen Sinnzusammenhang in dem Text zu finden.
Ich habe den Text überarbeitet.

Lieben Gruß
Goldene Dame

 

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