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Weiss ist nicht immer die Farbe des Friedens
Was soll ich sagen? Soviel gibt es darüber zu sagen und doch endet alles im gleichen Scheiss. Mein Freund ist seit nunher über 10 Jahren kokain- und heroinabhängig.
Ich habe ihn vor zwei Jahren kennengelernt. Ich wusste, dass er abhängig war und dachte, ich wisse, auf was ich mich einliess. Ehrlich gesagt, einen Scheiss wusste ich. Ich habe ihm zugehört, ihn unterstützt, das Leben mit ihm geteilt, ohne selber abhängig zu werden. Aber ich sag euch, sozusagen nüchtern unter Junkies zu sein ist eine komische, kalte Welt. Eine Welt ohne Logik und Verstand und eine Welt, in der du als nüchterne Person nicht mehr wahrgenommen wirst. Erlebt habe ich mit ihm viel, zuviel es noch in Worte zu fassen, mag schon gar nicht mehr reden.
Nächtelang in Gassen herumlungern, angeschrien werden, wenn das Koks mal wieder nicht seinen Ansprüchen entsprach, fertig gemacht werden, wenn sein Lohn schon alle ist und kein Geld mehr umher ist, geschlagen werden, wenn der Weg zur Gasse zu lang war. Man liegt im Bett, er schlägt die halbe Wohnung zusammen und du hoffst nur, dass ihm nicht in den Sinn kommt, dass du ja auch noch da bist. Süsse Träume sind dann wohl eher sarkastisch.
Und dann, das Schlimmste, das ewige Geblaber, immer wieder, sinnlos, da er es fünf Minuten später sowieso wieder vergisst. Die ewigen Versprechen untermalt mit Tränen, vergessen innert Sekunden. Die ewige Warterei, wenn er mal wieder in irgendwelchen Toiletten seiner Sucht nachgehen muss. Etc., etc., etc., ich könnte Seiten füllen, besser gesagt, ich könnte Wörter kotzen.
Und dann das Gejammer: Ich brauche es, ohne dass geht es mir schlecht und ich fühle mich nicht lebendig, Gelaber gespickt mit Widersprüchen, aber wen stört das schon, wenn einem die blutige Spritze am Arm herabhängt. Und ich, ich muss auch in dieser Scheisswelt leben, jeder muss in dieser Scheisswelt leben, ich muss es auch nüchtern aushalten, obwohl es mir sicherlich auch lieber wäre, mir irgendetwas zu spritzen und mich dann gut zu fühlen. Aber was ist das Resultat: Wie ein wahnsinniger Versager in der Gegend umherlaufen, sorry, das ist mir einfach zu blöd.
Die Nacht wird zum Tag, das Schöne wird mit Füssen getreten und die Augen sind nur offen für das eigene Leid: Verlorene Kinder, die nie gelernt haben, Verantwortung zu übernehmen. Also ehrlich gesagt, wenn ich ganz tief in mich reinhöre, hasse ich dieses selbstbemitleidende, überhebliche Arschloch, das nur sich und seine verkokste Welt sieht. Ich bin da für ihn, immer noch. Aber ich weiss nicht, wie lange noch, denn ich habe keine Lust, mit ihm unterzugehen, Liebe hin oder her.
Apropos Liebe: Welche Partnerin von einem Kokssüchtigen hat ein erfülltes Liebesleben?
Man hat nur noch Sex mit dem weissen Teufel und dieser weisse Teufel hat von Sex sowenig Ahnung wie vom Leben. Wie auch, ohne Gefühle in einem?
Ich habe mich ausgekotzt, ein wenig, denn in meinem Hirn sind noch vielmehr Gedanken. Und ich bin mir bewusst, im Moment mache ich auch nicht viel anderes hier als zu jammern. Aber wer weiss, vielleicht erkennt jemand, dass es kein Jammern sein soll, sondern nur die realistische Darstellung für das Leben mit dem weissen Nichts.