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06.10.2009
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WELTEN

Es war ihr Zuhause, hier fühlte sie sich geborgen.
Sie liebste die Straßen, die Plätze und Innenhöfe, die Häuser und deren Dächer. Es war ein wunderschönes Viertel.
Schon als Kind war sie ganz aufgeregt über die gepflasterten Wege und zwischen den Bäumen entlang gelaufen. Vögel zwitscherten irgendwo hoch oben, nicht zu sehen. Warmes Sonnenlicht brach durch das grüne Blätterdach, welches sich in einer leichten Briese hin und her wiegte. Das Rauschen war ihr so vertraut. Sie liebte ihre Stadt, schon seit damals, als sie noch so klein war, und je älter sie wurde, desto mehr schloss sie den Ort ins Herz. Sie kannte kaum Anderes.
Kinder spielten laut schreiend. Sie erinnerte sich an einen Drachen, der ihr einmal, von einem plötzlichen Windstoß emporgerissen, davongeflogen war und daraufhin viele Jahre lang in den Zweigen einer großen Eiche festhing.
Sie konnte all dies unmöglich verlassen. Viel zu groß waren ihre Zuneigung und Verbundenheit.
Auf der leicht feuchten Wiese sprangen zwei Hunde ausgelassen umeinander herum, die Kirchenglocke tönte laut und voll über den Platz und die Straßen.
Ihre steinernen Stufan waren kalt, dennoch setzte sie sich vor den Eingang und sah dem alltäglichen bunten Treiben zu.
Laub lag auf den Pflasterstein; braune, rote, gelbe Blätter.
Sie schloss die Augen und atmete.
Langsam.
Ein und aus.
Hoffentlich wurde es nicht noch kälter, sonst würde sie in ihrem Mantel frieren.
Nach einer Weile stand sie auf und lief durch das Laub. Das Geräusch ihrer Schritte auf den trockenen Blättern durchbrach die eingekehrte, vollkommene Stille.
"No one dare... Disturb the sound of Silence."
Der Wind wurde kalt und schneidend, wirbelte die bunten Blätter umher, der graue Himmel zeigte nur noch wenig Licht. Sie lief weiter, vorbei an dem Fluss und den kleinen Brunnen, den bereits geschlossenen Läden, die langen Straßen entlang.
Sie liebte den Herbst. Er war die Zeit der Melancholie, der Ruhe und Stille.
Es fing an zu regnen, dicke Tropfen fielen auf den grauen Asphalt und färbten ihn noch dunkler. Immer mehr wurden es, nun tropfte es auch von Bäumen und Regenrinnen, kleine Sturzbäche flossen die Straßen herab, Autos rauschten durch Pfützen und ihre Haare wurden vom Wasser immer schwerer.
Durch den Regenschleier und die Kälte hindurch sah sie ihn dort plötzlich stehen. Er war einfach da, so wie er es ihr ganzes Leben lang gewesen war. Sie sah ihn und liebte ihn. Er stand regungslos, sah sie nur an, während sie auf ihn zukam, zögernd, doch mit einem Lächeln auf den Lippen. Dann lächelte auch er. Sanft neigte er sich zu ihr und küsste sie, ein letztes Mal, und sehr liebevoll. Wie sehr wünschte sie, dieser Augenblick möge niemals enden. Die Welt um sie herum war verschwommen, nur noch zwei Menschen existierten.
Sie liebten sich. Aus tiefstem Herzen.
Schnee fiel nun herab, viele kleine weiße Flocken legten sich auf ihr Haar, kahle Äste bogen sich unter dem Gewicht einer weißen Decke. Sie sah sich um, blickte auf unendliche Weite um sich herum. Der See war zugefroren, eine Eisschicht bedeckte den Pfad. Von dem kleinen Zaun war kaum noch etwas zu sehen.
Schlafende Welt.
Ihre Schuhe hinterließen im tiefen Schnee eine Spur. Sie bleib stehen.
Langsam ließ sie sich auf den Boden sinken, lag dann auf dem Rücken und blickte in den wolkenverhangenen Himmel und den Tanz der wirbelnden Kristalle. Die Kälte war eisig.
Wie in Trance stand sie, einer Intuition folgend, auf, rannte über die Felder und durch die Straßen zurück zu ihm. Er war dort, nach wie vor. Er hatte sie nie im Stich gelassen, auch nicht in einer so kahlen und trostlosen Welt. Sie stand vor ihm und weinte, während der Schnee schmolz und das Tauwasser in der Sonne glitzerte, neue Knospen begannen zu sprießen und langsam wurde es wärmer. Sie hatte hier gelebt, gelitten und geliebt gleichermaßen. Niemals würde sie das hier verlassen können.
Niemals.
Er breitete die Arme aus.
Erfüllt von Sicherheit und der Vollkommenheit des Moments und ihrer Welt, empfand sie eine tiefe Glücksseligkeit, eine so wunderbare Kindheit und Jugend gehabt zu haben und einen Menschen hatte, den sie liebte.
Sie lächelte.
Entschlossen drehte sie sich um und ging mit festem, sicheren Schritt davon, ihrem alten Leben den Rücken zukehrend.
Die Zukunft ist stets ungewiss.

 

Hi Beccy!
Wegen dem Kommentar über der Geschichte kriegst du sicher noch "Ärger" von einem Moderator ;)
Erstmal ein paar Anmerkungen direkt zum Text:

Ihre steinernen Stufan waren kalt
1. Stufen 2. der Bezug ist nicht grammatikalisch korrekt und klar. Sie setzt sich ja nicht auf die Stufen der Glocke ;)
Sie schloss die Augen und atmete.
Langsam.
Ein und aus.
Ich nehme an, dass du dir bei dieser Trennung etwas gedacht hast, es gibt auch irgendwie mit den Umbrüchen den Rhythmus wieder. Nur der erste Satz klingt beim lesen etwas beschränkt.
und ihre Haare wurden vom Wasser immer schwerer
Die Haare der Autos ;)
Sie liebten sich. Aus tiefstem Herzen.
Ich würde das in einen Satz stopfen, sonst klingt es für meinen Geschmack zu dramatisch.

Soweit ich versteh wendest du die Jahreszeitenmetapher für eine Beziehung und für eine Gegend an. Deine Protagonistin läuft durch alle Jahreszeiten, bis sie sich entschließt zu gehen. Ich nehme an all das läuft in Wirklichkeit nur im Kopf deiner Protagonistin ab, die ihre Heimat verlassen will.
Grundsätzlich bin ich etwas hin und her gerissen: Einerseits finde ich die Idee gut, aber vieles ist etwas klischeehaft, wie z.b. die Emotionen die du den Jahreszeiten zuordnest und die Liebesgeschichte. Natürlich hast du das ganze auf einen Symbolcharakter runtergebrochen, aber irgendwie... "kitschig". Manche deiner Beschreibungen sind mir zu oft gebraucht, da ist wenig neues drin.
Der letzte Satz der Geschichte hängt für mich etwas im Leeren und ich glaube ich würde ihn weglassen. Der vorherige hat so einen schönen abschließenden Charakter ;)
Ich hoffe du kannst etwas mit meinem Kommentar anfangen!
Sonnige Grüße
Cathy

 

Hallo,

diese Geschichte habe ich unter "Sonstiges" eingeordnet, da ich mir schwer getan habe, sie einem Thema speziell zuzuordnen. Sie enthält sowohl Alltag, also auch ein wenig Romantik und surreales (Jahreszeitenwechsel). Seid bitte nicht allzu streng, dies ist miene erste Kurzgeschichte und ich habe mir bei allem etwas gedacht (ich habe an dieser Kurzgeschichte mehrere Wochen immer wieder geschrieben und etwas verändert) und sie enthält sehr viel Thematik aus meinem eigenen Leben

Viel Spaß beim Lesen.
Liebe Grüße, Beccy
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Anmerkungen bitte immer unter die Geschichte posten!
Gruß
Asterix (Moderator Spannung/Krimi)

 

Hallo Beccy,

ich fand es waren ganz gute Ansätze in der Kurzgeschichte drin. Der Jahreszeitenwechsel als Metapher für Veränderung kommt gut an. Für eine erste Kurzgeschichte ist das schon ganz gut. Weiter schreiben.

mfg,

JuJu

 

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