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Wenn die Grossen die Köpfe schüttelten

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14.12.2009
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Wenn die Grossen die Köpfe schüttelten

Das war, wenn die Grossen die Köpfe schüttelten. Tief in ihren Gedanken sass das Unverständnis. Ihr war das egal.

Vorbei am Fenster tanzten Schneeflocken, wirbelten, hüpften, so zart, so fröhlich und doch starben die dünnen Grashalme unter ihrer bitteren Kälte.

Sanft berührten die kleinen Finger die Scheibe, krallten sich daran fest, glitten langsam hinunter. Die Augen griffen nach dem Flaum, der sich auf die hohen Pappeln, den Gartenzaun und die Felder setzte. Am Horizont wandelten dunkle Silhouetten, kämpften sich durch das Schneegestöber.

Sie presste die Stupsnase ans Fenster und blickte in den Himmel, der sich grau und mächtig über dem Schauspiel wölbte. Sehnsucht trat in die schwarzen Knopfaugen und vergrub sich darin.

Sie streckte die kleinen Arme aus. Federn wuchsen. Wunderschöne, lange Federn.

In Gesicht ein Schnabel, Klauen statt der Füsse. Mit gewaltigen Schwingen schlug sie um sich. Zerschnitt die kühle Luft. Erhob sich, majestätisch, warf sich gegen den Himmel.

Das war, wenn die Grossen die Köpfe schüttelten. Tief in ihren Gedanken sass das Unverständnis. Sie sah es nicht, denn sie schlief.

Die Kleine wird noch aus dem Bettchen fallen, sagten die Grossen. Und sie wunderten sich, warum sie die Arme ausgebreitet hatte. Im Schlaf zuckten die Brauen. Der Kopf hastete hin und her auf dem Kissen. Der Mund hatte sich verzogen und schien etwas zu wispern. Krampfhaft hielten sich die Händchen an der Decke fest.

Besorgt beugten sich die Grossen über das Gesichtchen. Schauten einander an. Das geht schon seit Wochen so. Der Mann schüttelte den Kopf. Lass sie schlafen, sagte er. Er nahm seine Frau bei der Hand und zog sie zur Tür hinaus. Die Frau blickte über die Schulter zurück. Ich mache mir Sorgen, seufzte sie. Ich mache mir wirklich Sorgen.

Noch immer hielt das Schneegestöber an, glitt zu Boden. Die dunklen Gestalten hatten sich in der Endlosigkeit des Weisses verloren. Immer kleiner wurde die Welt unter ihr. Autos verschwammen, verschwanden. Häuser, winzige Punkte. Blind vom Wetter und starr vor Kälte, kämpfte sie weiter aufwärts. Der Frost griff ums sich, hielt sie fest und hakte sich in ihr ein. Die Kraft verliess sie. Sie spürte es, fing sich wieder. Schlitterte in der Luft.

Dann glitt sie abwärts. Sank, langsam aber stetig, zur Erde, schwebte über sie hinweg. Die Dörfer kamen ihr entgegen. In den Gassen hockte der Verdruss, in den Ecken lauerte die Traurigkeit. Das Elend hatte sich eingeschlichen und vergrub sich in Falten, Ritzen und Gräben.

Durch die Strassen schlurfte ein Mann, mit zerfetzten Kleidern, der Hunger hing ihm am Gesicht herab und verklebte den Blick, der müde am Boden entlang stolperte.

Zitternd und bibbernd, sassen einige Kinder in einem Hauseingang, mit blauen Lippen und schwarz angelaufenen Händen. Geschrei drang zu ihr hoch und hallte in den Ohren. Ein Windstoss fegte eine alte Zeitung an den Mauern vorüber. Verwesener Gestank schlug ihr entgegen.

Mitten im Grau und der Kälte, flackerte ein Licht, erhellte die Finsternis. Eine alte Frau strickte eine Socke und liess ein Kaminfeuer die alten Knochen wärmen.

Die Stube war geräumig und die Frau schien verloren, allein in dem grossen Raum.

Die dunklen Gestalten hatten ihren endlosen Weg durch die Schneewüste fortgesetzt.

sobald die Frau sie erblickte, verhärtete sich die Mine und das Gesicht nahm ernstere Züge an. Entschlossen wendete sie dem Fenster den Rücken zu.

Weinen zerriss sie. Sie roch die Tränen, doch sie spürte sie nicht, der Körper war taub. Zorn ballte sich und schlug sie mit eisernen Fäusten. Sie taumelte, der Schmerz hackte auf sie ein. Wut überströmte sie und mit neuer Kraft schlug sie die Flügel auf die Welt unter ihr. Die Traurigkeit erschütterte sie und lies sie erbeben.

Ein Schluchzen entfuhr ihr. Sie furchte die Stirn und kniff die Augen zusammen.

Tränen lösten sich, kullerten über das schlafende Gesicht und sickerten ins Kissen.

Dann schüttelten die Grossen die Köpfe. Tief in ihren Gedanken sass das Unverständnis. Doch sie verstand nun.

Der Teekessel pfiff. Die Frau zuckte zusammen und fuhr herum. Kurz schloss sie die Augen und atmete tief durch. So geht das nicht mehr weiter, flüsterte sie. Ich halte das nicht mehr aus.

Verzweifelt blickte sie zu ihrem Mann hoch. Bitte.

Er sah, dass sie litt. Er schaute zu seinem Kind und schüttelte den Kopf. Langsam und bedächtig. Niemand kann ihr helfen. Mit dem Leben muss sich jeder selber konfrontieren.

 

Hi Gianna,

und herzlich willkommen hier.
Mir persönlich ist dein Text leider sprachlich zu ungenau. Durchaus literarisch bemüht schlampt er in Wortwahl und Bezug. Gleich der Eingangssatz, der später wiederholt wird, liest sich nach bitterem Gossenslang. Durch den Verzicht auf Namen ist alles "sie", egal ob alte Frau, Eltern oder schlafendes Mädchen. Vor allem dadurch entsteht Unschärfe, denn um die Bezüge trotzdem deutlich zu setzen, muss man in der Grammatik schon sehr gut aufpassen.
Inhaltlich suhlt er sich in gängiger Negativbetrachtung, selbst zunächst positiv anmutende Bilder werden sofort in ihr Gegenteil verkehrt wie die Frau, die in geräumiger Stube natürlich verloren und einsam sein muss. Ach du süßer Weltschmerz hast deine eigenen Klischees.
Ärgerlich wird es aber vor allem dann, wenn zur Aufrechterhaltung des Pessimismus' falsche Behauptungen aufgestellt werden, etwa, dass dünne Grashalme unter der Schneedecke erfrieren würden.
Manchmal geht der poetische Gaul durch, dann bekommen Augen plötzlich die Fähigkeit zu greifen.
In Ansätzen sind durchaus Passagen drin, die mir gefallen, zum Beispiel die Parallelität zwischen Traum und Verwandlung.

Liebe Grüße
sim

 

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