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Wenn Man in LA Lebt

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18.07.2009
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Wenn Man in LA Lebt

KAPITEL 1: DAS DENKEN UND DIE KLINGEL

Es ist schon wieder spät geworden. Warum vergeht die Zeit manchmal schneller und manchmal langsamer? Einstweilen hatte ich das Bedürfnis die Zeit anzuhalten, so dass manche Momente mit der Ewigkeit verschmelzen. Aber die Ewigkeit, die gibt es glaube ich gar nicht. Seit ich in Los Angeles lebe läuft die Zeit anders wie in Deutschland ab. Hier verbirgt sie Geheimnisse und den Wahnsinn in sich, was ihr einen völlig neuen Takt zu geben scheint. Es gibt Sekunden in welchen man im vollen Leben steht. Es gibt Sekunden in welchen Träume entworfen werden. Es gibt Sekunden in welchen sich eine Träne entscheiden muss, ob sie von Leidenschaft oder von Existenzangst entstehen will. Oftmals ist es beides gleichzeitig, was wahrscheinlich auch am besten das Leben in dieser Supermetropole beschreibt. Man weiss nicht, ob hier zu leben alles oder nichts bedeutet. Viele Leute in LA fühlen sich so. Manche wissen dies jedoch nicht und glauben immerzu weiter an den Glauben. Das ist wahrscheinlich auch gut so.

Ich lebe seit 5 Jahren in LA. Leute kennen mich unter dem Namen Dre. Anderen werde ich auch als “Der verrückte Deutsche” vorgestellt. Ich habe es nie verstanden, warum Leute mich oftmals als verrückt bezeichnen. Eines Tages werde ich dies es jedoch herausfinden. Da bin ich mir ziemlich sicher. Bis es soweit ist, wird wohl die Zeit im unharmonischen Takt immer weiter und weiter laufen. Genau wie ich. Ich werde auch immer weiter und weiter laufen – nach links, nach rechts, nach links und manchmal sogar geradeaus.

Es klingelt an der Tür. Wer wird das wohl sein? Niemand klingelt hier so spät an der Tür. Ein Teil von mir will diese Türe nicht öffnen. Ein anderer Teil von mir ist aber neugierig. Neugier… das war schon immer ein grosser Feind von mir. Oder Freund? Wann weiss man so etwas schon genau. Egal. Ich mache diese verdammte Türe nun auf.

Vor mir steht eine zwei Meter grosse Freiheitsstatue, welche mich mit Gekicher begrüsst. Die Freiheitsstatue nimmt ihren Kopf ab. Sie konnte sich also daran erinnern wo ich wohne.

“Hallo Erin!” sage ich in einem leisen aber wahrscheinlich hörbaren Ton.

Ihr lächeln verstummt auf seltsame weise und ich verliere mich schon wieder in diesem mysteriösen Gesicht. Wir sehen uns an. Leute sehen sich irgendwann immer an. Sich ansehen finde ich manchmal scheisse. Sich ansehen bedeutet oft, dass man gleich etwas sagen muss. Warum konnten eigentlich nicht alle Leute, die ich jemals gekannt habe und jemals kennenlernen werde an ein und dem selben Tag sich um mich herum versammeln und mir zuhören, als ich meine Meinungen zu Ausdruck brachte. In LA ist es wichtig Meinungen zu haben. Jetzt muss ich wahrscheinlich schon wieder von Deutschland erzählen und darüber reden, wie schwer es ist mit dem Rauchen aufzuhören. Vielleicht erzaehle ich ihr etwas von meinen ideen die Menschheit mit meinen Dokumentarfilmen zu veraendern. Aber vielleicht mache ich heute so spät in der Nacht alles anders! Vielleicht rede ich einfach mal über ganz neue Sachen. Sachen über die man sonst nie redet. Sachen über die man mit dem anderen Geschlecht nicht redet. Vielleicht erzähle ich Erin etwas von dem komplizierten Leben meines Monsters. Oder vielleicht erzähle ich ihr einfach wie unkompleziert ich bin.

“Darf ich reinkommen?” fragt sie mich.

“Wo bist du letztes Wochenende hinverschwunden? Du wolltest doch nur kurz Gras holen gehen” erwidere ich.

Sie sieht mich fragend an und sagt: “Du weisst doch wie so was abläuft. Du kannst nicht einfach nur kurz Gras holen gehen. Du musst erstmal mindestens eine halbe Stunde auf der Couch von dem Typen der das Zeug hat verbringen und dich mit ihm freundlich unterhalten. Wenn eine Tüte am brennen ist musst du mitrauchen. Wenn man sich wieder einigermassen normal fühlt kann man dann die Anfrage auf den Tisch werfen. Du weisst schon… so etwas wie “Ach hey, hast du zufälligerweise auch was zum kaufen auf Lager?“ Ich bin aber dort eingepennt bevor ich fragen konnte.”

Tatsächlich weiss ich genau wovon sie redet. Ich bin aber trotzdem nicht happy darueber. Man lässt Leute nicht einfach mit einem Fragezeichen über dem Kopf nackt am Boden liegen. Irgendwo steht doch bestimmt geschrieben, dass man so was nicht macht. Vielleicht habe ich aber auch nicht das Recht so zu denken. Schliesslich kenne ich sie ja gar nicht. Ich kenne sie doch nur von einer einzigen Nacht. Allerdings weiss ich wie sie im Bett ist, und das sagt viel über einen Menschen aus… sehr viel. Also kenne ich sie wohl doch.

Manche Leute reden davon, dass ein Kühlschrank und Schuhe viel über einen Menschen aussagen. Das glaube ich jedoch nicht. Mein Kühlschrank ist fast immer leer. Ich dagegen bin voll. Ich bin voller Energie und Leidenschaft für das, was ich gerne tue. Ich liebe es Filme zu machen. Dokumentarfilme. Es macht mir auch Spass nach der zweiten Flasche Wein eine Hode über der Gürtellinie zu tragen. Irgendwie erfüllt mich das eben und obendrein hinterlässt es einen guten Eindruck bei Leuten, die ich als Freunde bezeichnen möchte. Dennoch ist mein Kühlschrank leer. Meine Schuhe riechen meistens wie ein Leichenschauhaus wohl riechen muss, wenn der Totengräber auf Urlaub ist. Sie verrotten, da ich nur ein einziges Paar besitze. Ich verrotte aber nicht. Noch nicht auf jeden Fall.

“Wieso kommst du so spät? Es ist 3 Uhr in der Früh?”, frage ich Erin.

“Weil ich heute Nacht bei dir einschlafen möchte!”

Solche Momente kenne ich irgendwie aus schlechten Liebesfilmen. Dies ist ohne Zweifel eine vielversprechende Situation, da in den Filmen nach solch einem Wortwechsel immer gefickt wird. Darauf habe ich jetzt bock. Darauf habe ich meistens bock.

Zielsicher geht sie an mir vorbei und holt sich ein Bier aus dem Kühlschrank. Der Zeitpunkt scheint erreicht, wo es wahrscheinlich keine schlechte Idee waere sich an letztes Wochenende zurück zu erinnern. Wie zum Teufel habe ich es denn geschafft mit so einem hübschen Mädchen so gut wie nackt auf meinem Fussboden abzuenden? Mädchen? Sollte ich besser Frau sagen? Ab wann ist ein Mädchen eine Frau? Sind Frauen nicht einfach nur schlechtaussehende Versionen von Mädchen? Warum gibt es über solche Fragen keine ausführlichen Berichte? Nicht einmal das Internet kann da helfen. Wenn man jedoch auf Internetpornoseiten die Anzahl der Bilder in verschiedenen Kategorien so wie “Monster Titten”, “In den Arsch gefickt” und “Zwei Schwaenze in einem Loch” ansieht, wird einem alles klar! In der Kategorie “Teen” sind meistens über 10000 Bilder vorhanden während in der Kategorie “Mature” nur um die 100 Bilder vorhanden sind. Sollte “Teen” für Mädchen stehen und “Mature” für Frauen, dann ist es offensichtlich, dass es viel weniger Frauen auf der Welt gibt wie Mädchen. Also sind wohl nur ungefähr ein Hundertstel aller weiblichen Menschen Frauen. Folglich habe ich es hier in meiner Wohnung zu 99% mit einem Mädchen zu tun. Aber egal. Mir ist das jetzt egal. Mir ist es jetzt auch egal wie sich das letztes Wochenende abgespielt hat. Sie ist jetzt in meiner Wohnung, es ist 3 Uhr in der Früh, sie sieht gut aus und ich habe bock. Das sind die Tatsachen die mich jetzt interessieren.

“Respektierst du Frauen?”, fragt sie mich als ob sie gerade meine Gedanken gelesen hatte. Warum fragt sie mich das?

“Natürlich respektiere ich Frauen! Ich hoffe doch, dass du das auch tust. Ich respektiere auch Tiere... sogar Katzen. Ich respektiere auch Menschen, die sich ihr Geld auf der Strasse verdienen!”

Sie sieht mich leicht verdutzt an. “Genau deswegen bin ich hier. Ich hätte jetzt gerne die 200 Dollar, die ich dir wert war.”

Es ist schon eine Zeitlang her, dass ich mich in einem Moment wie diesem wiedergefunden habe. Es wäre daher eine Lüge zu sagen, dass ich diesen Moment nicht kenne.

“Ok, ich ziehe mir schnell meine Schuhe an und wir gehen zusammen zu einem Geldautomaten, ok?”

Sie sieht mich schon wieder so komisch fragend an. Ich ziehe mir doch bereits meine Schuhe an.

“Das ist doch jetzt nicht dein Ernst, oder? Gerade eben habe ich dich gefragt, ob du Frauen respektierst und im nächsten Moment behandelst du mich wie eine Nutte? Ich dachte du wärst anders wie die Anderen.”

Ok. Jetzt wiederum würde ich lügen wenn ich behaupten würde, dass ich auch mit dieser Situation vertraut bin.

“Möchtest du eine Limette für dein Bier?”, frage ich sie.

Und hier ist sie wieder. Die Stille zwischen zwei Menschen. Es ist plötzlich ganz ruhig. Nicht einmal mein Kühlschrank macht jetzt Geräusche. Mein Kühlschrank macht immer Geräusche. Nur jetzt nicht. Ich höre normalerweise das Meer von meiner Wohnung aus. Ich höre das Meer jetzt nicht. Wellen die sich überschlagen wie von einer Gassprühflasche beschleunigt. Was zum Teufel ist eine Gassprühflasche? Ihre Augen, ihr Mund, ihr dunkles Haar. Pure Erotik. Ich fühle mich als ob ich gerade die Bedeutung des Wortes Lust neu entdecke.

“Suchst du nach einer ernsthaften Beziehung oder einfach nur nach was zu ficken?”, fragt sie mich mit prüferischem Gesichtsausdruck.

Ich liebe diese Frage, denn ich kenne die Antwort nicht. Ich mag es, wenn ich Antworten nicht kenne. Es macht das Leben interessant. Bei Vorstellungsgesprächen in USA soll man sich immer auf die Frage “Wo sehen sie sich in 4 Jahren?” vorbereiten. Ich kenne auch die Antwort auf diese Frage nicht. Als Trotzreaktion habe ich es bis jetzt stets unterlassen mich auf diese Frage vorzubereiten. Es ist viel witziger sich darüber im spontanen Moment Gedanken zu machen. Jedoch ist mir nie etwas eingefallen weswegen ich bis heute einfach meine eigenen no-budget Filme mache. Hier haben wir wieder einen spontanen Moment. Und ich muss jetzt Antworten. Ich kann nicht vorher zum Tanken fahren, einer Katze vom Baum herunter helfen, oder mir im Internet eine Pizza bestellen. Die Antwort muss jetzt kommen.

“Ich verstehe schon”, sagt sie.

Und wieder habe ich meine Chance verpasst. Schon morgen werde ich wohl wieder am Lincoln Blvd an einem schlechten Fast Food Laden mir den sexuellen Frust wegfressen. Gefolgt von einem Trip zu einem Striplokal. Eines von denen, das keinen Alkoholausschank hat, so dass die Stripper legal ihre Pussy zeigen dürfen. Ich ziehe das dem Alkoholausschank vor, denn man kann ja schliesslich legal auch schon besoffen ankommen.

Sie lächelt mich an als ich in den Boden starre. “Hast du Lust auf einen Dreier?”, fragt sie mich.

“Ja”, sage ich. "Ja", sage ich ein zweites mal und ein drittes mal.

Gerne würde ich jetzt intelligenter wirken. Erin treibt Spielchen mit mir und ich stelle mich blöd dabei an. Das ist weil mein Schwanz das Denken übernommen hat. Von diesem Zeitpunkt an gibt es keine Intelligenz mehr. Nur noch Vorstellungskraft und Träume. Es gibt keinen Platz für Denker und Intelligente im Land der Vorstellungskraft und Träume. In jenem Land bewegt man sich auf dünnem Eis, welches zu brechen droht wenn man zuviel denkt. Aber dieser Moment verbirgt mehr in sich. Es ist kein Traum. Es ist Realität. Also wäre ein bisschen Intelligenz doch sehr hilfreich. Nur ein bisschen. Warum ist mein Schwanz nur so blöd? Warum hat sie eigentlich dieses komische Freiheitsstatuenkostüm an? Ich weiss es nicht. Aber es gibt etwas, dass ich nun mit Sicherheit weiss. Ich habe jetzt wahnsinnig bock auf einen Käsekuchen! Ich will einen von diesen New York Cheesecakes. Ich will ihn jetzt in dieser späten Nacht… jetzt und sobald wie möglich. Hoffentlich schon in den nächsten Minuten. Alles scheint nun klar. Ich habe keine Fragen mehr. Ich will einfach nur ein Stück New York Cheesecake. Ich flippe aus.

“Erin, ich würde alles für einen Dreier geben! Aber ich flehe dich an - können wir zuvor einen Käsekuchen essen gehen? Einen von diesen New York Cheesecakes.”

“Wusste ich doch, dass du ein jämmerliches Schwein bist!”, sagt sie in gelassenem Ton und verschwindet durch meine Tür.

KAPITEL 2: DIE SITUATION UND DIE LÖSUNG

Sollte es Ausserirdische geben, die soeben mit einem Fernglas auf die Weltkugel sehen, dann werden diese sich gerade wundern, warum ich Erin wohl nichts von meiner Tuete abgegeben habe. Und nicht nur die Ausserirdischen wundern sich jetzt gerade. Ich wundere mich auch. Das darf doch nicht wahr sein! Erin war doch bestimmt angepisst, weil ich ihr nichts abgegeben habe. Sie ist nun weg und ich habe niemanden, mit dem ich jetzt so spaet in der Nacht Käsekuchen essen gehen kann. In solchen Momenten frage ich mich oft warum ich eigentlich nicht einfach so etwas wie Versicherungskaufmann in Deutschland geworden bin und mein Leben vielleicht als Ehemann und Vater geniessen könnte? Genau jetzt würde ich wahrscheinlich gerade in meinem Ferienhaus am Gardasee sitzen, meiner Frau den Rücken massieren und meinem Erstgeborenen versuchen zu erklären, dass er nicht immer nur mit seinem Schwanz denken darf. Danach würde ich in meinem Vorgarten die Rosen giessen und den Rasen mähen. Zum Abendessen gibt es dann eine selbstgemachte Pizza, welche mit etwas Fantasie wie ein lachendes Gesicht aussieht. Am nächsten Tag geht es dann wieder zurück Richtung Heimat. Ich fahre auf der Brenner Autobahn und freu mich darüber, dass mein neues Auto ein Navigationssystem hat, welches mir verrät, dass es heute keinen Stau geben wird. Wenn ich zu Hause ankomme, werde ich meiner Oma danken, dass sie so lieb auf unseren Hund aufgepasst hat. Als Dankeschön bekommt sie dann einen Strauss Blumen aus Italien. Wenn ich den Fernseher anschalte, kommt gerade eine neue Folge von Tatort. Ich lehne mich zurück und freu mich, dass wir alle gut angekommen sind. Genau das wäre jetzt mein 24 Stundenablauf. Aber es ist nicht mein 24 Stundenablauf. Selbst wenn ich es versuchen würde diesen Ablauf zu erleben, müsste ich sofort mein Gepäck packen und währenddessen einen Job als Versicherungskaufmann in Deutschland klar machen. Im Anschluss müsste ich zum Flughafen fahren und auf dem Weg dorthin ein Mädchen oder eine Frau finden um wahre Herzensliebe auszutauschen. Beim Einchecken müsste ich heiraten und beim Abfliegen müsste ich es schaffen ein Kind zu zeugen. Bei Ankunft muss dann bereits auch schon entbunden werden und auf dem Weg vom Flughafen zum Gardasee müsste ich noch das Ferienhaus kaufen und mir den Rasenmäher dort hinliefern lassen. Sofort nach dem Pizzaessen müsste ich dann auch schon in ein Raketenauto einsteigen, so dass ich meiner Oma die Blumen bringen kann und Tatort nicht verpasse. 24 Stunden. Es scheint machbar zu sein. Allerdings habe ich keinen bock nach so einem verdammt langen Flug rasen zu mähen. Also finde ich mich am besten mit meiner jetzigen Situation ab.

Ich lebe in einer kleinen Wohnung im Stadtteil Venice. Ich habe auf einer Uni in New Orleans gelernt Filme zu machen. Film in USA zu studieren war eine Idee, welche mir während einem Glas Absinth und einer Tuete in Prag in den Kopf gestossen ist. Hier in LA findet nun das reelle Leben statt, in welchem man sich beweisen muss. Es ist verdammt schwer einen guten Film zu machen, aber das ist eine andere Geschichte. Türsteher und Barkeeper zwischen Ocean Front Walk und Lincoln Blvd begrüssen mich mit meinem Vornamen und mit Handschlag. Es ist Wochenende und ich kann das Meer wieder hören. Ich habe heute Nacht um 3 Uhr und 3 Minuten einen neuen Traum entdeckt und er muss unbedingt sofort verwirklicht werden. Ich will jetzt einen Käsekuchen essen gehen. Das ist die Realität, vor der ich mich jetzt nicht verstecken kann. Was richtig, falsch, moralisch gut oder böse ist, darüber mache ich mir morgen wieder Gedanken. Jetzt gibt es nur eines: Ich will richtig am Leben sein! Ich will mir ein Stück Käsekuchen mit einem Mädchen oder einer Frau teilen.

Es ist noch nicht zu spät. Man kann noch viel bewegen. Auch wenn es nach 3 Uhr ist. Die Mädchen und Frauen, die jetzt noch wach sind haben höchstwahrscheinlich auch bock auf Käsekuchen. Man liesst keine Bücher um solch eine Tageszeit. Man sieht auch nicht fern. Man will einfach nur richtig am Leben sein. An der Ecke Washington und Lincoln ist heute wieder eine After Hour Party in einer Lagerhalle. Die geht mindestens bis 7 Uhr.

“Kannst du mich bitte zur Ecke Washington und Lincoln bringen?”

“Ich fahre schon seit 14 Stunden heute. Aber kein Problem, ich bring dich dort in weniger wie 10 Minuten hin” , sagt der Taxifahrer mit russischem Akzent zu mir.

Ich bin überrascht, dass er die Kreuzung kennt ohne mich nach dem Weg fragen zu müssen. Taxifahrer in LA kennen normalerweise nie den Weg. Es sei denn man fährt zum Flughafen. Jeder kennt den Weg zum Flughafen. Wahrscheinlich kennt ihn jeder, da es wichtig scheint zu wissen, wie man am schnellsten von LA wieder abhauen kann. Die meisten Leute die man hier kennenlernt kommen nicht ursprünglich aus LA. Sie kommen aus der ganzen Welt und aus dem Rest der USA. Sie kommen hier her um ihren Träumen eine Chance zu geben und um unter der Sonne zu leben. Manche ziehen auch aus Liebe zu anderen hier her. Somit vereinen sich oft Familie und Freunde in LA, um nicht voneinander getrennt leben zu müssen. Die Träumer bilden die verletzlichste Gruppe, welche zum grössten Teil aus Möchtegern Schauspielern und Filmschaffenden besteht. Leute hassen es, wenn ihr Traum wie eine Seifenblase zerplatzt. LA ist eine Seifenblase in sich selbst. Für manche zerplatzt sie nie. Für andere zerplatzt sie gleich nach Ankunft. In meinem Fall scheint sich die Seifenblase vor mir zu ängstigen. Ich glaube sie hat Angst, dass ich ihr Rauch reinblase oder ähnlichen Unfug mit ihr treibe. Das glaube ich zumindest. Jedoch respektiere und achte ich sie und bin ihr daher wahrscheinlich unterlegen. Aber sie weiss das nicht.

Wenn man mit Opfern der Seifenblase in Kontakt treten will muss man nur zu Denny’s zum Frühstücken gehen. Wenn der Kaffee eingeschenkt wird spürt man sie. Wenn die Bestellung aufgenommen wird spürt man sie. Wenn die Scrambled Eggs mit Bacon und Hash Browns gebracht werden spürt man sie. Man spürt sie auch wenn man sich einen Porno aus dem San Fernando Valley ansieht oder wenn man das Geräusch einer zu Boden fallenden Münze wahrnimmt. Mein Taxifahrer wiederum scheint in keine meiner zuvor genannten Gruppen zu passen. Das fühle ich. Er ist anders wie wir anderen. Wahrscheinlich kam er einfach nach L.A., weil er ein grosser Fan von amerikanischen Action Filmen ist und am Set des Geschehens leben will. Wahrscheinlich wartet er nur auf den grossen Filmmoment, in dem ein Fahrgast ihn bitten wird einem anderen Wagen zu folgen. Ich überlege mir gerade ob ich ihm diesen Moment als Geschenk machen sollte und ihn jetzt einfach frage, ob er dem Wagen an der roten Ampel vor uns folgen kann. Jedoch waere das eine bloede Idee.

“Kannst du bitte dem Wagen vor uns folgen?” frage ich ihn.

“Dem wagen vor uns? Dem schwarzen Honda? Ich bin an ihm dran!”, sagt er erfreut.

Wusste ich es doch. Manchmal muss man Leuten etwas von ihnen selbst geben. Es ist schön wenn sich Menschen freuen.

“Kann ich hier hinten eine Tüte rauchen?” frage ich ihn.

“Wenn du mich mitrauchen lässt ist das kein Problem”, sagt er in seinem Akzent und lächelt dabei.

“Cool!”

Geil ist wer geiles tut. Ich liebe es nachts mit einem Taxi durch LA zu fahren. Der Verkehr ist endlich weg und man kann über sein Leben nachdenken während man etwas auf der Lederrücksitzbank hinunterrutscht und sein Knie gegen das kugelsichere Glas zwischen Fahrer und Fahrgast presst. Ich lege meinen Kopf in die Lehne und strecke meinen Arm aus um dem Taxifahrer etwas abzugeben. New York Cheesecake!

“Wir haben angehalten!”, höre ich plötzlich.

Ich hasse es in Taxis einzuschlafen. Immer wieder dieses Aufwachen und nicht kapieren wo man ist, nur um dann festzustellen, dass man in einem Taxi sitzt und dem Taxifahrer die letzten Fahrinstruktionen geben muss. Aber er wusste ja genau wohin ich will. Ich bin auf dem Parkplatz von Denny’s. Ich bin da. Ich zahle jetzt den Typen mit den roten Augen aus und sage ihm, dass er sich mal wieder auspennen soll. Beim Abfahren gibt er mir noch ein gelassenes “thumbs up” Handzeichen und schon verklingt das amüsante Geräusch des klassisch amerikanischen Autos mit dem Vollidioten der dort vorne an der Ecke sich selbst anschreit.

“Hast du zufälligerweise Gras?” werde ich von irgendwoher gefragt.

Direkt neben mir sitzen zwei freundlich aussehende Typen in einem schwarzen Auto und hören sich chill-out Musik an. Ich fuehle mich nüchtern. Der russische Taxifahrer hat meine Tüte alleine geraucht. Aber egal. Ich habe noch 2 weitere.

“Ich habe nichts zu verkaufen, aber ihr könnt bei mir mitrauchen wenn ihr wollt.”

“Cool mann. Setz’ dich hinten rein. Schmeiss das Zeug am Boden einfach auf die andere Seite”, sagt der dickliche Typ auf dem Beifahrersitz.

“Ich heisse Dre.”

“Pete.”

“Hey, ich bin Jason. Wie geht’s man?”, fragt mich der Fahrer mit den langen schwarzen Haaren.

In USA ist es äusserst cool auf die frage wie es einem geht keine Antwort zu geben. Es wird auch keine Antwort erwartet.

“Jetzt wo wir das formelle hinter uns haben können wir ja gemütlich eine Tüte rauchen”, sage ich um das Eis zu brechen.

Jason und Pete lachen. Das ist ein guter Anfang, um sich für die Party aufzupowern. Ich finde es oftmals interessant mit irgendwelchen relaxten Typen etwas zu rauchen.

“Wart ihr schon auf der Party oder geht ihr noch hin?”

“Was für eine Party”, fragt Pete.

“Die Party in der Lagerhalle gleich hier hinter Denny’s”, erwidere ich.

“Es gibt keine Lagerhalle hinter Denny’s. Hinter Denny’s kommt Dominos Pizza”, sagt Jason und reicht mir die Tüte zurück.

Ich sehe mich um und fange an zu verstehen, dass ich ungefähr genauso weit weg von der Party bin, wie als ich in das Taxi eingestiegen bin. Wie kann man nur nicht wissen, wo sich Lincoln und Washington kreuzen? Wieso muss es so viele Denny’s geben? Warum sitze ich eigentlich gerade mit irgendwelchen Typen in einem Auto und habe eine Tüte in der Hand?

KAPITEL 3: ES WIRD ZEIT

“Mein Taxi hat mich an einer völlig falschen Ecke rausgelassen. Habt ihr bock zu der Underground Party in Venice zu fahren? Die ist in einer Lagerhalle wo sich Washington mit Lincoln kreuzen... gleich hinter dem Denny's, der dort ist”, sage ich mit Hoffnung in meiner Stimme.

“Ne ne Alter! Wir wollen hier bei diesem Denny’s was essen”, meint Pete.

Ich ziehe besser noch ein paar mal an der Tüte. Vielleicht kann ich dadurch die Zeit zurückdrehen. Eine Stunde wäre nicht schlecht. Nur eine Stunde. Was wäre wenn ich die Möglichkeit hätte die Zeit weiter zurückzudrehen? Vielleicht sogar um Jahre. Unter welchen Umständen in der Vergangenheit wäre ich wohl auf einen Weg gestossen, der mich nicht nach USA gebracht hätte? Diese frage stelle ich mir häufig. Die Antwort darauf zu finden scheint schwieriger als das Stellen der Frage. Hat mich meine Existenz hier verändert? Wer war der Mensch, der sich in USA zu leben und Filme zu machen zu seinem Lebensziel machte?

Auch damals bewegte ich mich bereits auf fremden Boden. Die vielen Trips nach Prag und Griechenland. Die Menschen die ich dort kennenlernte. Es gab dort immer so viel zu erleben. Man sprach Englisch. Mädchen fühlten sich wie ein aufmunterndes Gedicht an, dass man aber nur nach einer langen Nacht und nur unmittelbar nach dem Aufwachen in einem unbequemen Bett lesen konnte. Diese neuen und oftmals unbekannten Worte von einem Mund gesprochen, welchen man bedingungslos küssen musste. Dieses interessante an einer fremden Sprache, dass mich zum Denken anregte. In diesen Momenten sorgte die englische Sprache für den Freiraum den ich brauchte, um mich erweitern zu können. In jenem Freiraum konnte man Worte flüstern, die Geburt zu Lust und Leidenschaft gaben. Jener Freiraum sorgte für Momente, in denen alles möglich schien. In diesen Momenten wurde mein Glaube an die wahre Liebe geboren. In diesen Momenten schien immer die Sonne. Somit ist es vielleicht das Sonnenlicht und die Suche nach der wahren Liebe verhüllt in englischer Sprache was mich wirklich hier her brachte. Aber ich bin doch Filmemacher. Alle Filmemacher ziehen früher oder später nach Los Angeles. Wann starb der Romantiker in mir? Gab es nun jemals einen anderen Weg, den ich hätte gehen können? Warum hatte Erin eigentlich ein Freiheitsstatuenkostüm an? Fragen verursachen immer nur mehr Fragen. Mit einer weiblichen Person einen Käsekuchen zu essen muss wohl die Antwort auf alle Fragen sein. Was denn auch sonst? Das Lesen der Telefonrechnung? Das Durchziehen meiner Kreditkarte in dem Supermarkt mit der warmen Theke? Das Winken zu einem alten Mann welcher die Strasse kreuzen möchte? Nein. Nur ein Käsekuchen kann die Frage aller Fragen beantworten. Da bin ich mir jetzt ganz sicher. Ich will meine Antwort. Ich will meine Existenz verstehen.

“Ich gehe mit euch mit zu Denny’s. Danach lass uns zu der Party fahren, ok?”, frage ich während ich meine Armbanduhr um eine Stunde zurückstelle.

Jason und Pete sagen nichts. Sie hören nur noch die Musik. Ich höre nur noch das furchtbare Geschrei der Voegel in dem Baum neben uns. Jason lässt die Tüte in seiner Hand herunterbrennen. Das ist kein gutes Zeichen. Das bedeutet, dass er jetzt ziemlich verwirrt sein muss. Pete starrt das Armaturenbrett an, als ob er noch nie ein Armaturenbrett gesehen hat. Ich kenne das. Er denkt sich wahrscheinlich gerade wie verrückt so ein Armaturenbrett ist. Die vielen Details. Es gibt Ritzen für Luft, Sensoren und Lautsprecher. Ein Radio ist eingebaut mit vielen leuchtenden Knöpfen. Überall auf dem Armaturenbrett sind Knöpfe. Die leuchten in allen Farben. Der Tachometer hat sogar bewegliche Teilchen, die mit dem Fahrwerk verbunden sind. Ein Motor verbrennt Treibstoff. Der Motor treibt das Getriebe an. Die Räder drehen sich und man kann seine Geschwindigkeit auf dem Tachometer anhand einer kleinen Nadel feststellen. Wir fahren gerade nicht. Verrückt. Wie gibt es das eigentlich, dass ein Mensch völlig ohne technischen Motor laufen kann? Was sind Menschen eigentlich für abgefahrene Dinge?

Das sind die Sachen, über die sich Pete jetzt gerade Gedanken macht. Aber das hilft mir jetzt gerade gar nichts. Null.

“Alter das Zeug haut ganz schön rein!”, sagt Pete und dreht sich dabei mit Anstrengung zu mir um.

Pete sieht mich an und wartet auf eine Antwort, ein Kommentar, ein Lächeln… irgendetwas einfach. Ich sehe Pete an und überlege mir mit einer Reaktion noch zu warten. Solange ich nichts sage wird Pete mich weiterhin fragend ansehen. Das merke ich. Das weiss ich jetzt einfach. Ich wundere mich wie lange er sich wohl so unbequem zu mir nach hinten umgedreht halten kann bevor er aufhört auf eine Reaktion zu warten. Eine halbe Minute ist bestimmt schon vergangen. Aber Pete steht wie eine Eiche im Wind. Er hat es sich wohl zur Aufgabe des Tages gemacht auf eine Reaktion von mir zu warten. Warten hat aber mit Zeit zu tun und die Zeit ist etwas sehr wichtiges heute Nacht. Ich hasse Zeitdruck. Zeitdruck führt zu frühzeitigem Tod. Pete hat keinen Zeitdruck. Pete hat gerade alle Zeit der Welt. Er ist entschlossen zu warten bis ich reagiere.

Eine Minute ist jetzt schon vergangen. Um mir selbst zu beweisen, dass ich ein Mensch unabhängig von Zeitdruck bin, habe ich soeben beschlossen den Moment unbeeinflusst zu lassen. Pete kann mich die nächsten 24 Stunden noch wartend ansehen. Ich werde nichts sagen. Ich werde auch nicht nicken oder lächeln. Das bin ich mir schuldig. Ich will nicht frühzeitig sterben. Länger zu leben ist mir wichtiger wie einen Käsekuchen zu essen. Aber heute Nacht einen Käsekuchen mit einem Mädchen zu essen wird doch die Frage aller Fragen meiner Existenz beantworten. Sollte ich mit Fragen leben müssen wird das wahrscheinlich auch mein Leben verkürzen. Oh man ist das alles kompliziert.

“Alter bin ich weg!”, sagt Jason.

Ich habe nicht damit gerechnet, dass Jason den Moment unterbrechen wird, aber er hat es soeben getan. Pete dreht sich nun zu Jason und sieht ihn an. Pete weiss, dass er auf etwas wartet. Er weiss nur nicht mehr auf was.

“Lass uns jetzt essen”, sagt Jason.

Der gang zur Türe von Denny’s ist erschwerlich. Pete bleibt immer wieder stehen und wartet auf irgendetwas. Wir wiederum warten auf Pete.

Die Tischzuweiserin von Denny’s scheint mir eine nette Person zu sein. Sie bietet uns an uns hinzusetzen wo wir wollen. Vielleicht sollte ich immer so spät in ein Restaurant gehen. Wir dürfen uns hinsetzen wo wir wollen. Was für ein grossartiger Moment der puren Freiheit! Freiheit wird in USA gelobt und gefeiert. Amerikaner scheinen Freiheit mehr wie jedes andere Volk zu zelebrieren, da sie im Regelfall fest davon überzeugt sind das einzig freie Land auf der Welt zu sein. Ich sehe das anders, aber es ist nicht meine Aufgabe 300 Millionen Menschen beizubringen, dass sie eigentlich totale Sklaven ihres eigenen Systems sind und es tatsächlich ein paar Orte auf dieser Welt gibt, wo Leute wirklich Frei sind. Ich komme ursprünglich aus Schongau in Oberbayern. Falls Bayern laut allgemeiner deutschen Meinung tatsächlich konservative Leute sein sollten und ich jenen Grad des konservativ Seins mit dem konservativen USA vergleiche, dann muss ich davon ausgehen, dass im gesamten verbleibenden Deutschland absoluter Anarchiezustand herrschen muss. Aber mich interessiert Politik nicht wirklich. Mich interessiert nur das Filmemachen und Menschen mit geilen Ärschen und geilen Titten. Ich liebe diese Menschen. Sie sehen einfach gut aus und haben immer interessante Geschichten auf Lager. Vielleicht sollte ich einen Film über sie machen.

“Hallo. Mein Name ist Marge und ich bin eure Bedienung”, sagt das hübsche junge Mädchen mit der Schürze und dem Namensschild.

Ich verstehe es nicht. Eine Marge kann nicht so gut aussehen. Eine typische Marge ist normalerweise mindestens 45 Jahre alt. Sie muss das Namensschild von einer Kollegin gestohlen haben um ihren Schauspielernamen darunter zu verbergen. Ich liebe Marge.

“Ich hätte gern das Holzfällerfrühstück”, sagt Pete und gibt ihr die Speisekarte zurück.

“Willst du das mit Würstchen oder mit Kochschinken?” fragt Marge.

“Kochschinken”, sagt Pete.

“Und möchtest du das mit Toast oder einem Bagel?” fragt Marge.

“Toast”, sagt Pete.

“Weiss oder Vollkorn?” fragt Marge.

“Weiss”, sagt Pete.

“Danke”, sagt Marge und sieht Jason an.

“Ich hätte bitte gern das Holzfällerfrühstück”, sagt Jason und gibt ihr die Speisekarte zurück.

“Willst du das mit Würstchen oder mit Kochschinken?” fragt Marge.

“Kochschinken”, sagt Jason.

“Toast oder Bagel?” fragt Marge.

“Toast”, sagt Jason.

“Weiss oder Vollkorn?” fragt Marge.

“Weiss”, sagt Jason.

“Danke”, sagt Marge und sieht mich an.

“Habt ihr New York Cheesecake?”, frage ich und gebe ihr die Speisekarte zurück.

“Aber natürlich!” erwidert sie.

“Das ist gut. Ich werde später einen essen. Ich muss erst noch ein Mädchen oder eine Frau finden.” erkläre ich ihr.

Marge dreht sich um und geht. Ich bin nicht der einzige, der gerade auf ihren Arsch starrt. Auch die zwei Alten neben unserem Tisch, die entweder gerade von einer extra langen Nacht Bingospielen oder Bowling gekommen sind, tun das. Und der Typ dort vorne am Eingang natürlich auch. So auch Pete und Jason. Der Einzige der es nicht tut ist der Glatzkopf neben der Jukebox, der über seiner Zeitung eingeschlafen ist. Ausser ihm sind nun alle Anwesenden ein Teil des unausgesprochenen Phänomens geworden, das in wahrscheinlich jeder Gesellschaft und in jedem Land existiert. Das Phänomen des gedanklichen Erlegens der Beute in Form hübscher Mädchen vereint Männer weltweit. Das weiss ich jetzt einfach. Wir starren die Beute an und vergraben unsere immerzu geplagten Gedanken in einer Welt der grenzenlosen Vorstellungskräfte. Es gibt hierbei keinen Platz für Liebe und Romantik. In dieser Welt wird genommen. Die Kleidungsstücke verschwinden plötzlich und Titten finden ihren Weg ans Licht. Die Grösse der Brustwarzen, die Form, die Farbe und das Verhalten des Gesamttittenwerkes bei Bewegungen wird in nur einer Sekunde auf den scheinhaft gekleideten Menschen projiziert. Bevor das Objekt den nächsten Atemzug machen kann, wird es von hinten, von vorne und von der Seite genommen. Ich, die zwei Alten, der Typ dort vorne am Eingang, Pete und Jason – wir alle freün uns gerade darüber, dass Marge eng ist, dass sie gerne bläst, und dass man auf ihre Titten abspritzen darf.

Sobald das männliche Auge das Objekt entlassen muss, hat man auch schon vergessen was passiert ist. All das ist jedoch ein Geheimnis des Bundes der Männer dieser Welt. Man sollte deswegen wahrscheinlich auch nicht so viel darüber nachdenken und einfach die Schönheit dieser Völkergemeinsamkeit geniessen, auch wenn diese Wahrheit vielleicht nicht wirklich auf alle Männer zutreffen sollte.

“Warum willst du eigentlich so spät noch auf eine Party gehen?” fragt Jason.

“Weil ich ein Mädchen oder eine Frau finden muss, die mit mir einen New York Cheesecake teilen will.”

“Einen New York Cheesecake?! Woa wie krass!” sagt Jason.

“Woa wie krass!”, sagt Pete.

“Woa wie krass!”, sagt Jason.

“Woa wie krass!” sagt Jason schon wieder.

“Einen New York Cheesecake! Woa wie krass!” sagt Jason. Diesesmal jedoch mit einem Ton in seiner Stimme, welcher sich ähnlich zu freün scheint wie das längst vergessene Lächeln, dass er wohl gehabt haben musste in dem Moment in dem er merkte, dass er nur ein Bruchteil einer Sekunde davon entfernt ist zum ersten Mal Sex zu haben.

“Woa wie krass! Einen New York Cheesecake!”, sagt Jason wieder.

”Was bist du eigentlich für ein durchgeknallter Typ?”, fragt Pete.

“Ich habe einfach bock mir 'nen Käsekuchen mit 'nem Chick reinzuziehen... was ist daran so durchgeknallt?”

Ich glaube wirklich nicht, dass ich verrueckt bin. Es ist doch nicht crazy etwas zu wollen, was viele andere auch haben wollen. Vor allem wenn es einem helfen wird, seine Existenz zu verstehen. Es gibt sehr viele Menschen in LA, die im Vergleich zu mir tatsächlich nuts sind. Wenn ich in der Zeitung über die Typen lese, die von ihrem Vermieter rausgeworfen wurden, weil sie Scheisse an den Wänden ihrer eigenen Wohnung verschmiert haben, dann weiss ich was verrueckt ist. Oder wenn ich von den Typen lese, die sich an ihrem Schwanz von der Decke hängen, dann weiss ich was verrueckt ist. Ich glaube etwas vom Leben und von der Realität zu verstehen. Sollte die Realität verrueckt sein, dann kann es gut sein, dass ich es doch auch bin. Es ist die Schweigsamkeit in der Ruhe des Seins, die den Menschen oft das Selbstsein verbietet. All diese gesellschaftlichen Regeln verwirren Leute doch nur. Los Angeles scheint ein Magnet für die Verwirrtesten aller Verwirrten zu sein. Gesichter sehen oft zu Boden oder in das Döschen mit den hirnlähmenden Pillen. Dabei ist das Leben doch gar nicht so kompliziert, um sich so verwirren zu lassen. Wenn alle Leute von LA heute Nacht ein Stück New York Cheesecake hätten, Männer sowie Frauen, dann würde bei Sonnenaufgang niemand mehr verwirrt sein. Da bin ich mir sicher. Wahrscheinlich würden die Meisten endlich den Mut haben anderen ihre tatsächlichen Meinungen und Standpunkte zu erklären. Nach der Bereinigung des Selbstseins würden sich dann alle in den Strassen von LA treffen. Leute würden sich untereinander freundlich ansehen und mit friedlichen Handzeichen grüssen. Die Menschen von Los Angeles wären nun ein funktioneller Bestandteil der Erdgeschichte und ein erster Schritt in Richtung Weltfrieden wäre getan. Vielleicht übertreibe ich gerade ein bisschen. Jason hatte recht. Das Gras ist wirklich krass.

KAPITEL 4: KOCHSCHINKEN, SWINGEN UND NUTTEN

Pete und Jason kauen auf ihrem Kochschinken herum. Wie gerne wäre ich jetzt in München in einem Swingerclub. Da gab es auch immer guten Kochschinken. Ausserdem gab es Dampfbäder, Saunen und Thermalbäder. Mann konnte sich mit erregtem Teil in die Sauna setzen und wurde dafür mit Hochachtung begrüsst. Im Dampfbad glitten Hände oft ab und massierten die funktionellen Stellen des Körpers anderer Gesundheitsbewussten. Um punkt 6 Uhr wurde ein Gourmetbuffet eröffnet. Danach ging es zum amüsanten Teil des Abendprogramms über. Während sich eine Vielzahl der Gäste noch über den tropischen Cremepudding freute, war ich schon längst zurück auf dem Weg in den 1. Stock. Diesesmal ging es vorbei an den Saunen und Dampfbädern. “Schatz tu ich dir weh?” fragte der Typ neben mir, der im selben Moment die Faust in seine Freundin steckte. Und weiter ging es vorbei an den Gittern und Kreuzen zu dem Raum, der mir immer unvergesslich bleiben wird: Das Matratzenlager. Dort waren alle diejenigen, denen der tropische Cremepudding völlig egal war. Dort waren alle diejenigen, die sich an ein Leben klammerten, welches für die meisten von uns nur als wage Vorstellung vom Paradies existiert. Menschen jedes Geschlechtes ineinander verdreht und verschlungen von der Lust. Die Luft war feucht. Es wurde geschriehen und man wusste genau, dass man nicht im Zahnarztwartezimmer sitzt. Es war das Geschrei der Lebendigen, die sich untertags wohl unter uns Toten unscheinbar bewegen. Dort auf dem Boden lagen die Mädchen die mir gerade zuvor noch einen Bankauszug ausstellten oder ein Eis verkauften. Dort unten lagen alle die, die ich später mal sein wollte. Und hier oben stand ich und schaute hinab auf meine Vorbilder der Zukunft. Hätte ich mir das ganze von unten angesehen wäre ich jetzt vielleicht in einer besseren Position und wüsste die Antwort auf die Frage meiner Existenz. Man darf auf seine Vorbilder einfach nicht hinabsehen. Man muss zu ihnen hochsehen. Das war schon immer so. Und hier sitze ich nun und lasse mir von einem Stück Kochschinken sagen, was ich hätte tun können um meine Existenz zu erleuchten. Ob es wohl auch tropischen Cremepudding auf der Speisekarte von Denny's gibt? Wie schmeckt tropischer Cremepudding eigentlich? Gibt es den vielleicht nur im Swingerclub? Warum gibt es eigentlich keine öffentlichen Swingerclubs in USA? Warum will ich plötzlich alles Verstehen und Wissen?

Jason fährt auf dem Lincoln Boulevard in Richtung Washington Boulevard. Die Telefonmasten ziehen an uns vorbei und es gibt kaum ein anderes Auto auf der Strasse. In wenigen Minuten beginnt der Paarungstanz. Hoffentlich ist auf der Party noch etwas los. Blaue Mülltonnen, grüne Mülltonnen und schwarze Mülltonen zieren den Weg. Bushaltestellen und 99 Cent Läden haben so etwas freundliches an sich. Der Ton der Reifen auf dem Asphalt vereint sich mit meinem Blutstrom und verschafft mir innere Ruhe. Mit geschlossenen Augen sehe ich jetzt am besten und das Fuehlen ist nun wichtiger wie das Denken. Die Stille der Nacht erlaubt es sich zu entspannen ohne in einem Bett liegen zu müssen. Es ist wie in den engen Gassen von Prag. Dort vereint man sich mit dem Geräusch seiner eigenen Schritte, welches von den Phasaden alter Gebaüde wiedergegeben wird. Das Knarzen der Schuhsolen zeichnet die scharfen Kanten der Romantik in jener Stadt der Wiedergeburt des Träumens und der Versuchung. Der einzige Mensch auf der Welt bin nun ich. Die Gesichter, die heute an mir vorbeiwehten sind alle erloschen und existieren jetzt nur noch als Schatten. Die Luft lässt sich endlich Atmen. Sie riecht so gut. Sie riecht gerade wie das Bremswerk der roten Strassenbahnen von Prag. Ich war dort immer so glücklich. Ich liebte in Prag. Alles war neu. Eine ganze Stadt die neu war. Jedes alte Gebäude, jeder Mensch und jede Bar war neu. Englisch war neu. Die roten Strassenbahnen brachten mich zu meiner mysteriösen Jugendliebe mit welcher ich bis zum Morgengraün durch die Gassen lief. Jede Nacht war ein erstes und vielleicht letztes Mal. Nie konnte ich diese Zeit vergessen. Und wie schön die englische Sprache um 5 Uhr morgens klang. Der Fluss und der Nebel hatten zugehört und bedankten sich dafür noch Jahre später. Es war die Zeit des Vollkommenseins.

"Aussteigen! Wir sind da!" höre ich plötzlich. Ich befinde mich wieder auf der Rücksitzbank des schwarzen Autos. Ich kann den LAX Flughafentower in der Ferne erkennen. Warum bin ich schon wieder an einer völlig falschen Ecke dieser Stadt?

"Alter du bist weggepennt... Du hast dich wie ein alter Teppich in meiner Karre breit gemacht." erklaert mir Jason.

Ein alter Teppich... da ist was dran.

"Magst du was von dem Liquor Store hier bevor wir zu den Nutten im Hotel gegenüber latschen?" fragt Pete mich.

"Was fuer Nutten? Was geht hier eigentlich ab?"

"Du hattest doch auch voll bock?! Wir haben es dir geanau erklaert wie das hier laeuft. Du hast das Gras, Pete und ich kennen zwei coole Nutten die fuer 'nen guten Joint ab und zu sich zu 'nem Blowjob überreden lassen. Alle gewinnen. So einfach ist das Leben. Jetzt sag bloss nicht dass du kein Bock mehr hast!" sagt Jason mit einem zielstrebigen Klang.

Ob es in dem Liquor Store wohl Käsekuchen gibt? Einen New York Cheesecake? Warum hatte Erin eigentlich dieses Freiheitsstatuenkostüm an? So viele Fragen... aber so ist das eben, wenn man in LA lebt.

 
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Moikka,

Dein Text klingt ganz einfach wie ein blog, und ab der Hälfte habe ich nur noch überflogen ... hmhm Tüte, Taxi, Nutte, Tüte, Denny's ... das ist alles sterbenslangweilig. Würde nichtmal als Drehbuch hinhauen.

Du hast eine ganze Menge Fehler drin, die nichts mit Deiner US-Tastatur zu tun haben, v.a. Groß-/Kleinschreibung und Kommata.

Ich finde es sehr schade, daß Du von dieser wirklich ungewöhnlichen Stadt überhaupt keine Bilder einfangen konntest, sondern lediglich den Dauermonolog einer Figur bringst, die bei allem vollkommen verständnislos außen vor steht.

Es ist noch nicht zu spät. Man kann noch viel bewegen. Auch wenn es nach 3 Uhr ist. Die Mädchen und Frauen, die jetzt noch wach sind haben höchstwahrscheinlich auch bock auf Käsekuchen. Man liesst keine Bücher um solch eine Tageszeit. Man sieht auch nicht fern. Man will einfach nur richtig am Leben sein. An der Ecke Washington und Lincoln ist heute wieder eine After Hour Party in einer Lagerhalle. Die geht mindestens bis 7 Uhr.
Hilfe! Cut! Dies ist nur ein kleines Beispiel für den gesamten Text - er transportiert keine Bilder, keine Geschichte, keinen interessanten oder auch nur schrägen Protagonisten, es ist lediglich stream of counciousness, der mehr tatsächliches Nachdenken und Stil hätte vertragen können.


Es macht mir auch Spass nach der zweiten Flasche Wein eine Hode über der Gürtellinie zu tragen.
:confused: Das will ich sehen! Oder zumindest die Weinmarke wissen ...

Sollte “Teen” für Mädchen stehen und “Mature” für Frauen, dann ist es offensichtlich, dass es viel weniger Frauen auf der Welt gibt wie Mädchen.
Hier hat natürlich gefehlt, daß fast alle dieser teens jenseits der Dreißiger sind, tststs :D


Radikal gekürzt würde der Text sicher schonmal besser rüberkommen, ein bißchen Struktur könnte auch nicht schaden.

Heippa hei,
Katla

P.S. Und auch nach einer Weile in den USA sollte man daran denken, wie Groß-/Kleinschreibung in Titeln funktioniert.

 

Hi Katla,

Danke fuer die ausfuehrliche Kritik von "Wenn man in LA lebt"! Ich wollte diese Geschichte zu einem vollen Buch ausweitern, aber diese Zeit kann ich mir jetzt wohl sparen. Es war wohl ein etwas wager Versuch als "Nichtleser" einen Roman zu schreiben :)

 
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Hallo,

auch von mir gibts ne Standpauke, trotzdem würde ich die Idee nicht aufgeben. Das ist genau mein Geschmack, wenn auch äußerst schlecht umgesetzt. Orthografie ist mir wurst, das ist noch vetretbar.
Dass du kaum liest sieht man deinem Text aber an.

Es klingelt an der Tür. Wer wird das wohl sein? Niemand klingelt hier so spät an der Tür. Ein Teil von mir will diese Türe nicht öffnen. Ein anderer Teil von mir ist aber neugierig. Neugier… das war schon immer ein grosser Feind von mir. Oder Freund? Wann weiss man so etwas schon genau. Egal. Ich mache diese verdammte Türe nun auf.

Grrrr, das wirkt wie ein künstliches Handlungskonsturkt. Wie von einem Computer ausgespuckt. Ich mache dies, ich mache das.... Du bracuhst nicht jedes Detail beschreiben. manchmal reicht es, das Ergebnis zu schildern. und lebendig
"Es klingelt an der Tür. Meine Haut kribbelt, meine Augen zucken. Ich zögere und dieses Zögern lähmt mich für kurze Zeit. Vor der Tür steht..."
Okay blödes Bsp, aba es geht zur Not

Ihr lächeln verstummt auf seltsame weise und ich verliere mich schon wieder in diesem mysteriösen Gesicht. Wir sehen uns an. Leute sehen sich irgendwann immer an. Sich ansehen finde ich manchmal scheisse. Sich ansehen bedeutet oft, dass man gleich etwas sagen muss. Warum konnten eigentlich nicht alle Leute, die ich jemals gekannt habe und jemals kennenlernen werde an ein und dem selben Tag sich um mich herum versammeln und mir zuhören, als ich meine Meinungen zu Ausdruck brachte

Zu viel Philosophie. Der Prot denkt zu viel, das nervt und macht den Text sämig. Nimm diese Gedanken raus. Gib deinem Prot eine Identität, in dem du ihn Handeln und sprechen lässt. Nicht, indem du Binsenweißheiten runterleierst....

Also drei Sachen:
1. Kürze den Text!
2. Vertausche den Monolog mit Handlung. Behaupte nicht, sondern zeige!
3. Lies Bret Easton Ellis! Der spornt dich an, eine wirklich gute Schreibe hinzubekommen
4. Ach ja, bau noch ein paar ellipsen ein, das macht die Sprache dynamische und die Sätze net so langweilig

Grüße,
Akachi

 

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