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Werte schaffen

Tom

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06.04.2005
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83

Werte schaffen

Klar, auch mein Geschäft könnte besser laufen. Trotzdem will ich nicht in dieses erbärmliche Gejammer einstimmen, das man tagein, tagaus zu hören bekommt.
Wenn die Zeiten schlecht sind, muss man sich eben mehr anstrengen. So sehe ich das – nicht zuletzt aufgrund meiner eigenen Erfahrungen.
Ich will jetzt hier nicht protzen, aber seit ich die Firma von meinem Vater geerbt habe, konnte ich den Gewinn beinahe verdoppeln. So eine Steigerung ist nur zu schaffen, wenn man die Ärmel hochkrempelt und richtig zulangt. Mit einem Acht-Stunden-Tag ist es dabei nicht getan – logisch, aber dennoch nicht jedem Mitarbeiter zu vermitteln. Zwei von fünf musste ich deshalb leider kündigen. Bei den beiden fehlte einfach der Wille.
Was kann ich denn noch machen, wenn der Wille fehlt? Soll ich vielleicht für ein irrsinniges Honorar einen Motivationsguru in die Firma holen, der dann blinde Kuh mit uns spielt und eine Kuschelecke einrichtet? Nein, danke!
Der Wille muss schon da sein. Wer den nicht mitbringt, darf von mir keine Hilfe erwarten. Das sage ich jetzt mal ganz hart - so wie es ist.
Ich denke, der fehlende Wille ist der Kern der Krise, in der unsere Gesellschaft steckt. Die breite Masse interessiert gar nicht, ob ihre Leistung stimmt, sondern nur, wieviel Geld sie bekommt. Der Tobias ist ein gutes Beispiel für diese Einstellung. Tobias, das ist der junge Mann, der nach seinem Studium der Betriebswirtschaft sechs Monate Praktikum bei mir gemacht hat.
Meine Buchhaltung hat er ordentlich aufgeräumt, muss ich schon zugeben. Also schlug ich ihm vor, dass wir nochmal ein halbes Jahr Praktikum dranhängen. Dafür bot ich ihm sogar vierhundert Euro pro Monat an. Für ein Praktikum! Das muss man sich mal vorstellen. Aber nein, er wollte nicht. Ganz wie er meint, habe ich mir da nur gedacht. Ich wünsche ihm jedenfalls viel Glück, und das wird er auch brauchen, so wie es derzeit auf dem Arbeitsmarkt aussieht.
Seit letzter Woche habe ich übrigens einen neuen Praktikanten, den Ulrich, und der ist jetzt schon fast genauso fix, wie es der Tobias war.
Der Ulrich ist ein echter Glücksgriff. Obwohl er dieses Jahr erst seine Ausbildung zum Kaufmann abgeschlossen hat, kennt er schon sämtliche Tricks. Er hat mir verraten, wie ich auf einen Schlag mehrere tausend Euro Steuern sparen kann. Jeden Monat und ganz legal! Ich konnte es erst gar nicht glauben.
Ich will an dieser Stelle anmerken, dass ich durchaus bereit bin, meinen Beitrag für die Allgemeinheit zu leisten. Man könnte nun überlegen, ob es nicht ausreicht, dass meine Firma drei Arbeitsplätze sichert und ein Praktikum ermöglicht. Das wäre ja mal eine Überlegung wert, oder? Aber gut, meinetwegen zahle ich darüber hinaus auch noch Steuern. Solange die in einem gewissen Rahmen bleiben, kann ich mich damit abfinden. Doch langsam frage ich mich doch, mit welchem Recht sich dieser Staat derart unverschämt an meinen Gewinnen bereichert. Sind die vielen Arbeitslosen denn meine Schuld? Oder die vielen Rentner? Oder die vielen Langzeitstudenten?
Anstatt eine Leistung anzuerkennen, wird sie mit unglaublichen Abgaben belastet. Kein Wunder, dass es bergab geht!
Was meine Firma macht?
In den Kneipen, Imbissbuden und Pizzerien im Umkreis von zwanzig Kilometern haben wir insgesamt fast dreihundert Spielautomaten in Betrieb. Da sind wir schon ganz schön unterwegs, um die alle regelmäßig zu leeren – natürlich manchmal auch am Wochenende. Freizeit ist eine feine Sache, aber die Arbeit geht nunmal vor.
Was anfällt wird erledigt. Wenn eine der Maschinen defekt ist, nehme ich den Schraubenzieher in die Hand, und wenn die unerträgliche Bürokratie dieses Landes weiteren Papierkram einfordert, den Kugelschreiber. Nur so kann man Werte schaffen.

 

Hallo Tom,

er kratzt schon sehr an einer Glosse, dein Text, aber irgendwie hast du ein Mindestmaß an Handlung drin. Er ist auch witzig geschrieben, genau in dem nötigen Maß an Übertreibung, die den notwendigen Abstand zu deinem Protagonisten herstellt. Andererseits sind die Sprüche, die man manchmal an abendlichen Stammtischen hört, glaube ich, noch schlimmer. Da hast du fast untertrieben.
Das ist bei aller Unterhaltsamkeit auch mein stärkstes Problem mit dem Text. Er bringt nichts. Nicht nur in deinem Prot entwickelt sich etwas Neues, auch in deinem Plot tut es das nicht. Er hebt sich höchstens sprachlich ein bisschen von ähnlichen Persiflagen auf das Stammtischniveau der Neureichen ab, inhaltlich kaum.

Wahrscheinlich hast du ihn deshalb in weiser Vorraussicht auch nicht in Satire gepostet. ;)

Lieben Gruß, sim

 

Hallo sim,

danke fürs Lesen und für die Kritik.
Ich gebe dir in allen Punkten Recht.
Der Text ist keine Satire und sollte auch nie eine werden. (Ich habe jetzt auch mal etwas gepostet, das ich für eine Satire halte...)

Dass der Text nichts wirklich Neues bringt, hatte ich befürchtet.
Mein größtest Problem mit Themen und Texten und überhaupt mit dem Schreiben ist, dass ich den Eindruck habe, alles ist bereits vorhanden. Jeder Gedanke ist bereits irgendwo aufgeschrieben. Selbst dieser hier gerade...
Das macht mich fertig. Was kann man da tun?

Viele Grüße
Tom

 

Was kann man da tun?

Zaza lesen ;)

Dass ansonsten aber jeder Plot schon irgendwo existiert, ist nichtmal so dramatisch. Die Umsetzung machts. Aber was die Umsetzung betrifft, hebt sich dein Text diesmal leider nicht von der Masse ab. Vielleicht wärs mit etwas mehr Geschichte und einen durchgehenden Plot besser geworden.

 

Hallo Tom,

dein Text ist gar nicht schlecht geschrieben. Die Selbstgerechtigkeit des Prot. ist treffend dargestellt. Dem Prot. fehlt aber, damit sich eine Geschichte entwickelt ein Widerpart, der ein Gegengewicht darstellt (oder noch schlimmer ist) damit ein moralischer Aspekt oder die Grenzen des beschriebenen Handelns aufgezeigt werden.
Es heißt zwar, dass es nichts Neues unter der Sonne gäbe, doch es gibt doch noch einiges abseits vom Mainstream.

Tschüß... Woltochinon

 

Hallo Woltochinon,


danke fürs Lesen und fürs Feedback.

Dem Prot. fehlt aber, damit sich eine Geschichte entwickelt ein Widerpart, der ein Gegengewicht darstellt (oder noch schlimmer ist) damit ein moralischer Aspekt oder die Grenzen des beschriebenen Handelns aufgezeigt werden.

Mit abstrakten Theorien habe ich es nicht so (obwohl sie durchaus stimmen mag).


Jedenfalls halte ich diese Geschichte (so es denn eine sein sollte) wirklich nicht für das Beste, was ich bislang geschrieben habe.
Es war mir nur ein inneres Bedürfnis, einen bestimmten Gedanken (dass nämlich Arbeit eben nicht immer dem Wert entspricht, der dafür bezahlt, oder der dabei verdient wird) auf den Punkt zu bringen. Klar, der Gedanke ist weiß Gott nicht neu.


Viele Grüße
Tom

 

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