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Wettstreit der Gefühle

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21.11.2017
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Wettstreit der Gefühle

Sie kam gerade aus der Metzgerei, als sie ihn sah. Ihn, der sie einst hatte schwanger sitzen lassen, weil sie angeblich seiner Karriere im Wege gestanden hatte. Ihn, der sich kurz darauf die reiche Erbin einer Hotelkette geangelt, aber nie auch nur einen Pfennig Unterhalt gezahlt hatte. Er stieg aus einem feuerroten Angeberschlitten, der sicher ein Vermögen gekostet hatte.

„Zeit macht nur vor dem Teufel halt“. Dieser alte Songtitel fiel ihr unwillkürlich ein, denn die Jahre waren anscheinend spurlos an ihm vorüber gegangen. Der treulose Schuft sah immer noch unverschämt gut aus. Glattes Gesicht, die Haare voll und braun. Rank und schlank, genau wie früher.

Kleine Teufelchen flüsterten ihr jetzt ins Ohr: „Und du? Silberstreifen im Haar, die Hüften vergoldet und das Gesicht reich an Fältchen. Kein Wunder, dass dein Mann dich „mein Schatz" nennt. Los, geh hin und zerkratz sein Auto!“ Natürlich tat sie das nicht. "Zu viele Zeugen", mahnte die Vernunft.

Stattdessen folgte sie ihm, auch wenn sich jetzt die Stimme der Vernunft meldete: „Was soll das? Warum tust du dir das an? Willst Du dir jetzt auch noch sein tolles Leben angucken, während du sehen konntest, wie du hochschwanger zurechtkamst“. Dieser Stachel saß immer noch tief und war auch verantwortlich dafür, dass sie manchmal ungerecht zu ihrem Mann war. Doch die Teufelchen ließen nicht locker. „Hinterher!“, befahlen sie.

Vernunft und Teufelchen diskutierten munter weiter. Ihre Vernunft sagte: „Was willst du eigentlich? Du hast den besten und gutmütigsten Mann, den man sich nur wünschen kann. Deinen Sohn liebt er, als wäre es sein eigener. Er erträgt geduldig deine Launen und deine Falten stören ihn überhaupt nicht. Geh nach Hause!“

Doch nun wieder die Teufelchen: „Und wenn schon? Los, geh dem treulosen Verräter nach! Du willst es doch wissen."

Kurzum, die Teufelchen gewannen und sie folgte ihm ins Hotel, das sicher ihm und seiner Frau gehörte. Sie musste sich jetzt beeilen, um ihn nicht zu verlieren.

Als er hinter der Tür mit dem Schildchen „Privat“ verschwand, kämpfte sie einen Moment mit sich, bevor sie die Tür vorsichtig öffnete. Suchen musste sie nicht. Eine schrille, unangenehme Stimme wies ihr die Richtung: „Wo warst du schon wieder so lange? Haare färben kann doch nicht so lange dauern. Wem willst Du damit überhaupt etwas vormachen? Weniger Eitelkeit und dafür mehr Einsatz, mein Lieber. Dieses Hotel ist dazu da, dass sich die Gäste erholen und nicht du. Die Reisegruppe trifft gleich ein. Kümmere dich gefälligst darum!“

„Ja doch, Gudrun“, kam es leise zurück.

Wo war der selbstbewusste, leicht überhebliche Tonfall von früher? Doch weiter zuzuhören war nicht möglich, denn ein Zimmermädchen tippte ihr auf die Schulter. Erschrocken suchte sie nach einer Ausrede, doch das Zimmermädchen kam ihr zuvor: „Hier dürfen Gäste nicht rein. Hat die Chefin wieder so laut mit dem Ärmsten geschrien? Der kann einem wirklich leid tun. Hat nichts zu melden bei seiner Frau. Wenn er nicht spurt, nimmt sie ihm sogar das Auto weg, wie einem kleinen Buben. Das muss man sich mal vorstellen. Zum Café müssen sie übrigens hier zurück und dann die zweite Tür rechts. Sie wollten doch in unser Café?“ Sie konnte nur erleichtert nicken. Als das Zimmermädchen gegangen war, ging sie sofort in Richtung Ausgang. Normalerweise mied sie geschwätzige Menschen, doch diese redselige Hotelangestellte hätte sie glatt küssen und auf ein Eis einladen können.

Plötzlich fühlte sie sich frei. Der Stachel war verschwunden. Eine reiche Frau. Er hatte bekommen, was er wollte. Und während die Teufelchen noch vor lauter Genugtuung Samba tanzten, wurde ihr ganz warm ums Herz. Sie ging nochmal zurück in die Metzgerei um Rinderleber zu kaufen. Ihr Mann liebte gebratene Rinderleber.

 

Hallo @Lies21!

Ich steig direkt ein:

Sie kam gerade aus der Metzgerei, als sie ihn sah. Ihn, der sie einst schwanger sitzen ließ, weil sie angeblich seiner Karriere im Wege stand. Ihn, der sich kurz darauf die reiche Erbin einer Hotelkette geangelt, aber nie auch nur einen Pfennig Unterhalt gezahlt hatte. Er stieg aus einem feuerroten Angeberschlitten, der sicher ein Vermögen gekostet hatte.
Ich glaube, der zweite Satz muss Ihn, der sie einst schwanger hatte sitzen lassen, weil sie angeblich seiner Karriere im Wege gestanden hatte lauten. Oder?

Zudem würde ich dem Übeltäter einen Namen gönnen. Liest sich einfach schöner und macht ihn weniger abstrakt.

„Zeit macht nur vor dem Teufel halt“. Dieser alte Songtitel fiel ihr unwillkürlich ein, denn die Jahre waren anscheinend spurlos an ihm vorüber gegangen. Der treulose Schuft sah immer noch unverschämt gut aus. Glattes Gesicht, die Haare voll und braun. Rank und schlank, genau wie früher.
Glatte Haut. Ein glattes Gesicht stelle ich mir wenig attraktiv vor.

Kleine Teufelchen flüsterten ihr jetzt ins Ohr: „Und du? Silberstreifen im Haar, die Hüften vergoldet und das Gesicht reich an Fältchen. Kein Wunder, dass dein Mann dich „mein Schatz" nennt. Los, geh hin und zerkratz sein Auto!“ Natürlich tat sie das nicht (zu viele Zeugen).
Würde es bei einem Teufelchen belassen. Es ist im Folgenden ja auch die Stimme der Vernunft. Teufel vs. Engel. Und die erklärende Klammer kann getrost weg. Das reimt sich der Leser schon zusammen.

Willst Du dir jetzt auch noch anguckenKOMMA wie er sich es gutgehen lässt, während du sehen konntest, wie du hochschwanger zurechtkamst“. Dieser Stachel saß immer noch tief in ihrem Fleisch und war auch verantwortlich dafür, dass sie manchmal ungerecht zu ihrem Mann war.
Während passt hier nicht, da die Zeit der Schwangerschaft schon etwas zurückliegt, sie jedoch im Begriff ist, ihm jetzt zuzuschauen.

Kein Wunder, er ist ja schließlich auch kein Adonis. Stirnglatze und ein nicht mehr zu übersehender Bauchansatz. Sein Gehör war auch schon mal besser.
Das wirft kein gutes Licht auf die Frau. Auch wenn das das Teufelchen in ihr sagt, kommt es dennoch aus ihr. Und der Text kann nur funktionieren, wenn der Leser auf ihrer Seite steht.

Weniger Eitelkeit und dafür mehr EinsatzKOMMA mein Lieber. Dieses Hotel ist dazu da, dass sich die Gäste erholen und nicht du. Die Reisegruppe trifft gleich ein. Kümmere dich gefälligst darum!“ZEILENUMBRUCH„Ja doch, Gudrun“, kam es leise zurück.

Wenn er nicht spurtKOMMA nimmt sie ihm sogar das Auto weg, wie einem kleinen Buben.

Er hatte bekommenKOMMA was er wollte.

Das ist gut geschrieben, aber der Text erzählt nichts Neues, nichts, das irgendwie berührt oder zum Nachdenken anregt. Tut mir leid, dass ich nicht mehr dazu schreiben kann. Aber eine ehrliche Rückmeldung ist besser als gar keine Reaktion. Finde jedenfalls ich. Und es ist ja nur mein Empfinden.

Gruß,
Sammis

 

Hallo Samis,

danke für die konstruktive Kritik und die Kommas :). Nur in einem Punkt muß ich widersprechen. Die Zeugen sind mir wichtig, denn sie sollen aussagen, dass sie es tatsächlich machen würde, wenn nicht zu viele Leute in der Nähe wären. Habe nachgebessert.

Gruß
Lies21

 

Hallo @Lies21!

Ja, so passt das auch für mich. Die Stimme der Vernunft. Jetzt ist es in den Text integriert und nicht als (einzige) Klammer angehängt.

Gruß,
Sammis

 

Hallo @Lies21!

das Thema deiner Geschichte hat mich leider nicht so mitgerissen, es ist nichts Neues, eher vorhersehbar. Mir fehlt das Unerwartete, Verplüffende, Irritierende, irgendwas, mit dem man nicht gerechnet hat, mehr Tiefe.

Das ist mir noch aufgefallen:

Los KOMMA geh dem treulosen Verräter nach!

Wo war der selbstbewusste, leicht überheblichen Tonfall von früher?
überhebliche

Doch weiter zuhören war nicht möglich,
zuzuhören

Als das Zimmermädchen gegangen war, ging sie sofort in Richtung Ausgang. Normalerweise ging sie geschwätzigen Menschen aus dem Weg

Sie ging nochmal zurück in die Metzgerei um Rinderleber zu kaufen.
Hier wird ziemlich viel gegangen.

Deinen Schreibstil hingegen finde ich flüssig, liest sich angenehm.

Viele Grüße,
Kerzenschein

 

Hallo Kerzenschein,

danke für Lob und Kritik. Die Fehler habe ich korrigiert.

Gruß zurück
Lies21

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Lies21 -- Ich sag nichts mehr zu der Sprache, da bist du von @Sammis schon gut beraten worden.

Daher nur zum Inhalt, und da muss ich sagen, geht es mir wie @Kerzenschein:

das Thema deiner Geschichte hat mich leider nicht so mitgerissen, es ist nichts Neues, eher vorhersehbar. Mir fehlt das Unerwartete, Verplüffende, Irritierende, irgendwas, mit dem man nicht gerechnet hat, mehr Tiefe.
Die Pointe, dass der Ex gar kein so tolles Leben in Saus und Braus hat, okay ... naja ... aber eigentlich werden die Wertmaßstäbe der Protagonistin kaum hinterfragt. Was ich damit sagen will, sie 'macht keinen Fortschritt'.
Etwas, das eben jene 'Tiefe' (wie @Kerzenschein es sagt) in den Text bringen würde, wäre möglicherweise das: Er hat zwar alles bekommen, was er wollte, sie begegnet ihm und erkennt, wie 'oberflächlich' das alles ist. In dem Fall würde ich die innere Stimme, die ihr das schon vorher sagt, herausnehmen und am Ende zur inneren Entwicklung der Protagonistin machen. So wie es jetzt ist, bleibt sie selbst in ihrem anfänglichen Wertsystem, das zwar durch die innere Stimme leise infrage gestellt ist:
Du hast den besten und gutmütigsten Mann, den man sich nur wünschen kann. Deinen Sohn liebt er, als wäre es sein eigener. Er erträgt geduldig deine Launen und deine Falten stören ihn überhaupt nicht
... aber am Ende befriedigt und befriedet sie ja lediglich die Tatsache, dass der Ex nicht bekommen hat, was sie ihm missgönnte, was sie zu Rachegedanken führte.
Was wäre indes, wenn es dem Ex 'in seiner Welt' durchaus fantastisch ginge, sie aber erkennen kann, dass er dennoch unglücklich ist (und seinerseits sie um ihr Leben beneidet oder beneiden müsste)? Vielleicht sogar wirklich, sie könnten sich ja begegnen?

Das wäre in meinen Augen eine ungewöhnliche Pointe ...

Das ist gut geschrieben, aber der Text erzählt nichts Neues, nichts, das irgendwie berührt oder zum Nachdenken anregt.
Dito.

Bin gespannt auf deine Repllik und hoffe, das hilft dir n bissl.

Gruß von Flac

 

Hallo Flac,

danke für's Lesen meiner Geschichte und Deinen Kommentar. Ich gebe zu, die Geschichte ist nicht besonders originell. Aber was die Entwicklung meiner Protagonistin angeht, ist sie denn nicht im letzten Absatz zu erkennen? Die Befreiung von Altlasten, die sie bisher daran gehindert hat, sich vollständig auf ihren Ehemann einzulassen und sie es jetzt kann? Und ja, auch ein wenig Genugtuung. Habe nur ich es hineininterpretiert und für andere offen gelassen? Dann muß ich den letzten Absatz nochmal überarbeiten.
Ich werde den Inhalt dieser Geschichte nicht ändern, sondern ein neue Geschichte mit gleichem Ansatz und völlig anderem Verlauf schreiben, und diese dann hier einstellen. Danke für Deine Anregung dazu. Bin gespannt auf Deine Meinung.

Gruß Lies21

 

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