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Wie ich um 9.20 Uhr eine Gottheit traf
Und da stand es vor mir. Ein Ding, gottgleich-perfekt-makellos.
Ein Ding, dessen facettenreiche Schönheit, dessen unglaubliche Individualität und Fremdartigkeit zu beschreiben unmöglich war.
Ich war vom ersten Anblick verzaubert, gefesselt jeder einzelnen Regung ganz genau zu folgen.
Um uns herum explodierte alles, nein es implodierte, wurde aufgesogen von der Unglaublichkeit, der Provokation dieser venusartigen Schönheit, die es wagte sich auf dieser Welt zu zeigen, die gesamte Schöpfung zu verspotten um sich mit ihr zu messen.
Die Welt packte aus Empörung über die Ungleichheit dieses Wettkampfes kurzerhand ein und verschwand, aber Es stieg höher und höher bis es die Wolken erreichte. Der Himmel riss auf mit dem Klang von tausend Posaunen und für einen kurzen Augenblick wurde das gottgleiche Wesen von gleißendem, goldenen Licht verschluckt. Schnell aber zeichneten sich dessen Umrisse und Konturen wieder ab bis Es ganz zu sehen war, umhüllt von einem Strahlenkranz unvorstellbarer Helligkeit. Der Schatten stand direkt über mir und mein Herz setzte aus, ich rang nach Luft- verzückt und entsetzt zugleich, als ich feststellte, dass es nicht die Helligkeit war die mich blinzeln lies, es war vielmehr diese vollkommene Perfektion, das Etwas das über meinen weltlichen Verstand ging, im einen Arschtritt verpasste und sich kichernd zurück in die Kette der Ereignisse einordnete.
Meine Fingerspitzen streckten sich nach oben und obwohl ich wusste, dass es mir verboten sein musste dieses reine Wesen mit der Sündenbeflecktheit meines Menschseins zu ertasten, nur für einen Sekundenbruchteil zu berühren, kam ich nicht umhin es doch zu tun.
Grüne Augen blickten mich an, weit aufgerissen, nicht in Angst, nicht in Panik- fragend und wissend zugleich.
In der Sekunde, in der meine Fingerkuppen Das berührten, in der Sekunde in der sich ein Lächeln um die Lippen des Wesens bildeten, faltete sich das Nichts um mich herum zusammen, die Wolken schlossen sich und der Boden raste mir entgegen.
In einem bombastischen Feuerwerk aus Farben und Lichtblitzen zuckte die Realität über meine Augenlieder hinweg und duckte sich hinter meiner Stirn. Riesige Triebe schossen aus dem Boden und begannen den Horizont herunterzureißen, wie ein gewaltige Poster.
Meine Gedanken waren schon längst durch ein kleines Hintertürchen verschwunden und ließen mich in die Leere starrend zurück. Unfähig zu sonst einer Regung, das Szenario nur noch halb wahrnehmend.
Der letzte Fetzen Erde war mit den Wurzeln im Dunkeln verschwunden...es war eigentlich kein richtiges Dunkel, vielmehr ein schattiges Äquivalent des Nichts von vorhin.
Der Boden unter mit begann wellenförmig zu erzittern, das Epizentrum lag genau unter mir.
In kleine Kreisen bewegte sich das Nichts von mir weg, wie bei einem Kiesel, den man ins Wasser wirft, warf sich auf und verschwand in der Sekunde eines Blinzelns.
Ein leerer Flur, eine alte Frau die zusammen mit ihren Kindern den Boden wischt und den Gang reinigt, ein Papierkorb mit Rollen, ein kleiner Sonnenstrahl der durch einen Ritz in der stark verschmutzten Fensterscheibe dringt.
Augen so grün wie stark phosphathaltiges Wasser.