Wie Märchen entstehen.....
Langsam wachte Puck auf. Vielmehr kam er aus einer Art Dämmerzustand heraus zu sich.
‚Ohhhhhh, was für eine Nacht. Was für ein Schädel! Warum hab ich wieder wie ein Blöder gesoffen?’
Und der Stoff in dem Joint hatte anscheinend ganz seltsame Auswirkungen. Noch seltsamere als sonst. Puck sah sich um und bemerkte den knallroten Schopf, der neben ihm unter der Bettdecke hervorlugte.
Ach ja. Diesmal hatte er die Tussi ja mit zu sich genommen. Ausnahmsweise. Im Normalfall fand er es einfacher, wenn er sich morgens auf Nimmerwiedersehen aus der Wohnung schleichen konnte, was bei seiner eigenen nicht so leicht möglich war.
Langsam und vorsichtig stand Puck auf und balancierte seinen brummenden Schädel aus dem Schlafzimmer. Nachdem er schlafdrunken einige Schritte in das Halbdunkel seines Wohnzimmers getan hatte fielen ihm einige Ungereimtheiten auf. Statt seiner Filmposter und Bildern von schnellen Autos und fast nackten Frauen hingen kitschige Gemälde von Tieren an den Wänden, alles war aus Holz und in der Mitte des Zimmers stand ein ziemlich kleiner und überaus hässlicher Ohrensessel. Bei jedem Schritt knarrte der Boden, was sein Linoleum daheim bis jetzt nie getan hatte. Er musste doch mit zu seiner nächtlichen Bekanntschaft gegangen sein. Sicherheitshalber öffnete er die ebenfalls hölzerne Eingangstür und ging zwei Schritte hinaus, um nachzusehen, wo er war. Er stand mitten im Wald auf einer schon fast schmerzhaft malerischen Lichtung und im Schatten einer riesigen Eiche. Puck starrte nach oben und das Wort ‚knorrig’ drängte sich geradezu in sein Gehirn. Jetzt sah er auch, dass die Wohnung in den Baum gebaut worden war.
‚Was für ein Freak, bloss schnell weg hier!’
Er wollte sich ins Haus zurückschleichen, um etwas mehr als die Unterhose anzuziehen, die er zum Schlafen normalerweise anhatte. Bei einem kurzen Kontrollblick fiel ihm jedoch auf, dass er momentan ein sehr seltsames Schlafgewand aus Baumwolle trug, welches hinten in Höhe des verlängerten Rückens eine Klappe mit zwei Knöpfen hatte. Einer der Knöpfe fehlte, weshalb die Klappe an einer Seite leicht nach hinten weghing. Noch während Puck sich darüber wunderte fiel ihm sein Bart auf. Drahtig, ja geradezu rauschig und bis zu den Knien hängend, obwohl er sich gestern noch rasiert hatte.
‚Jetzt reichts! Ich hau mich noch ne Stunde hin, bis das Zeug zu wirken aufhört!’
Als er gerade die Tür wieder geöffnet hatte wurde er von hinten gegrüsst.
„Guten Morgen, Herr Zwerg!“
„Guten M....“
Moment mal! Zwerg? Puck drehte sich um und rief:
„Ich bin vielleicht nicht der Grösste, aber....“
Er stockte. Ausser einem nun an einer Rübe mümmelnden Hasen war vor ihm auf der Lichtung niemand zu sehen.
„Sehr witzig!“
Wütend sah er sich um. Halb im Spass sagte er zu dem Hasen:
„Oder hast du mit mir gesprochen?“
Der Hase blickte von der Rübe auf und öffnete langsam seine Schnauze. Leider kam er nie mehr dazu, die Frage zu beantworten, da ihn in diesem Moment ein Fuchs von hinten ansprang und ihm die Kehle durchbiss.
Puck stand geschockt da. War aber irgendwie auch cool. Kurz bevor sich Puck erneut in Richtung Haus/Eiche drehen konnte hob der Fuchs den Kopf und sagte mit blutverschmierter Schnauze und einem Stück Hase im Mund:
„Gutnnn...schmatz..Morgnnn...gulp...ah, jetzt ist es besser. Verzeihung. Guten Morgen, Herr Zwerg.“
Puck taumelte ein paar Schritte zurück und stützte sich am Stamm der Eiche mit einer Hand ab. Mit der anderen hielt er sich die Stirn.
‚Verdammt, lass diesen Trip aufhören!’
Neben ihm trat die Rothaarige aus dem Haus.
‚Meine Fresse! Die schaut ja mal richtig klasse aus! Guter Fang, Junge!’ lobte er sich gedanklich selbst.
Die ihm namentlich nicht bekannte Dame kam auf ihn zu und sah ihn mit einem eiskalten Blick an.
„Was hast du mir gegeben? Welch fauler Zauber war das? Warum wache ich hier in diesem Drecksloch auf, noch dazu in Gesellschaft von solchem Abschaum?!“
Gut, diesen oder einen ähnlichen Satz kannte er schon von einigen seiner One Night Stands. Den nächsten allerdings nicht.
„Leg dich nicht noch einmal mit einer Waldfee an!“
*Der für Humor zuständige Teil von Pucks Unterbewusstsein dachte ‚F... die Waldfee! Ach so, hab ich ja!’*
Sie rümpfte damenhaft die Nase, nahm undamenhaft Anlauf, breitete ihre durchsichtigen, in allen Regenbogenfarben schillernden Flügel aus und schwirrte davon.
Das war zuviel für Puck. Mit einem für menschliche Ohren nicht hörbaren #Zing# rissen mehrere wichtige Verbindungen in seinem Hirn und er sank in eine gnädige Ohnmacht.
Mit Kopfschmerzen erwachte Puck und dachte an seinen gar seltsamen Traum. Erschrocken sah er sich um. Zum Glück anscheinend wirklich nur ein Traum. Sein Bett war bis auf ihn leer und die Einrichtung sah aus wie immer. Er zog sich an, ging durch sein völlig normales und unverändertes Wohnzimmer und trat hinaus vor die Tür. Auch hier war alles in bester Ordnung. Puck atmete tief durch.
„Nun denn, da werde ich der Eule aber Feines über meinen Traum zu berichten wissen. Als klügstes Tier im Wald ist ihr sicher gewahr, was es mit diesem seltsamen Dingen auf sich hat, die ich da gesehen habe. Bestimmt habe ich einfach ein Pfeifchen zuviel geschmaucht oder das Gläschen Beerenwein gestern war zuviel.“
Und mit einem fröhlichen Lied auf den Lippen, dass von dem bekannten ‚HeiHo, HeiHo’ gerade so viel abwich, dass der Autor keine Probleme mit dem Urheberrecht bekommen konnte schritt Puck, der Zwerg in den Wald und begrüsste seine Freunde, die sprechenden Waldtiere. Nur Freund Hase fehlte.