Hallo Aris!
Ich zeig Dir jetzt mal, wie es mir beim Lesen Deiner Geschichte anfangs gegangen ist – und ich meine das nicht böse:
und ich konnte erkennen, dass sie es geschafft hatte, sich zu rasieren.
Da ich als Leser an dieser Stelle noch nicht weiß, wohin die Geschichte geht, habe ich hier und in den nächsten Sätzen den Eindruck, es ginge darum, daß der Protagonist das von ihr verlangt hätte, aber sie es eigentlich nicht wollte, sich dazu überwinden mußte, um ihm seine sexuellen Wünsche zu erfüllen. – So eine Irreführung tut der Geschichte gar nicht gut.
Wie oft hatte ich sie heulend in der Dusche vorgefunden, wenn ich von der Uni nach Hause gekommen war. Zusammengekrümmt saß sie in der Ecke und ihre Haut war schon runzelig und das Wasser bis zur Schmerzgrenze heiß.
Auch hier weiß ich immer noch nicht, was eigentlich los ist, und nach dem Eindruck von vorhin, kann ich mir hier nur denken: »Was muß das für ein A… sein, wenn er seiner Freundin so eine Qual zumutet, und welchen Grund hat sie, das mitzumachen?«
Soweit also der Eindruck bis hierher, und dann spricht er plötzlich davon, daß er zärtlich sein muß. Das macht die Geschichte zwar auf eine eigene Art spannend, weil man noch immer nicht weiß, worum es geht und zu dem Eindruck von vorhin plötzlich die Zärtlichkeit dazu, das macht sich echt komisch. – Solange der Leser nicht wirklich in der Geschichte drinnen ist, also nur vage Bilder hat und nichts Konkretes, kann sie auch nicht wirken (oder sie wirkt falsch).
Jetzt lag es an mir! Ich durfte nicht den Schimmer von Schwäche zeigen.
Hier mußte ich mich unwillkürlich fragen, was
er denn jetzt für ein Problem hat, und warum er so unter Druck steht. Das dient natürlich auch dieser seltsamen Art von Spannung, jedoch finde ich es für das Thema, das in Wirklichkeit in der Geschichte steckt, nicht angebracht, mit solchen Mitteln zu arbeiten. Ich finde, das Problem sollte von Anfang an klar sein, dann kann man auch mitfühlen, weil man weiß, wobei.
Ich musste es schaffen, dass sie vergaß, was geschehen war und wieder Spaß am Sex haben konnte.
Wenn Du jetzt davon ausgehst, daß der Leser noch immer nicht weiß, was los ist, und Du den Eindruck von vorhin, nämlich nicht gerade den besten, was den Protagonisten betrifft, als Grundlage nimmst, kannst Du Dir sicher vorstellen, was sicher so manchem Leser bei diesem Satz durch den Kopf geht – alles Mögliche, aber noch immer kein konkretes Bild.
So wie einst, als wir uns schon die Treppen hochfickten, wenn wir zusammen aus der Uni kamen.
»einst« läßt auf eine lang vergangene Zeit schließen – ich habe mich kurz gefragt, ob es sich um ein altes Ehepaar handelt …
Ich war später als erwartet nach Hause gekommen, hatte noch bei Stefan vorbeigeschaut. Aber sie schien nicht sauer. Eigenmächtig hatte ich es mir erlaubt, denn ihre Anfälle waren seit guten drei Wochen verstummt.
… und auch hier bleibt immer noch der Eindruck des Ehepaares. Das Vorbeischauen bei seinem Freund, das er sich eigenmächtig erlaubt hat, und ihre »Anfälle« geben wiederum ein seltsames Bild ab – der Leser weiß ja nicht, welche Art von Anfällen, man weiß nicht, worum es geht, und es wirkt in Kombination mit dem eigenmächtig erlaubten Wegbleiben so, als wären die »Anfälle« sowas wie ein Gekeife von ihr. – Das tut der Geschichte und dem Mitfühlen des Lesers auch keinen guten Dienst.
Ihre Beine spreizten sich auffordernd und ich legte mich auf sie, küsste sie intensiv und sagte die drei Worte. Judit wiederholte sie.
Das wirkt jetzt wie nach Anleitung, Punkt eins, zwei, drei und vier erledigen und abhaken, zack, zack.
Somit war alles gesagt, was es zu sagen galt.
Aha. Nur ich, der dumme Leser weiß noch immer nicht, worum es geht.
Ich befreite die Brüste meiner Freundin und nahm sie herzlich in Empfang.
Drücken Sie nun den On-/Off-Schalter und nehmen Sie das Gerät in Betrieb.
Was hatten wir in den letzten Wochen nicht alles versucht! Ohne Vorspiel. Stundenlanges Vorspiel. Analannäherungen. Übertrieben pervers. Pornos. Von hinten, oben, unten, kreuz und quer und zum Quadrat. Fellatio. Flutlicht. Stockdunkel. Und eben mit unserer einfachen Liebe, die uns nicht verlassen wird. Es hatte alles nichts geholfen.
Jedes Mal endete es im Desaster.
Ich, als immer noch unwissender Leser mache mir doch nun ernstlich Sorgen um das Sexualleben dieses Paares. Und da ich nicht darüber aufgeklärt werde, was unter dem »Desaster« zu verstehen ist, wird das Fragezeichen immer größer. Was muß diese Frau alles über sich ergehen lassen, und immer noch paßt es ihm nicht. Im Kopf denke ich mir schon zusammen, daß es kein Wunder ist, wenn sie verheult in der Dusche hockt – sie muß ja ständig das Gefühl der Versagerin haben, wenn er immer mehr fordert und irgendwie nichts klappt. – Wie gesagt, ich weiß ja noch immer nicht, worum es geht.
Auch diese Psychologin, die das Geld von Judits Eltern nicht wert war, konnte nicht helfen.
Aha, sogar die Eltern kümmern sich um das sexuelle Problem der beiden und schicken die Tochter in Therapie. Sehr seltsam. Es wird immer spannender, auch wenn ich immer noch nicht weiß, worum es geht.
du überbezahlte frigide Dildolutscherin
Der Eindruck des Protagonisten verschlechtert sich zusehends. Wie soll seine Freundin denn sexuelle Probleme los werden, wenn ihr Freund Frigidität als Schimpfwort verwendet? Eine Frau hat zu funktionieren. Das Fragezeichen im Kopf wächst wie ein Luftballon, der gerade aufgeblasen wird.
Während das Geld für sie tickte, hielt sie die Hand meiner Freundin und unterstellte sich Mitgefühl, ließ mich in der Tiefe ihrer Sessel versinken und redete Judit verständnisvoll zu wie einem Waisenkind.
Klingt sehr unglaubwürdig. Zwar ist die Meinung über die Therapeutin die des Protagonisten und muß somit nicht der Wahrheit entsprechen, aber daß sie auf die Frau einredet, wie auf ein Waisenkind, noch dazu, während er daneben sitzt, halte ich für ziemlich unwahrscheinlich.
Wie sollte sie denn so jemals vergessen können?
Eine Therapie macht man nicht, um zu vergessen, sondern um zu verarbeiten. Was, das weiß ich zu diesem Zeitpunkt der Geschichte immer noch nicht.
Und wenn man eintaucht ins feucht-warme-schöne Bedeutungsvolle einer Frau,
Nun wissen wir endlich, was an einer Frau bedeutungsvoll ist.
seiner Frau, dann explodiert sie; die Zeit, die sonst so unbändig am Himmel wie ein Countdown zu warten scheint.
Ich hab beim Sex noch nie über die Zeit nachgedacht, aber für Deinen Protagonisten scheint sie dabei sehr wichtig zu sein. Vielleicht sollte er es mal mit einer Kirchturmuhr versuchen?
Aber ich hatte die Katastrophen der letzten Versuche unserer Zusammenkunft noch nicht vergessen. Und wenn ich es noch nicht geschafft hatte zu vergessen, wie stand es dann mit ihr?
Wie schon beim Desaster kann ich auch mit den Katastrophen recht wenig anfangen. Besser wäre hier sicher ein kurzes Stück Erinnerung, damit der Leser weiß, wovon Du sprichst.
Manchmal bereuen wir die Entscheidung. Denn wir reden oft und lange und kommen doch wieder zu dem Schluss, dass es richtig war und bleibt, dass wir noch nicht in der Lage dazu waren, unsere Liebe sich erst hatte finden müssen und ein Kind doch mehr Aufmerksamkeit erforderte, als zwei leichtsinnig Studierende.
Ah, langsam rücken wir doch noch mit dem Thema heraus, schau, schau.

Aber: Das »Denn« ist fehl am Platz, denn das danach Folgende erklärt ja nicht, warum sie die Entscheidung manchmal bereuen – das zu erfahren, wäre allerdings durchaus interessant.
Aber, statt die Möglichkeit zu nutzen, hier mal ein bisschen in die Tiefe zu gehen, landen wir gleich wieder …
Das Höschen hatte ich schon verschwinden lassen und sie drückte mich an sich und in sich
… beim Sex.
Judit hatte die Augen geschlossen und einen zeitlos-sinnlichen Gesichtsausdruck.
Das kann man interpretieren, wie man will – man kann genausogut glauben, sie läßt es eben über sich ergehen, damit sie es endlich hinter sich hat, zufrieden deshalb, weil es schon fast wieder vorbei ist. Wenn Du zeigen willst, daß es ihr gefällt, dann laß sie etwas tun, was das deutlich macht.
Als ich das letzte Mal so weit gegangen war und in sie eingedrungen war, hatte sie mich weggestoßen und mit dem Schluchzen begonnen, was nächtelang andauern konnte. Sie riss dann urplötzlich die Augen auf, wurde leichensteif und starrte in meine Augen als hätte sie gerade den Antlitz des Todes erblickt.
Da Du vom letzten Mal sprichst, heißt es auch »nächtelang angedauert hat«. Darüber hinaus scheint mir diese Beschreibung sehr übertrieben zu sein. Oder die Frau übertreibt. So, wie es da steht, wirkt es ja schon fast so, als hätte er sie mit Gewalt zur Abtreibung gezwungen. Aber vielleicht hat er sie mit Argumenten niedergeredet, bis sie sich nichts mehr sagen traute, obwohl sie das Kind gern bekommen hätte? Nur in so einem Fall könnte ich mir eine solche Reaktion vorstellen. – Aber um das beurteilen zu können, gehst Du eben einfach zu wenig auf die Situation der Frau ein, schilderst die Geschichte nicht nur aus seiner Perspektive, sondern auch wirklich nur seine Sicht, nur das, was für ihn zählt – wobei das Wichtigste ist, wie er am schnellsten wieder mit ihr ins Bett kommt.
Ich war dabei gewesen, kreidebleich aber selbstverständlich. Ich hatte es versprochen und hielt mein Versprechen auch in Hinsicht auf die Ärzte, die mir empfahlen zu gehen, mich aufforderten und drängten den Saal zu verlassen. … Übergeben musste ich mich während der Operation.
Es geht nur um ihn. Er, der Tapfere. Er, der Leidende. Er, der Zärtliche. Er, der über der Psychologin Stehende. Er, der Mitfühlende.
Außerdem ist es keine Operation, eine Operation ist es nur, wenn geschnitten wird. Eine Abtreibung ist ein ganz harmloser Eingriff, der, wie Du in meinem Link von oben lesen kannst, nur wenige Minuten dauert – selbst, wenn sie den Mann dabeisein lassen (was ich auch ungewöhnlich finde): Er hätte in der Kürze kaum die Zeit, daß ihm überhaupt schlecht wird.
Man redet immer davon, wie weit die Medizin doch heutzutage schon sei und auf den Mond fliegen können wir doch auch. Wir können den für uns bestimmten Lebensraum mittlerweile verlassen, wenn wir aber in die Biologie eingreifen wollen, müssen wir brachial werden.
Er, der Leidende. Er, der Philosoph.
und das, was die Zangen und Sauger aus meiner Freundin fischten, erinnerte nicht im geringsten an menschliches Leben.
Die Geräusche von unüblichen Staubsaugern und steril quietschenden Zangen und das wässerige Blut bildeten ein Massaker, der Tod schwappte in einer metallenen Wanne.
Das ist viel zu übertrieben. Das, was die Ärzte herausholen, ist noch sehr klein. Bis zur zwölften Woche darf eine Abtreibung durchgeführt werden, das wird aber ab Beginn der letzten Regel gerechnet, also kannst Du zwei Wochen abziehen, somit ist das maximale Alter des Embryos zehn Wochen. Ich weiß aus zuverlässiger Quelle, daß die Ärzte den Eingriff nicht gern vor der neunten Woche machen, nämlich aus dem Grund, weil es sonst noch so klein wäre, daß sie sich nicht sicher sein können, es zu erwischen.
Und nein, was Du mit den Zangen meinst, sind wohl eher keine Zangen, sondern das wird vermutlich das sein, womit sie die Scheide offen halten, damit sie überhaupt zum Muttermund kommen. Sieht zwar brutal aus, ist aber harmlos. Zu der Sache mit dem Blut: Ich hab noch nicht gesehen, wie viel Blut direkt beim Eingriff selbst rauskommt, ich stelle es mir nicht wahnsinnig viel vor, da die Fruchtblase ja nicht rundum festgewachsen ist und der Frau keine Teile ihres Körpers entfernt werden. Jedenfalls danach ist es nicht schlimmer als eine normale Regelblutung, und die muß Frau ja jedes Monat aushalten.
Ich war egal. Sie war wichtig.
Wie gesagt, hast Du mir diesen Eindruck mit der Geschichte nicht vermittelt, sondern es wirkt so, als wäre es überhaupt nur darum gegangen, daß er endlich wieder zu seiner sexuellen Befriedigung kommt.
Wenn ich Unbehagen in ihr spüren würde, würde ich sofort aufhören und Zigaretten anzünden.
Nicht etwa, sie trösten, in den Arm nehmen, nein – Zigaretten anzünden, wie romantisch.
Dass es ihr gefiel, machte mich glücklicher als jeder Orgasmus hätte sein können.
Das ist aber auch nichts Neues, daß es den Männern gefällt, wenn es den Frauen gefällt!
Ich hoffe, das war jetzt nicht allzu schlimm – war nicht böse gemeint. Ich wollte Dir nur zeigen, wie es wirkt, wenn Du nicht zu Beginn schon klar machst, worum es geht. Und daß viel zu wenig Gefühl in Deiner Geschichte steckt (Betriebsanleitung). Außerdem, daß Du eine sehr männliche Sicht darstellst, und das, was der Frau eigentlich solche Probleme macht, völlig draußen läßt. Mich hätte schon interessiert, was denn für sie so schlimm ist. Und ich sehe auch darin, daß sie beide noch studieren, nicht wirklich einen Grund für eine Abtreibung – es gibt viele studierende Mütter und Väter, die schaffen das alle. Und um sich darauf einzustellen, hat man ja die neun Monate Schwangerschaft. Und genau deshalb denke ich mir dann eben auch, die Frau leidet vielleicht so, weil sie gegen ihren Willen abgetrieben hat. – Wenn schon die Eltern davon wissen (daß sie davon wissen, geht aus dem Bezahlen der anschließenden Therapie hervor) – hätten sie sich nicht eher bereit erklärt, die beiden zu unterstützen, wenn sie das Kind bekommen? Oder sind sie vom Typ »Du lern erst mal« – das wäre wiederum ein Zwang, der die Probleme der Frau erklären würde, aber dann gehört das doch bitte in die Geschichte. Egal, was es für Gründe gibt, sie gehören in die Geschichte, weil es sonst rein um den Sex geht, und darauf läßt sich das Problem einfach nicht reduzieren. Wobei es natürlich so aussieht, als wolltest Du es tatsächlich darauf reduzieren. Besonders, wenn Du schreibst, auf wie viele verschiedene Arten sie es vergeblich probiert haben – als wäre es ein Problem der Technik statt der Psyche. Statt ihr zu zeigen, daß er sie auch liebt, wenn es mal eine Weile nicht so klappt, sie nicht zu drängen, sondern sie von selbst wieder kommen zu lassen, mit ihr andere schöne Dinge zu machen, versucht er sie in den Hintern zu ficken. Also bitte, und der will mir am Schluß dann erzählen, es ginge nicht um ihn?
Ich glaube Dir natürlich Deine Intention, nur kommt sie halt leider so, wie die Geschichte jetzt ist, nicht rüber. Werde Dir selbst über den Grund klar, warum die Frau so reagiert, und schreib ihn in die Geschichte. Laß den Leser nicht so lange in der Luft hängen, bis er endlich erfährt, worum es in der Geschichte geht. Gib ihr mehr Tiefe statt Sextechniken. Zeig uns einen einfühlsamen Mann, der nicht egoistisch immer neue Versuche anstellt, sie zu ficken, sondern sich für ihre Gefühle interessiert. Es könnte zum Beispiel auch sein, daß sie einfach Angst hat, wieder schwanger zu werden, und deshalb jedesmal die Panik bekommt. Apropos wieder schwanger werden: Nach der Abtreibung bekommt man üblicherweise Nachhilfe in Sachen Verhütung – aus der Geschichte wird zumindest nicht ersichtlich, daß sie sich darüber dann irgendwelche Gedanken gemacht hätten.
Die restlichen Kleinigkeiten:
»Mir war kalt.«
– Ähm, warum? Wofür steht das da als erster Satz?
»sodass ihre Brüste strafften.«
– ihre Brüste sich strafften
»ihre Rippen durchschimmerten die weiße Haut«
– Rippen zeichnen sich höchstens ab, aber sie durchschimmern nicht die Haut, da ist mehr als Haut über den Knochen.
»und die Beckenknochen erzeugten eine Kuhle im Magen,«
– im Bauch
»Dass wusste ich zu schätzen, denn es musste sie eine enorme Überwindung gekostet haben.«
– Das
»Aber sie schien nicht sauer.«
– nicht sauer zu sein.
»In unseren Augen erkannten wir, dass es keine Lügen waren.«
– Ich würde bei der Ich-Perspektive bleiben: In ihren Augen erkannte ich, dass es keine Lüge war.
»Wenn man sich küsst, vergehen die Minuten und Viertelstunden nicht einfach so. Sie werden zu Honig, der einem die Sinne verklebt und die Zeit vergessen macht.«
– Minuten und Viertelstunden werden also zu Honig, der einem die Sinne verklebt – nicht etwa das, was man in diesen Minuten und Viertelstunden macht, verklebt einem die Sinne, sondern die Minuten, die sich also nun selbst vergessen machen. 
Liebe Grüße,
Susi 
PS.:
Wie wärs mit "Kerzensex" als Titel?
Ähm, das klingt, als hätte da jemand Sex mit einer Kerze.

Vorschlag: Wiederfinden