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Wiedersehen.
Meine erste Kurzgeschichte die ich hier veröffentliche. Danke für hemmungslose und konstruktive Kritik!
Wiedersehen.
Wortlos streckte er den Geldschein und die paar Münzen dem Taxifahrer entgegen. Dieser nahm das Trinkgeld ebenso schweigsam an.
Er wandte sich von der Straße ab, den Reihenhäusern zu. Schön lagen sie da, die Doppelhäuser, mit ihren von Lattenzäunen umrahmten Vorgärten. Der Herbst hatte seinen Zenit auch schon gesehen. Die Blätter lagen gelb, rot und braun unter den Bäumen und auf dem Weg. So klar hatte er seine frühere Umwelt noch nie wahrgenommen. Warum erinnert man sich nur an die guten Dinge?
Die breite Haustüre öffnete sich langsam vor ihm. Der Kleine machte große Augen. Schon hatte er ihn fest in den Armen. Als die Freude nachließ blickte er in zwei alles andere als erfreute Augen. Sie stand schon die ganze Zeit im Türrahmen und versperrte ihm gewissermaßen den Weg. Schon eine ganze Weile empfand er nichts mehr für sie. Die Verachtung in der Körpersprache war offenkundig. Der Kleine nahm ihn bei der Hand und zog ihn ins Haus. Beide verschwanden im Kinderzimmer.
Sie schloss die Türe und begab sich in die gemütliche Wohnküche. Dort öffnete sie den Schrank und deckte widerwillig den Tisch. Die Kaffeemaschine dampfte schon im Hintergrund als er sich an den verkratzten Holztisch setzte. Der Kleine war oben geblieben. Sie goss den Kaffee ein und setzte sich gegenüber. Sie suchte die Augen in die sie sich verliebt hatte, fand sie aber nicht. Er blickte kalt an ihr vorbei, durch die Wohnzimmerfenster in den Garten hinaus. Schön war er, aufgeräumt, das Laub zusammengekehrt, die Büsche kurzgeschnitten, winterfest. Dunkle Wolken hatten sich vor die tiefstehende Sonne geschoben.
Sie nahm ihre Tasse hoch und versuchte den Anfang zu finden:
„Und, wie geht’s dir?“
Besseres brachte sie nicht zu Stande.
„Ganz gut,“ log er.
„Was macht denn der Kleine. Wie geht es ihm?“
Sie dachte einen Augenblick nach und sagte:
„Ich glaube er hat alles noch gar nicht realisiert. Der Kindergarten ist mit ihm zufrieden. Haben wir es eigentlich realisiert?“ Fragte sie leise, mehr an sich selbst gerichtet.
Seine zögernde Miene war für sie Antwort genug, auch wenn er das Gegenteil behauptete:
„Also ich fühle mich gut dabei. Ich glaube es war richtig.“
Seine Gedanken schweiften ab. Er sah wieder das glückliche Paar dasitzen. Harmonie, Zuneigung, ihre gemeinsamen Rituale. Glückliche Urlaube, neugierige Verabredungen und grenzenloses Vertrauen.
Sie kannte ihn gut genug. Er konnte ihr nichts vormachen. Sie fühlte die Tränen in ihren Augen und wandte ihren Blick von ihm ab. Das Gesicht schützend in den Händen haltend bat sie ihn flüsternd zu gehen. Den Blick in die Ferne gerichtet, stand er zögernd auf. Er zog seine Jacke an, den Reißverschluss zu, öffnete die Türe und stand wieder auf dem laubbedeckten Weg. Er bog rechts in die Straße ein und hörte durchs gekippte Fenster ein Kind weinen.