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Wilde Erdbeeren - revisited

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13.08.2005
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Wilde Erdbeeren - revisited

Wilde Erdbeeren

Eine Glasschale mit wilden Erdbeeren auf dem Küchentisch. An einigen Stellen schimmert noch eine feine Schicht weißen Zuckers auf den Früchten. Saft hatte sich auf dem Boden der Schale gesammelt. Fruchtfliegen sirren darüber. Auf dem Fußboden liegt ein alter Mann. Tot, mit einer unendlichen Trauer auf dem Gesicht.

Er hatte nicht länger warten wollen. Jeden Tag hatte er in seinem alten Lehnstuhl gesessen, gelesen, sich von Mahlzeit zu Mahlzeit gehangelt. Diese Mahlzeiten waren die einzigen Fixpunkte in seinem Tagesablauf. Morgens zum Bäcker, zwei Brötchen. Zeitung lesen. Ab halb zwölf das Mittagessen vorbereiten.

Er kochte noch selbst. Ein wenig Gemüse. Kartoffeln. Nur selten Fleisch. In seiner Kindheit gab es Fleisch nur am Sonntag. Er sah keinen Grund, dies zu ändern.

Mittagsschlaf. Warten. Immer den Telefonhörer in der Nähe, um ja den sehnlich erwarteten Anruf nicht zu verpassen. Der kaum, der viel zu selten kam.

„Hier Lydia.“

„Hallo, mein Schatz.“

Stille. Sie hatten sich nichts zu erzählen. Hatten sich auseinander gelebt. Selbst mit dem Hörer in der Hand, mit seiner Tochter am anderen Ende der Leitung, wartete er noch. Auf ein nettes Wort, auf ein paar Details, mit denen sie ihren Alltag teilen würde.

„Wie geht’s?“

„Danke, und dir?“

Er versuchte, sie in seine Welt mitzunehmen. Erzählte von seinem Nachbar, bei dem eingebrochen worden war. Erzählte von einem Freund, dessen Todesnachricht er am Morgen im Briefkasten gefunden hatte. Lydia war einsilbig geblieben, immer.

Er konnte sich nicht erinnern, wann er sie verloren hatte. Aber es musste lange her sein. Vielleicht schon damals, als sie noch ein Kind war. Eines Tages hatte sie ihm nach der Schule aufgelöst von einer Freundin erzählt, die sich umbringen wollte. Natürlich hatte er die Eltern des Mädchens angerufen. Diese hatten ihre Tochter ins Gebet genommen und diese wiederum ihre enge Freundschaft zu Lydia radikal abgebrochen. Über Jahre hinweg hatte Lydia nicht mehr von sich oder ihren Freundinnen berichtet.

An diesem Morgen nun, nachdem er gefrühstückt und ein wenig Zeitung gelesen hatte, beschloss er, nicht mehr zu warten. Er holte ein kleines Körbchen aus dem Keller und ging in den nahen Wald, Erdbeeren suchen.

Er erinnerte sich gut daran, hier vor vielen Jahren Erdbeersträucher gefunden zu haben. Damals, als Lydia und Johannes noch klein waren, gingen sie zusammen in diesen Wald, saßen stundenlang auf dem Waldboden, aßen Erdbeeren und träumten von großen Abenteuern. Von Fahrten auf dem großen Meer, von Burgen mit langen Geheimgängen, von einem Hof voller Tiere und einer gemeinsamen Sprache zwischen Mensch und Tier.

All die Stellen, an denen er früher Erdbeeren gefunden hatte, waren heute vermoost. Er suchte weiter, geriet immer tiefer in den Wald, vergaß das Mittagessen.

Er erinnerte sich an den Tag, als Johannes seine erste Anstellung bekam und das Haus verließ, um in der Stadt zu wohnen. An den Tag, als Lydia ihren ersten Liebhaber fand. Den ersten Mann, der sie heiraten wollte.

Vor der Scheidung hatte sie häufiger angerufen. Nicht um ihn, sondern um seine Frau zu sprechen. Aber wenigstens sprach sie damals wieder von sich.

Schweiß lief ihm über das Gesicht in die Augen. Lange schon war er nicht mehr so weit gelaufen. Er setzte sich auf eine alte, umgestürzte Eiche und sah sich um. Er konnte sich nicht daran erinnern, jemals in dieser Ecke des Waldes gewesen zu sein. Der große Feldstein am Wegrand, die leicht ansteigende Krümmung des Weges kamen ihm unbekannt vor.

Obwohl Johannes und Lydia oft in den Wald gingen, um dort zu spielen, hatte er sich nie um sie Sorgen gemacht. Anders als Martha. Die hatte oft Angst gehabt, die beiden könnten sich verlaufen. Oder würden überfallen. So wie sie, damals, auf der Flucht.

Er ging weiter, sich grob an der Sonne orientierend, die mittlerweile schon weit im Westen stand. Einem Wildwechsel folgend kam er schließlich zu einer kleinen Ansiedlung. Hier, am Rand des Waldes, fand er einige verwilderte Erdbeersträucher, die noch ihre Früchte trugen.

Während er sich auf das weiche Moos setzte, spürte er einen leichten Schmerz, der sich von den Unterarmen aus in Richtung Schulter bewegte. Nach ein paar Minuten ging es wieder.

„Ich werde alt“, dachte er. „Wirklich alt.“

Er probierte eine der kleinen Früchte. Süß waren sie und sehr intensiv im Geschmack, so wie er sie von früher kannte. Er entspannte sich ein wenig, dachte wieder zurück an die verschiedenen Male, als er mit den Kindern zum Beerensammeln in den Wald gegangen war. An Geschichten von Trollen und Erdgeistern, die er ihnen bei diesen Gelegenheiten erzählt hatte. Und an spätere Versuche, an diese Tradition anzuknüpfen, als die beiden schon älter waren, Teenager, mitten in ihrer Pubertät. Er beschloss, für die Kaffeezeit eine Portion Erdbeeren mit nach Hause zu nehmen, sie zu zuckern und gemütlich zu verspeisen.

Doch musste er noch eine geraume Zeit durch den Wald irren, bis er endlich eine Stelle fand, die er von früheren Gängen kannte. So wurde es spät, bis er endlich zurück nach Hause kam. In der Hand sein Körbchen, der zur Hälfte mit Erdbeeren gefüllt war. Er hatte wesentlich mehr gepflückt, doch die meisten Beeren waren direkt in seinen Mund verschwunden.

Als er in den verschiedenen Taschen seiner Jacke den Schlüssel für die Haustür suchte, begann drinnen das Telefon zu klingeln. Er stellte den Korb ab, um beide Hände zur Suche nutzen zu können, fand den Schlüssel schließlich in der Innentasche der Weste, schloss eilig auf, ließ den Korb draußen stehen. Er nahm den Hörer auf, hörte aber nur noch das Freizeichen.

Erschöpft setzte er sich in seinen Sessel. Die Haustür stand noch immer offen. Ein Luftzug fuhr durch die Tageszeitung auf seinem Wohnzimmertisch und blätterte sie auseinander.

Beklemmende Schmerzen machten sich in seiner Brust breit. Ein unbestimmtes Gefühl von Trauer durchfuhr ihn. Er wartete einen Moment, bis der Schmerz sich etwas gelegt hatte, und holte den Korb mit den Erdbeeren ins Haus. Nachdenklich wusch er sie und befreite sie vom Grün. Aus dem alten Hängeschrank nahm er die Zuckerdose und streute eine ordentliche Portion auf die Früchte. Er würden sie eine Weile ziehen lassen, bevor er sie äße.

Sein Blick ging zum Telefon. Die Leuchtdiode des Anrufbeantworters zeigte keine eingegangenen Nachrichten. Ihm wurde übel. Vielleicht hätte er doch nicht so viele Erdbeeren essen sollen. Kalter Schweiß lief ihm über die Stirn. Vielleicht sollte er den Arzt anrufen. Der Telefonhörer lag grau auf seiner Gabel. Auf dem Tisch leuchteten rot die Erdbeeren. Seine Beine gaben nach.

 

Hallo Ennka!

Hat mir ziemlich gut gefallen, wie du hier die letzten Stunden eines alten Mannes erzählst, der auf sein Leben zurückblickt. In ganz kleinen Details, zum Beispiel, dass seine Frau auf der Flucht gewesen war, gibst du diesem Leben Fülle und Besonderheit. Das hat etwas von einer Zeichnung, die mit wenigen Strichen ein stimmiges Bild ergibt. Schön auch das Erdbeer-Leitmotiv, und dass er nochmals diesen sehr lebensvollen Geschmack wilder Erdbeeren kostet.
Der einfache, unaufgeregte, aber nicht kunstlose Stil tut der Geschichte gut.

Einzige Anmerkung:

Erzählte von seinem Nachbar, bei dem eingebrochen wurde.
Zeitenfolge beachten, also: eingebrochen worden war

Gruß
Andrea

 

Salü Ennka,

auch ich habe diese wehmütige, schlichte Geschichte gern gelesen und teilgenommen an den Erinnerungen des alten Mannes.

Schön, wie Du das Rot der Erdbeeren (im Gegensatz zum Grau des stummen Telefons) immer wieder wie einen Trost aufleuchten lässt.

Kleinigkeit:

Als er groß wurde, gab es Fleisch nur am Sonntag.

Da bin ich gestolpert beim Lesen. Müsste es nicht heissen:
Als er klein war ... oder ... In seiner Kindheit ... ?

Und:

Beklemmende Schmerzen machten sich in seiner Brust breit. Ein unbestimmtes Gefühl von Trauer durchfuhr ihn. Er wartete einen Moment, bis das Brennen sich etwas gelegt hatte,

Da bin ich mir nicht sicher. Schau doch noch mal drüber!

Du hast mit wenigen Worten viel Atmosphäre geschaffen.

Lieben Gruss,
Gisanne

 

Hallo Ennka!

Ich kann mich dem Lob nur teilweise anschließen, das betrifft vor allem den einfachen, unaufdringlichen Erzählstil und die eingeflochtenen Details und Rückblicke.
Der alte Mann lebt in Erinnerungen und wartet darauf, daß seine Tochter ihm über ihr Leben erzählt, und lebt selbst nicht. Und als er sich endlich entschließt, nicht mehr zu warten, stirbt er. Das ist traurig für ihn, dem Leser könnte allerdings die Erkenntnis kommen, daß man sein Leben leben soll, anstatt zu warten, bis es zu spät dafür ist.

Besonders gefallen hat mir diese Stelle, Du schaffst hier mit wenigen Worten ein stimmiges und vielsagendes Bild:

Stille. Sie hatten sich nichts zu erzählen. Hatten sich auseinander gelebt. Selbst mit dem Hörer in der Hand, mit seiner Tochter am anderen Ende der Leitung, wartete er noch. Auf ein nettes Wort, auf ein paar Details, mit denen sie ihren Alltag teilen würde.

„Wie geht’s?“

„Danke, und dir?“

Gleiches gilt für diese Stelle:
Er konnte sich nicht erinnern, wann er sie verloren hatte. Aber es musste lange her sein. Vielleicht schon damals, als sie noch ein Kind war. Eines Tages hatte sie ihm nach der Schule aufgelöst von einer Freundin erzählt, die sich umbringen wollte. Natürlich hatte er die Eltern des Mädchens angerufen. Diese hatten ihre Tochter ins Gebet genommen und diese wiederum ihre enge Freundschaft zu Lydia radikal abgebrochen. Über Jahre hinweg hatte Lydia nicht mehr von sich oder ihren Freundinnen berichtet.

Ich liebe Walderdbeeren seit meiner Kindheit, deshalb wachsen sie auch auf meinem Balkon; mittlerweile wächst da fast nichts anderes mehr, weil sie alles überwuchern wie Unkraut.
Zum Kritisieren muß ich leider schon beim Titel anfangen: Wilde Erdbeeren ist ein Filmtitel, was Du meinst, sind Walderdbeeren.
Deine Geschichte liest sich aber nicht nach Walderdbeeren, sondern so, als wären es ganz normale Gartenerdbeeren.
Er erinnerte sich gut daran, hier vor vielen Jahren Erdbeersträucher gefunden zu haben.
Aber selbst Gartenerdbeeren wachsen nicht auf Sträuchern, sondern in Stauden.
kam er schließlich zu einer Lichtung, an deren Rand er eine Reihe Erdbeersträucher ausmachte.
Sie wachsen auch nicht in Reihen, nur Gartenerdbeeren werden in Reihen angepflanzt. Walderdbeeren vermehren sich u. a. durch Ableger, die sie einfach wild in die Gegend setzen, ohne dabei Reihen einzuhalten.
Süß waren sie und sehr intensiv im Geschmack
Richtig. Warum sollte er dann Zucker dazugeben?
Sie würden eine Weile ziehen müssen, bevor er sie essen konnte.
Bei Gartenerdbeeren stimme ich Dir zu. Walderdbeeren werden bei der Behandlung allerdings trocken, zäh und gummiartig, ich glaube kaum, daß er sie so essen mag. Lies mal das Gedicht auf der Wikipedia-Seite über die Walderdbeeren (ganz unten). :)
In der Hand seinen Korb, der zur Hälfte mit Erdbeeren gefüllt war. Er hatte wesentlich mehr gepflückt, doch die meisten Beeren waren direkt in seinen Mund verschwunden.
Bei Gartenerdbeeren nehm ich Dir das ab, bei Walderdbeeren würd ich Dir gern zusehen, wie Du mir das vorpflückst – und dann erst ein alter Mann … ;)

Das wars mit den Erdbeeren, jetzt noch ein paar andere Anmerkungen:

»Saft sammelt sich auf dem Boden der Schale. Fruchtfliegen sirren darüber.«
– Wenn sich der Saft erst sammelt, sind noch keine Fruchtfliegen da, wenn die da sind, ist der Saft wohl eher schon eingedickt.

»Diese Mahlzeiten waren die einzigen Konstanten in seinem Tagesablauf.«
– Das klingt, als hätte er ansonsten ein sehr unregelmäßiges Leben, meinst Du nicht eher »waren seine einzige Beschäftigung« oder sowas in der Art?

»All die Stellen, an denen er früher Erdbeeren gefunden hatte, waren heute vermoost.«
– Eigentlich kaum zu glauben, so wie die sich vermehren.

»Schweiß lief ihm über das Gesicht in die Augen.«
– würde »in die Augen« streichen, sonst liest es sich nämlich so, als würde der Schweiß über die Wangen bergauf rinnen. Würde der Schweiß von der Stirn kommen, würde er nicht in die Augen rinnen – um das zu verhindern, haben wir Augenbrauen.

»An Geschichten von Trollen und Erdgeister,«
– Erdgeistern

»Der Telefonhörer lag grau auf seiner Gabel.«
– Wie liegt etwas grau? Der graue Telefonhörer lag auf seiner Gabel.


Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hallo, ihr drei

herzlichen Dank erst einmal für's Lesen, das Lob und die konstruktive Kritik. Ich werde mich heute noch dran machen, die kleinen und großen Fehler der Story zu bearbeiten - soweit mir bereits etwas Schlaues dazu einfällt. Seufz. Wie immer kann ich es nicht allen recht machen. So hat Häferl grammatikalisch sicher Recht mit ihrer Bemerkung, Telefonhörer können schlecht "grau liegen". Andererseits scheine ich bei Gisanne mit dieser etwas schiefen Wortkonstruktion genau das ausgelöst zu haben, was ich beabsichtigte. Mal sehen, ob mir da noch ein Königsweg gelingt.

@Andrea

Ging mir runter wie Öl, dein Kommentar. Du hast damit ziemlich genau das zusammengefasst, was ich mit der Geschichte beabsichtigt habe.
Den grammatikalischen faux pas werde ich ausbügeln.

@Gisanne

Freut mich, dass sie dir gefallen hat. Gerade bei den letzten beiden Sätzen der Geschichte fand ich dies positive Feedback hilfreich.
Was die "Stolperer" angeht: es ist immer gut zu sehen, wo jemand beim Lesen stolpert. Insofern danke für die Rückmeldungen. In beiden Fällen bin ich genauso unsicher wie du. Vielleicht werde ich die erste Änderung tatsächlich übernehmen. "Als er klein war" stimmt in diesem Fall ja genau so wie meine Formulierung, die auf einen späteren Zeitpunkt abzielt, aber vielleicht ungebräuchlicher ist. Werde noch einmal darüber meditieren :)

Und zur zweiten Bemerkung: sicher, "beklemmend" ist nicht das Gleiche wie "brennend". Wahrscheinlich sollte ich diese beiden Schmerzen noch deutlicher trennen bzw. genauer auf das eingehen, was da in der Brust des Protagonisten passiert. Ich habe die Geschichte einem Bekannten vorgelesen, der selbst einen Infarkt hinter sich hatte. Der meinte, so genau hätte ich das eigentlich nur beschreiben können, weil ich es selbst einmal erlebt habe. Der hat sich also definitiv nicht dran gestört. Aber die Stelle lässt sich bestimmt noch glätten.
Danke auch Dir für's Feedback.

@Häferl

Übernimmst Du auch Lektorate für Romane? Nachricht bitte per PM :)

Wie viel du in der Geschichte noch an Ungereimtheiten gefunden hast, finde ich schon verblüffend. Bei den meisten Punkten gebe ich dir Recht, auch wenn die Sachen wohl nicht so einfach zu beheben sind wie die Punkte von Andrea und Gisanne, weil sie tiefer in die Geschichte eingreifen.

Die Hauptcrux: ich hatte beim Schreiben tatsächlich wilde Erdbeeren, nicht Walderdbeeren im Sinn. Also verwilderte Erdbeeren, wie sie sich zuweilen in bevölkerungsarmen Regionen in der Nähe von Häusern finden. Auf solche Erdbeeren zielte damals Bergman mit seinem Film ab, und schon der Name meiner Kurzgeschichte deutet ja an, dass hier nichts anderes vorliegt als eine kleine Reminiszenz an den großen Film. Auch dort ging es ja um einen alten Mann, der auf sein halb missglücktes Leben zurück schaut.

Die große Preisfrage wäre nun, wie diese wilden Erdbeeren mitten in den Wald gelangen. Und damit ist die Grundannahme der Geschichte perdu. Entweder ich bastel all das wirklich zu Walderdbeeren um - womit aber ein Großteil der Bilder und Konnotationen zum Teufel wäre, oder ich muss den Prot zumindest wieder in die Nähe von Häusern kommen lassen. Wahrscheinlich werde ich mich für Letzteres entscheiden.

Bei deinen kleineren Korrekturen werde ich ebenfalls nacharbeiten. Nur: du hast noch nie so geschwitzt, dass dir der Schweiß in die Augen lief? Irgendwann helfen da auch keine Augenbrauen mehr, dann kommt das Zeug von der Seite. Brennt höllisch. Äußerst unangenehm. - Und warum die meisten Erdbeerflecken im Wald heute vermoost sind, kann ich dir auch nicht erklären. Hat vielleicht mit der Gier der Städter zu tun. Wenn genug Leute auf die Idee kommen, nur ein paar wenige Stauden mitzunehmen, sind sie irgendwann weg, allen Vermehrungsbestrebungen zum Trotz. Meine Erdbeer-Reviere im Wald sind jedenfalls fast alle perdu. Woran immer das auch liegen mag.

Herzlichen Dank euch allen,
Ennka

 

Hallo Ennka,

ich kann meinen Vorrednern beipflichten. Die Geschichte hat mich mitgenommen, ich konnte mich mit dem Mann identifizieren, und die Stellen, die besonders bezeichnend für die familiäre Situation des Mannes, konkret sein Verhältnis zur Tochter waren, hat Häferl schon belobt und ich tu es ihr gleich.

Zwei unwichtige Probleme:

  • das Tuten des Freizeichens ist so wie das Schwarz völliger Dunkelheit. Schreib einfach "Freizeichen", dadurch verlierst du rein gar nichts.
  • Das "revisited" im Titel gibt deiner Geschichte den Touch von unterhaltungsindustriellem Billigschrott. Ich würde einen ganz anderen Titel suchen. Die Ähnlichkeit zu dem Film wird ohnehin jedem auffallen, der ihn gesehen hat, und für den Rest wird das egal sein.

Liebe Grüße,
-- floritiv.

 
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Hallo Ennka,

wirklich eine feine ruhige Geschichte. Mir hat sie insbesondere deshalb gefallen, weil sie mit nichts Spektakulärem aufwartet, sondern im Leser wirklich das Gefühl auslöst, einer alltäglichen Geschichte beigewohnt zu haben. Das finde ich deshalb so gut, weil alltägliches oft mit Langeweile gleichgesetzt wird, was dazu führt, dass die meisten Autoren denken, sie müssten einen "Knaller" in die Geschichte einbrigen, um sie "lesenswert" zu machen.

Gerade in unserer Zeit der Superlative sind solche Geschichten, die durch ihre Ruhe wirken, besonders wertvoll. Wenn sie gut geschrieben sind - Was hier der Fall ist.
Gelungener Aufbau, schön konstanter Ton, keine Effekthascherei.
Gerne gelesen. :)

grüßlichst
weltenläufer

edit: was den Titel angeht, da muss ich flo recht geben. Das revisited ist genau jener Klumpfuß, der das schön ruhige unaufgeregte sensationslüster negativ einfärbt.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Ennka!

ich hatte beim Schreiben tatsächlich wilde Erdbeeren, nicht Walderdbeeren im Sinn
Soviel ich weiß, und auch mein Nachrecherchieren hat nichts anderes ergeben, gibt es aber keine "wilden Erdbeeren". Nur, weil sie wild wachsen, sind es noch keine wilden Erdbeeren. Und da stellt sich meiner Meinung nach die Frage, wie sinnvoll es grundsätzlich ist, Fehler aus Filmen, Büchern etc. zu übernehmen. Aber Du kannst das natürlich halten wie Du willst. ;)

Und warum die meisten Erdbeerflecken im Wald heute vermoost sind, kann ich dir auch nicht erklären. Hat vielleicht mit der Gier der Städter zu tun. Wenn genug Leute auf die Idee kommen, nur ein paar wenige Stauden mitzunehmen, sind sie irgendwann weg, allen Vermehrungsbestrebungen zum Trotz.
Solltest Du damit auf die Walderdbeeren auf meinem Balkon anspielen: Die sind nicht aus dem Wald mitgenommen, sondern vor dem Komposthaufen im Garten der Eltern meiner Freundin gerettet (die so nah am Wald wohnen, daß sie da von selbst gewachsen sind und das inzwischen auf mindestens vier Beeten tun). :)

Liebe Grüße,
Susi :)

 

so, an dieser Stelle einen ganz herzlichen Dank auch an floritiv und weltenläufer fürs Lesen und ihre lieben Worte. Baut mich natürlich auf.

Die Änderungen, die floritiv vorgeschlagen hat, habe ich übernommen. Wobei ich "Freizeichen" immer noch deutlich abstrakter finde als "Tuten". Mal sehen, ob ich da noch eine optimale Lösung finde.

Was den Titel angeht. Nun ja, bei "revisited" denke ich an Dylan mit seinem Album "Highway 61 revisited", also nicht unbedingt an "sensationslüsternen" "unterhaltungsindustriellen Billigschrott". Außerdem fand ich den Titel wunderbar doppelbödig, weil er eben zum einen darauf anspielt, dass diese "wilden Erdbeeren" schon einmal (bei Bergman) da waren, um zum anderen der alte Protagonist diese Erdbeer-Flecken im Wald eben schon früher besucht hat. Aber ich befürchte, dass ich mit meiner Interpretation nicht mehrheitsfähig bin. Bis mir ein besserer Titel einfällt, muss es halt bei "Wilde Erdbeeren" (ohne "revisited") bleiben.

@Häferl

Nein, ich wäre nie so dreist, dich auf deine Balkonpflanzungen hin anzusprechen. ;) Aber ich denke tatsächlich, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Verschwinden von Walderdbeeren und der zunehmenden Nutzung der Naherholungsflächen geben muss. Mir würde heute keine Stelle mehr einfallen, wo ich noch Walderdbeeren finden könnte. Ebenso sieht es mit den Blaubeeren aus. Auch ein Relikt aus alten Tagen. Sobald irgendwo eine auch nur halbwegs reife Beere auftaucht, wird sie doch sofort gepflückt. Und ich bin sicher, dass die ein oder andere Pflanze in irgendwelchen Vorgärten wieder aufwacht. Wie sollen sie sich da vermehren?

Euch allen herzliche Grüße,
Ennka

 

Hallo Ennka!

Die Änderungen, die floritiv vorgeschlagen hat, habe ich übernommen. Wobei ich "Freizeichen" immer noch deutlich abstrakter finde als "Tuten". Mal sehen, ob ich da noch eine optimale Lösung finde.
Ich finde, es würde sich ein aussagekräftiges Adjektiv vor dem Freizeichen ganz gut machen. Eins, das zur Enttäuschung des alten Mannes paßt oder vielleicht mit dem Frei in Freizeichen spielt. ;)

Nein, ich wäre nie so dreist, dich auf deine Balkonpflanzungen hin anzusprechen.
Da bin ich ja erleichtert, ich will nämlich nicht gern als Vandale oder Umweltverbrecher gesehen werden. :D

Aber ich denke tatsächlich, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Verschwinden von Walderdbeeren und der zunehmenden Nutzung der Naherholungsflächen geben muss. Mir würde heute keine Stelle mehr einfallen, wo ich noch Walderdbeeren finden könnte. Ebenso sieht es mit den Blaubeeren aus. Auch ein Relikt aus alten Tagen. Sobald irgendwo eine auch nur halbwegs reife Beere auftaucht, wird sie doch sofort gepflückt.
Ehrlichgesagt klingt das für mich mehr nach einer arg kaputten Umwelt. Ich glaube nicht, daß alle Pflanzen samt Wurzeln ausgegraben wurden, und die Walderdbeeren vermehren sich wirklich wie Unkraut - nicht nur über nicht-gepflückte oder von den Vögeln gefressene und wieder ausgeschiedene Beeren, sondern vor allem, weil jede Pflanze zig Ableger produziert - auch wenn die Beeren gepflückt werden. Allein mit den Ablegern, die ich ständig abschneiden muß, weil ich meinen Balkon nicht vergrößern kann, könnte ich jedes Jahr ein ganzes Beet bepflanzen.
Und ich weiß auch hier noch genug Stellen, wo z. B. Heidelbeeren wachsen, soweit das Auge reicht. Und sie hängen dann sogar noch dran, weil die meisten Leute viel zu faul sind, mal eine Stunde zu gehen. In der Steiermark weiß ich sogar so eine Stelle, die ist nur zehn Minuten von einem gut besuchten Abenteuer-Irgendwas entfernt - die Leute gehen ja nicht weiter, als vom Parkplatz dort hinein und wieder zurück zum Parkplatz.
Sogar hier in Wien kann ich, nur eine Viertelstunde entfernt von mir, Brombeeren und Holler (Holunder) en masse pflücken. Und im Frühjahr Bärlauch. - Andere kaufen die Beeren halt lieber gut abgelegen und teuer oder den Holler halb vergoren am Markt - mir ist das nur recht so. :D

Also mach mal Urlaub in den Bergen, da findest Du auch die Beeren wieder. :)

Liebe Grüße,
Susi :)

 

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