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Wissen ist Macht
Es regnete in Strömen. Obwohl die Scheibenwischer auf Hochtouren liefen, konnte Jason die Straße kaum erkennen. Die Scheinwerfer der entgegenkommenden Autos blendeten ihn so sehr, dass er praktisch blind fuhr.
Er war jetzt seit 10 Stunden unterwegs, hundemüde und noch lange nicht am Ziel seiner Reise angekommen. Während seine Augenlieder immer schwerer wurden entschied er sich für heute Schluss zu machen, und im nächsten Motel zu übernachten.
Es sah selbst im Dunkeln ziemlich heruntergekommen aus. Das neonfarbene Werbeschild hatte das typisch unbeständige Flackern das man aus unzähligen Filmen kannte. Auf dem Parkplatz standen nur wenige Fahrzeuge. Er parkte seinen Wagen direkt vor dem Eingang, schnappte sich seine Koffer und seine Reisetasche, und ging Richtung Eingangstür.
Innen brannte zwar Licht, erkennen konnte man aber nichts, da die Fenster völlig verdreckt waren. Sein Gepäck in der einen, den Türgriff in der anderen Hand betrat er die Rezeption.
„Keine falsche Bewegung oder ich puste dir dein Gehirn aus dem Schädel.“ Er spürte den kalten Lauf einer Pistole an seiner Schläfe und erstarrte - bis auf sein panisch pochendes Herz war es vollkommen still.
„Geh einen Schritt vor, stell dein Gepäck ab und spreiz die Arme. Ich werde dich jetzt langsam mit einer Hand abtasten. Die andere Hand zielt weiterhin auf deinen Kopf. Also keine Dummheiten.“ Er brauchte einen Moment um wieder zu sich zu kommen, und das Gesagte zu verarbeiten. Dann tat er wie im geheißen. Der Fremde tastete ihn ruhig von oben bis unten ab und grunzte scheinbar zufrieden. „Gut so und nun setz dich auf den freien Stuhl und leg deine Arme auf die Lehnen. Ich werde dich nun mit Klebeband fesseln.“
Nachdem der Fremde im die Arme und Beine am Stuhl stramm festgebunden hatte, hatte er erstmals Zeit sich ein wenig um zu sehen. Er war nicht der einzige Gefesselte in diesem Raum.
Links von ihm saßen zwei junge Frauen und ein Mann mittleren Alters mit einer Halbglatze und schmuddeliger Kleidung. An seiner Brust hing ein Namensschild – „Al“. Er war wohl der Nachtmanager des Motels.
Die beiden Frauen trugen Regenjacken die immer noch tropften.
Nun wendete er seinen Blick der Bedrohung zu. Ein hochgewachsener stämmiger Mann mit einem militärischen Kurzhaarschnitt und ausdrucksloser Miene.
Ihre Blicke begegneten sich und sie starrten sich eine Weile an. Der Blick des Fremden war eiskalt. Die Augen eines Killers dachte Jason. Er senkte denn Blick und fragte, „Was soll das alles. Was ist hier überhaupt los.“ Sein Herzschlag hatte sich ein wenig beruhigt und er hatte seine Fassung wiedergewonnen.
„Schnauze, du redest nur wenn du gefragt wirst.“ Der Fremde stand ihnen direkt gegenüber und betrachtete die Gruppe nachdenklich. „Wie es scheint füllt sich unsere kleine Party immer mehr. Und je mehr Leute kommen desto mehr Spaß werden wir alle miteinander haben.“ Er verzog den Mund zu einem spöttischen Grinsen.“
Jason versuchte die Situation zu analysieren. Vier gefesselte Personen, zwei Frauen, zwei Männer. Ein Bewaffneter mit einer Automatikpistole, einem Armymesser am Gürtel, Springerstiefel und Tarnfarbenoutfit. Vermutlich ein durchgeknallter Waffennarr. Der Waffennarr stand ihnen reglos gegenüber, die Arme samt Waffe hinter dem Rücken verschränkt. Er musterte sie mit seinen kalten Augen und überlegt wohl, was er als nächstes tun sollte.
Tja, und was sollte er tun. Es war 3.00 Uhr Nachts und die Wahrscheinlichkeit, dass noch jemand hier vorbeikommen, war sehr gering.
„Bitte tun sie uns nichts“, flehte eine der Frauen; die Jüngere - Typ College Studentin. Die Tränen liefen ihr stetig die Wangen runter.
Der Waffenarr trat auf sie zu und gab ihr eine kräftige Ohrfeige. „Halts Maul, von euch kommt keiner mehr hier Lebend raus. Die Frage ist nicht ob ihr sterbt, sondern wie langsam und qualvoll. Mit deinem Gejammer empfiehlst du dich für die besonders langsame Variante“, sagte der Waffennarr in völlig neutralem Tonfall.
Jason blickte dem Waffenarr in die Augen. „Sie sind also der Armykiller.“ Es war mehr eine Feststellung als eine Frage.
Der Nachtmanager stöhnte auf. „Oh mein Gott“.
„Da hat aber jemand scharfsinnig kombiniert“ bemerkte der Waffenarr.
„Der Armykiller?“, eine der beiden jungen Frauen schaute entsetzt zu Jason rüber.
„Erzähle es der Schlampe ruhig.“ Der Waffenarr grinste dabei hämisch.
Jason lies in nicht aus dem Blick. „Der Armykiller hat in den letzten sechs Monaten 20 Menschen getötet. In fünf verschiedenen Motels, in vier unterschiedlichen Staaten, immer nachts. Einige hat er mit einem Kopfschuss hingerichtet, die anderen mit militärischer Präzision gefoltert. Laut Polizei soll er dabei Methoden angewendet haben, die das Militär bei Verhören im Vietnamkrieg verwendet hat. Daher der Name Armykiller.“
„Du bist schlaues Bürschen.“, sagte der Killer, „Das wird dir hier aber nicht weiterhelfen.“
„Da wäre ich mir nicht so sicher“, entgegnete Jason, „schließlich bin ich genau da wo ich sein wollte“.
Der Killer schaute ihn fragend an. Jason erwiderte seinen Blick ohne mit der Wimper zu zucken. „Die Polizei hat bisher keine verwertbaren Spuren finden könne. Sie tappt völlig im Dunkeln. Aber ich habe das Schema erkannt, nach dem du vorgehst und bin dir gefolgt.“
„Dann bist also ein lebensmüder Reporter, der zu tief in den Abgrund geschaut hat?“ der Killer lachte spöttisch. „Tja, jetzt wirst sogar Teil deiner letzten Story.“
„Ich bin kein Reporter.“
„Ach nein, was denn dann.“
„Profikiller.“, entgegnete Jason lässig.
„Jetzt reicht es mir aber deiner Verarsche.“ Der Killer zielte mit seiner Waffe direkt auf Jasons Gesicht.
„Oh ich verarsche dich keineswegs. Erinnerst du dich noch an die junge schwarzhaarige Frau, der du in dem Motel in Ohio die Finger abgeschnitten hast, bevor du sie erschossen hast. Das war die Tochter von Mario Calletti, dem mächtigsten Mafiaboss von New York. Und er war gar nicht darüber erfreut, was mit seien süßen kleine Tochter passiert ist. Also hat mich engagiert um dich zu jagen.“
„Ich glaube dir kein Wort.“ Der Armykiller sah Jason allerdings nicht mehr ganz so spöttisch an, wie noch vor ein paar Minuten.
„Wenn du mir nicht glaubst, dann öffne doch einfach den länglichen schwarzen Koffer, der bei meinem Gepäck steht.“
Der Armykiller zögerte, ging dann aber doch zu Jasons Koffer und öffnete ihn. Für einige Sekunde verhaarte regungslos, dann nahm er das schwarze Präzisionsgewehr aus dem Koffer und zielte auf Jason.
„Vielleicht bist du wirklich ein Killer. Aber wohl kein besonders guter. Denn immerhin bin ich es, der mit einem Gewehr auf dicht zielt.“
„Das ist alles eine Frage des Wissenstandes. Wenn du wüsstest was ich weiß, würdest du deine Ansicht ändern.“
„Was.“ Der Killer schien langsam die Geduld zu verlieren.
Jason schaute den Killer selbstsicher an. „Wenn man so lange im Geschäft ist wie ich es bin, wird es langweilig die Leute immer auf die Gleiche Art zu töten. Da fängt man an sich kreativere und aufregendere Methoden zu überlegen, damit man nicht ausbrennt. Für mich ist es langweilig geworden die Leute zu erschießen. Jetzt wirst du dich fragen, warum ich dann immer noch ein Gewehr mit mir herumtrage, und damit kommen wir zu dem, was ich über dieses Gewehr weiß, was du nicht weißt.“
„Und was ist mit diesem verfickten Gewehr“, brüllte ihn der Killer an.
„Es ist vergiftet. Ich habe es mit einem seltenen Gift bestrichen, das durch Hautkontakt übertragen wird. Du hast also noch ungefähr eine halbe Stunde, bevor die ersten Symptome einsetzen. Dann wirst du einen langsamen und qualvollen Tod sterben. Genau wie du ihn uns prophezeit hast.“
„Du lügst doch“, brachte der Killer mit gepresster Stimme hervor, warf aber dabei das Gewehr von sich weg.. „Und selbst wenn nicht, was sollte mich jetzt noch daran hindern dich zu töten.“
„Das Gegengift natürlich“, entgegnete Jason, „wenn du mich losbindest gebe ich es dir.“
Der Killer ging nervös auf und ab, seine Pistole dabei fest umklammert. Plötzlich blieb er stehen und zielte auf eine der jungen Frauen. „Ich sage dir wie es läuft. Wenn du mir nicht das Gegengift gibst, erschieße ich sie“
Jason zuckte nur mit denn Schultern. „ Na und, die sind mir doch egal. In meinem Geschäft bringt man es nur so weit, wenn einem die Leben der Anderen völlig egal sind.“
Der Kopf des Killers lief rot an. „Verdammte Scheiße“ brüllte er.
„Du solltest dich langsam entscheiden. Für die Genauigkeit des Giftes kann ich nicht garantieren.“ Jason schaute ihn entspannt und fragend an.
„Also gut“, entgegnete der Killer.
„Erst legst du die Waffe auf den Boden, dann schneidest du mich los und setzt dich auf meine Stuhl“, sagte Jason nun mit gefühlsloser Stimme.
Widerstrebend tat der Killer wie ihm geheißen. Jason stand auf, hob die Pistole auf und nahm dem Killer das Messer ab. Er band ihn mit Klebeband auf dem Stuhl fest. Danach befreite er denn Nachtmanager. „Mach die beiden Frauen los und ruf dann die Polizei an.“ Jason stellte sich vor den Killer und zielte mit der Pistole auf ihn.
„Was soll das“ fragte der Killer nun mit leicht panischer Stimme, „Was ist mit dem Gegengift.“
Der Nachtmanager hatte inzwischen die beiden Frauen befreit und sprach ins Telefon. Jason zielte weiterhin mit der Pistole auf den Killer. „Ich frage mich wirklich, wie jemand der so blöd ist wie du, so lange der Polizei entkommen konnte. Du hast mir Geschichte tatsächlich abgekauft. Ein vergiftetes Gewehr, wie kann man nur so einen Schwachsinn glauben.“
„Du verdammter Wichser, ich werde dich in Stücke schneiden.“ Der Killer zerrte wütend an seinen Fesseln.“
„Die Polizei ist in fünf Minuten hier“, rief der Nachtmanager, „Sie sollten jetzt lieber verschwinden.“ Jason schaute ihn fragend an.
„Na als Profikiller wollen sie doch sicher nicht der Polizei begegnen.
„Profikiller“, Jason lachte, „ sie haben mir das also auch geglaubt.“
„Aber das Gewehr“, entgegnete der Nachtmanager.
„Ist ein Geschenk für meinen Schwiegervater. Der geht mit so was gerne auf die Jagd. Er hat morgen Geburtstag und ich bin gerade auf dem Weg zu ihm.“ In der Ferne konnten sie das Geräusch von näher kommenden Polizeisirenen hören. Jason schaute zum Fenster, und dann wieder zurück zum Killer. „Ich bin Schriftsteller, und ich hätte nicht gedacht, dass mir die Fähigkeit mir auf die Schnelle Geschichten auszudenken, mal das Leben retten würde.“