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Zwei Glockenschläge und kein Handtuch (überarbeitet)

Seniors
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09.05.2004
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Zwei Glockenschläge und kein Handtuch (überarbeitet)

Als Kind habe ich oft über mich selbst in der dritten Person gesprochen. Vince geht pinkeln, Vince isst Sand. Als ich Chamberlad gegenüberstand, wäre ich am Liebsten wieder in diesen Zustand kindlicher Abgrenzung zurückgekehrt.
Seine bloße Anwesenheit genügte, mich zittern zu lassen. Ein Bulldozer in Form fleischlichen Gewebes. Zwischen uns knisterte die Luft und nur eine falsche Bewegung, ein Niesen, und die Barriere, die uns jetzt noch voneinander trennte, würde zerbrechen. Chamberlads Grinsen, das nicht nur seinen Mund bewirtete, sondern auch sein Auge, machte mich rasend. Angst und Wut führten einen erbitterten Kampf.
Als der Kampfrichter den Ring betrat und seine Arme gen Decke streckte, wurde es vollkommen still. Ich hörte nur meinen Atem durch meine durch unzählige Brüche deformierte Nase pfeifen.
Trotz meiner Angst, meinen Kontrahenten aus den Augen zu lassen, blickte ich auf das Publikum. Zu meiner Linken senkten sich Doppelkinne, Hände kreuzten sich vor der Scham. Rechts von mir knieten die Menschen auf dem gesplitterten Holzboden und als der Ringrichter seine Hände sinken ließ, gab er ihnen lautlos den Befehl, ihre Gebete zu beenden.
Mit dem ersten Glockenschlag begannen das Geschrei, die Anfeuerungen und der Kampf.
Und als Chamberlads Faust mit der Geschwindigkeit eines Güterzuges auf mein Gesicht zuraste, wollte Vince wieder fünf sein.

***

Aufhören. Ein einziges Wort, das sich in meine Gedanken wie Säure geätzt hatte und während jedes Kampfes brannte es tiefer.
Bei meinem letzten Boxkampf wurde ich mit Norman Kingstons erstem, perfekt platziertem Schlag erneut daran erinnert. Warum ich mich immer wieder dieser Tortour aussetzte, obwohl ich wusste, dass ich verlieren würde, war mir unklar.
Ich teilte Hiebe aus, doch Kingston bei weitem mehr. Sein Sieg überraschte mich nicht, überraschte niemanden. Er schüttelte mir die Hand, trug ein breites Lächeln zur Schau. Für diese herablassende Geste hasste ich ihn. Hasste ihn mehr als alle anderen Männer, die mir schlimmere Prellungen, schmerzhaftere Brüche verursacht hatten. Dieses Lächeln tat mehr weh. Mit gesenktem Kopf kämpfte ich mich durch das Publikum. Ellbogen stießen gegen meine geprellten Rippen. Ich stieß zurück.
Das Taxi setzte mich vor dem Stadtpark ab, eine Straße von meiner Wohnung entfernt. Noch waren die Nächte warm, noch tummelten sich Menschen in den Alleen, Paare im Gebüsch. Hin und wieder konnte man zwischen Zweigen nackte Haut aufblitzen sehen, ein Käuzchen zusammen mit einem Mädchen schreien hören.
Ich setzte mich auf eine Bank und starrte in den Himmel. Die Sterne funkelten kitschig, kein bisschen romantisch in dieser Nacht.
»Furchtbar, nicht wahr?« Ich zuckte zusammen und drehte mich um. Neben mir hatte ein Mann Platz genommen, Kinn und Hals von einem Schal verdeckt, der für diese Jahreszeit unerträglich warm sein musste. »Weshalb alle Gedichte von Sternen handeln? Furchtbar ist gar kein Ausdruck.«
Ich sagte nichts.
»Sie sind Boxer?«, fragte er, die Wangen in das Orange einer glühenden Zigarette getaucht, die er locker im Mundwinkel balancierte. Er war groß, sein Hals dick und seine Stimme war etwas brechend, er wirkte jung.
»Ja.« Ich versuchte sein Gesicht auszumachen, doch das bisschen Licht verwischte seine Züge noch mehr als die Dunkelheit. »Warum?« Sein Interesse war mit Sicherheit geheuchelt. Ich wollte allein sein, einfach in den leeren Himmel starren.
»Boxen ist eine gute Sportart. Stark, machtvoll. Männlich, hm?«
»Was wollen Sie?«
»Kingston hat Ihnen ne Abreibung verpasst. Ein harter Kerl, allerdings kein bisschen Grips.« Der Mann spielte mit seinem Regenschirm genauso wie mit meinen Nerven. »Haben Sie Grips?«, fragte er mich ohne herüberzusehen.
»Was soll ich darauf sagen?«
»Nun, das beantwortet sich mit meiner nächsten Frage.« Er drehte sich um. Sein Oberkörper war breit und er überragte mich im Sitzen fast um einen Kopf. Zwischen und unter seinen Augen trug er jedoch Falten, die sein wahres Alter mehr als nur andeuteten. »Ich bin Dick Harrison, Ahern«, sagte er und streckte seine Hand aus. Aus Reflex ergriff ich sie. Harrison trug Handschuhe, das Leder schmiegte sich an meine Haut wie ein Schoßtier.
»Sie sind nicht verheiratet«, fuhr er fort.
»Nein.«
»Das war keine Frage. Ich weiß, dass Sie es nicht sind. Ebenso weiß ich, dass Sie Geld brauchen, Ahern, viel Geld. Aber auch das ist nichts besonderes, das braucht jeder.« Er beugte sich zu mir, in seinen Augen spiegelten sich die Sterne, die er so verabscheute. »Sie brauchen viel mehr, um Ihr Leben in Ordnung zu bringen.«
Mit jedem Wort wurde er mir unsympathischer.
»Was wollen Sie?« Meine schlechte Laune war echter Wut gewichen, die ich jedoch nach Jahre langem Boxen unter Kontrolle zu halten wusste.
»Das was jeder will: Geld. Vielleicht ein wenig Macht.«
»Und was hat das mit mir zu tun?«
Er beugte sich noch weiter vor. »Ich suche jemanden, der für mich Faustkämpfe austrägt.«
Ein einziger, einem Lachen nur entfernt ähnlicher Ausstoß kam über meine Lippen. »Faustkämpfe? Sie spinnen wohl.« Erst jetzt war mir klar, mit wem ich es zu tun hatte: Mit einem Verrückten.
»Kommen Sie!«, rief Harrison als ich aufstand, um den Park zu verlassen. »Als hätten Sie darüber nicht bereits einmal nachgedacht!«

Ich wurde am nächsten Morgen von Sonnenstrahlen, die Schweißperlen auf meine Stirn gezaubert hatten, aus einem todesähnlichen Schlaf geweckt. Meine Fäuste schmerzten, mein Kopf noch mehr und alles, woran ich dachte, war, dass ich meine Seele für ein Glas Whiskey verkauft hätte. Ich stand auf und ging in die Küche, öffnete alle Schränke, durchsuchte sie und fand schließlich das, was ich brauchte: Ich trank Jack Daniels aus der Flasche.
Als meine Lippen sich von ihr trennten, starrte ich leer auf den Boden. Erst nach einer Minute bemerkte ich, dass meine Augen längst nicht mehr leer starrten. Ich bückte mich und hob einen Zettel auf.
Ich zuckte zusammen, durchsuchte die Küche mit meinen Augen. Jetzt nahm ich alles wahr: Die heruntergerissene Tapete, die umgeworfenen Stühle, die zerfetzten Fotos.
Mit wenigen Schritten durchsuchte ich die Wohnung, war wahnsinnig in meiner Raserei, schlug Schranktüren auf und zu, riss den Duschvorhang von der Stange.
Suchte nach Eindringlingen.

Nach einer einstündigen Besessenheit und mehreren Schlücken Jim Beam, beruhigte ich mich. Ich duschte mich ohne Vorhang, versuchte etwas zu essen, gab es jedoch gleich wieder auf.
Ich konnte nur an diese Notiz denken: Es war kein Vorschlag. Die letzten Monate waren nicht gut gelaufen. Boxfans hatten mich verfolgt und beschimpft, mir gedroht, damit ich meine Kariere an den Nagel hängen würde.
Hin und wieder ging ich am Fenster vorbei, um einen unauffälligen Blick hinaus zu werfen. Es mochte nur aus meiner Einbildung entstehen, doch zwischen den geschäftigen Leuten sah ich einen großen Mann, der sich so wenig wie ein Felsen vom Platz bewegte. Und in meine Richtung starrte.

Als meine Paranoia mich fast in den Wahnsinn trieb, entschied ich, die Polizei zu rufen. Nur, damit ich sicher sein konnte, dass es tatsächlich nur Wahnsinn war.
Genau in jenem Moment klingelte das Telefon. Ich schreckte zusammen, nahm dann jedoch den Hörer ab.
»Hallo?«
»Ahern?«
»Harrison?«
»Ja, natürlich.«
»Was wollen Sie von mir?«, fragte ich ihn.
»Wie gesagt: Kämpfen Sie für mich. Ein einziger Faustkampf, das wäre alles.«
»Verfluchte Scheiße«, sagte ich, warf wieder einen Blick aus dem Fenster, ohne jedoch etwas erkennen zu können. »Das ist illegal.«
»Es ist viel Geld. Ich weiß, dass Sie es brauchen.«
»Wie lange beobachten Sie mich bereits?«
»Nicht besonders lange.« Seine Stimme klang fröhlich, als würde er dabei lächeln.
»Waren Sie heute in meiner Wohnung?«
»Nein.«
»Sie verdammtes Arschloch! Ich weiß, dass Sie es waren!« Er ignorierte meine Wut.
»Ganz ruhig.«
»Ich werde Ihnen gleich zeigen, wie ruhig ich bin!«
»Ich hoffe doch, sehr ruhig.« Er seufzte. »Einer meiner Männer steht draußen vor der Wohnung, Ahern. Er kann zwischen zwei Wegen wählen. Entweder er besucht Sie oder Ihre Exfrau. Das hängt von Ihrer Kooperationsbereitschaft ab.«
Ich sah aus dem Fenster, doch ich konnte den großen Mann nirgends erkennen.
»Er steht vorm Eingang, Ahern. Es ist unmöglich, ihn von Ihrer Küche aus zu sehen.«
»Sie können mir nicht einfach so drohen!«, schrie ich und spürte, wie sich meine Finger wie Schraubstöcke um den Hörer spannten.
»Ich drohe Ihnen nicht. Es ist bloß ...«
»Was?«
»Er wartet schon lange. Und manchmal habe ich ihn nicht unter Kontrolle.«
Ich wagte nicht aufzulegen.
»Warum ich?«
»Warum nicht?«, fragte Harrison.
»Antworten Sie mir. Dann werde ich es mir überlegen.«
»Sie verstehen es noch immer nicht. Es ist keine Frage von Wollen oder Nichtwollen. Letzten Endes werden Sie klein bei geben.«
»Ich will es wissen.« Meine Neugierde war größer als die Angst vor dem Schläger.
Ich hörte Harrison erneut seufzen. »Ich vertraue Ihnen.«
»Wieso? Ich ... ich bin nicht besonders gut. Ich bin zu alt und selbst mit Handschuhen schaffe ich es meistens nur in die fünfte Runde.«
»Glauben Sie mir, diese beiden Kämpfe haben nichts gemeinsam.«
Ich wollte auflegen, doch bevor der Hörer auf die Gabel traf, glaubte ich noch einmal Harrisons Stimme hören zu können.
»Und Sie haben niemanden.«

Ich würde es gern behaupten, aber es blieb nicht bei einem einzigen Kampf. Ich verursachte Prellungen, zersplitterte Knochen. Doch keiner meiner Gegner verließ den Ring ohne mir mit einem Handschlag zum Sieg zu gratulieren. Selbst, wenn sie sich nur noch mit fremder Hilfe auf den Beinen halten konnten.
Harrison war bei jedem der Kämpfe anwesend, setzte viel Geld und gewann noch mehr. Und er setzte es auf mich.
Der Mann, der von Harrison geschickt worden war mich abzuholen, bestand in Wirklichkeit aus zwei Männern, Zwillingen, beide einen Kopf größer als ich und so grobschlächtig wie Gorillas. Was ihnen auch diesen Spitznamen einbrachte.
Ich stieg oft in den Ring in diesen Wochen, doch war mir das Geld nicht genug.
Und etwas anderes genauso wenig.

»Wer hat dir davon erzählt?«, fragte mich Harrison
»Ist nicht weiter wichtig.« Der Junge, dessen Nase ich gestern gebrochen hatte, hatte seine Mutter, einer Drecksnutte, wie er sagte, und den Heatup erwähnt. Alles in einem Satz.
»Wenn du wirklich mehr Geld brauchst, Ahern«, er pausierte kurz, »es gibt sie tatsächlich. Aber sie spielen sich unter der Oberfläche ab.«
»Noch tiefer als diese?«, fragte ich und lächelte schief. Mein Kiefer schmerzte und einer meiner Schneidezähne hatte sich gestern von mir verabschiedet.
»Es ist nicht ganz legal.« Er hob eine Hand. »Ja, noch weniger legal als diese.«
»Ich brauche das Geld.«
»Wofür? Du bist ein geschiedener Mann, du hast nur dich selbst.«
Das saß.
»Es sind harte Kämpfe, Ahern.«
»Das sind sie immer.« Ich spielte mit dem Gedanken, Harrison für seine Unnachgiebigkeit zu schlagen. Ich schämte mich dafür.
»Selbst bei den Faustkämpfen gibt es Regeln, Ahern. Der Ringrichter schlägt die Glocke, bevor es ausartet. Keine Schläge in der Leistengegend.«
Harrison atmete ein paar Mal tief ein und aus. »Hör zu. Ich weiß, weshalb du mehr möchtest, Ahern. Ich mach dir einen Vorschlag: Ich suche dir härtere Gegner. Männer, größer und schwerer als du.«
»Gegen solche habe ich bereits gekämpft.«
Einer der Gorillas fing an, Harrisons Schulter zu massieren.
»Es gibt zwei Glockenschläge und kein Handtuch, Ahern.« Er fegte die Hand von sich. »Die Kämpfer bestimmen Anfang und Ende.«
»Wie lange?«, fragte ich.
»Zehn Minuten. Höchstens.« Er sah in meine Augen. »Doch das passiert nur selten.«
Seine Worte ließen nur geringe Zweifel in mir entstehen.

Anfangs hatte ich dem Namen Heatup keine Bedeutung beigemessen. Doch als ich Harrison über die lange Treppe folgte, durch eine Tür, unter die selbst ich mich hindurch bücken musste, wurde mir der Name klar.
Augenblicklich bedeckte eine Patina aus Schweiß meinen Körper und trotzdem hatte ich das Gefühl, meinen Atem in frostigen Nebelschwaden auszustoßen. Flammen, schwimmend in Ölbecken, leckten an den Wänden und der Decke. Das Öl, das in schmalen Rinnsalen von den Behältern lief, brannte.
Zwei weitere Türen führten aus dem Kampfraum hinaus. Vor einer stand jemand, bewegte sich nur in einem Spiel aus Licht und Schatten, verursacht durch das schwache Glimmen einer Zigarette. In der Mitte des Raumes war der Ring aufgebaut. Größer als das Standardyard. Um einiges größer.
Als Harrison eine Hand hob, versiegte das Flimmern im Gesicht des Menschen; er ließ eine Zigarette fallen und trat nun in den Lichtpegel der Ölflammen.
Der Mann war der Ringrichter, das war offensichtlich. Jegliches Minenspiel war entweder nicht vorhanden oder konnte nicht gedeutet werden. Bedeckt mit einer schwarz-weißen Tätowierung wirkte er wie ein organisches Schachbrett.
»Ihr seid früh dran«, sagte er, während er seine Fingerknöchel knacken ließ. »Noch keiner da.« Selbst seine Zähne waren schwarzweiß bemalt, sahen aus wie Klaviertasten.
»Einführung«, sagte Harrison.
»Dann lasst ihn duschen.« Damit verabschiedete er sich und ging zurück ins Halbfinster.
Ich folgte Harrison zur anderen Tür und ließ den Ring für kurze Zeit hinter mir.
»Zieh dich aus«, forderte er mich auf.
Die wichtigsten Regeln hatte er mir bereits am Vorabend mitgeteilt. Nummer eins: Stell keine Fragen. Nummer zwei: Egal, wie merkwürdig es dir erscheint, stell keine Fragen. Deshalb zog ich mich, verwundert aber stillschweigend, aus. Einer der Gorillas ging zu der Dusche und stellte sie an. Das Wasser musste heiß sein, ein Teil davon verdampfte bereits, bevor es im Abfluss versickerte.
»Geh schon.« Harrison sah nicht mich, sondern die geschlossene Tür hinter mir an. Als ich mich nicht bewegte, jedoch auch nichts sagte, fuhr er fort. »Draußen ist es verdammt heiß, gewöhn deinen Körper lieber gleich daran.«
Mit diesen Worten trat ich unter den Strahl und als das beinah siedende Wasser meine Haut berührte, schrie ich. Jeder einzelne Tropfen bohrte sich wie ein Reisnagel in meine Haut, und selbst als das Wasser nach schier unendlich langer Zeit abgestellt wurde, verharrten diese Nägel. Manchmal glaube ich, sie selbst heute noch spüren zu können. Mittlerweile sind sie rostig.
»Es wird wahrscheinlich, nun ja, hart werden, Ahern«, sagte Harrison, während ich mit einer Turnhose meine Scham bedeckte und versuchte, meinen Orientierungssinn wieder zu gewinnen.
»Manche verlassen den Ring nicht mehr auf eigenen Beinen. Können es nicht.« Abwesend stierte er auf die Tür und ignorierte meinen Versuch, Blickkontakt herzustellen.
»Das hast du mir bereits erzählt«, sagte ich.
»Es kann dich auch erwischen. Heute noch nicht. Der erste Kontrahent ist der Honig, mit dem sie den Bären in die Falle locken.«
»Wie heißt er?«
»Wer?«
»Mein Gegner.«
»Machen Namen einen Unterschied? Fühlt es sich besser an, wenn man den Namen desjenigen kennt, dessen Nase man zermalmt?«
Ich überlegte. Noch immer wich Harrison meinen Blicken aus. Seine Stimme hob sich. »Ist es dann gerechtfertigt? Kannst du mit einem Namen den Charakter eines Menschen deuten, ihn somit in eine Schublade stecken?«
»Hey, was ist los mit dir?« Für einen kurzen Augenblick dachte ich, Harrison würde auf mich losgehen. Kleine Hitzeflecken hatten sich auf seinen Wangen gebildet und in den Manteltaschen ballten sich seine Hände zu Fäusten.
Er atmete ein paar Mal tief durch, massierte sich dann stöhnend die Hüfte.
»Nichts. Erinnerungen lassen mich manchmal wütend werden.« Harrison drehte sich um und stand nun vor einer nackten Wand. »Und hier weckt alles Erinnerungen«, sagte er und beendete somit das Gespräch.

Als ich eine Stunde später nach draußen trat, war ich vollkommen ruhig. Diese Gelassenheit schwand mit dem ersten Blick auf das Publikum.
Ungefähr zwanzig fettleibige Männer und Frauen saßen mit gesenktem Kopf zur rechten Seite des Rings, ihre Arme über dem Wanst gefaltet. Das Ölfeuer tauchte den Raum in grelles Licht und ich konnte sehen, wie sich an einigen Stellen der nackten Leiber verbrannte Haut abschälte. Doppelkinne und Hängebacken zauberten einen gequälten Ausdruck auf ihre Gesichter. Und sie hatten alle nur ein einziges Auge. Die Farben variierten, bildeten einen grauenvollen Regenbogen.
Zuerst wollte ich verschwinden. Ein Faustkampf in einer Halle voller Einäugigen war mehr, als ich an einem Abend vertragen konnte. Harrison hatte mich darauf vorbereitet, mich gewarnt vor Dingen, die meine Weltanschauung in ihren Grundfesten erschüttern würden. Aber das hier war schlimmer als alles, was ich mir auch nur hätte erträumen können.
Oft hatte ich mich gefragt, wie schnell ein Mensch mit einer für ihn undenkbaren Situation fertig werden konnte. Ob er beim Anblick des Unmöglichen tatsächlich den Verstand verlieren würde.
Ich kann nur für mich selbst sprechen: Nein, den Verstand verlor ich nicht und ich bekam die Situation schnell unter Kontrolle. Weil mir keine andere Wahl blieb.
Die Knie zitterten mir, meine Zähne klapperten. Es war nicht Angst, sondern die Verschiebung der Grenzen der mir bekannten Realität, die mich für kurze Zeit in ein jammerndes Baby verwandelte.
Die Gorillas zeigten kein Erbarmen und trugen mich, die Finger in meine Oberarme und -schenkel gekrallt, zum Ring. Wie einen Wäschesack warfen sie mich auf das Holz, welches sich durch die Hitze bereits wie unter Schmerzen nach oben gebäumt hatte.
Ich blieb liegen und schloss die Augen, um diese Wesen aus Vince Welt zu verbannen. Wie damals, als Jason Tanner Vince nach dem Unterricht verprügelt hatte. Vince hatte die Demütigung ertragen und nur mit diesem Ausschluss der Welt reagiert. Tanner hatte Vince das Schlüsselbein gebrochen und, als hätte das nicht genügt, die Hoden gequetscht.
Diese schmerzhafte Erinnerung ließ mich aufstehen.
Um nicht die Einäugigen ansehen zu müssen, suchte ich nach Harrison. Er stand unter der Tür, wich noch immer meinen Blicken aus.
Er spuckte auf den Boden.

Ich hatte fest damit gerechnet, gegen einen von ihnen kämpfen zu müssen, gegen ein Monster. Stattdessen stieg jedoch ein Junge in den Ring, er konnte höchstens zwanzig sein. Und er hatte zwei Augen..
Das erste Klingeln löste einen konditionierten Reflex in mir aus. Ich versuchte den Fausthieben auszuweichen. Die Knöchel des Jungen trafen mich an den Schultern und im Magen. Doch das Kämpfen ohne Handschuhe hatte mich abgehärtet und nachdem seine Faust einmal hart auf meine Wange traf, schlug ich ihn zu Boden.
Ein Grölen untermalte meine Hiebe. Mein anfängliches Entsetzen war Euphorie gewichen und selbst als mein Kontrahent wimmernd um Gnade flehte, konnte ich nicht aufhören, motorisch auf ihn einzuschlagen. Das zweite Klingeln unterbrach meine Raserei.
Die Menschen riefen meinen Namen, die Nackten schwiegen, starrten mich lüstern an. Der Ringrichter kam zu mir und half mir über die Seile hinweg. Er führte mich in das Zimmer, in dem Harrison bereits auf mich wartete. Ich hatte ein triumphierendes Lächeln auf seinen Lippen erwartet, doch stattdessen hieß mich eine tiefe Abscheu in seinen Augen willkommen.

Früher hatte ich einen Ring für das Schlachtfeld der Träume gehalten. Doch im Gegensatz zum Heatup wirkte ein normaler Boxkampf wie eine Sommerwiese.
Das Wort »Aufhören« war aus meinen Gedanken getilgt worden. Alles, was geblieben war, war ein Klumpen brodelnder Abfall, der bereit war, etwas Neues aus sich formen zu lassen. Und nach dem ersten Kampf war dieses Etwas »Freiheit«.
Nicht nur aufgrund der Regeln und des Publikums hob sich der Heatup von einem normalen Ring ab.
Nach wenigen Kämpfen wurde ich süchtig. Der Bär war in die Falle gegangen.
Mit jedem Kampf stärkere Gegner. Mit jedem Schlag pralleres Selbstbewusstsein. Mit jedem Sieg zerstörerischere Übermut als zuvor. Und vor jedem Kampf eine Dusche, deren Hitze Schwindelgefühle der Arroganz erzeugte. Ich wusste nicht, von wem das Geld kam, das nach jedem Besuch im Heatup meine Taschen füllte. Es interessierte mich nicht.
Ich wusste nicht, wohin die Verlierer gingen. Es interessierte mich nicht.
Ich wusste nicht, wer oder was diese Monster waren, was sie hier taten, wohin sie gingen. Und es war Vince egal.
Nach ungefähr einer halben Stunde erklärte Harrison die Situation im Ring für ungefährlich, indem er die Tür öffnete und auf die Treppe zuging.

»Ich fühl mich klasse«, sagte ein junger Mann, der heute als Erster dran gewesen war. »Noch nie in meinem ganzen Leben hab ich mich so gut gefühlt.« Sein Gesicht war geschwollen, sein Oberkörper ebenso blau wie blutig, doch das Lächeln in seinem Gesicht war nicht zu übersehen. Und dieses Lächeln kam mir bekannt vor.
»Mann, so viel Spaß hatte ich noch nie beim Geldverdienen.«
Draußen hörte ich die Geräusche des Rituals, das nach den Kämpfen stattfand, sich jedoch immer meinem Blick entzog. Trampelnde Füße und Gekicher, das zusammen mit dem Summen der Einäugigen eine seltsame Disharmonie bildete.
Harrison kümmerte sich um den Jungen, klebte Pflaster auf Platzwunden, wusch Blut von Kinn und Nase.
»Was geschieht eigentlich da draußen?«, fragte ich zum ersten Mal.
Harrison drehte sich langsam um und starrte mich an. »Du nimmst mich auf den Arm.«
»Was?«
»Es kann doch nicht dein Ernst sein, dass du nicht weißt, was sich da draußen abspielt.«
Anscheinend hielt er jede weitere Erklärung für überflüssig. Er widmete sich wieder dem Jungen, dessen rechtes Auge von einem Veilchen gefärbt wurde.
»Harrison.«
Wieder eine Zeitlupendrehung. »Erinnerst du dich an Harry?«, fragte er.
»Nein.«
»Dein erster Gegner im Heatup.« Es klang beinah verächtlich.
»Du hast mir nie Namen genannt. Ich habe dich darum gebeten«, verteidigte ich mich. »Was ist mit ihm?«
»Du hast ihn getötet. Meine Güte, Ahern, kennst du nicht den Unterschied zwischen normalen Boxkämpfen und dem Heatup?«, schrie er. »Der ganze Ring war voller Blut! Niemand könnte so etwas überleben!«
Harrisons Atmung wurde flacher und einer der Gorillas kam zu ihm, um ihn zu stützen. Doch er schlug die großen Hände beiseite.
»Und selbst wenn er es getan hätte, du hast am Boden das letzte Leben aus ihm herausgeprügelt.«
Ich konnte nicht antworten.

Harrisons Worte waren ein Schock. Niemals hätte ich geglaubt, einen Menschen töten zu können. Doch das war es nicht, was mich bestürzte.
Ich spürte keine Schuld. Wenn ich für meine Freiheit Leben opfern musste, weshalb nicht? Würden sie nicht das gleiche tun? Hätte ich meinen Gegnern eine Chance gegeben, mein Genick zu brechen, jeder einzelne hätte sie ergriffen. Im Heatup ging es ums Überleben, und ich fühlte mich wohl dabei.
Genau das war es, was mich schockierte.
Als wir aus der Dunkelheit auf die von Reklamen hell erleuchtete Straße traten, trennte sich Harrison von mir. Er strafte mich mit Ignoranz.

Es dauerte Wochen bevor ich wieder kämpfte. Gerade standen zwei junge Männer im Ring, beide mit erst wenig Flaum über den Lippen.
Bei dem Gedanken, dass einer von beiden die Nacht nicht mehr überleben würde, wurde mir übel.
»Nimms dir nicht zu Herzen«, sagte der Junge, der plötzlich neben mir stand. Sein Gesicht war inzwischen abgeschwollen, doch dieses mir bekannte Grinsen war dasselbe. »Ich helfe dir wohl nicht, wenn ich sage, dass sich Menschen seit Anbeginn der Zeit eigentlich immer nur umbringen. Und wir haben mit Sicherheit triftigere Gründe als die.«
Ich musste lächeln.
»Der Stärkere überlebt. Wenn es dir dann besser geht, red dir einfach ein, du würdest hiermit gut machen, was unsere Vorfahren verbrochen haben.« Er räusperte sich. »Ach ja«, sagte er, »ich bin Norman.«
Da wusste ich, wer er war.

Norman Kingstons bereits mehrmals gebrochene Nase war nur noch Brei und seine Tiefenwahrnehmung musste schlecht sein; er wich keinem meiner Schläge mehr aus.
Ohne Hilfe konnte er nicht stehen, ich hielt ihn mit einer Hand am Nacken, um ungehindert auf ihn einschlagen zu können.
Ich wollte es mir nicht eingestehen, doch dieses Mal würde Kingston es nicht überleben, und ich würde sein Mörder sein. Selbst wenn ich gewollt hätte, ich hätte nicht mehr aufhören können, es war so gut wie vorbei. Ein lautes Knacken bestätigte meine Befürchtung.
Ich ließ ihn fallen und er schlug mit einem dumpfen Schlag auf dem Boden auf. Blut bildete einen Reif um seinen Schädel und die Glocke ertönte. Ich hoffte, dass Entsetzen der einzige Ausdruck in meinem Gesicht war.
Wäre es nicht Kingston, der dort leblos auf dem Holz lag, wäre ich zurück in das kleine Zimmer gegangen und hätte gewartet, bis Harrison die Entwarnung gegeben hätte. Hätte ich den Mann vor mir nicht namentlich gekannt, ihn nicht für seinen Sieg bei meinem letzten legalen Kampf gehasst, mir damals nicht seinen Tod gewünscht, wäre ich kein Mörder gewesen. Zumindest nicht in meinen Augen.
Zweimal hörte ich Harrison meinen Namen rufen und beide Male ignorierte ich es. Einer der Boxer zog mich aus dem Ring. Ich stolperte, fing an, mich zu wehren, um mich zu schlagen, bis er mich los ließ.
Wie in die Enge getriebene Hühner stoben die Menschen aus dem Saal, gefolgt von ihrem unerträglichen Gegacker. Und dann wurde ich Zeuge des Rituals, welches ich nur vom Hören her kannte.
Der Ringrichter stand unter der Tür und beobachtete das Schauspiel mit demselben gleichgültigen Gesichtsausdruck, wie zuvor den Faustkampf.
Kingstons Leichnam wurde von den Brettern gezerrt und hinterließ eine rote Spur seines Blutes. Ungefähr zwanzig Einäugige stürmten auf die Leiche wie Autogrammjäger zu. Ihre Körpermassen mussten eine ungeheure Last für sie sein, doch man konnte ihnen keine Behinderung anmerken.
Zuerst glaubte ich, eines der männlichen Wesen würde Kingston küssen, doch als er seinen Kopf wieder hob, hing Kingstons Unterlippe wie ein Regenwurm aus seinem Mund.
Ich bereute es, nicht auf Harrisons Rufe gehört zu haben und war froh, als die Fettmassen mir den Blick auf Kingston verdeckten.
Plötzlich hörte ich ein gutturales Glucksen neben mir und als ich mich umdrehte, stand eine Einäugige nur noch wenige Meter von mir entfernt. Ihre mächtigen Brüste bedeckten fast den kompletten Bauch. Ihr Lachen löste mich aus meiner Starre und ich sprintete auf die Tür zu.
Beinah zu spät fiel mir ein, dass Harrison das Zimmer immer abschloss und anstatt in die Rettung zu laufen, würde ich mich den Monstern direkt ausliefern. Ich lief zur Treppe und streifte dabei die Nackte, was mir eine Gänsehaut bescherte.
Ich konnte es nicht glauben, als ich mich an die geschlossene Tür lehnte, während die Hitze durch das Holz in meinen Rücken drang und die Kälte des Treppenhauses mein Gesicht kitzelte.

Zwei geschlagene Wochen schaffte ich es erneut, dem Heatup fern zu bleiben. Doch meine Träume von Freiheit zogen mich zurück.
»Vergiss nicht, du hast deine Gegner getötet. Nicht ich«, sagte Harrison, als sich meine Finger in sein Hemd krallten. »Ich habe dich gewarnt.«
»Hättest du mir von Tod und Kannibalismus erzählt, wäre ich nie hierher gekommen!«
»Nekrophagie. Sie essen alle nur bestimmte Körperteile. Das weibliche Ding mit dem purpurnen Auge verzehrt ausschließlich Geschlechtsorgane.«
»Leck mich doch mit deinen dämlichen Belehrungen! Am Liebsten würde ich dich sehen, wie du in den Ring steigst und sie dein Gesicht neu anordnen!«
Die Gorillas zerrten mich von Harrison fort.
»Glaubst du wirklich, das war ich noch nie?« Jetzt war es Harrison, der schrie. »Ich habe öfter gekämpft als du, ich habe mehr Menschen getötet! Glaub nicht, ich weiß nichts von der Sucht! Meine Hüfte besteht nur noch aus Stahl. Jeden Tag sitzt der Schmerz in meinem Körper, seit ich hier und nicht mehr in der Lage bin zu kämpfen.«
Wieder vollkommen ruhig strich er sein Hemd glatt. »Ich habe dich gewarnt, erinnerst du dich?«
Ich nickte. Die Gorillas ließen mich los.
»Ich habe dir besorgt, was du wolltest. Geh jetzt raus und hol dir deine Belohnung, Boxer.«

***

Die Haut meines Gesichtes platzte wie der Gummi eines Luftballons. Ich spürte, wie mein Kiefer brach und einige meiner Zähne lose in dem Meer aus Blut schwammen, das sich in meinem Mund gebildet hatte. Man hätte meinen Schädel als Rassel benutzen können.
Es dauerte bereits über zehn Minuten. Ich konnte mich kaum noch auf den Beinen halten, während Chamberlad noch immer äußerst standhaft wirkte.
Tiefdunkle Hämatome zogen sich über seinen Schädel. Er grinste und sein Gesicht verzog sich dabei zu einer vertrockneten Pflaume. Wie gerne hätte ich sie zerquetscht.
Doch bevor ich diesen Gedanken in die Tat umsetzen konnte, traf mich seine Faust und für einige Momente war alles, was ich sah und woran ich dachte, Schwärze.
Nachdem ich wieder etwas erkennen konnte, beobachtete ich durch einen Vorhang aus meinem eigenen Blut Harrison, wie er gleichgültig mein Ende mit ansah.
Wie ein Stier stand Chamberlad mitten im Ring und trampelte mit einem Fuß ein kopfgroßes Loch in den Boden. Rauch stieg daraus auf und der Geruch von Schwefel ließ meine Augen tränen. Ich wünschte mir, es würde bald vorbei sein. Selbst wenn das meinen Tod bedeutet hätte.
Ich wich aus, als er auf mich zu rannte und wäre dabei beinah in das Loch gefallen. Breitbeinig stand ich darüber, spürte die Hitze, wie sie meine Hoden kokeln ließ. Vorsichtig trat ich zurück, ließ Chamberlad jedoch nicht eine Sekunde aus den Augen. Jeden Moment musste sein Angriff kommen.
Wie auf Befehl stürzte sich der Einäugige auf mich, doch bevor er mir seinen Ellbogen in die Rippen rammen konnte, konterte ich mit einem Kinnhaken und traf ihn am Wangenknochen. Meine Faust versank in dem schwammigen, zersetzten Fleisch. Zwischen meinen Fingern quetschte sich eine lebendige Masse hindurch, die wie Maden meine Haut kitzelte.
Ich spürte, wie seine Hitze meine Haut versengte und als ich sie zurückziehen wollte, wurde sie kurz von Chamberlads Gesicht aufgehalten. Sie steckte in seiner Wange.
Mit einem saugenden Laut löste sie sich und ich konnte verbrannte Haut erkennen; teilweise die meines Gegners, teilweise meine eigene.
Das Lächeln in Chamberlads Gesicht verbreiterte sich um eine Wange, jetzt grinste er mit Dreiviertel seines Gebisses. Schwarzer Rauch drang vom Fleisch auf und sein Auge änderte die Farbe, wurde dunkler.
Dieser höhnische Farbwechsel ließ etwas in mir zerspringen. Ich warf mich gegen den schwammigen Körper und lag auf ihm auf den Boden. Mit beiden Fäusten schlug ich auf Chamberlad ein, der einen seltsamen kreischenden Klagelaut von sich gab. Der Schrei schallte aus seinem Auge.
Ich dachte, dass das Schmerzgeschrei durch meine Fäuste hervorgerufen wurde, doch Chamberlads Schädel hing in dem Loch im Boden und sein Hinterkopf brannte.

Erst als ein zischender Laut ertönte, Chamberlads Auge wie ein geplatzter Reifen in sich zusammen schrumpfte und die Glocke ein letztes Mal schrillte, beendete ich meine Schläge und stand auf. Doch das Klingeln konnte die Raserei in mir dieses Mal nicht stoppen.
Ich wollte zu Harrison, ehe er in dem Zimmer verschwinden konnte. Mit einem Satz sprang ich über die roten Seile und sprintete auf ihn zu. Meine Fäuste trafen sein Gesicht, bevor ich daran dachte. Knie landeten in seinem Unterleib.
Ich hörte mich sprechen, »du hast alle auf dem Gewissen«, doch nur am Rande. »und du hast mein Leben zerstört!«
Harrison wehrte sich nicht, ließ die Schläge und Beschimpfungen einfach über sich ergehen. Es war kein bisschen befriedigend. Einer der Gorillas versuchte mich von ihm wegzuzerren, doch als mein Fingernagel sich in die Haut unter seinem Auge bohrte, ließ er von mir ab.
Ich schleifte Harrison zu den Einäugigen, die Menschen strömten bereits aus dem Saal. Sein Körper fiel zu Boden, doch er war nicht ohnmächtig.
Es dauerte nicht lange, bis die Fetten von Chamberlad abließen und gierig Blut von Harrisons Gesicht leckten.
»Es war kein Vorschlag«, las ich von seinen schäumenden Lippen. Seine Stimme konnte ich nicht hören, denn die Einäugigen übertönten jedes andere Geräusch.
Ich wusste, wenn ich noch länger blieb, würde auch ich Opfer des Rituals werden. Ein weibliches Monster, dessen Stirn von einem purpurnen Auge gespalten wurde, starrte mich an und ich erinnerte mich an Harrisons Worte.
Ich wollte auf den Ausgang zulaufen, doch ich stürzte in meiner Euphorie und eines der Monster zerrte an meinem linken Bein. Zähne rissen Fleischstückchen heraus, die sofort in gierige Gaumen fielen. Ein zweiter Fetter kam hinzu und nagte an meinem Fuß; die Schmerzen raubten mir fast den Verstand. Mit voller Kraft trat ich in eines der Augen, dann in das nächste. Als ich mich aufrappelte wäre ich beinah erneut auf den Boden geknallt, das glitschige Gelee ihrer Augäpfel klebte an meinen Sohlen. Finger streiften meinen Rücken, Zungen leckten nach meinem Blut. Doch das Vibrieren in der Luft trieb mich an und ich stolperte auf die Tür zu.
Zwischen den letzten Nachzüglern der Menschen humpelte ich hindurch, die Treppe hinauf und nach Draußen, in die Kälte des Sommers.
Nein, es war kein Vorschlag gewesen. Sondern eine Befreiung. Zumindest eine Zeit lang.

***

Ein Klopfen riss Vince aus seinen Erinnerungen. Alles war jetzt bereits vier Monate her. Sechzehn Wochen voller Angst vor die Tür zu gehen, voller Paranoia, ausgelöst durch jeden Mann, der den Gorillas auch nur im Entferntesten ähnlich sah.
Der Heizkörper machte sein glucksendes Geräusch. Vince hatte gehofft, es irgendwann zu überhören, doch stattdessen wurde es immer lauter.
»Lecken Sie mich!«, schrie er. Der Besucher ließ sich nicht vertreiben. Das Klopfen wiederholte sich.
Zittern stand Vince auf und ging auf die Tür zu. Die Prothese polterte auf dem Boden. Die Ärzte hatten sein Bein amputiert, die Vergiftung hätte sich sonst weiter ausgebreitet.
Er sah durch den Spion und war nicht überrascht, die beiden Gorillas davor erkennen zu können. Ihm war bewusst, dass ein Holzbrett sie nicht aufhalten konnte und er öffnete ihnen.
Beinah feierlich betraten sie den Raum, schlossen die Tür wieder hinter sich.
»Los, tötet mich«, bot Vince ihnen an und hob auffordernd die Arme. »Ich warte seit vier Monaten darauf.«
Er hatte niemals Sinn für Dramatik besessen, doch in den letzten Wochen hatte er seine Persönlichkeit Stück für Stück verloren und würde sie womöglich nie mehr wieder finden.
»Du hast Harrison getötet, Ahern«, sagte der linke. Unter seinem rechten Auge befand sich eine rosa Narbe.
»Wir brauchen dich. Harrison brachte die Kämpfer, gute Kämpfer, und jetzt haben wir niemanden mehr.«
Vince wusste, was sie von ihm verlangten.
»Ich will nicht.«
»Ich fürchte, Ahern«, sagte er und wischte sich mit dem Handrücken über die Lippen, »du hast keine andere Wahl.«

Nach vier Monaten der Abstinenz betrat Vince wieder den Heatup. Die Hitze war im Gegensatz zu seinem ersten Besuch nur noch ein angenehmes Kitzeln.

ENDE

© Tamira Samir

 
Zuletzt bearbeitet:

hallöchen!

Nachdem ich derzeit im Überarbeitungsfieber und an meiner Kanonengeschichte derzeitig etwas gescheitert bin, habe ich mich an diese hier gewagt.

Als ich jedoch damit begonnen habe, wurde etwas vollkommen Neues daraus. Und jetzt gefällt sie mir sogar etwas. Nur ein bisschen... ;)

Ich möchte mich herzlichst bei ALLEN Kritikern der 1. Version bedanken, sonst hätte ich sie wahrscheinlich niemals überarbeitet.

Ich weiß nicht, ob es besser wurde oder nur noch Murks, aber es war spaßig.

Oh, oh. Wie ich sehe, versuche ich bereits jetzt mich zu rechtfertigen.


p.s.: sollte es jemanden interessieren, hier die alte version:
http://www.kurzgeschichten.de/vb/showthread.php?t=19756&page=1&pp=15

 

hi hallöchen noel!

Da du dir so viel Mühe gegeben hast, werde ich jetzt einmal eine persöhnliche Mauer überspringen und deinen ganzen Text unter die Lupe nehmen:
uuuhhhh! ich fühl mich geehrt!

ich glaub es gibt noch ein paar mehr Stellen. Meisten stehen sie am Ende eines Abschnittes, vielleicht sollen sie etwas Abschließendes im Denken von Ahern symblisieren.
Aber wenn es so ist, wäre es vielleicht sinnvoller, von Vince zu reden.
mist, da hast du recht. werd ich sofort ändern.

Zitat:
Kurz bevor ich meine Wohnung erreichte, traf ich auf einen Mann, der, eingehüllt im Schatten des Wohnblocks, an der Steinmauer lehnte. Ich wäre an ihm vorbeigegangen, hätte er mich nicht angesprochen.
Das klingt für mich etwas lapidar. Die ganze Situation nur in einem Satz zu erzählen. Das könnte man spannender machen, z.B. hätte er Dick Harrison schon vorher im Publikum sehen können oder etwas ähnliches.
werd ich ebenfalls noch drüber gehen.

da fehlt dieser Strich oben. müßte so aussehen: ´nen (jaja, wenn schon, denn schon)
hi hi. in wörtlicher rede darf manns weglassen, da es den lesefluss stört.
;)

witzig vorzustellen und was wohl die Mutter des Schiedsrichters zu der Aufmachung sagt?
sie hält ihm vom schachclub fern. die ganzen vieräugigen geifernden spieler würde weiß gott was mit ihm anstellen...

Bei so vielen wirklich treffenden Vergleichen, bekommt man den Verdacht, du hast dich entweder sehr gut informiert, oder bist dem Boxsport nich ganz abgeneigt.
naja, eigentlich keins von beiden.
da don jorgo mich bei der ersten geschichte auseinander genommen hat, hab ich recherchiert, und dann beschlossen dass ich keine normale boxkämpfe stattfinden lasse.


So, ich find einfach nichts wirklich schlechtes. Tut mir ja leid. Manche Scenen scheinen auf den ersten Blick vielleicht unwichtig, doch finde ich, das sie zeigen, wer die beiden Protagonisten eigentlich sind. So fand ich sehr schön, wie du Colette eingebaut hast. Eine Liebesgeschichte, wie niedlich, dachte ich erst. Aber als sie dann stirbt, zuckt Ahern fast nicht mit der Wimper.
Und ich finde, dass besonders Dick viel mehr zur Geltung kommt. Man entwickelt sogar Sympatien, owohl er doch auch nicht besser als Ahern ist.
das ist natürlich ein riesen kompliment und freut mich riesig, da m.m.n. die charakterisierung eins der wichtigsten dinge in geschichten ist.

so, vielen dank fürs lesen und die ausführliche kritik! :)
und die zitierten stellen.... :D

liebe grüße
Tama

p.s.: rs-fehler sind sicherlich noch drinnen, oder zumindest grammatik. ich schaffs nie, die alle auszumerzen. ;)

 

Hi Tamira,

Sehr guter Horror, auch wenn es für mich nicht überraschend kam, dass die Verlierer getötet wurden. Die Art und Weise der "Körperbeseitigung" dann allerdings schon. Wunderbar böse ist das "Teufelskreis"-Ende.

Würde gerne noch mehr schreiben, allerdings weiß ich nicht, was man noch verbessern könnte.

Kompliment und Gruß

MisterSeaman

 

hi misterseaman!

schön, dass dir die geschichte gefallen hat. freut mich riesig.

Sehr guter Horror, auch wenn es für mich nicht überraschend kam, dass die Verlierer getötet wurden.
dacht ich mir. wahrscheinlich wusste es ahern ja auch, nur wollte er es nicht wahr haben.

nun ja, viele dank für deinen kommentar :D

liebe grüße
Tama

 

Hallo Tama

Prinzipiell hat mir die kg recht gut gefallen. Diesmal ist sie gradliniger ohne allzu linear zu sein. Rückblenden sollte als Kunstgriff man doch wohl weniger einsetzten (ganz konntest dus wohl nicht lassen ;)). Du zeigst, dass du viel Fantasie hast und die auch gut und verständlich rüberbringen kannst.

Die Idee, dass Vince sich selber beim Vornamen anspricht finde ich nicht gut und das taucht auch recht unmotiviert mittdrin auf.

Was ich allerdings an deiner story beklage sind die - aus meiner Sicht - vielen Holprigkeiten. Besonders am Anfang.

»Nein, keine Sorge. Nur gegenüber in diese windige Bar.«
Er will ihn in die Bar locken und nennt sie dann 'windig'?
»Also, Ahern. Ich will auf den Punkt kommen. Du brauchst Geld, ich möchte Geld, und zusammen können wir welches besorgen.«
klingt auch irgendwie komisch. Als ob sie das von einer Bank besorgen wollen.
»Mit diesen verdammten Boxkämpfen, in denen Regeln dem Spaß vorherrschen, lässt sich kein Geld verdienen, Ahern. Nicht als Boxer und nicht als Buchmacher.«
1. das stimmt nicht oder du meinst in der Klasse in der dein Prot kämpft.
2. 'in denen Regeln dem Spaß vorherrschen' klingt ziemlich komisch. Das sagt doch wohl niemand so.
Er fixierte mich mit einem Blick, der mir den Schweiß aus allen Poren trieb.
Das finde ich ziemlich übertrieben.
Sein Oberlippenbart wirkte aufdringlich, und als Dicks Gesicht mir so nahe war, konnte ich erkennen, dass er das Gewächs nur trug, um ein Muttermal zu verbergen.
finde ich zuviel der Info. könnte auch ohne dem ganz gut leben, zumal die kg ja so schon ziemlich lang ist.
»Faustkämpfe. Ich glaube, Sie haben nen Knall.«
kapier ich nicht. Faustkampf ist doch ein Synonym für Boxkampf oder nicht?
»Komm schon. Als hättest du nicht darüber nachgedacht.«
Hört sich für mich etwas zu vertraulich an.
Es war kein Vorschlag.
Ich weiß nicht. Kein Vorschlag. dann ist ja alles in Ordnung. Vielleicht 'Das Angebot steht noch' oder sowas. Auch die Vorstellung bis zum Finden des Zettels liest sich sehr seltsam.

Das ist eigentlich nur ein Auswahl. Aber versteh mich nicht falsch. Ich finde deine Geschichte eigentlich ziemlich gut. Zum Ende hin gewinnt sie an Fahrt und wird sogar richtig Gruselig. Das mit der Dusch solltest du besser weglassen, das ist unsinnig. Aber sonst hat es mir gefallen. Nur durch den Anfang musste ich mich richtig durchquälen.

Grüße
Texter

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo,

normalerweise kommentiere ich ja keine Kritiken, ich wollte nur noch sagen, dass mir das mit der Anrede beim Vornamen gerade gut gefallen hat, weil Vince das ja nur macht, wenn er sich "von sich selber trennen will". Daher ist das in meinen Augen ein schönes Stilmittel.

Hatte ich vorher vergessen, sorry.

Gruß

MisterSeaman

 

hi texter!

nett, dass du dich auch noch durch meine überarbeitung gequält hast. scheinbar schaff ich es einfach nicht, meine längen zu streichen. schuldig im sinne der anklage.

Die Idee, dass Vince sich selber beim Vornamen anspricht finde ich nicht gut und das taucht auch recht unmotiviert mittdrin auf.
da bleib ich so stur wie bei meiner befreiung. das hat mir pers. sehr gut gefallen, sorry.

»Ich weiß, dass Sie Geld brauchen und wenn in Ihrer Wohnung keine Frau auf Sie wartet, sollten Sie mit mir kommen.« Als ich nur mit einem ärgerlichen Gesichtsausdruck antwortete, fuhr er fort. »Nein, keine Sorge. Nur gegenüber in diese windige Bar.«
Nun ja, Ahern dachte wohl, dass Dick Harrison andere Pläne mit ihm hatte. Er dachte, Dick wollte ihn ins Bett kriegen. Deshalb: wenn keine Frau auf Sie wartet und nein, keine sorge.
aber vielleicht sollte ich windig streichen

mit faustkämpfe dachte ich an kämpfe, die ohne handschuhe ausgetragen werden, wo leute geld setzen und das blut spritzt.
in snatch nennen sie das glaub ich bear-knuckle-fights. ich hab überall nachgesehen, konnte einen fachausdruck für illegale faustkämpfe allerdings nicht finden. hm.

Zitat:
»Mit diesen verdammten Boxkämpfen, in denen Regeln dem Spaß vorherrschen, lässt sich kein Geld verdienen, Ahern. Nicht als Boxer und nicht als Buchmacher.«

1. das stimmt nicht oder du meinst in der Klasse in der dein Prot kämpft.
2. 'in denen Regeln dem Spaß vorherrschen' klingt ziemlich komisch. Das sagt doch wohl niemand so.
1. klar lässt sich geld verdienen, allerdings muss man da ganz schön gut sein, und ahern ist das leider nicht mehr.
2. naja, dick sagt häufiger solche dinge, vielleicht muss ich nochmal drüber gehen.

Zitat:
Er fixierte mich mit einem Blick, der mir den Schweiß aus allen Poren trieb
.

Das finde ich ziemlich übertrieben.

na gut... ;)

Zitat:
»Komm schon. Als hättest du nicht darüber nachgedacht.«

Hört sich für mich etwas zu vertraulich an.
das lass ich auch. dick ist der, der frischfleisch besorgt. er möchte vielleicht mit ahern gleich mal eine intensive beziehung aufbauen.

Ich weiß nicht. Kein Vorschlag. dann ist ja alles in Ordnung. Vielleicht 'Das Angebot steht noch' oder sowas. Auch die Vorstellung bis zum Finden des Zettels liest sich sehr seltsam.
ich dachte dabei eher da dran: vor deiner wohnung steht ein kerl, doppelt so schwer wie du, und wenn du nicht für mich kämpfst, junge, schick ich ihn zu dir, damit er dein gesicht neu anordnet.
Es war kein Vorschlag ist eine Drohung.

Das mit der Dusch solltest du besser weglassen, das ist unsinnig.
das versteh ich nicht, weshalb unsinnig?

den anfang muss ich dann nochmal irgendwie kürzen. nur wie und wo, ach...

also, vielen dank für die tipps, werd nochmal drüber gehen

hi misterseaman:

normalerweise kommentiere ich ja keine Kritiken, ich wollte nur noch sagen, dass mir das mit der Anrede beim Vornamen gerade gut gefallen hat, weil Vince das ja immer nur macht, wenn er sich "von sich selber trennen will". Daher ist das in meinen Augen ein schönes Stilmittel.
vielen dank!


liebe grüße
Tama

 

Tagchen Tama

da bleib ich so stur wie bei meiner befreiung.
:confused:
das hat mir pers. sehr gut gefallen, sorry.
Ja schon, ich beklage ja nur das unmotivierte daran. In Extremsituation, wie dem Eintritt in die Arena, fänd ich das in Ordnung.
»Und hier weckt alles Erinnerungen«, sagte er und beendete somit sein Gespräch mit Vince.
Hier z.B. finde ich es unmotiviert.
Nun ja, Ahern dachte wohl, dass Dick Harrison andere Pläne mit ihm hatte. Er dachte, Dick wollte ihn ins Bett kriegen.
Darauf wäre ich so nicht gekommen.
mit faustkämpfe dachte ich an kämpfe, die ohne handschuhe ausgetragen werden, wo leute geld setzen und das blut spritzt.
in snatch nennen sie das glaub ich bear-knuckle-fights. ich hab überall nachgesehen, konnte einen fachausdruck für illegale faustkämpfe allerdings nicht finden. hm.
Irgendwann habe ich es mitbekommen, dass du das meintest, aber erst hat mich Aherns Reaktion überrascht und ich wusste gar nicht was das sollte.

'bear-knuckle-fights' :D Nein, sie haben wohl keine Teddybären an ihren Fäusten. ich denke es heißt 'bare-knuckle-fights' also Kämpfe mit nackten Händen (grob, 'knuckle' heißt ja eigentlich Fingerknöchel).


das versteh ich nicht, weshalb unsinnig?
Öhm? Verbrühst du dir auch immer erst die Haut, bevor du dich an den heißen Strand legst? Ich meinte natürlich das:
Mit diesen Worten trat ich unter den Strahl und als das beinah siedende Wasser meine Haut berührte, schrie ich.

Grüße
Texter

 

hi texter nochmal!

Zitat:
da bleib ich so stur wie bei meiner befreiung.
:confused:
keine sorge, musst du nicht verstehen... ;)

Ja schon, ich beklage ja nur das unmotivierte daran. In Extremsituation, wie dem Eintritt in die Arena, fänd ich das in Ordnung.
hm, werde ich nochmal drüber gehen. könnte sein, dass du recht hast.

Zitat:
Nun ja, Ahern dachte wohl, dass Dick Harrison andere Pläne mit ihm hatte. Er dachte, Dick wollte ihn ins Bett kriegen.

Darauf wäre ich so nicht gekommen.
dann muss ich es noch deutlicher machen.

'bear-knuckle-fights' Nein, sie haben wohl keine Teddybären an ihren Fäusten. ich denke es heißt 'bare-knuckle-fights' also Kämpfe mit nackten Händen (grob, 'knuckle' heißt ja eigentlich Fingerknöchel).
ups! hoppla!

Öhm? Verbrühst du dir auch immer erst die Haut, bevor du dich an den heißen Strand legst?
ich wollte mit der hitze, die im heatup herrscht zum beispiel die sucht von den "beiwohnern" zeigen. Deshalb Dicks Mantel in der Bar, der Scotch, und zum Schluss der Heizkörper in Aherns Wohnung.
Die Dusche: ich wollte damit zeigen, dass es überall im heatup heiß ist. die ölbecken, das feuer unter dem ring, die heiße dusche. wenn sich ahern jetzt schon die haut verbrennt, kann er es draußen doch nicht mehr so schwer tun.
allerdings: vielleicht hast du recht.

vielen dank für deine rückmeldung. werde bei gelegenheit nochmal drüber gehen.

liebe grüße
Tama

 

Hi Tamira!

Wenn du dir schon so große Mühe mit der Überarbeitung gemacht hast, dann wäre es ja schändlich (altes Wort, sollte man wieder etablieren), dies einfach zu ignorieren.

Ich hole mal kurz meine Sense aus dem Schrank (du weißt schon, da wo auch die Keule steht) und gehe durch deine Geschichte, gut?
Keine Angst, war jetzt nicht als Drohung zu verstehen - kleiner Insider, du verstehst?

Zu der Geschichte:
Stilistisch muss ich dir zugestehen, dass du wieder einen Riesensatz gemacht hast. Es gibt Passagen, da möchte ich in die Hände klatschen und "Bravo" rufen - tue ich nur deshalb nicht, weil ich Respekt vor meinen Nachbarn habe.
Manche Stellen wirken auf mich nach wie vor ein wenig hölzern, wie du unten nachlesen kannst, aber wirklich und ehrlich und Hand aufs Herz: Mach weiter so, es sind richtige Perlen dabei!

Die Story: ist besser als der Vorgänger. Viel besser. Sie gefällt mir sogar unheimlich gut. Sie ist packend, geheimnisvoll und tragisch. Perfekt.

Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass unser guter Vince versucht, etwas mehr über diese Kreaturen herauszufinden. Ich meine, sie befremden ihn und trotzdem versucht er nicht engagierter herauszufinden, wer sie sind.
Colette - die ich sehr mochte - blieb mir auch etwas zu blass, aber auch da könnte man leicht korrigieren, indem man ihre Dialoge etwas ausbaut und mehr übers sie erfährt. Auch über ihr Aussehen, z.B.

Dieser Erzählperspektivenwechsel am Schluss ist mMn formal unpassend. Er stört mich gewaltig. Du wolltest seine Wandlung darstellen, die Distanz zu seiner eigenen Person, aber das geht auch anders.
Indem du nämlich immer wieder einbaust "Vince hat", "Vince sagte", aber auch keinen Fall "Ahern"! Vorher hast du immer wieder einen so schönen Bezug zur dritten Person hergestellt und zwar mit dem Namen "Vince", warum nutzt du das zum Ende nicht? Das drängt sie ja förmlich auf!

Eine Geschichte, die mir sehr gut gefallen hat, Tamira. Weiter so!


Und noch ein paar (oder ein paar mehr) Details:

die uns jetzt noch voneinander fern hielt
voneinander trennte?

Der Kampfrichter betrat den Ring und als er seine Hände hob, wurde es still.
Vielleicht solltest du dann vorher noch irgendwie erwähnen, dass es laut war...

Und als Chamberlads Faust mit der Geschwindigkeit eines Güterzuges auf mein Gesicht zukam, wollte Vince wieder fünf sein.
Hier spendiere ich liebend gerne einen meiner generell seltenen :thumbsup:

Ein einziges Wort, das sich in den Grund meines Gedankenpools wie Säure geätzt hatte. Lediglich wenn das Wasser abgelassen war, wurde es sichtbar. Und das Becken lag immer trocken, wenn ich kämpfte.
Als gedankliches Bild ganz schön, aber die Stelle mit dem "Wasser" fand ich dann doch zu absurd, zu überzogen, da ich zuerst nicht Recht wusste: welches Wasser? Und immer wenn ich mir bei Sätzen diese Frage stelle, dann nörgle ich rum, so bin ich eben.

»Sie waren früher richtig gut, nicht?«
Ohne das "nicht" ist es viel geiler, weil es dann sowohl Frage, als auch Festellung sein kann und weder der Leser noch der Prot weiß, was eigentlich. Das ist doch immer geheimnisvoller. Und Geheimnis=Spannung, nicht?

»Nein, keine Sorge. Nur gegenüber in diese windige Bar.«
Gut, ich weiß jetzt nicht, wie du diesen Charakter entwickeln willst, aber wäre es nicht besser, er lacht und amüsiert sich darüber, dass ausgerechent ein Boxer (!) Angst hat?

Seine Offenheit verunsicherte mich.
Und warum verunsichert ihn nicht, dass der Typ seinen Namen kennt und ihn benutzt, als wären die beiden Kumpels? Nicht einmal Mr Ahern hat er gesagt.

»Guter Scotch«, sagte er zu dem Dicken hinterm Tresen. »Brennt wie Säure.«
Kleinigkeit: "Guter Scotch...", sagte er ..., (komma) "...brennt wie Feuer."

in denen Regeln dem Spaß vorherrschen
Vielleicht beherrschen? Vorherrschen klingt etwas ... merkwürdig.

und als Dicks Gesicht mir so nahe war
Da fällt mir auf, dass du ihn immer Dick nennst. Das schafft so eine vertraute Atmosphäre zwischen Prot und Dick, aber das ist ja gar nicht passend. Ich würde den Fremden Harrison nennen. Das wirkt beim Lesen auch distanzierter. Ich bin auch hier sehr eigen.

Schweiß bedeckte Dicks Stirn und tänzelte in kleinen Tropfen über seine Schläfen. (»Ich brauche jemanden ...)«
Weg damit, völlig unnötig.

Trotz seiner Winzigkeit spürte ich die Präsenz, als wäre der Überbringer noch immer hier oder hätte dem Papier sein Leben hinterlassen.
Gut!

und den Zettel aus seinem Gefängnis zu befreien.
Etwas übertrieben, diese Formulierung.

mich dieser Kerl beinah mit meiner Paranoia in den Wahnsinn trieb, wählte ich die Nummer.
Das geht mir ein bisserl schnell. Nur weil er einen fetten Kerl am Fenster sieht, wählt er diese Nummer. Never!
Hier musst du etwas ausführlicher sein. Das stört doch nicht. Bisher fesselt die Geschichte ja, also kann man auch ausschweifend sein.

Er steht beim Eingang, Ahern. Du kannst ihn von deiner Küche aus nicht sehen«, sagte Dick.
1.) Nicht Dick, sondern Harrison (Ich wiederhole mich, ich weiß.)
2.) Ich finde diesen Satz sehr beängstigend, aber das verpufft leider. WOHER weiß Dick (ich meine: Harrison), dass Ahern am Fenster steht?
Das hat doch Potential, du gehst aber im Folgenden nicht mehr drauf ein, nicht einmal einen kurzen Gedanken verschwendet dein Prot daran.

»Warum ich?«
»Warum nicht?«, fragte Dick.
Gut!

und so grobschlächtig wie Gorillas. Was ihnen auch diese Spitznamen einbrachte.
Grammatikalisch nicht ganz so korrekt.
Besser: ... grobschlächtig wie Gorillas. Und so nannte ich sie auch.
Besser, aber nicht optimal, aber ich denke, du weißt, worauf ich hinaus will.

Seine Worte ließen Zweifel in mir entstehen, doch Vince wollte sich nicht umstimmen lassen.
ließen Zweifel in mir keimen?

Schweiß lief mir aus allen Poren und bedeckte meine Haut mit seinem Film
Vielleicht: ein dünner Film aus Schweiß bedeckte meinen Körper...

Flammen, schwimmend in Ölbecken, leckten an den Wänden und der Decke. Das Öl, das in schmalen Rinnsalen von den Behältern lief, brannte.
Schönes Bild.

edoch auch nichts sagte (Nummer eins: stell keine Fragen!)
Die Klammer würde ich weglassen.

sahen unter dem Stoff aus wie Geldbündel
Schön!

(Ich kann nur für mich selbst sprechen: nein,) den Verstand verlor ich nicht und ich bekam die Situation schnell unter Kontrolle. Weil ich es musste.
Klammer weg!

Der Bär war in die Falle gegangen.
Gut!

Manche behaupten, ein Ring wäre das Schlachtfeld der Träume. Doch im Gegensatz zum Heatup wirkte ein Boxkampf wie eine Sommerwiese.
Den folgenden Absatz finde ich - ehrlich - hervorragend.

Vince konnte nicht antworten.
Sehr geschickt wie du diese dritte Person einsetzt.

Ich meine, du wusstest es schließlich bis eben nicht. Weshalb erging es den anderen nicht genauso?«
»Woher hast du es gewusst?«
Unglückliche Stelle. Zweimal gewusst und dann dieses "bis eben nicht"

so deutlich, als stände sie neben mir.
stünde

Was meintest du damit?«, fragte ich, senkte meine Stimme jedoch nur soweit, dass ein gefährlich Tonfall blieb.
gefährlicher

Ahern dachte, dass das Schmerzgeschrei durch seine Fäuste hervorgerufen wurde, doch Chamberlads Schädel hing in dem Loch im Boden und sein Hinterkopf brannte.
Wenn dann, bitte: Vince dachte...

ganz im Gegenteil zu seinem ersten Besuch.
Gegensatz

In diesem Sinne
c

 

hi chazar!

da ich jetzt in bayern bin sag ich mal aufgrund des umfangs deiner kritik: jessas!

Ich hole mal kurz meine Sense aus dem Schrank (du weißt schon, da wo auch die Keule steht) und gehe durch deine Geschichte, gut?
Keine Angst, war jetzt nicht als Drohung zu verstehen - kleiner Insider, du verstehst?
solang es kein dynamit ist... :D

Stilistisch muss ich dir zugestehen, dass du wieder einen Riesensatz gemacht hast. Es gibt Passagen, da möchte ich in die Hände klatschen und "Bravo" rufen - tue ich nur deshalb nicht, weil ich Respekt vor meinen Nachbarn habe.
och...ach...

Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass unser guter Vince versucht, etwas mehr über diese Kreaturen herauszufinden. Ich meine, sie befremden ihn und trotzdem versucht er nicht engagierter herauszufinden, wer sie sind.
Colette - die ich sehr mochte - blieb mir auch etwas zu blass, aber auch da könnte man leicht korrigieren, indem man ihre Dialoge etwas ausbaut und mehr übers sie erfährt. Auch über ihr Aussehen, z.B.
da hast du vollkommen recht! eigentlich hätt ich da auch selbst drauf kommen können! ich meine, wenn er die angst schon überwindet, muss irgendwann die neugier hervorkommen. dankeschön!
colette: die dialoge könnte ich noch ausbauen (ja, sporne mich dazu an, noch umfangreicher zu schreiben!). allerdings bin ich (seit einer absolut gerechtfertigt niederschmetternden kritik) gegen personenbeschreibungen anhand aussehen. deshalb lasse ich das (seitdem) immer frei.


Dieser Erzählperspektivenwechsel am Schluss ist mMn formal unpassend. Er stört mich gewaltig. Du wolltest seine Wandlung darstellen, die Distanz zu seiner eigenen Person, aber das geht auch anders.
Indem du nämlich immer wieder einbaust "Vince hat", "Vince sagte", aber auch keinen Fall "Ahern"! Vorher hast du immer wieder einen so schönen Bezug zur dritten Person hergestellt und zwar mit dem Namen "Vince", warum nutzt du das zum Ende nicht? Das drängt sie ja förmlich auf!
Verflucht! Weshalb komm ich denn auf nix selbst!?!

Vielleicht solltest du dann vorher noch irgendwie erwähnen, dass es laut war...
:Pfeif:

Gut, ich weiß jetzt nicht, wie du diesen Charakter entwickeln willst, aber wäre es nicht besser, er lacht und amüsiert sich darüber, dass ausgerechent ein Boxer (!) Angst hat?
er ist eben ein sensibler boxer...naja, du hast recht

Und warum verunsichert ihn nicht, dass der Typ seinen Namen kennt und ihn benutzt, als wären die beiden Kumpels? Nicht einmal Mr Ahern hat er gesagt.
immerhin wusste er ja, dass er boxer war. ahern dachte dann wohl schon, dass er ihn »kennt«.

Da fällt mir auf, dass du ihn immer Dick nennst. Das schafft so eine vertraute Atmosphäre zwischen Prot und Dick, aber das ist ja gar nicht passend. Ich würde den Fremden Harrison nennen. Das wirkt beim Lesen auch distanzierter. Ich bin auch hier sehr eigen.
na gut, ich glaub, ich habe das gemacht, weil sie sich später gut kennen. und es vielleicht verwirrung stiftet. aber okidoki.

Das geht mir ein bisserl schnell. Nur weil er einen fetten Kerl am Fenster sieht, wählt er diese Nummer. Never!
Hier musst du etwas ausführlicher sein. Das stört doch nicht. Bisher fesselt die Geschichte ja, also kann man auch ausschweifend sein.
hier hatte ich das problem umfang. ganz ehrlich, ziemlich lang ist sie ja schon. und du weißt sicher, ich bin ein fan der glaubhaftigkeit. ich wollte diese stelle länger machen, da keiner (ich weiß) sich sofort dazu überreden lässt. vielleicht lasse ich den gorilla an die tür klopfen, oder ahern bildet sich ein, einen schemen im gegenüberliegenden haus zu sehen, von dem er denkt, es sei dick.

Ich finde diesen Satz sehr beängstigend, aber das verpufft leider. WOHER weiß Dick (ich meine: Harrison), dass Ahern am Fenster steht?
Das hat doch Potential, du gehst aber im Folgenden nicht mehr drauf ein, nicht einmal einen kurzen Gedanken verschwendet dein Prot daran.
ein weiteres: du hast recht


auf deine vorschläge gehe ich liebend gerne ein. eine wahnsinnig hilfreiche kritik (sollte es sarkastisch klingen: mein ich ganz und vollkommen ernst), die mir wahnsinnig weiterhilft.
die umsetzung kann noch ein bisserl dauern (arbeit, schule, etc.)

und schön, dass sie dir gefallen hat! :D

ganz liebe grüße
Tama

 

Hallo Tamira,

starke Geschichte. Hat mir wirklich sehr gefallen.
Ich saß ganz angespannt vor dem PC und habe sie richtig verschlungen.

Die Einleitung fand ich wirklich grandios. Geschichten, bei denen mir die Einleitung nicht gefällt lese ich oft gar nicht mehr weiter. Deine fand ich wirklich super, super genial...

Ich wäre an ihm vorbeigegangen, hätte er mich nicht angesprochen.

Fand ich ein bißchen unglücklich. Normalerweise geht man ja an allen Leuten vorbei, die einfach so auf der Straße stehen...

Das Fenster war verschlossen und auch sonst waren keine Anzeichen auf einen Einbruch im Raum

Hier gefällt mir die Formulierung nicht so gut: Vielleicht - die Fenster waren verschlossen und nichts im Raum deutete auf einen Einbruch hin.

Ich tat die Nachricht als Lächerlichkeit ab und warf sie in den Papierkorb. Reagierte so, wie es jeder an meiner Stelle getan hätte. Mit Ignoranz.

An dieser Stelle fand ich es etwas unrealistisch. Also wenn ich so einen Zettel in meiner Wohung finden würde, dann wäre ich ziemlich aufgeregt. Einfach ignorieren oder mir nichts dabei denken könnte ich sicherlich nicht.

Mit diesen Worten trat ich unter den Strahl und als das beinah siedende Wasser meine Haut berührte, schrie ich. Jeder einzelne Tropfen bohrte sich wie ein Reisnagel in meine Haut, und selbst als das Wasser nach schier unendlich langer Zeit abgestellt wurde, verharrten diese Nägel.

Hier fand ich die Nägel etwas zu schwach.

»Machen Namen einen Unterschied? Fühlt es sich besser an, ehrlicher, wenn man den Namen desjenigen kennt, dessen Nase man zermalmt oder Augen in Blut taucht?«

Sehr gut!!!

»Ich meine, du wusstest es schließlich bis eben nicht. Weshalb erging es den anderen nicht genauso?«

Hier würde ich schreiben: Weshalb sollte es den anderen nicht genauso ergehen?


Trotz der paar Kleinigkeiten, die ich jetzt noch angemerkt habe fand ich die Story wirklich sehr, sehr stark.

Weiter so!

LG
Bella

 

hi hallöchen bella!

ich muss sicherlich nicht extra erwähnen, dass ich mich sehr über deinen kommentar gefreut haben! :shy:


hab fast alles gleich mal übernommen. bis auf:

Ich wäre an ihm vorbeigegangen, hätte er mich nicht angesprochen.

Fand ich ein bißchen unglücklich. Normalerweise geht man ja an allen Leuten vorbei, die einfach so auf der Straße stehen...
da hast du recht, allerdings brauch ich wieder mal zeit (welche ich nicht hab) um das auszubauen.

liebe grüße und vielen dank
Tama

 

hallo nochmal!

ich muss sagen, die erste version hat mich gefesselt und mir verdammt gut gefallen. da stellt sich mir persönlich die frage, warum man so einen tollen und auch erfolgreichen (empfehlung) text überarbeitet? tja ich war überrascht, da ich nicht zuerst die kommentare gelesen hatte, hab ich festgestellt, dass hier eigentlich fast ne ganz andre geschichte ist, als sie's einmal war. der text ist wieder gut, auch wenn mir, zugegebenermaßen, die erste version besser gefallen hat. aber die überarbeitete version braucht sich durchaus vor nichts und niemandem verstecken, es ist nur so, dass mir eben doch die erste version besser gefällt. dein stil ist, wie immer, sauber und sehr angenehm zu lesen.
was ich sehr bewundere an dir ist, dass du die geschichte komplett überarbeitet hast, was sich ja an den chars und zB dem ende zeigen. sowas ist bewundernswert. ich glaub, wenn eine meiner geschichten so gut war, als erste version und mit einer empfehlung geehrt werden würde, würde ich keine zweite fassung herausbringen
insofern :thumbsup:

mfg

 

hi hallöchen one!

na, da hast du dich mal über mich hergemacht! (wehe dem, der hier was anderes versteht....)

ich muss sagen, die erste version hat mich gefesselt und mir verdammt gut gefallen. da stellt sich mir persönlich die frage, warum man so einen tollen und auch erfolgreichen (empfehlung) text überarbeitet?
da bringt sich die gelegenheit, es zu erzählen:
ich hab meine "ich bin die kanonenkugel" überarbeitet, doch ich blieb in der mitte stecken, und zwar vollends. dann hab ich meine alten geschichten angeschaut und eben die hier.
mir hat der erste satz gefallen von der alten version, und ich mochte auch aherns charakter, aber er blieb mir irgendwie ein bisserl fremd.
und dann hab ich ein bisschen in der ersten person geschrieben und hatte dann den einfall, dass er immer wieder über sich selbst in der dritten person spricht.
der rest ging von allein.

also, lieben dank

Tama

 

Heyho Tamira,

ich hoffe, du hast ein bisschen Zeit übrig - das wird jetzt etwas länger dauern ...

Seine alleinige Anwesenheit genügte

"Alleinige" funktioniert in diesem Zusammenhang nicht. Daher: "Seine bloße Anwesenheit ..."

voneinander fern hielt

Wieso nicht "trennte"?

Beschwörungsgesänge

Ist das ein Boxkampf oder eine Vodoo-Zeremonie? Das Wort passt nicht so recht.

Und als Chamberlads Faust mit der Geschwindigkeit eines Güterzuges auf mein Gesicht zukam, wollte Vince wieder fünf sein.

Schöner Satz. Und eine gute Einleitung.

Gedankenpools

Was ist denn schittebön ein "Gedankenpool"? Ja, ich weiß, dass du den Pool für das Bild mit dem Wasser brauchst, aber der Vergleich wirkt durch die unglückliche Wortwahl aufgesetzt und kontruiert.

trotz meines Wissens, jeden Kampf zu verlieren.

Dieser Satz bettelt förmlich nach einem "obwohl". Also: "obwohl ich wusste ..."

Die Nacht war warm und noch viele Menschen waren auf den Straßen.

"Die Nacht war warm und es waren noch viele Menschen auf den Straßen."

Was wollte er? Mich fertig machen?

Der Einschub stört aus zweierlei Gründen: erstens nimmt er dem Leser das Denken ab, zweitens ist er für den Lesefluss eher hinderlich. Streichenswert.

Ich weiß nicht, welcher Teufel mich ritt, doch ich folgte ihm.

Und warum?

Boxkämpfen, in denen Regeln dem Spaß vorherrschen

Ist mir für eine wörtliche Rede zu schwülstig. So spricht kein Mensch. Ansonsten sind die Dialoge hier sehr gelungen.

das Gewächs

Falsches Wort. Hier täte es ein "ihn" (= der Bart) auch.

einen Schluck aus dem fettigen Glas

Unnötige "Bühnenanweisung" und daher ebenfalls streichenswert.

verharrte ich unter der Tür

Ja, das sieht bestimmt sehr lustig aus. Aber du meinst wohl in der Tür.

waren keine Anzeichen auf einen Einbruch im Raum

"gab es keine Anzeichen für einen Einbruch."

Trotz seiner Winzigkeit spürte ich die Präsenz, als wäre der Überbringer noch immer hier oder hätte dem Papier sein Leben hinterlassen

Er spürt die Präsenz des Zettels? Ist ein bisschen arg dick aufgetragen, wie ich finde.

und den Zettel aus seinem Gefängnis zu befreien

Zu theatralisch. Kann er ihn nicht einfach nehmen?

Als mich dieser Kerl beinah mit meiner Paranoia in den Wahnsinn trieb, wählte ich die Nummer.

Sehr schwache Begründung.

diese beiden Kämpfe

Meint er hier nicht eher Kampfarten?

Ich wollte auflegen

Wieso?

Ich zersplitterte Knochen, verursachte Prellungen.

Umdrehen. Prellungen sind harmlos, zersplitterte Knochen nicht; also der Wirkung wegen ans Ende damit.

Der Mann, der mich am Tag nach Dicks Bekanntschaft von der Straße aus beobachtet hatte, war in Wirklichkeit zwei Männer

Äh. Häh?

Was ihnen auch diese Spitznamen einbrachte.

eingebracht hatte

Ich trat oft in den Ring

Man steigt in den Ring.

Wenn du wirklich mehr Geld brauchst, Ahern, es gibt sie tatsächlich, die Kämpfe, die nicht an der Oberfläche ausgetragen werden

So melodramatisch redet auch kein Mensch. Zudem finde ich "Oberfläche" in diesem Zusammenhang sehr unpassend.

keine Bedeutung gegeben

keine Bedeutung beigemessen

Zwei Türen, abgesehen von der, durch die Dick, ich und die Gorillas eingetreten waren

Sieh an. Eine sehr komplizierte Variante von "Zwei weitere Türen ..."

ein Blick genügte, um jeden Zweifel an seiner Tätigkeit auszulöschen

Bla.

Er nahm seinen Beruf anscheinend äußerst ernst und betrachtete ihn als Identität, wie ich das Boxen.

Und wie kommt Vince zu diesem Schluss?

Jegliches Minenspiel seines Gesichtes war entweder nicht vorhanden oder konnte nicht gedeutet werden. Bedeckt mit einer schwarz-weißen Tätowierung wirkte er wie ein organisches Schachbrett. Sein Kopf war rasiert und bis zum Kragen seines karierten Polohemdes war er mit Farbe bedeckt.

Schlechte Beschreibung. Den Schachbrett-Vergleich mag ich, aber ansonsten ist das alles zu nichtssagend. Wo ist er tätowiert? Was für eine Farbe? Das Polohemd ist noch am Besten beschrieben ...

Selbst seine Zähne waren schwarz-weiß bemalt, wie Klaviertasten.

Das ist hingegen richtig gut.

als versuchte er damit, eine erneute Illusion seines Aussehens aufzubauen.

Das wiederum nicht.

Ich folgte Dick Harrison

Da wir nur einen Dick haben, finde ich die ständige Nennung seines Nachnamens eher störend.

Die wichtigsten Dinge

Regeln?

Deshalb zog ich mich, verwundert zwar, doch stillschweigend, aus

Zu viele Informationen in einem Satz.

Wenn du der Hitze bereits jetzt Einlass in deinen Körper gewährst, wird sie dich draußen wesentlich freundlicher empfangen

Wieder so eine schwülstige wörtliche Rede, die sehr unrealistisch wirkt.

Fühlt es sich besser an, ehrlicher, wenn man den Namen desjenigen kennt, dessen Nase man zermalmt oder Augen in Blut taucht?

dito

sahen unter dem Stoff aus wie Geldbündel

Unpassender Vergleich.

bevölkerte es die Holzbänke, denen es an jeglichem Komfort fehlte.

Ein Publikum "bevölkert" nicht. Außerdem ist der Zusatz sehr ungelenk. Wie wäre es etwa mit "verteilte es sich auf nackte, unbequeme Holzbänke"?

Ein Faustkampf mit einem Einäugigen

Woher weiß er denn, dass sein Gegner auch ein Einäugiger ist?

Dick hatte mich darauf vorbereitet, mich gewarnt vor den Zumutungen, die meine Weltanschauung in ihren Grundfesten erschüttern würden. Mehrmals hatte ich ihn gebeten, die Katze aus dem Sack zu lassen. Doch er ließ sich nicht darauf ein und beteuerte einzig und allein die Gefahr solcher Kämpfe und versicherte mir das Geld, welches sich nach einem Sieg in meiner Tasche befinden würde.

Hier werfe ich mal "show, don't tell" in den Raum.

Schweiß bedeckte meine Haut

Ich weiß nicht, die wieviele "Schweiß tut dies, Schweiß tut jenes"-Stelle das ist, aber so langsam wird's langweilig ...

in meiner Wange versank, als wäre sie Knetgummi

Ich kenne mich zufällig ein bisschen im Boxen aus und kann daher sagen, dass dieser Vergleicht hinten und vorne nicht passt.

Der Heatup war nicht nur aufgrund seiner Regeln und des Publikums kein normaler Ring.

Doppelte Verneinung vermeiden.

Es war der erste Einäugige, den ich boxen sah

Und es wundert ihn nicht irgendwann mal, wo diese Einäugigen herkommen? Wieso fragt er Dick nicht danach?

deren eines Auge

Also bitte. Wie wäre es mit "deren linkes (rechtes) Auge"?

während das andere vollkommen geschwollen unter dem Fleisch ruhte

Ungelenk und schwülstig. Das Auge, das unter dem Fleisch ruht ... brrr. Und überhaupt: wo soll es auch sonst "ruhen"?

Sein Blut bedeckte deine Schienbeine wie Strümpfe

Niemand redet im Imperfekt. Außerdem ist der Vergleich bestenfalls erheiternd.

Der ganze Ring war davon bedeckt wie von einem Laken

Dieser hier auch. Das scheint mir ein generelles Problem bei dir zu sein. Gute Vergleiche sind toll, unpassende bzw. abgedroschene (wie dieser) ärgerlich. Dieses auf Teufel komm raus Vergleichen empfinde ich als enorm störend.

Dicks vorherige Offenbarung

Offenbarung ist das falsche Wort. Zudem ist "vorherige" (welche auch sonst?) streichenswert.

den Blutfluss zum Versiegen zu bringen

Umständlich. Ein "zu stoppen" tut's doch auch.

Doch war es schöner, als alle Worte der Menschheit zuvor

Zu dick aufgetragen.

Sie hob die freie Hand waagrecht vor sich und sie bebte

Wer? Coyle oder die Hand?

Und damit ließ sie Vince allein

So gut mir die Vince-Idee gefällt - langsam verkommt sie zu einem Running-Gag und verliert ihre Wirkung. Würde ich dosierter einsetzen.

Was meintest du damit?

Wie gesagt: niemand redet im Imperfekt. Zumindest niemand, den ich kenne.

sagte ich wieder wie eine Zauberformel

Da eine Zauberformel nicht sprechen kann, würde ich hier "als wäre es eine Zauberformel" empfehlen.

Aus welchen Gründen?

Wenn es einen Grund gibt, hier nicht "warum" zu benutzen, ist er mir entgangen.

»Ich bin Vincent.«
»Ich weiß, Ahern.«

Kurz. Treffend. Gut.

die wie Autogrammjäger auf die Leiche zustürmten

Aha, es geht doch. Guter Vergleich!

so schnell wie Sportler

... was man von diesem hier leider nicht behaupten kann.

Doch meine Träume von Freiheit schliffen mich zurück

Schleiften. Wobei ich "zogen" bevorzugen würde. Ist auch so eine Sache, die mir bei dir auffällt: du suchst offensichtlich nach möglichst "kunstvollen" Verben, die allerdings vielfach nicht passen und/oder furchtbar schwülstig sind. Manchmal ist weniger tatsächlich mehr.

Man könnte meinen Schädel als Rassel benutzen

Hehe. Toll. Muss allerdings "hätte benutzen können" lauten. Trotzdem toll.

und ich konnte nur noch ein Summen vernehmen

Das ist so ein Beispiel für unnötig verschnörkelte Verben. Wieso nicht "hören"? Zumal diese sprachliche Eloquenz so gar nicht zu einem Charakter wie Ahern passen will.

stieg davon auf

daraus

die meine Haut wie Maden liebkoste

Und noch so ein Beispiel. Seit wann "liebkosen" Maden?

Ahern wusste zuerst nicht, wovon der Gorilla sprach. »Was?«
»Du musst Harrisons Platz einnehmen.«

Finde diese beiden Sätze sehr streichenswert, da sie nur das Offensichtliche unnötig breit treten.


Auch wenn das bislang nicht so klang: Ingesamt finde ich deine Geschichte durchaus gelungen. Du hast Talent, keine Frage, auch wenn es noch einige Baustellen gibt, an denen du arbeiten solltest. Die Hauptkritikpunkte habe ich ja schon in meinen Anmerkungen angesprochen.
Inhaltlich besitzt diese Story wirklich Potenzial (ich habe die erste Fassung leider nicht gelesen). Die Idee ist orginell, die Figuren interessant und der Plot größtenteils glaubhaft. Eher missglückt empfand ich allerdings die Sache mit Coyle und Aherns anschließenden „Ausraster“ – zu schnell, zu unglaubwürdig, zu konstruiert. Wenn du willst, dass ich Aherns Reaktion nachvollziehen kann, dann musst du dir hier schon mehr Zeit nehmen. So kurz angebunden bist du sonst doch auch nicht ... Apropos: Meiner Ansicht nach gehört die Geschichte um etwa ein Viertel gekürzt. Das ist leicht gesagt, ich weiß, denn man merkt der Story an, dass sehr viel Herzblut hineingeflossen ist, aber wie heißt es so schön, man muss seine Babies töten. Tut weh, aber manchmal eben auch Not.

Cheers

 

ahoihoi wendigo!

meine güte, das nenn ich mal kritik. und irgendwie triffst du immer ins schwarze. scheinbar schaffe ich es einfach nicht, die schlechten metapher auszumerzen. ebenso das schwülstige. ich hoffe, ich lerns mal.

die angesprochenen dinge werde ich gerne ausbessern. selbstredend. allerdings dauert das noch ein bisserl, zeit und so...

Zitat:
und den Zettel aus seinem Gefängnis zu befreien

Zu theatralisch. Kann er ihn nicht einfach nehmen?

verflucht! ich dachte, das hätte ich schon längst raus! na klar, weg damit.

Und es wundert ihn nicht irgendwann mal, wo diese Einäugigen herkommen? Wieso fragt er Dick nicht danach?
da bist du nicht der erste, der das fragt. wird noch überdacht und -arbeitet

Zitat:
Ein Faustkampf mit einem Einäugigen

Woher weiß er denn, dass sein Gegner auch ein Einäugiger ist?

naja, er dachte es halt, da das publikum auch zur hälfte aus diesen kreaturen bestand. schwache begründung.


so, recht viel bleibt mir nicht zu sagen, außer: danke fürs fehler finden und ich werde die dinge noch überarbeiten. wär doch gelacht, wenn ich es nicht mit der zeit (viel, viel zeit) nicht schaffe, das gute vom schlechten zu trennen.

liebe grüße und danke für die hilfe

Tama

 

Zwei Glockenschläge und kein Handtuch

Hi Tami,

sag ichs doch, dein Schreibstil ist spitze!!! :thumbsup:

Es wurde nun schon so viel zu deiner KG gesagt, dass mir nicht mehr viel bleibt.
Es ist aber auch so, dass dieser Metzelzubreischlaghorror, nicht unbedingt mein Ding ist und ich deshalb auch nicht wirklich eine Kritik abgeben könnte.

Da ich aber immer wieder von deiner Wortwahl und deinem Einfallsreichtum, begeistert bin, werde ich wohl alle deine KGs lesen.
Es sei denn, es wird mir zu brutal. :shy:
Ich kann jetzt nicht mehr sagen, ob mir deine erste Fassung besser gefallen hat. Ich glaube nicht. War sie nicht noch brutaler?
Ich denke, diese hier ist runder. Vor allem wenn ich mir vorstelle, dass deinem Prot das gleiche Schicksal ereilen wird, wie seinem Vorgänger. (schüttel,brrr)

Also, ich lese dann glaube ich doch lieber so etwas wie deine Wüsten-KGs. :D

ganz liebe Grüße, coleratio

 

hi hallöchen coleratio!

was soll ich sagen, außer: dankeschön!

Ich kann jetzt nicht mehr sagen, ob mir deine erste Fassung besser gefallen hat. Ich glaube nicht. War sie nicht noch brutaler?
es passierte im grunde genommen das gleiche, aber ich habs ja anders beschrieben.


hab mich wie immer sehr über deinen komm. gefreut

liebe grüße
Tama

 

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