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Zwei große Fische

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01.09.2004
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Zwei große Fische

Die Familie ist im Urlaub. Das hatten Friedrich und Dietrich schon seit Tagen ausgekundschaftet. Sie hatten sich in ihrem Transporter die Ärsche platt gesessen, zusammen ´ne Stange Zigaretten gekillt und ein Haufen dummes Zeug von sich gegeben. Wie richtige Profis eben.
Heute soll das Ganze über die Bühne gehen. Es ist die perfekte, kohlrabenschwarze Nacht und der perfekte, totenstille Vorort. Die Eingangspforte quietscht nicht einmal beim Öffnen. Es läuft alles wie geschmiert. An der Haustür angekommen, wendet sich Friedrich erwartungsvoll an Dietrich.
„Na mach schon. Ich will nicht ewig warten,“ flüstert Friedrich in einem scharfen Ton.
„Wie jetzt, ich dachte du hättest...,“ stammelt Dietrich ungläubig zurück.
Ohne abzuwarten und ohne Vorwarnung drischt Friedrich mit seinen geballten Fäusten auf Dietrich ein. Mit aller Wucht und der Hilfe seiner Taschenlampe, knüppelt er ihn zu einem ansehnlichen Klumpen. Ein stolzes Häufchen Elend. Als Friedrich sich an Dietrich abgearbeitet hat, hebt er ihn auf und bugsiert ihn geradewegs, mit dem Kopf voran ins Schlüsselloch. Er passt. Allerdings lässt sich Dietrich nicht so ohne weiteres herumdrehen. Friedrich fängt an herum zu hüsern. Er zerrt und zetert, sodass Dietrich beinahe seinen Bart verliert. Das Schloss ist schon ganz ausgefranst und droht samt Dietrich den Geist aufzugeben. Aber nach einer Weile springt die dämliche Tür endlich auf. Friedrich zieht Dietrich heraus und zum Vorschein kommt das zerschundene, zu nichts mehr zu gebrauchende, aber zugleich fröhliche, Gesicht. Bereit zur Tat zu schreiten.
„Mann, deine Visage kannst du echt vergessen,“ zischt Friedrich.
„Egal, der Bart ist ja noch dran,“ brummt Dietrich und zupft ihn sich zurecht.

Beide treten über die Schwelle und die Lichtkegel der Taschenlampen zucken die Wände entlang. Sie lassen bruchstückartig erkennen, dass hier ein ganz großer Fisch am Haken hängt. Friedrich und Dietrich gehen die Augen über. Nie wieder Spielhallen überfallen. Dietrich knipst das Licht an. Der Verbrecherinstinkt der Vorsicht ist futsch.
„Mann, ich werd´ verrückt. Das ist hier ja ´ne einzige Goldgrube. Worauf warten wir noch, ran an die Buletten!“
„Immer langsam, darauf trinken wir erst mal einen.“ Sie bedienen sich an der Hausbar und fleetzen sich auf die Couch.
„Mann, wenn wir den ganzen Kram hier verscherbeln, haben wir ausgesorgt. Dann sind wir gemachte Männer.“
„Jepp!“ Friedrich geht erneut zur Bar und macht die beiden Gläser großzügig mit Whisky voll. Kein Eis, so etwas ist überflüssig.
„Wenn wir hiermit fertig sind, hau´ ich ab.“
„Wohin?“
„Na, in die Karibik, da wo die Sonne das ganze Jahr über scheint. Du liegst dann so am Strand und schlürfst einen Cocktail nach dem anderen in dich hinein.“
„Nee, ich glaub ich kauf´ mir ´n Häuschen und zieh in einen schmucken Vorort.“
„Pah! Damit sie dir dann die Bude ausräumen können, während du im Urlaub bist, du Hornochse!“

Mittlerweile sind Friedrich und Dietrich dabei, sich eine Flasche Brandy einzuverleiben.
„Hey Friedrich, nach dieser Flasche geht’s aber ans Einsacken. Meine Alte dreht immer am Rad, wenn ich so lange weg bleibe. Du weißt, ihr geht die ganze Sache ziemlich gegen den Strich.“
„Ja ja, beruhige dich. Man wird doch wohl noch einen drauf machen dürfen?“
Friedrichs Blick wandert während seiner Worte durchs Wohnzimmer und bleibt am Aquarium kleben.
„Großer Gott, was is denn das für ein Fisch! So ein Kaventsmann hab´ ich noch nie gesehen.“
„Ich glaub´ das ist ein Koi – Karpfen. Hab´ neulich einen Bericht darüber im Fernsehen gesehen. Die kosten ´ne ziemliche Stange Geld.“
„Mann, der hat ja ´n Riesenmaul. Ich möchte wissen wie sich das anfühlt?“
„Wie jetzt“
„Na, ich möchte wissen wie es ist, wenn der Fisch meinen Schwanz massiert. Ganz einfach.“
Dietrich kann nichts mehr erwidern, denn Friedrich hat seinen Schwengel schon aus der Hose und ist mit vollem Einsatz dabei ihn hart zu kriegen.
„Reich´ mir mal den Fisch rüber, ich bin soweit.“ Dietrich rudert mit seinen Händen umständlich im Bassin herum und krallt sich den Edelkarpfen.
„Stülp´ ihn mir rüber und halt ihn fest. Wenn er zu dolle Mätzchen macht, brat ihm eins über.“ Friedrich kommt in Fahrt und ackert sich ab. Er schreit und keucht, was das Zeug hält. Dann lässt er ein wenig erschöpft von dem Ding ab und der Fisch darf zurück in seine Gefangenschaft.
„Mann, das war das teuerste Ding was ich je im Leben gefickt habe.“

Friedrich plumpst gelassen in einen der Sessel und genehmigt sich noch einen ordentlichen Schluck aus der Flasche.
„Man Friedrich, du und deine bekloppten Einfälle. Draußen dämmert es bereits. Wenn ich dich nicht besser kennen würde, könnte ich denken, du hast nur saufen und ficken im Kopf.“
„...und einbrechen, Dietrich. Einbrechen hast du vergessen. Aber du hast recht, wir sollten uns schleunigst beeilen. Wir nehmen am besten den Schmuck, das Tafelsilber und irgend eins von diesen großen Gemälden an der Wand da. Welches ist egal, die sehen alle wertvoll aus.“
„Und was ist mit den anderen Sachen?“
„Keine Zeit, wie du gesagt hast, es dämmert bereits.“

Während der Rückfahrt platzt es aus Dietrich heraus:
„Mann, ich werd´ nicht mehr! Wir hätten heute unseren Coup des Lebens machen können. Aber du musstest dich ja an diesem verdammten Fisch vergreifen. Und ich Idiot lass mich auch von dir immer noch breittreten.“
„Ich weiß gar nicht was du hast. Es war ein Mordsspaß.“ Friedrich lehnt sich zufrieden zurück und steckt sich die letzte Zigarette an.
„Außerdem ist das doch alles grober Unfug. Weißt du noch, was wir uns als junge Burschen hoch und heilig geschworenen haben? Dass wir unser Hobby zum Beruf machen werden. Du weißt, ich denke nicht oft nach, aber wenn, dann richtig. Und diesmal sag´ ich dir, wenn das heute Abend unser größter Coup gewesen wäre und wir uns zur Ruhe gesetzt hätten, dann hätten wir keinen Grund mehr gehabt, diesen Blödsinn weiter zu machen. Das Geld, was wir jetzt für den ganzen Klumpatsch kriegen, reicht für die nächste Miete und was zu Beißen. Ist doch alles in Butter.“ Dietrich nickt und rutscht tief in seinen Beifahrersitz.
„Ja, vielleicht hast du ja recht, ich mag sowieso keine Cocktails.“
„Weißt du“, sinniert Friedrich weiter. „Zu viel Geld würde uns nicht wirklich gut zu Gesicht stehen. Wir bleiben lieber da, wo wir hingehören und statten den Reichen, wenn es wieder Zeit wird einen speziellen Besuch ab. Wir sind nicht die Typen, die auf eine Einladung warten.“
„Klar, das ist es! Der Einbruch für den Moment. Nicht des großen Geldes wegen. Sondern, für eine halbe Stunde Lebensqualität. Danach nehmen wir nur das Nötigste mit. Wir sollten uns diese Art von Einbrechen patentieren lassen. Verwegener kann es gar nicht sein.“
„Ja und so rucksichtsvoll in Hinblick auf die Besitzer!“

Im Handschuhfach finden die Beiden noch eine halbe Flasche Rum. Sie lassen sie abwechselnd von Mund zu Mund wandern und als sie die Straße zu ihrem Wohnblock einbiegen, ist der Inhalt aufgeteilt. Sie parken den Transporter in der gemieteten Garage.
„Na dann, wir sehen uns. Ich ruf morgen Bornwick an und sag ihm, wir hätten da was. Der soll uns mal ´n schönen anständigen Preis machen.“

Jeder schließt für sich seine Wohnungstür auf. Friedrich bemüht sich leise ins Bett zu krabbeln, Dietrich macht in seiner Wohnung noch Licht und schenkt sich seinen letzten Drink für diesen Abend ein. Zum Glück haben sie noch einmal die Kurve bekommen, denken beide.

 

Hallo Flip,

manchmal hasse ich es richtig, wenn ich was Schlechtes über eine Geschichte sagen muss.

Hat mir leider nicht gefallen.

Warum? Zum einen haben mich deine beiden Protagonisten sehr an die beiden Kerle von "Kevin allein zu Haus" erinnert. Die sind ja ähnlich unprofessionell vorgegangen und haben sich vom kleinen Kevin auf der Nase herumtanzen lassen.

Des Weiteren fand ich die Sache mit dem Schlüsselloch und dem Fisch einfach nicht so wirklich lustig. Ist zwar sicherlich Geschmackssache und jemand anders mag durchaus darüber lachen können, aber ich kann es leider nicht. Das war wohl auch der Hauptgrund, warum die Geschichte mir nicht gefallen hat.

Tja - am Ende versagen die Beiden also und reden sich dann ein, dass es sowieso das Beste für sie ist. Das fand ich dann wieder ganz gelungen.

Sprachlich war deine Geschichte schon gut geschrieben, aber halt insgesamt leider nicht mein Ding. Sorry.

LG
Bella

 

hallo bella

es ist doch kein beinbruch, dass dir die geschichte nicht gefallen hat.
hmmm, aber die parallele mit "kevin allein zu haus" kann ich nicht wirklich nachvollziehen. ok, zwei einbrecher, aber hier sind sie ja alleine. kein kevin, der ihnen die hölle heiß macht. und sie stellen sich auch nicht wirklich blöd an.

das mit dem schlüssellloch und dem fisch ist wirklich geschmackssache. nur sollte es auch nicht vordergründig lustig sein, sondern einfach nur absurd.

dass du es so siehst, dass die beiden prots. am ende versagen ist interessant.
denn versagen sie wirklich? ich wollte den gedanken auf eine existentialistische ebene bringen (ohne wirklich philosophisch zu werden) ihr seinsentwurf besteht in der wahl des einbrechers. es ist konsequent, wenn auch wieder absurd.

vielen dank fürs lesen

gruß
flip

 

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