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Zwischen uns

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08.11.2004
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Zwischen uns

Ich war schon zwei ganze Tage in Albertsfurt, als ich vom Flammenmann erfuhr. Und das auch nicht von Reinhardt, bei dem ich wohne, bis sich herausstellt ob die Pest an meiner Heimatstadt vorüberzieht oder nicht, sondern von seinem Großvater, einem uralten Mann. Er sprach: „ Fürchte den Flammenmann, mein Kind. Sein Körper ist Feuer, sein Atmen ist Feuer. Wohin er auch geht, er hinterlässt eine Straße aus Ruß und Asche.“ „In Albertsfurt gibt man nicht viel auf das Gerede alter Männer“, sagte mir dann Reinhardt zwinkernd. Es stellte sich aber heraus, dass die Jungen keineswegs an dem Dasein dieses absonderlichen Wesens zweifelten, sie sehen nur keinen Sinn darin, darüber Angst zu verbreiten.

Zum ersten Mal sah ich den Flammenmann, als ich für den kleinen Bruder meines Gastgebers, (der sich lieber mit den schönen Töchtern des Dorfes die Zeit vertrieb) die Schafe hüt. Ich saß unter einem Baum, an einem kleinen Hügel, dachte an nichts bestimmtes, sah nach den Schafen und da stand er auf einmal. Keine hundert Schritte von mir entfernt, auf der anderen Seite der Kuhle. Er tat auch nichts. Er stand nur da und schaute mich an. Und brannte. Er brannte in hohen, gelb-orangenen Flammen.

„Jetzt im Herbst schreit er kaum noch“, sagte Reinharts Großvater, „und im Winter wird er sich wohl in seine Höhle zurückziehen. Schlimm ist es im Sommer. Die Hitze lässt sein Feuer noch heißer brennen und fügt seinen schon so unerträglichen Schmerzen noch einen weiteren Schlag Hölle hinzu. Da muss er rund um die Uhr von drei starken Männern bewacht werden, weil er sich sonst im trockenen Gras wälzt, um die Flammen auszudrücken. Ich war auch ein paar Mal dabei“, er krempelt sein Hemd hoch und zeigt mir zwei längliche Brandwunden, „was der dabei immer rumgebrüllt hat.“ „Und wie bewacht man den Flammenmann?“ Indem man Wasser auf ihn schüttet oder damit droht es zu tun. Das Wasser verdampft sofort und der Dampf ist heißer als das Feuer. Er hasst das.“

Ich fragte Reinhardt ob diese Kreatur ein Wesen für sich sei oder ein Mensch, der für ein Frevel oder ein Verbrechen so grausam bestraft wurde. Reinhardt wusste es nicht und niemand anderes im Dorf wusste es, aber jeder kannte ihn seid Kindesbeinen. Auch im Dorfbuch tauchten immer wieder Einträge auf, die von „Feuersbrünsten a.d.F.“ (aufgrund des Flammenmannes) berichteten. Ich weiß das, denn ich komme aus der Stadt und kann lesen.
Der Flammenmann schien von Anfang an zu Albertsfurt zu gehören.

Als ich ihm das nächste Mal begegnete (es war im Wald, er grub Wurzeln aus, die er sofort gierig verschlang, bevor sie verkohlten), rief ich nach ihm. „Flammenmann!“ Das hat ihn sehr wütend gemacht. Er wollte mich packen, aber ich rannte weg. Er verfolgte mich bis zum Rand des Dorfes.

Dann kam die jährlich Dorfkneipe im Rathaus. Da besprachen die Männer die Belange des Dorfes. Welcher Bauer dieses Jahr eine besonders reiche Ernte hatte, welches Feld fruchtbar war und wie der Wald und sein Holz im kommenden Jahr neu aufgeteilt werden sollen. Reinhardt nahm mich mit. Wir saßen schon eine ganze Weile beisammen, er wurde Bier und Speck gereicht und die Stimmung war ausgelassen. Da ertönte auf einmal ein gewaltiges Pochen an der großen Tür. „Das ist der Flammenmann“, erklärte mir Reinhardt, „Jedes Jahr verlangt er Eintritt zur Dorfkneipe und jedes Jahr wird es ihm verwehrt.“ Das Pochen wurde lauter, dazu fing er jetzt auch noch an, aus vollem Halse zu Brüllen. Ich blickte beunruhigt zur Tür. „Keine Angst, wir haben sie mit Eisen behauen. Die kriegt er nicht auf.“ Von innen wurde die Tür durch einen riesigen Querbalken blockiert. Sein Brüllen wurde zu einem Heulen und hört dann ganz auf. „Jetzt ist er sauer. Er wird wohl irgendetwas im Dorf anfackeln, aber der beruhigt sich schon wieder.“ Das Gespräch ging weiter und Reinhardt beteiligt sich rege daran.
Als die Sitzung zu Ende war und alle nach Hause gingen, befühle ich die Tür und das Eisen.

Es war noch ganz warm.

 

Hallo Monty Schwarz,

ich muss sagen, richtig begeistert war ich von deiner Geschichte nicht.
Warum?
Du beschreibst nur, ohne den Leser wirklich mitfühlen zu lassen. Dein Prot, über den wir nur erfahren, dass er aus der Stadt kommt, läuft ohne Sinn und Zweck durch dieses Dorf und trifft dabei den Flammenmann. Warum der ein Flammenmann ist, das erfährt der Leser nicht, und es scheint deinen Prot auch nicht wirklich zu interessieren, denn sonst hätte er ja wohl nachgeforscht, oder?

Fazit: Gute Idee, aber wo ist die Geschichte dazu? Mach da mehr draus, der Stoff ist da!

gruß
vita
:bounce:

 

Hallo Monty,

auch mich kann die Geschichte nicht überzeugen. Es erscheint mir eher wie eine Skizze, aus der mal eine Geschichte werden kann. Es ist nicht schlimm, einige Fakten im Dunkeln zu lassen, aber bei dir führt es nicht zu gesteigerter Spannung, weil noch nicht mal ansatzweise Andeutungen über den Flammenmann kommen (na gut, er war schon immer da, aber diese Erklärung stellt mich als Leser nicht wirklich zufrieden, wenn es wirklich die einzige bleiben soll, dann musst du sie weiter ausschmücken).

Auch dein Prot bleibt sehr blass. Gerade die Sache, wie er aus der Stadt vor der Pest flieht, ist ein interessantes Thema. Wie fühlt er sich dabei? Wie kommt er überhaupt zu den Leuten, bei denen er wohnt? Ist er mit ihnen verwandt? Gehört er zu den armen Leuten in der Stadt, oder ist er reich? Was hat er gelernt oder lernt er? Vermisst er seine Freunde/Bekannten/Verwandten/Geliebte in der Stadt?

Und dann dazu: Diese erste Erzählung über den Flammenmann würde ich weiter ausbauen. Vielleicht sitzt man abends gemütlich in der Kneipe, da kommt die Erzählung. Oder der Prot hat Kummer, weil er seine Heimat vermisst und sucht Trost bei dem alten Großvater, der pfeiferauchend im Schaukelstuhl sitzt. Oder er findet einen verbrannten Schuppen und fragt sich, was das ist, und dann kommt der alte Schäfer angeschlurft, nickt wissend und sagt prophezeiend: "Nimm dich in Acht vor dem Flammenmann, mein Kind!" Oder... oder... oder...

Es gibt so viele Situationen, die du in deiner Geschichte aufbauen und schildern kannst, du hast leider eine Menge Potential verschenkt. Schildere Situationen, schreibe Dialoge aus, schmücke das Ganze mit liebevollen Details, und nicht zuletzt: gib deinem Prot Gefühle. Erschrickt er, als der Großvatre vom Flammenmann erzählt? Ist es ihm egal, weil er in Kummer und Heimweh ertrinkt? Ist er neugierig, interessiert? Faszieniert? Sage nicht nur, dass er Bücher wälzt, lass ihn ins Rathaus gehen, sich durch das unordentliche Archiv wühlen, verspottet von den Dorfbewohnern, die misstrauisch den Spinner aus der Stadt beäugen.

Dann die Begegnungen mit dem Flammenmann. Auch hier: Details und Gefühle. Als dein Prot den Flammenmann erblickt, was denkt er, fühlt er. Beobachtet er ihn neugierig, oder rennt er schreiend weg? Sieht er ihm in die Augen? Zieht es sein Herz zusammen vor Furcht? Zitternd ihm die Knie? Und was tun die armen Schafe? Vielleicht sitzt er ja nichtsahnend unter dem Baum und träumt vor sich hin, da fangen die Tiere in Panik an zu blöken, rennen hastig über die Wiese, Brandgeruch steigt dem Prot in die Nase, er blickt auf, und da steht.... du verstehst, was ich meine? ;)
Die zweite Begegnung und der Showdown vor dem Rathaus schreien geradezu noch mehr nach Beschreibungen. Gerade die Flucht vor dem Flammenmann, der bedrohlich immer näher kommt, die Hitze wallt schon über deinen Prot, die Luft geht ihm langsam aus, da erreicht er grade noch einen Bach und wirft sich hinein... so etwas. Beim Rathaus würde ich mit einer gelöst-heiteren Stimmung beginnen, alles redet, lach, trinkt Bier, Lieder werden vorgetragen. Der Prot beginnt, sich in der Dorfgemeinschaft wohl zu fühlen, flirtet mit einem jungen Mädchen... ein paar Dialoge tun hier Wunder. Dann der plötzliche Umschlag: ein lautes Pochen an der Tür, flackernde Flammen vor dem Fenster, es riecht nach Ruß, Rauch, Schwefel... Angst breitet sich im Saal aus, Kinder fangen an zu weinen und werden von den Müttern getröstet. Der Prot macht sich Vorwürfe, weil er glaubt, dass er es war, der den Flammenmann ins Dorf gelockt hat, aber er wird dann eines besseren belehrt. Die Leute machen sich Sorgen darüber, wessen Haus nun brennen muss. Wenn Reinhard tatsächlich so lapidar sagt: er wird halt irgendwas abfackeln, dann lass den Prot nach Hause kommen und das Haus von Reinhard brennt lichterloh. Dann kann dann Reinhard zusammenbrechen, Rache schwören, vielleicht war ja auch noch jemand im Haus, der alte Großvater zum Beispiel, der nicht mehr laufen konnte, und Reinhard stürzt nun hinter dem Flammenmann her und dein Prot muss ihn davon abhalten. Oder dein Prot hat Gefallen am Großvater gefunden und will diesen nun rächen. Dabei tötet/erlöst/löst er das Rätsel vom Flammenmann....

So, nun sollte ich mit Vorschlägen aufhören, denn sonst bekomme ich noch selber Lust, das Ding zu schreiben ;)
Aber du siehst, was man aus deiner Idee machen kann? Du brauchst keine Angst vor einem langen Text zu haben, in deiner Idee steckt einfach eine Menge, da darf man ruhig etwas ausführlicher werden.
Ich denke, da steckt auf jeden Fall noch viel drin, es würde mich freuen, wenn du etwas draus machst.

Liebe Grüße,

Ronja

 

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