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´nen Buttje (Missingsch)
Die U-Bohn rüddelde sich noch mal bevor das Dunkel langsom durch das Lichd voms Ende von den Tunnel aufweichde.
Dann fing sie an zu quietsch´n und zu kreisch´n. Die, welche jed´n Tach mit die Ringlinje von St. Pauli her diesen Törn fuhr´n, kümmerden sich ´nen feuchd´n Kehrichd um den Lährm, nur den wenigen Auswärtig´n war´s doch ´nen büschen gruselich. Und wenn sie vons Land war´n, kroch ihn´n noch was kalt und gräsich ´nen Rück´n hoch, wo sie doch jusd man eb´n unner die sündichste Meile vonne Weld gefohr´n wor´n.
Die Schtation St.Pauli mit´de Reeberbohn hadd´n sie unversehrd überschtand´n un nun kam eine von die Höhepunkde von die Fohrt mit die berühmde Ringlinje.
Alle, sölbst die hier jeden Tach längs fohr´n, plierten nun naché rechde Seid´ und wollt´n den scheun´n Blick ob´n von Hofenrand öber die Landungsbrück´n, die Elbe rüber zu die Werftens auffe Steinwerder Seide schmeiß´n.
Die U-Bohn, die wo in Hamborch Hochbohn heißen tut, bremsd aff un häld an.
„Landungsbrück´n“ brülld ´nen Kerl öbern Laudsprecher. Die Lüüd zieht man kräftig anne Tür´n. Tja, damols hab´n die rod-weiß´n Hochbohnwag´n noch große Schiebetür´n gehabd.
Nen Hauf´n Männers schteicht nun aus. Viele von ihn´n hab´n ´nen Zampelbüdel auf´n Puck´l. Da is´ihr Kroms für Fofftein ´drin. Muddern hatt´´nen Kanne Kaffe gekocht un Brod schmeerd. Un dann is Vaddern loszog´n. Auf Schichd.
Die Arbeiters schtrömt nach ´e Elbtunn´l hin, um sich mid de´ wacklig´n Fohrköhrbe unner das Niewoh vonne Strom trag´n zu lassen. Dann lauf´n sie unner die Elbe längs rüber zu Blohm un Voss od´r Schtülcken. Ann´re fohr´n mit de´ Bakass´ inne annern Hofenbeckens to´r Schichd.
Un auch das Fröllein Lehrerin kramd ihr Backbeernmus zusamm´n, grabschd nach ihre Kinders, bölkt noch mal na´ Fiede un Lisbeth, die sich noch in Woggon kappeln tun un nich´ mitgekrichd hab´n, dass die Klasse an Ziel von ihre Fohrt angekomm´n is.
Dafür schleichd sich nu ´nen ganzen Barg von Schauerlüüd inne Hochbohn ´rein. Sie sind fix un färdig, mit Jack´ un Büx. Das is aber nich´ verwunderlich na´ ´ne Dobbelschicht an Kai.
„Zurrrrück bleib´n!“
- Pause –
„Bitte!!“ bölkd der Kerl mit de roden Mütz´ un bohrd mid´n groß´n Vierkantschlüssel in so´n rosdigen Blechbüx ´rum, was anne Wand genagelt is, um das Lichtsignol für die Abfohrd frei zu geb´n.
Mid´n gewaldig´n Rumms knall´n die Tür´n zu.
Mid´n Quietsch´n und Ruckeln juckeld die Hochbohn langsom aus die Schtation Landungsbrück´n ´raus. Un wer nich von Hamborch is versuchd nu ´nen Blick nach die rechde Seide zu ergaddern. Ob´n auf´n Viadukt zuckeld die rod-weiße Schlange über´n Baumwall an Hafen längs.
Fast unner die Bohn beginnd das silberne Band vom großen Schtrom. Die leichd kräuselnden Well´n glidzern silber in die Nachmiddagssonne, die von Blankenese her schräch auf die Schaumkronen fälld. Zwisch´n hier un Schteinwärder, drüben auffe annre Seide von die Elbe, ist ein gewaldig Gewusel auf´n Wasser. Bakass´n mit qualmende Schornschteine kreutzen midden mang die Ewers und Schleppers mit ihre bis zu sechs Schutens hintendran. Hochmodern wirk´n die grün-weiß´n Hafendampfers von die HADAG, die wo nach Schtadtteilen von Hamborch benannt sind. Deren Ziel sind die Landungsbrück´n mid ihr´n grau´n Gemäuer un den markant´n Pegelturm gleich vorn anne Eck.
An´n großen Dampfer, in weiß mid ´nen grünen Schtrich um Bauch, für Kenners gleich as´n Banonendampfer zu erkenn´n, ham sich vorn und achdern zwei Bugsierschleppers angetörnd um den Pott quer durch´n Hafen bis zum richdig´n Kai zu zieh´n. Der Kahn krichd noch ´nen Platz anne Mauer, währn´d annre nur an Dückdalben midden in Strom zun Liegen komm´n. Von da wird der Inhald aus ihr´n Bauch in die Leichters umgelad´n, die längsseids festgemacht hab´n.
Direkd vor´n Viadukd von die Hochbohn schwanken beplangde Pontons in Wasser, über die man zu die viel´n klein´n Bakassens und Schleppers kommd, die hier an Vorsetzen ihre´n Liegeplatz hab´n. Else, Paula, Luise schtehd an Bug von die rodbraun´n Kraftpaketens, die nich nur Dampfers un Schutens ziehn´n, sonnern auch für´n Personenverkehr quer durch´n Haf´n zuschtändig sind. Aus welch´n Grund auch immer hab´n die lüdd´n Schiffe Fraunsnamens.
Un wen „He löcht“ an´n Ruder schtehd, dann is wieder mol ´ne Gang von Binnenländers und Quiddjes unnerwegs um sich das Geheimnis von Hafen un weide Weld verpussemantuckeln zu lass´n.
Was so´n schtolz´n Hanseat is, der had sein Kopf nie nich geneichd un kuckd gerade aus, rüber zu die annre Elbseide. Gleich neben einanner lieg´n da die großen Helgen von Blohm & Voss und Schtülcken. Kabels sind über die Helgens gespannd und Laufkatzen flidzen hin und her, transportier´n Wanten und Spanten, Luken un all die annern Dingens, aus den so´n großen Pott beschtehn´n tut. Weider unt´n an Fluss gib´s noch mehr Werften. Deutsche Werft, Willi Schlieckers un all die annern ´nen büschen was lüdderen.
Für dies´n granidosen Ausblick interessierd sich aber der Tallymann nich, der ´nen Sitzpladz auffer hölzern´n Querbank ergadderd had un nun an sein aufgeklappten Rundschtück kaud, wo das er ´ne Karbonade zwischen geklemmd had. Nur wer genauer hin plierd verschtehd ´nen Unnerschied zwischen ihn un die Schauerlüüd, die sich man nur ´nen Brod mid Leberwursd gönn´n tun.
„Nun lass doch ´mal den Lütten ans Fensder“ dröhnd die Bassstimme von ´nen Ewerführer durch die rappelige Hochbohn, die immer noch ob´n – über´n Schtrom – längs rumpeld.
Dabei fassd der große Kerl mid sein´n riesigen Pranken beherzd zu un schiebd ´nen Buttje durch den voll´n Waggon ans Fensder.
Der schträubd sich fix was. Unner sein Anorak glitzerd ´nen grellbunden Blouson, die Kappe auf´n Kopf is akkurad ausgerichted.
„Ich will aber nich“ sachd er. „Man to, nur nich so schüchdern.“ Die Prankens von Ewerführer packd ihn bei die Schulterns un eh sich der Lüdde versiehd schtehd er an Fensder.
„Had dich das Fröllein vorhin vergess´n, als eure Klasse an Landungsbrück´n raus is?“ frachd einer vonne Leude.
Bevor der Jung antworden kann, lachd ´nen annern dazwischen: „Ne, der had sich hinner die Lamberie verschteckd as sein Lehrerin mid´n Leuwagen durch die Hochbohn gefahrn´n is.“
Alle lachden. Nur der Kleine kriechd ´nen grimmig´n Gesichtsausdruck.
Fast scheind´s als würd´er mid´n Fuß aufschtampf´n.
„Lass´n sie mich zufried´n“ schimpfd der Buttje.
„Nu sei man nich so djenannd“, quickt so´n ältliches Fröllein. „Oder kannsd das nich ab?“
„Nich so gräsig“ mischd sich ´nen annern Arbeider ein un schiebd sich keck seine Prinz-Heinrich in Nack´n. „Du verläufsd dir doch ohne deine Klasse. Ich glöff, wir geb´n dich anne nächste Schtation bein Schaffner ab.“
„Nein!“ Der lüdde Jung is nun richdig knartschich geword´n. „Nix da! Ich fahr´ weider. Was gehd sie das überhaupd an!“
Er kuckd von unden richdig fünsch zu die Großen rauf, die ihn umringd hab´n.
„Also, mein Lütt´n“ mischd sich nun so´n drall´n Muddi ein, „das is wohl besser, wenn wir dich an Bahnhof abgeb´n tun. So klein Jung wie du kommd in Gedränge sonsd noch unner die Räders. Wenn du ´mal groß bisd un zu die Arbeid fährst, wirsd vielleichd uns all´n dankbar sein, dass wir auf dir geachded hab´n.“
Der Kleine, mid´n Rück´n zur Wand gedrängd, schtampfd ärgerlich mid´n Fuss auf, hold ganz tief Luft un bölkd los:
„Verdammich! Lassd mir endlich zufried´n. Ich gehör nich zu die Schulklasse von vorhin. Ich bin auch nich ´nen lüdden Buttjer und weiß schon allein wo ich hinwill. Verflixd! Ich bin auf´n Wech zur Arbeid nach Farmsen. Da bin ich Jocky auffe Trabrennbohn...“
Nochmol quietschd die Hochbohn, rüddeld sich. Dann schtehd sie.
„Baumwall“ dröhnd ´nen schrille Schtimme durch´n Laudsprecher.