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Über allen und mitten drin
Scheiß Tag. Nochmal: SCHEIß TAG! Was wollt ihr alle von mir? Scheiß Parabeln, Scheiß Perfekt, Scheiß Zellteilung, Scheiß Tonleitern. Wer will das wissen? Ihr wollt es lehren! Aber wem?...
Scheiß Zicken. Wissen selber nicht, was sie wollen. Dass sie etwas wollen, das wissen sie. Was? Keine Ahnung. Die Wut, die diese Ratlosigkeit mit sich bringt, muss dann an mir ausgelassen werden.
Gut ich hab diesen Scheiß-Valentinstag vergessen. Na und? Ich hätte diesen Kommerztag sowieso nur für sie "gefeiert". Ihr diesen Gefallen getan romantisch zu sein, Blumen zu kaufen, Pralinen zu kaufen, ein Kinoticket zu kaufen, zu kaufen, zu kaufen...
Wer feiert Valentinstag? Meine Freundin und ich oder die Konzerne und unsere Dummheit. Unsere Einfältigkeit, all das zu feiern, was sie im Fernsehen, im Radio, im Internet, in der Zeitung und was weiß ich noch an uns herantragen.
Warum? Eine wichtige Frage. Stelle ich sie jemandem, so weist er mich auf eben diese Institutionen hin. Und natürlich auf die ANDEREN. SCHEIß auf die anderen. Warum zum Teufel interessiert es nur alle, was die anderen denken? Schon mal jemanden sterben sehen, weil alle schlecht über seine Schuhe dachten?
Zurück zum Valentinstag, den ich Held, aus Protest und Unwissenheit bezüglich der Reaktion meiner Freundin, vergessen habe. Sie ist jetzt jedenfalls eingeschnappt. Warum? Weil alle anderen etwas geschenkt bekommen haben. WEIL ALLE ANDEREN... So ein Schwachsinn. Als ich das zu ihr sagte, war sie noch mieser auf mich zu sprechen. Beziehungsweise gar nicht mehr. Aber so ist das in der Liebe, je ehrlicher man zu seinem Gegenüber ist umso schneller ist er eingeschnappt, beleidigt und irgendwann ganz weg.
Nicht, dass sie jetzt verschwunden ist. Quatsch. So einen Streit hat man als Pärchen nun mal. Das ist so üblich. Das haben die anderen auch. Das ist NORMAL.
In dem Fall mein Glück, diese Sucht nach Normalität. Jeder will es. Keiner ist es. NORMAL. Immer ist man der einzige AnNORMale. Gut Bescheid zu wissen, sich über die Süchtigen, Unwissenden zu erheben? Nicht wirklich. Mit dieser unglaublichen Erkenntnis ist man keineswegs alleine. Nur spricht sie keiner aus, weil das völlig unüblich wäre. Oder man bekommt einfach Streit mit der Freundin. Weil es schließlich nicht akzeptabel ist dieses System zu kritisieren.
Ein durchaus funktionierendes System. Zahlenden dümmlichen Personen wird von allen Seiten herangetragen, wie wichtig die Namen ihrer Schuhe sind, wie wichtig es ist, dass allen dein Outfit gefällt und dass es dich noch viel beliebter macht, wenn du dafür den Jahreslohn eines indischen Angestellten hinblätterst.
"Oha, da bekleckert sich gerade einer sein Hemd, für das ein armer Gesichtsloser aus fernem Lande zwei Jahre sparen müsste (und damit meine ich Schlaf und Essen), um es sich zu kaufen. Ein wahrlich toller Kerl. Wär ich doch nur, wie er. Ich glaube ich hasse mich."
Ich will gar nicht wissen, wie viele Menschen sich eigentlich selber hassen, weil sie weder wie Carmen Electra aussehen, noch wie Brad Pitt schauspielern. Ein absolut verständlicher Hass übrigens. Wer von allen Seiten hört, wie er zu sein hat und was normal ist, entwickelt ein wenig Selbsthass, wenn das Sekretärinnengehalt und die Gene für nichts von alldem ausreichen. Man ist einfach nie genug in der Gesellschaft. Nicht genug reich. Nicht genug schön. Nicht genug intelligent. Nicht genug bescheiden. Nicht genug NORMAL.
Wie soll das erst werden, wenn jewmand glücklich sein will? Ich weiß es nicht. Schönheitsoperationen wären ein Ansatz. Die werden ja auch von besorgten Ärzten angeboten. Natürlich nicht ganz billig, aber Glück kann man sich schließlich nicht überall kaufen.
Das wir uns verstehen, glücklich sein ist nicht normal. Keineswegs. Es ist nur normal glücklich sein zu wollen. Sei das nun ein neuer Joghurt oder die Freundin, die man nur mit reiner Gesichtshaut bekommt. Brächte diese neue Freundin diesen Joghurt allerdings mit, wäre das wohl ein Moment des Glücks.
Das bringt mich zu meiner Freundin zurück. Vielleicht überrasche ich sie mit einem Joghurt? Oder wenigstens einem romantischen Blumenstrauß. Die anderen würden schließlich auch keinen Joghurt mitbringen.
So gehe ich also heute am vierzehnten Februar zu meiner beleidigten Freundin, um sie mit einem romantischen Blumenstrauß zu überraschen, wie es die anderen auch an meiner Stelle tun würden.
Ich stehe vor ihrer Tür und läute:
"Ja? Hallo!?"(Ihre Mutter, entnervt, sie meint, ich sei nicht normal)
"Hallo, ich wollte Marina sprechen, wir hatten gestern einen kleinen Streit, ist sie denn zu Hause?"
"Sie ist in ihrem Zimmer, ich werde sie kurz für dich holen." Ihre Mutter mag mich zwar nicht, aber mir das ins Gesicht zu sagen, wäre ganz und gar nicht normal.
Einen Moment später steht sie in der Tür.
"Was gibts?"(Sie ist noch immer sauer wegen gestern)
"Ich wollte mich bei dir entschuldigen. Es tut mir leid, was ich zu dir gesagt habe."
Ich gebe ihr den Strauß und ihre Miene wird sichtlich entspannter.
"Vielen Dank. Ich weiß doch, dass du es nicht so gemeint hast. Ich war nur etwas erschrocken und hab mir dann eingebildet enttäuscht sein zu müssen."
"Ich hätte trotzdem etwas vorsichtiger sein sollen."
"Mach dir deswegen keine Sorgen mehr. Ich glaube es ist völlig normal unter Paaren, dass man sich ab und zu in die Haare kriegt."
...
Nach Abschluss dieses "es tut mir so leid, dass ich so ehrlich zu dir war" Gesprächs, bin ich wieder zu Hause. Warum hänge ich eigentlich so an ihr? Ich stell mich die ganze Zeit auf einen Turm, um besser auf sie herabsehen zu können, aber sobald sie aus meinem Blickwinkel verschwindet, komme ich wieder angekrochen und sage mein Entschuldigungssätzchen auf, nur damit sie zurückkommt und ich wieder auf meinen Posten zurückklettern kann.
Ich wünschte Mathe wäre auch so einfach.
Wenn ich ehrlich sein soll, ist es wohl bald an der Zeit Schluss zu machen.
Wie das unter Paaren so üblich ist.