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123.965.8.Gft-P
Die Fahrstuhltür schob sich mit leisem Surren zur Seite. Der dahinterliegende Zellentrakt wurde durch Neonröhren beleuchtet und schien sich endlos in die Länge zu ziehen. Es gab symmetrisch angeordnete Eisentüren ohne Fenster auf beiden Seiten des Ganges. An jeder Tür befand sich ein kleines Zahlenmodul anstelle eines Schlosses. Über jedem Modul blinkte stumm eine kleine, rote Lampe.
Ein Mann verließ den Fahrstuhl. Er war schlank und drahtig. Sein gesamter Körper steckte in einem Lederanzug, sein Kopf trug eine Gasmaske ohne Schläuche. Ein Insekt in Menschengestalt. Hinter ihm schob sich die Tür leise wieder zurück.
Er hatte eine Liste in der Hand. Auf dem Zettel stand in dicken Buchstaben eine Kombination: 123.965.8.Gft-P. Er wechselte einen Blick. Zettel, Zellengang. Dann nahm er langsam seine Suche auf.
Die ersten Türen ließ er unbeachtet hinter sich, ging langsam den gesamten Trakt entlang. Ein leiser Schritt nach dem anderen. Nach kurzer Suche fand er schließlich die notierte Tür. Seine Finger tippten die passende Kombination in die Türsicherung ein. Das rote Licht sprang sofort auf Grün.
In der Zelle lag eine Frau. Genau wie der Mann steckte ihr Körper komplett in einer zweiten Haut aus Leder. An ihren Hand und Fußgelenken trug sie Eisenfesseln, ohne Verbindungsketten, aber sie wurde durch ein Halseisen am Boden gehalten.
Der Mann hielt in der Tür inne. Die Frau schien zu schlafen, zu mindestens regte sie sich nicht. Sie lag zusammengekrümmt wie ein Embryo auf dem nackten Zellenboden. Die Kette an ihrem Halseisen schimmerte, wie eine Faser eines Spinnennetzes.
Der Mann löste die Verbindung vom Boden und zog die Frau auf die Beine. Ohne Widerstand ließ sie sich aus der Zelle führen. Ihre Hände wurden auf dem Rücken fixiert. Das Insekt ging voraus. Das andere, gefesselt, folgte ihm. Vorbei an geschlossen Türen und roten Lampen. Als sie den Fahrstuhl erreichten lag hinter ihnen unendliche Stille und der Geruch kalter Wände.
Der Raum war riesig und dunkel. In seiner Mitte stand eine fremdartige Maschine aus Metall. Genau in der Mitte des Sockels ragte ein transparenter Tank bis zur Decke hinauf. Die Flüssigkeit darin veränderte in regelmäßigen Intervallen ihre Farbe, von Blau zu Grün und umgekehrt. Kleine Blasen stiegen von unten nach oben auf. Von dem Apparat ging ein leises Geräusch aus, ganz ähnlich dem Brummen eines Stromgenerators.
Vor der Maschine hatte sich eine Gruppe von wartenden Leuten versammelt. Einige von ihnen rauchten eine Zigarette, aber niemand sprach ein Wort.
Ein Zischen zog alle Aufmerksamkeit auf sich; Der Tank öffnete sich. Die Aktivität der Maschine nahm schnell zu. Die Blasen tobten wilder und größer durch die Flüssigkeit, dass Brummen wurde lauter und lauter, und die Maschine strahlte zunehmend Hitze ab.
Ein nackter Körper wurde von oben durch eine Öffnung in den Tank gestoßen. Es war die Frau aus der Zelle. Eine kleine Gestalt war sie, zierlich und noch nicht ganz ausgewachsen. In ihrem Mund steckte ein Mundstück mit einem kleinen Sauerstofftank. Vielleicht hielt sie damit zwei Minuten durch.
Nach ein paar Sekunden hatte sie endlich ihre Lage begriffen. Sie schwamm nach oben und erreichte das Ventil mit dem Drehrad. Ihre Arme kämpften, aber vergeblich; Das Rad ließ sich keinen Zentimeter bewegen. Sie blickte sich um, ihre Bewegungen wurden hektisch.
In der Maschine blitzte es kurz auf. Der Schmerz traf die Frau völlig unerwartet. Der Schock lähmte ihren Kreislauf. Sie versuchte sich zu bewegen aber der Elektrostoß hatte sie bewegungsunfähig gemacht. Hilflos trieb sie in der Flüssigkeit umher. Dann traf sie der zweite Schlag. Die Nerven wurden getrennt, der Herzschlag setzte aus. Der Hirntod kam wenige Sekunden danach. Die Maschine stand still, und es wurde wieder leise.
Später öffnete sich am Fuß der Maschine eine Klappe. Eine Trage wurde herausgefahren. Der Körper der Frau lag erstarrt auf ihr. Haare und Augen gab es nicht mehr. Sie war jetzt eine nackte Wachspuppe. Ihre Beine spreizten sich grotesk von ihrem Becken ab.
Ein Mann löste sich aus der Versammlung. Er unterschrieb eine Rechnung und gab sie dem Insekt aus dem Zellentrakt. Ein Handzeichen genügte. Helfer eilten herbei und machten sich daran, die Puppe in eine Kiste zu verstauen. Er würde eine Empfehlung aussprechen, teilte er dem Insekt mit. Es verneigte sich. Schließlich hatte es noch Hunderte von Puppen zu verkaufen.