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5. Mai 1997

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08.08.2004
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5. Mai 1997

Sie war 14 und glücklich. Nicht jedes Mädchen war es in ihrem Alter. Mit Jungs hatte sie noch nichts am Hut. Das lag wahrscheinlich daran, dass sie hauptsächlich von ihrem Vater und ihrem zwei Jahre älterem Bruder erzogen wurde. Sie nahmen sie mit zum joggen, Fußball spielen, und zum Volleyball-Training. Ihr Vater und Bruder spielten Volleyball schon seit langem. Sie erst seit fünf Jahren. Es machte ihr Spaß und sie fühlte sich in die Familie integriert. Mit ihrer Mutter hatte sie kein besonders gutes Verhältnis. Ihre Mutter arbeitete sehr viel und war selten zu Hause. Aber sie liebte ihre Mutter sehr.
Sie hatte ein Leben, wie aus einem Bilderbuch. Noch. An diesem Tag wollte er sich grade zu einem Fußball spiel mit seinen Kumpeln aufmachen, als sie ihn fragte, ob sie mitdürfte. Er erklärte ihr ganz lieb, dass es diesmal nicht ginge. Sie verstand es jedoch nicht und fing an sich mit ihm zu streiten. Er versuchte mit allen Mitteln sie zu beruhigen. Zwecklos. Man merkte wie sehr er sie lieb hatte. Er versprach ihr, er würde morgen etwas nur mit ihr unternehmen, aber das beruhigte sie nicht besonders. Die Zeit wurde knapp und er musste wirklich los. Ungern versuchte er sie, auf eine sanfte Weise, abzuschütteln. Sie war stur, gab dann aber doch nach. Kurz bevor er die Haustür hinter sich zuschlug, schrie sie ihm jedoch hinterher: "Ich hasse dich."
Heute denkt sie oft darüber nach ob alles so gekommen wäre, wie es gekommen ist, hätte sie es nicht gesagt. Sie weiß jedoch genau, dass sie dieses nie beantwortet bekommen wird und das zerreisst sie innerlich. Jetzt nicht mehr so oft wie damals, aber doch noch ab und zu. Sie hat gelernt dieses Gefühl abzukapseln. Es hat aber auch lange genug gedauert. Sie wünscht sich so oft "Ich hab dich lieb" gesagt zu haben. Hat sie aber nicht. Ob er es trotzdem wusste?
Das Ende stürzte so plötzlilch über ihr ein, dass sie nach Luft schnappen musste. An den Anfang konnte sie sich kaum noch erinnern und das Ende war schon da. Sie hatte das Gefühl zu ersticken. Nachdem ihr Bruder aus dem Haus war, zog sie sich um und ging eine Runde joggen um sich zu beruhigen. Es half. Sie hatte eingesehen, was für ein Biest sie gewesen ist und welches Unrecht sie ihm getan hatte. Sie bastelte ihm eine Entschuldigungs-Karte. Sie wartete bis spät in die Nacht auf ihn, um ihm die Karte zu geben bevor er schlafen ging. Aber er kam nicht. Auch ihre Eltern waren noch nicht zu Hause. Es kam ihr komisch vor und ein Gefühl, das sie nicht kannte, machte sich in ihr breit. Irgendwann war sie eingeschlafen. Als ihre Eltern nach Hause kamen, versuchten sie leise zu sein, aber sie wachte trotzdem auf. Sie hatte gehofft ihren Bruder vor sich zu sehen. Als sie ihrer Mutter jedoch in die Augen schaute, ahnte sie, dass sie ihn wohl nie wieder vor sich sehen würde. Als ihre Gedanken, dann auch noch von ihrem Vater ausgesprochen wurden, gaben ihre Knie nach. Ein Lastwagen habe Martin übersehen, hieß es. An einer roten Ampel stand er total im toten Winkel des Lasters und der Lastwagen ist einfach weiter gefahren, hat ihn überfahren, hieß es. Dabei hatte er grade erst vor zwei Wochen seinen Führerschein gemacht und sein Scooter war noch nicht mal eine Woche alt. Ihr Vater hatte Mühe sie nicht in einen Schockzustand fallen zu lassen. Jedes Wort, das dann folgte, kam ihr vor wie ein Traum. Sie sah die geschriebenen Worte an ihr vorüberziehen.
Ihr Burder war tot. Ab jetzt war sie ein Einzelkind. Ab diesem Moment gab es das glückliche, fröhliche Mädchen nicht mehr. Zumindes für eine Weile nicht. Sie brauchte einige Zeit um mit der Realität klar zu kommen. Noch lange danach hat sie ihren Bruder nicht wirklich losgelassen, nicht loslassen können. Sie wollte ihm noch so viel sagen. Sie wusste, dass niemand und nichts ihn jemals ersetzen könnte.
Mit der Zeit lernte sie nicht die Realität abzukapseln, sondern die vielen Fragen und Gefühle die in ihr aufstiegen und von denen sie wusste, dass sie nie aufhören würden. Sie hatte gelernt mit ihnen zu leben. Trotzdem passiert es ab und zu immer noch, dass eine dieser Kapseln zerbricht und sie wieder der Realität entflieht, an der sie sich so krampfhaft festzuhalten versucht.
Heute ist dieses Mädchen zu einer hübschen, jungen Frau gereift. Glück? Ja, das empfindet sie auch wieder. Aber die Karte hängt immer noch an ihrer Wand.

 

Liebe Lisa!

Deine Geschichte gefällt mir eigentlich ganz gut, eine Mischung aus Traurigkeit, ein bisschen Wut auf sich selbst, Verzweiflung, Schuldgefühlen und Hilflosigkeit kommt bei mir an, sodaß ich mich sehr gut in das Mädchen hineinversetzen kann.

Die Geschichte wirkt recht real, und wenn ich Dein Profil anklicke, liest sich Dein Geburtsdatum wie eine Bestätigung. Ich finde das jedenfalls sehr traurig, und es würde wohl jeden derart belasten, solche Worte als die letzten, die ein Verstorbener von ihm gehört hat, gesagt zu haben. Da müßte einer schon recht ein Eisblock sein oder die Worte ernst gemeint haben, daß das nicht der Fall wäre.
Der Bruder hat aber bestimmt gewußt, daß die Worte nicht wörtlich zu nehmen waren, sondern nur ein Ausdruck der Verzweiflung, nicht mitkommen zu dürfen. Du schreibst zwar nicht, daß es ein Selbstmord war, aber ich nehme mal an, und da hätte ein "Ich liebe dich" auch nichts mehr verändert, da er ja bereits den Entschluß gefaßt hatte, als er allein weggehen wollte. Ein "Ich liebe dich" hätte wohl nur in der Folge eine andere Wirkung gehabt, nämlich die Frage: Warum hat er es trotzdem getan - hat er mich nicht geliebt?
Vielleicht ist es nötig, den wahren Ursachen auf den Grund zu gehen (wenn es denn ein Selbstmord war), um die Karte von der Wand zu nehmen, vielleicht reicht aber auch die Vorstellung, daß er nach seinem Tod als Geist die Karte gelesen oder die Gefühle gespürt hat...

Als Geschichte steckt für mich die Aussage dahinter, daß man sich nie im Bösen trennen sollte und immer darauf achten sollte, daß diejenigen, die man liebt, das auch immer wissen und spüren können, da man nie wissen kann, ob es nicht das letzte Mal war.

Störend empfand ich, daß Du keine Namen verwendest, und daß ich erst nicht wußte, wer da gegangen ist - da Du nur ein "er" verwendest, hätte es auch der Vater sein können, was mir erst da, wo Du das Ausbleiben der Eltern erwähnst, dann klar wurde.
Und, wie oben schon erwähnt, ist auch unklar, ob es sich um einen Selbstmord oder vielleicht einen Unfall gehandelt hat. - Das könntest Du vielleicht noch ausbessern. :)

Da es in der Geschichte eigentlich um den Seelenzustand geht, finde ich am Schluß das Reifen zu einer "hübschen, jungen Frau" nicht ganz passend. Zu einer alten Frau wird sie nicht gleich reifen und ob sie hübsch ist oder nicht, ist eigentlich ein subjektives Urteil und für die Geschichte irrelevant, da es auf die seelische Verarbeitung des Erzählten keinen Einfluß hat, bzw. Hübschsein kein Beleg für Glücklichsein ist.
Mehr interessieren würde mich, was Du unter dem Zerbrechen der Kapseln verstehst und wie die Flucht in die Realität aussieht, die Du zwar erwähnst (mich also neugierig machst), aber nicht beschreibst. - Und irgendwie hätte ich mir am Schluß einen positiven Lichtblick gewünscht. Nach dem scheinbar Positiven ("Glück? Ja, ...") kommt das "Aber die Karte ..." irgendwie einem Schlag in den Magen gleich. Ich möchte fast sagen, die Karte läßt die Protagonistin nicht leben und den Bruder nicht sterben...

"Sie wusste, das niemand und nichts ihn jemals ersätzen könnte."
- dass ... ersetzen

Alles Liebe,
Susi :)

 

Hallo Susi,

danke für deine Kritik. Ich werde die Geschichte so schnell wie möglich ausbessern.

Gruß

LS

 

Hallo,
auch ich finde deine Geschichte von der Grundidee her schön. Du hast passend beschrieben wie sich das Leben des Mädchens verändert hat. In den meisten Punkten stimme ich aber mit Häferl überein.
Leider wimmelt es in deiner Geschichte vor Fehlern. Lies dir alles am besten noch einmal genau durch oder lass den Text von jemandem, der sich gut mit der Rechtschreibung auskennt, korrigieren. Außerdem springst du in der Mitte des Textes in den Zeiten hin und her. Da das Meiste in der Vergangenheitsform geschrieben ist, würde ich die Stellen, an denen du plötzlich im Präsens schreibst, verbessern.
Leider verstehe ich nicht, warum du den Text in die Rubrik "Philosophie" gesetzt hast. meinst du nicht, "Alltag" oder so etwas hätte besser gepasst?
Lieber Gruß, Tröpfchen

 

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