A wie..... Absturz
Habe gestern in der Zeitung gelesen, dass wieder irgendwo ein Flugzeug abgeschmiert ist. Da möchte man mal Verwandte besuchen, in den Urlaub fliegen, Geschäfte erledigen, und ehe man sich’s versieht, trudelt man zwölftausend Meter über dem Atlantik in einer Linienflug-Maschine mit Triebwerksausfall und fragt sich, warum bei allen anderen die Sauerstoffmaske aus der Decke hängt, während einem selber nur der Schminkkoffer der Sitznachbarin auf den Schädel fällt. Die letzten Gedanken schiessen durch den verbeulten Kopf... Ob wohl jemand meinen Goldfisch füttert?.... Für den Flug hab ich 2000 Euro hingeblättert, und jetzt sowas...... Würde gern noch das Gesicht meines Chefs sehen, wenn ich ihm stecke, dass ich seit zwei Jahren seine Alte bumse..... Und beim Aufprall ist es aus und vorbei !
Nicht, dass mir das mal passiert wäre. Aber genau so könnte ich es mir vorstellen. Mein Goldfisch heisst übrigens Paul. Und die Frau meines Chefs, das olle Luder, heisst Tina. Ich fliege nicht mehr, seit sich zwei Piloten am 11. September in der New-Yorker Innenstadt verfranst haben. Was mich aber nicht davor bewahrt, trotzdem ab und zu ziemlich abzustürzen. Wenns nach Feierabend in der Stammkneipe lustig wird, und Rosi hinter der Bar die Tüten aus der Bluse hängen lässt, kriegt mich von da so schnell keiner weg. Nur der Schnaps bringt es fertig, dass ich ab und zu nach hinten wegkippe und den Hocker für die Nachtschicht freimache. Mit einer Platzwunde am Hinterkopf, den ich mir am Flipperkasten aufgeschlagen habe, lande ich in der Notaufnahme, wo bereits ein Bett mit meinem Namensschildchen steht. Die kennen mich dort. Meine Krankenhausakte wird schon gar nicht mehr weggeräumt, seit Rosi ihre Dinger auf Doppel-D hat vergrössern lassen. Und da ich die Höcker von meinem Hocker aus am besten sehen kann, nehme ich die Narben vom Flipper gerne in Kauf.
Im Behandlungsraum sprüht mir der Arzt eine Ladung Kältespray auf die Rübe, bevor er den Schaden repariert. Das könnte er sich nach meinen zwei Dutzend Doppelkorn auch schenken und den Riss mit einer Klobürste zunähen. Bei mir gehen eh grad in diesem Moment wieder die Lichter aus. Ist wohl besser so. Sonst gäbe es jetzt Ärger, weil ich dem Doc grad unkontrolliert auf die Lederliege uriniere. Aber ich krieg von alledem nichts mit, und wache mit vernebelter Erinnerung und halbrasiertem Schädel kurze Zeit später im Beobachtungszimmer auf. Sehe aus wie ein besoffener Mönch im Leichenhemd.... Möchte eigentlich verschwinden, doch die vollgepinkelte Hose ist noch im Waschautomaten. Als sie endlich trocken ist, hält mich hier nichts mehr. Allerdings stelle ich schon sehr rasch fest, dass es mit dem Gehen noch nicht so richtig hinhaut, denn ich stolpere mit einem satten Seitenwind über jeden verfluchten Gegenstand, der irgendwo im Flur rumsteht. Als ich irgendwann mit Rammgeschwindigkeit in eine Gruppe wartender Notfallpatienten rausche, die darauhin noch viel lauter rumjammern, als es eh schon der Fall ist, zeigt sich die süsse Nachtschwester Heidi vom Wochenenddienst einsichtig, und karrt mich mit der Rollbarre bis zum Haupteingang. Draussen kotze ich hinter dem Gebüsch eine Sitzbank voll, rauch noch schnell eine, weil da grad ein Aschenbecher rumsteht, und bin eigentlich schon fast wieder nüchtern und fit für den Heimweg. Abgestürzt, gegroundet sozusagen, aber trotz Cockpitschaden und wackeligem Fahrwerk schon bald wieder bereit für den nächsten Abflug. Zum Glück kommen die Abstürze bei mir noch nicht ganz so häufig vor, wie man derzeit darüber etwas in der Zeitung lesen kann. Trotzdem.... Sollte in Zukunft aufpassen. Schon dem Flipper zuliebe.