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Abendbrot (überarbeitet)

MiK

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12.03.2006
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Abendbrot (überarbeitet)

Der Herd sendet ein leises „klong, klong“ in die abendliche Stille. Das Brotmesser frisst sich hörbar durch den Laib. Jemand versucht den Schlüssel in das Schloss der Wohnungstür einzuführen. Das klopfende Geräusch, das die Schlüsselspitze an Schloss und Türblende verursacht, kündigt ihn an. Den Kopf gesenkt und die Hände zur Faust geballt, stützt sich Marco mit den Handballen auf die Kante der Arbeitsplatte des Küchenschranks. In der Rechten hält er das Messer. Sein Griff um das Messer verfestigt sich und er schließt die Augen.

„... Nein! Reinhard, du tust mir weh.“
„Du blöde Kuh, habe ich dir nicht schon tausend Mal gesagt, wie du meine Socken zu waschen hast?“
„Au. Lass mich los. Ich blute ...“

Ein kurzer, ratschender Ton ist von der Wohnungstür her zu hören. Das schwere Klicken des Riegels, das Anschlagen der Klinke an der Wand, das metallische Klingen der Schlüssel, ein schweres Atmen, das Klirren von Glasflaschen, das Zufallen der Wohnungstür.

„... Seht mich gefälligst an, wenn ich mit euch rede.“
„Nein, lass die Kinder in Ruhe.“
„Verschwinde. Zu dir komm ich später.“
„Reinhard, lass sie schlafen. Sie müssen morgen wieder in die Schule.“
„Seht mich an oder muss ich erst wieder den Gürtel holen? ...“

Mit zitternder Hand streicht Marco die Butter auf das Brot. Er legt das Messer nieder, stützt sich wieder mit beiden Händen auf die Arbeitsplatte und sagt leise: „Nein, heute nicht.“ Langsam nimmt er das Brot mit beiden Händen auf, dreht sich und stellt sich mit dem Rücken locker an den niedrigen Küchenschrank angelehnt. Die Arme vor der Brust verschränkt, beißt er in das Brot. Marco denkt: Was passt ihm wohl heute nicht?

„... Marco, ich habe Angst, wenn er nach Hause kommt.“
„Ich weiß, stell dich einfach schlafend.“
„Aber er macht mich trotzdem wach und schimpft dann mit mir. Wenn ihr nicht da seid, regt er sich bei mir über dich und über Mutti auf.“
„Dann hör ihm einfach nicht zu, Steffi und nick immer mit dem Kopf. So mach ich es auch.“
„Aber er haut mich dann immer ...“

Die Küchentür schlägt an den dahinter stehenden Mülleimer. Reinhard Knaack steht wankend in der Tür. Sein Gesicht hochrot, die dunklen Haare und die Kleidung durcheinander. Sein Blick fällt auf Marco.
„Du kommst auch nur noch zum Fressen nach Hause, was?“, sagt er schroff.
Lass mich doch in Ruhe, denkt Marco und kaut weiter. Er greift hinter sich nach einem Glas Milch, nimmt einen Schluck und stellt es zurück.
„Ich habe mit dir geredet“, faucht der Vater, den Blick fest auf Marco geheftet. Marco beißt erneut in das Brot. „HAST DU NICHT GEHÖRT?“, brüllt Reinhard Knaack. Ein kurzes Zucken fährt durch Marcos Körper. Dann kaut er weiter. „ICH REDE MIT DIR.“
... warum gehst du nicht einfach ins Bett und lässt mich in Ruhe? ...
Der Vater tritt näher, schwankt, sucht Halt. Er stützt sich am Herd ab, der gegenüber von Marco steht. Eine der Kochplatten ist noch heiß vom Erwärmen der Milch. Marcos Blick ist auf diese Platte gerichtet. Der Vater tritt mit einem lauten Schniefen einen weiteren Schritt näher, schlägt Marco das Brot aus der Hand und sucht erneut Halt. Er findet ihn wieder am Herd, schreit auf und wankt rückwärts zur Tür. Marco starrt noch immer auf die Kochplatte, seine Lippen aufeinander gepresst und die Mundwinkel leicht zurückgezogen. Der Vater blickt von seiner Hand zu Marco.
„FINDEST DU DAS WITZIG?“ Marco greift hinter sich nach dem Glas Milch und führt es zum Mund. „VERDAMMT, ICH HABE MIT DIR GEREDET!“
... ich aber nicht mit dir ...
Marco zeigt keine Reaktion. Der Vater tritt wieder näher, stützt sich am Herd ab und schlägt Marco das Glas aus der Hand. Es zerschellt auf dem Boden. Marco sieht an die Stelle mit dem zerbrochenen Glas und der Milch. Er greift Marco am Arm.
„Du hältst dich wohl für ganz schlau, was?“, sagt er, Marco zu sich herumreißend.
Marco ballt die Fäuste. Seine Augenbrauen sind zu einem „V“ geformt. „Was willst du eigentlich von mir?“
„Du kommst und gehst wie es dir passt. Du bedienst dich am Kühlschrank und machst nichts dafür.“
„Ist das dein Problem?“ Beide sehen sich schweigend an. „Und du? Was machst du? Du versäufst deine ganze Kohle und die Mutter muss sehen wie sie mit uns über die Runden kommt.“
Die Augen weit offen, die Nasenflügel ausgestellt, pumpt der Vater die Luft ein und aus. Sein Brustkorb hebt und senkt sich weit.
Der Vater richtet den Zeigefinger auf Marco. „Von dir lass ich mir nich dumm kommen. Von dir nicht. Nicht von dir, du kleiner Penner.“
„Was willst du tun? Mich verprügeln? So wie früher oder wie du es jetzt noch mit Steffi und Mutti machst?“
„Was?“ Er richtet wieder den Ziegefinger auf Marco. „Du kleiner mieser Penner. Das hätte ich mal zu meinem Vater sagen -“
„DU BIST NICHT MEIN VATER.“ Beide stehen sich nun gegenüber. „Oder hast du das schon vergessen? Du bist nur mein Stiefvater.“ Der Zeigefinger ist noch immer auf Marco gerichtet und der Vater setzt an, etwas zu sagen, aber Marco lässt ihn nicht. „Hast du selbst das bisschen Wissen schon aus deinem Schädel gespült?“
„Du kleiner Bastard.“ Der Vater steht vor Marco. Sein Oberkörper schwankt weit nach vorn, er setzt das rechte Bein vor und stößt seine Fäuste in Marcos Brust. Marco stürzt rückwärts und kann sich erst am Fenster, am Ende der schmalen Küche wieder fangen. Aber der Vater stürzt hinterher, greift nach Marcos T-Shirt, hebt ihn aus und drückt ihn in das Fenster in der vierten Etage. Marcos Beine haben keinen Kontakt mehr zum Boden. Sein Herz schlägt ihm bis zum Hals. Der Atem des Vaters riecht nach Bier, Zigaretten und Schnaps.
... Was, wenn das Glas nachgibt? egal vorbei ...
„Du kleiner Wichser“, sagt der Vater. Er hat den Unterarm gegen Marcos Kehle gepresst.
Marcos Gesicht läuft rot an. „Du undankbarer Wichser.“
... keine Luft. Ich brauch Luft ...
Marco zieht sein rechtes Bein hoch, bringt es zwischen sich und den Vater und stößt ihn mit einem befreienden Tritt von sich. Beide stehen sich gegenüber. Atmen tief.
... Scheiße, ich muss hier raus. Muss an ihm vorbei. Darf keine Schwäche zeigen ...
„Du bist Bulle“, beginnt Marco, erschrickt über das leichte Zittern in seiner Stimme. „Jeder kennt dich hier. Jeden Tag sehen sie dich. Jeden Tag kommst du völlig besoffen nach Hause.“
„Pass auf, was du sagst.“
„Und du willst mir vorschreiben, wie ich zu leben habe?“
„So lass ich nicht mit mir reden. ICH zahle hier die Miete. Hier habe ICH DAS SAGEN.“
„Dann geh ich eben.“
„Ja, dann geh doch. Wo willst du denn hin? Zu deinem geliebten Großvater?“ Er zieht den rechten Mundwinkel etwas hoch, bläst die rechte Wange auf und stößt kurz Luft durch die kleine Öffnung zwischen den Lippen. „Er ist tot. Oder hast du das vergessen?“ Seine Wangenknochen treten wieder heraus.
... du blöder Wichser ...
Marco fühlt wie sich sein Hals scheinbar zuschnürt. „Ich komm schon irgendwo unter. Lass mich vorbei.“
Der Vater sieht Marco an, nickt und tritt beiseite. Marco geht langsam zwei Schritte vor, wartet und huscht am Vater vorbei. Die Wohnungstür fällt laut ins Schloss.
Reinhard Knaack tritt aus der Küche in den Korridor. Er sieht nach rechts zur Wohnungstür, stößt ein kurzes „pff“ aus und geht auf das gegenüberliegende Zimmer zu. Geräuschvoll lässt er seine mächtige Hand auf die Klinke fallen und tritt in den dunklen Raum. „Stefanie, wach auf und sag mir wo diese blöde Kuh is. Steffi!“

 

Hallo Conny,

ich danke dir fürs Lesen und Kommentieren. Die Fehler sind auch schon getilgt.

Es klingt zwar logisch, passt für mich persönlich aber trotzdem nicht so ganz zusammen. Das Bild, das bei mir entstanden ist, zeigt diese Situation als permanenten Zustand. Vielleicht mal intensiver als andere Male, aber irgendwie immer aggressiv. Die kleine Schwester hat Angst und wird "immer" geschlagen, wenn sie nicht zuhört und nur nickt. Der Mutter hat er "schon tausend Mal gesagt, wie [sie seine] Socken zu waschen [hat]". "Jeden Tag [kommt er] völlig besoffen nach Hause". Das sind in meinen Augen alles Indizien für einen Dauerzustand.
Sehr gut und so war es auch gemeint. Aber mit dem "Vater" wollte ich auch zeigen, dass es nicht immer so war. Die Mutter und er sind einmal zusammen gekommen, weil sie sich mochten und er den noch kleinen Jungen akzeptierte. Aus dieser Harmonie heraus ist die Schwester entstanden. Sie soll hier keineswegs das Ergebnis einer Vergewaltigung sein. Du hast aber, wie schon gesagt, erkannt, dass sich die Aggression mit der Zeit zu einem Dauerzustand entwickelt hat. Naja, vllt sollte ich den Rest der Geschichte noch drumherum stricken und eine Familiensaga draus machen. ;)

Ciao Mirco

 
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Hallo MiK!

Hab jetzt Deine Geschichte noch einmal gelesen und kann nur nochmals sagen, wie schade es ist, daß Du sie so verschandelt hast. Sie war anfangs so gut ... :(
Ich hab das jetzt auch in mein erstes Posting hineingeschrieben, daß sich die Kritik nicht auf diese Version bezieht, denn so, wie sie jetzt ist, hätte ich über den ersten Absatz nicht hinausgelesen.

Der Herd sendet ein leises „klong, klong“ in die abendliche Stille. Das Brotmesser frisst sich hörbar durch den Laib. Jemand versucht den Schlüssel in das Schloss der Wohnungstür einzuführen. Das klopfende Geräusch, das die Schlüsselspitze an Schloss und Türblende verursacht, kündigt ihn an.
Erst hört man nur - bildlos - dieses "klong, klong" irgendeines Herdes, dann bewegt sich das Brotmesser alleine im Brot hin und her - Protagonisten gibt es ja noch keinen -, dann springen wir zum Schloß an der Tür, wo wir hören wie jemand aufsperrt, und erst dann sind wir beim Protagonisten. - Das ist nicht einmal ein Kurzgeschichtenanfang, denn eine Kurzgeschichte beginnt mit dem Protagonisten, Du beschreibst erst alles rundherum, das ist das Kennzeichen eines Beginns einer Novelle. - In der ursprünglichen Version hat das noch gepaßt, da war erst der Protagonist, der sich ein Brot streicht.

Es könnte mir ja egal sein, da es nicht meine Geschichte ist, aber sie hat mir anfangs wirklich so gefallen, daß es mich unheimlich ärgert, was für Scheiß Du Dir hast einreden lassen. Ich hab in den mehr als fünf Jahren, die ich auf kg.de bin, noch nie gesehen, daß jemand seine Geschichte derart verschlechtert, und dann gerade diese.

Ich mochte die Geschichte sehr, und ich hätte sie verdammt gern wieder gelesen, aber sie ist nicht mehr da ... :crying:

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hallo Häferl,

Hab jetzt Deine Geschichte noch einmal gelesen und kann nur nochmals sagen, wie schade es ist, daß Du sie so verschandelt hast. Sie war anfangs so gut ...
tut mir Leid, aber ich habe die erste Version nicht mehr. Ich habe die Geschichte mittlerweile so oft umgeschrieben, dass nicht mehr weiß, wie sie früher war. Wenn es dich tröstet, auch ich bin mit der derzeitigen Version nicht zufrieden. Aber ich werde nicht mehr daran herumdoktorn. Ich habe keinen Bock mehr und will damit abschließen, um endlich wieder etwas neues schreiben zu können.

Ciao Mirco

 

Hallo MiK!

Trösten tut es zwar nicht, aber ich hoffe, Du lernst daraus, erstens Deine Originale immer aufzuheben, zweitens nicht nach jeder Kritik sofort zu ändern, sondern Dir die Änderungen gut zu überlegen. ;)

Es gibt User, die bekommen einen guten Tip zu ihrer Geschichte und sind dann so überzeugt davon, daß sie ihn wahllos unter den nächsten zwanzig kritisierten Geschichten verteilen, ohne sich in die jeweilige Geschichte und den Stil des Autors wirklich hineinzudenken und zu prüfen, ob der Tip da überhaupt paßt.

um endlich wieder etwas neues schreiben zu können
Dafür wünsch ich Dir gutes Gelingen! :)

Liebe Grüße und
schönes Wochenende,
Susi :)

 

Hallo Susi,

Trösten tut es zwar nicht,
doch, tut es. ;)
Dafür wünsch ich Dir gutes Gelingen!
Danke, das kann ich wohl brauchen. Vllt kommt ja schon in den nächsten Tagen was neues. :Pfeif:

Ciao und dir ebenfalls noch ein schönes WE

Mirco

 

MiK schrieb:
Naja, vllt sollte ich den Rest der Geschichte noch drumherum stricken und eine Familiensaga draus machen. ;)

Genau, denn tief in deinem Unterbewusstsein war das bestimmt dein eigentliches Anliegen... ;)

 

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