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Abgedroschen (lange Version)
Thomas war nun gestellt. Er hatte es über einen sehr langen Zeitraum geschafft, seinem Verfolger zu entkommen. Doch jetzt konnte er nicht mehr entkommen, ihm fehlte die Kraft dazu.
Der Tag begann wie immer an Anfängen von Geschichten ganz harmlos. Doch das ist natürlich noch nicht abgedroschen genug. Nein, hinzu kam, dass Thomas in einem Waisenhaus aufwuchs und ein Außenseiter war. Er hatte keine Freunde und redete immer mit sich selbst, wofür er von den anderen Kindern gehänselt wurde.
Aber er wusste, dass sie sich eines Tages vor ihm verneigen würden.
Sein Widersacher kam näher. Und näher. Dann entfernte er sich wieder. Dann kam er wieder näher. Dann blieb er stehen. ‚Diese verdammte Karte!’, schoss es ihm durch den Kopf, ‚nie findet man etwas!’
Thomas war bereit. Sollte der Feind nur kommen. Er wusste: Er war die Hauptperson, der Held, ihm würde nichts passieren; es war seine Geschichte.
Haha, wenn sein Gegner das wüsste! Aber er war ein Bösewicht und als solcher dumm genug, den Fehler zu begehen, den jeder Bösewicht begeht: Er überschätzte sich.
Nun aber war Thomas gestellt. Sein Feind trat langsam, ganz langsam an ihn heran. Er zögerte den Moment heraus, ganz in der Manier der Schurken: Gebe dem Helden eine faire Chance zu entkommen. Denn dass der Held entkommt ist ganz klar, sonst wäre es ja keine gute Geschichte. Die Leser wären desillusioniert, das Buch würde sich schlecht verkaufen, der Autor würde nichts verdienen, ebenso wenig der Verleger.
Thomas blickte entsetzt hinter seinen Feind. Er rief:
„Hey, schau mal da“, und zeigte mit dem Finger in die Richtung, aus der sein Rivale gekommen war.
„Denkst du, dass ich auf so einen alten, dämlichen Trick reinfalle? Ich meine, faire Chance, schön und gut, aber wenn du entkommst, dann doch bitte stilvoller. Du bist – “
Was er war würde Thomas leider nie erfahren, da ein riesenhaftes Rhinozeros seinen Gegner plattgewalzt hatte.
Es war wie aus dem Nichts herangebraust, niemand wusste woher es kam, was eigentlich nicht verwunderlich war, denn außer Thomas befand sich niemand mehr hier; und woher soll Thomas bitte sehr wissen, woher dieses Tier kam? Das wäre ja totaler Quatsch und auch sehr unglaubwürdig.
Das Rhinozeros schnaufte und blieb über den plattgetrampelten Überresten des Feindes stehen. Dann fraß es diese genüsslich und sehr langsam auf, Thomas die ganze Zeit über im Auge behaltend.
Dieser erwiderte standhaft den Blick, wissend, dass er das nicht mehr lange würde durchhalten können.
Nachdem das
(Nashorn Nashorn Nashorn)
Rhinozeros nichts mehr vom Feinde übriggelassen hatte außer wenige Moleküle, richtete es seinen Kopf auf und fixierte dabei immer noch Thomas.
Dann hub es an, zu sprechen:
„Was starrst du mich so an? Denkst du,
(Nashörner Nashörner Nashörner)
Rhinozerosse können sprechen, oder Menschen auffressen? Träum’ weiter, Kleiner!“
Mit diesen Worten verschwand es und sein Feind stand wieder vor ihm, beziehungsweise kam langsam auf ihn zu. Ganz langsam. Noch langsamer. Stellen Sie sich eine Schnecke vor und multiplizieren Sie deren Geschwindigkeit mit Hunderttausendmillionen, um die Geschwindigkeit des Feindes herauszubekommen. Danach dividieren Sie das Ganze durch Hunderttausendmillionen und sind bei der Geschwindigkeit des Gegners.
Thomas sagte:
„Schönes Wetter heute.“
„Ja, ganz okay.“
Thomas explodierte:
„Nein, es ist nicht ‚ganz okay’, es ist schön! Bist du jetzt ein Experte fürs Wetter, oder was? Mann, Mann, Mann, du kannst echt nerven!“
„Tut mir leid...“
„Ey, halt ’s Maul! Du nervst, Junge! Lass mich einfach in Ruhe! ‚Ganz okay’, ich glaub, ’s hackt!“
Sein Feind brach unter dieser psychischen Last zusammen.