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Abgetaucht

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08.12.2010
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Abgetaucht

Synopsis

Wer hat noch nicht darüber nachgedacht wie es wäre, wenn man sich unsichtbar machen könnte?

Der Protagonist dieser Geschichte malte sich auch aus, was er wohl alles erleben würde, wenn ihn seine Mitmenschen nicht wahrnehmen könnten.
Für ihn wurde dieser Gedanke zu einer fixen Idee, zu einem Projekt, zu einer Obsession, und so tauchte er ab und wurde der „Unsichtbare Mann“.

Er war New Yorker, und diese Stadt war der ideale Platz für sein Experiment. Er beobachtete seine Umwelt und die Menschen. Er observierte seinen Lebensraum akribisch. So stellte er fest, dass die häufigste Haarfarbe eines New Yorkers dunkelblond war, dass es für jeden Anlass eine unauffällige Farbzusammenstellung für männliche Kleidung gab, fand heraus, dass man einen nicht zu hellen aber auch nicht zu dunklen Hauttyp haben musste, um in New York keiner Rasse zugeordnet zu werden.

Da er keine Freunde oder Verwandte in der Stadt hatte, fiel es niemanden auf, dass er seine Haare färbte, seine Haut bräunte, sich unauffällig kleidete, seine Wohnung aufgab, seine Identität auslöschte und in die Anonymität einer gleichgültigen Masse untertauchte. Somit war er nun, in seiner ignoranten Welt, als „Unsichtbarer Mann“ überall und nirgends. Seine Physis war zwar stets zu erkennen doch niemand schaute hin. Als Meister des „unauffälligen“ führte er die Gesellschaft an der Nase herum.

Die Geschichte kann nun beginnen:

Er spürte wie sein Puls sich erhöhte. Das musste er auf alle Fälle vermeiden. Es war das erste Mal, dass er sich in einer so noblen Gesellschaft verschwinden ließ. Zu Anfang dachte er das Risiko entdeckt zu werden wäre zu hoch, doch sein Ehrgeiz besiegte seine Vernunft.

Die Sache mit dem „Sich-Verschwinden“ lassen hatte bereits so oft funktioniert, dass er sicher war, es würde auch diesmal gut gehen. Er hatte wie immer an alles gedacht. Er war frisch geduscht und hatte geruchsneutrales Deodorant für Allergiker benützt. Da er ohnehin nicht zu starker Schweißbildung und den damit verbundenen Gerüchen neigte, war er jetzt, für den über Generationen völlig verkümmerten Geruchsinn der Menschen um ihn herum, nicht mehr zu wittern.

Er trug die bequemen Lederschuhe mit den weichen Kunststoffsohlen, die es ihm ermöglichten, sich fast lautlos auf nahezu jedem Untergrund zu bewegen. Man konnte ihn also weder riechen noch hören. Sein Puls beruhigte sich.

Er war unsichtbar.

Die Rede von Bürgermeister Michael Bloomberg, wie er aus den Unterhaltungen der Gäste entnehmen konnte, war wieder einmal viel zu lang. Das führte zu einer mittleren Katastrophe für die stets akkurat arbeitende F.C.E Ltd., eine im Bundesstaat New Jersey beheimatete Cateringfirma für Luxus-, Promi- und Großveranstaltungen, welche für ihre Perfektion bekannt war, und nun durch die Verzögerung mit dem Gala-Menü ins rotieren geriet.

F.C.E steht für „First Class Events“ und ein erstklassiger Event war die alljährliche TONY-Verleihung mit Gewissheit.

Er liebte das Theater. Ganz egal ob Schauspiel, Tanz, Oper oder Musical, ihn faszinierte wie die Künstler in verschiedene Rollen schlüpften und so für eine Weile jemand anderer sein konnten. Hätte er Talent besessen, wäre dies wohl sein Traumberuf gewesen. Singen, Tanzen und Schauspiel waren jedoch nicht seine Stärke. Überhaupt konnte er nichts besonders gut. In der Schule lagen seine Zensuren irgendwie immer im Durchschnitt. So wurschtelte er sich, durch alle Jahrgangsstufen. Die große Karriere als Rechtanwalt, Arzt oder Astrophysiker war für ihn nicht zu machen, aber es reichte immerhin für ein Mittelklasse College.

Auf leisen Sohlen näherte er sich einer Gruppe bekannter Showstars, wovon die meisten ihre beste Zeit schon seit Jahren hinter sich hatten. Hinter einer großen Zierpflanze war er in seinem dunkelgrünen Maßanzug von Hugo Bross kaum zu erkennen. Die Tatsache, dass er keinem direkt in die Augen blickte, hinderte die Leute daran, ihn in ein Gespräch zu verwickeln. Die bekannten Bühnendarsteller, nahmen keine Notiz von ihm. Ihr leeres Geschwätz war für ihn jedoch nicht wirklich interessant und so entschied er sich den Schauplatz zu wechseln.

Unauffällig verschwand er hinter der aufwändig gestalteten Eisstatue, die das untere Ende des Feinschmeckerbuffets zierte. Siedend heiß fiel ihm gerade noch rechtzeitig auf, dass das bläulich-weiß schimmernde Wasserkunstwerk, so gar nicht zu seiner Tarnung passte. Wieselflink, und für die mit sich selbst beschäftigten Anwesenden kaum zu erkennen, warf er sich das hellblaue Jackett von Glorio Armandi über die Schulter. Durch das glitzernde Eis war er nur noch für äußerst aufmerksame Personen zu sehen. Von denen war aber zu seinem Glück keiner in der Nähe.

Er wusste es war ein Fehler noch bevor er es tat. Schon als Kind faszinierte ihn Schnee, Kälte und Eis. Bis ins Teenager-Alter fing er die weißen Flocken am liebsten mit der Zunge auf. Ganz entgegen des Volksmundes fand er auch gelben Schnee viel würziger.
Da die Eisskulptur gerade erst aus der Tiefkühlkammer kam, hatte sie noch eine trockene, kalte Oberfläche. Schon bei der ersten Berührung mit seiner, nach dem kühlen Etwas gierenden Zunge, war er gnadenlos festgefroren. Es konnte sich nur um Minuten handeln, bis er entdeckt werden würde. Die Adern an seinen Schläfen pochten wie wild, hektisch hauchte er heiße, feuchte Atemluft auf die Geschmacksknospen seiner allzu voreiligen Zunge.

Gerade noch rechtzeitig bevor der Küchenchef das Buffet eröffnete, gelang es ihm sich zu lösen und unter den Tisch zu gleiten. Noch heftig zitternd dachte er über die verschiedenen Möglichkeiten nach, wieder in der Menge unterzutauchen. Er entschloss sich fatalerweise für den in altrosa gehaltenen Trenchcoat von Dolge & Gabballa.

Auf dem Bauch robbte er nach vorn, um nicht an der gleichen Stelle aufzutauchen, an der er unter dem Tisch verschwand. Er war sich auch nicht ganz sicher, ob er nicht noch einmal der Versuchung, an der Eisskulptur zu lecken, erliegen würde. Was er nicht wissen konnte war, dass er genau hinter dem in Honig marinierten Spanferkel hervor kam, und so geschah es, dass einer der scheinbar völlig ausgehungerten Ehrengäste ihm ein beachtliches Stück aus seinem in altrosa gewandeten Unterarm schnitt.

„New York frisst dich auf“ dachte er.

Seinen Schmerz unterdrückend, konnte er dem dicken Gierschlund seine angeknabberten Extremitäten entziehen, als dieser sich kurz vom getrüffelten Kartoffelbrei ablenken ließ. Mit einem kühnen Satz hechtete er sich zwischen die prächtig auf einer Etagere drapierten, TONY-Awards. Das einzige was im auf die schnelle einfiel um seine Camouflage zu wahren, war das goldene Regencape, welches er vergangene Woche bei Bloomingdales, hatte mitgehen lassen.

Nachdem er während des ganzen zweistündigen Galadiners, regungslos zwischen dem Preis für die „Beste weibliche Nebenrolle in einem Off-Broadway Musical“ und dem „Ehren-TONY für das beste original adaptierte Drama in einer nicht englischsprachigen Coverversion“ stand, war er sich dem Sinn seiner Handlungen nicht mehr bewusst.

Trotzdem konnte er einen gewissen Stolz nicht verleugnen als er dem Sieger in der Kategorie „Beste nicht gesungene Tragik-Komödie“, ehrenvoll überreicht wurde. Die aberwitzige Idee, des Preisträgers, die eben erhaltene Trophäe mit Champagner zu füllen, scheiterte zum Glück für ihn, an den überzogenen Preisen für das prickelnde Edelgetränk. In einem unbemerkten Augenblick ließ sich der Inhalt der vermeintlichen Auszeichnung, elegant aus dem goldenen Gewand gleiten.

Nackt wie Gott in schuf lag er nun auf dem frisch gebohnerten Parkett des Bankett-Saals und Dank seines ebenmäßigen Teints, welchen er sich in unzähligen Solariums-Sitzungen erworben hatte, konnte er vom ungeschulten Auge eines x-beliebigen Gastes, von einer gut gewachsten Holzlatte nicht unterschieden werden.

„Unsichtbarkeit ist manchmal eine ziemlich anstrengende Sache“ resümierte er.

Die letzten Stunden der Galaveranstaltung verliefen für ihn, ohne größere Zwischenfälle, sieht man von dem schmerzhaften Fehltritt einer Hollywood-Diva in Highheels einmal ab. In mühevoller Kleinarbeit erreichte er kurz vor dem Ende des Abends das Buffet und schlüpfte in den dort von ihm zurückgelassenen grünen Anzug. Als er nun von Hecke zu Hecke zurück zu seinem anonymen Schlafgemach hetzte, entschloss er sich sein Experiment zu beenden und ab dem nächsten Morgen wieder für alle Menschen sichtbar zu werden.

Während er sich in seinem Versteck -einem schicken Neubau in der 86. Straße, das kurz vor der Fertigstellung stand- zwischen einen Mauervorsprung kuschelte, dachte er über die vielen Dinge nach, die er ab Morgen wieder tun wollte. Glücklich schlief er ein.

Zufrieden schaute der Bauarbeiter auf seine soeben beendete Arbeit. Das letzte Stück der Wand war hochgemauert und verputzt.

...

Der Unsichtbare blieb für immer abgetaucht.

 

Hallo Rushow!

Dieser Text soll auch noch einen Kommentar bekommen.

"Synopsis" => Das ist das erste Wort, und ich kann dazu nur sagen, dass Fremdworte Fremdworte heißen, weil sie den meisten Lesern fremd sind. Ich weiß nicht, was Synopsis heißt, muss also erstmal ein Fremdwörterlexikon hervorkramen und schon ist mir die Freude am Lesen deines Textes vergangen. Beim ersten Wort!
Aha, Synopsis bedeutet also: Zusammenstellung von Schriften oder Stellen über den gleichen Gegenstand. => Naja, das ist auch nicht gerade etwas, das bei mir Freude am Lesen erzeugt.

Dann mal weiter im Text:

Also, dein Protagonist macht sich also selbst obdachlos, und "als die Geschichte nun beginnen kann", hat er sich frisch geduscht, usw. usf. Wie macht er das? Ich habe kein Bild von deinem Protagonisten vor meinem Auge, und bevor du nun behauptest, dass deine Geschichte folglich funktioniert, weil dein Protagonist tatsächlich unsichtbar ist, muss ich dir sagen, dass das nicht funktioniert. Du weckst beim Lesen Widersprüche, aber kein Interesse.

"Die Sache mit dem „Sich-Verschwinden" lassen hatte bereits so oft funktioniert" => Das ist eine Behauptung. Die kaufe ich dem Erzähler aber nicht ab. Zeige mir, wie es funktioniert, in einer Szene, dann könnte ich mir eine Meinung bilden, ob ich das glauben soll.

Schreibtechnisch: Wenn du von deiner Erzählzeit Vergangenheit Rückblicke machst, musst du in die Vorvergangenheit.

"dass einer der scheinbar völlig ausgehungerten Ehrengäste ihm ein beachtliches Stück aus seinem in altrosa gewandeten Unterarm schnitt." => Hier wird es surreal. Das passt aber leider nicht zu dem, was du bisher geschrieben hast. Vollkommen surreal wäre der Text sicherlich interessant. Versuch das doch. Mach mehr Pep rein!

Grüße
Chris

 

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