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Abschied
„Die SMS mit „Der Schlüssel liegt im Versteck“, war deine letzte Nachricht an mich und die habe ich mir aufgehoben. Ich bin jetzt in der Wohnung und bemerke wie leer sie eigentlich wirkt, wenn Deine Sachen nicht mehr hier sind. Kaum zu glauben, dass wir hier – noch vor einem Monat – glücklich waren und uns mit den Gedanken an eine gemeinsame Zukunft gespielt haben. Deine Schwester hat jetzt mal alles von Dir mitgenommen.
Also, keine Anzeichen mehr, die beweisen, dass Du hier gelebt hast. Nur helle Stellen an der Wand als stille Zeugen, die mir schmerzhaft zeigen, wo die Bilder von uns einst ihren Platz hatten. Die restliche Wand hat diesen grauen, abgenutzten Schleier. Hatten wir uns eigentlich auch abgenutzt? Ich denke an schönere Zeiten und merke, wie mich eine Träne an meiner Wange streichelt. So, als ob sie mir auch gleichzeitig wieder Trost spenden möchte. Ich versuche mir einzureden, dass das schon wieder gut wird. Man merkt doch, wenn es in einer Beziehung nicht mehr funktioniert, versucht zwar es zu ignorieren, aber beide sehen dann doch die Sinnlosigkeit ein. Nur so, war es bei uns ja nicht. Natürlich gab es auch den einen oder anderen Moment, in dem wir Kompromisse eingingen. Eigentlich ganz natürlich, wenn aus zwei Menschen ein Paar wird. Trotzdem, es musste keiner von uns seine Individualität aufgeben.
An der Türe hat es geklopft. Wie schön, wenn Du jetzt davor stehen würdest und alles nur ein böser Traum war. Es ist aber Thomas, der mir jetzt mit meinen Möbeln hilft, habe schon wieder einmal die Zeit vergessen. Ich habe nun eine neue Wohnung gefunden. Weiß gar nicht, ob ich alles haben will, oder einen Teil der Sachen einfach stehen lasse, auch weil die neue um einiges kleiner ist. Du kennst ja meine Freude, Entscheidungen zu treffen. Ich habe es ja auch nie wirklich geschafft, beim Italiener ‚nur’ zu bestellen. Ich muss nun in einer Stunde aus der Wohnung raus sein, weil der Vermieter schon ein anderes Paar zur Ansicht eingeladen hat. Wie immer mache ich alles auf den letzten Drücker. Ach, wie du das gehasst hast. Thomas hat sich einen Kastenwagen geliehen, weil ich einfach nicht mehr mit dem Auto fahren kann. Es steht noch immer in der Garage, so, wie es aus der Werkstatt kam, und ich werde es wohl verkaufen, denke ich. Also mein Schatz, ich werde jetzt mit Thomas die Sachen wegschaffen. Ich werde dem Vermieter nur einen Schlüssel retour geben. Deinen werde ich in unserem Versteck lassen. Du glaubst gar nicht wie sehr es schmerzt aus dieser Wohnung weg zu gehen, ich will Dir aber sicher keinen Vorwurf damit machen. Ich verspreche Dir, dass unsere Bilder in der neuen Wohnung einen tollen Platz bekommen. Vielleicht hole ich mir auch Deine Pflanzen von Deiner Schwester retour. Ich komme Dich sicher auch heute noch besuchen. Die Kerze muss sicher schon gewechselt werden und frische Blumen habe ich Dir auch gekauft. Thomas hat sicher Verständnis dafür, wenn ich seinen Wagen heute nicht leer bekomme. Ich liebe Dich, bis später“