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Abschied

uzu

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01.06.2008
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Abschied

Ich war wie gelähmt. Vermochte es nicht, mich auch nur ansatzweise zu bewegen. Dabei gab es keinen Grund mehr, wie verwurzelt sitzen zu bleiben. Trotzdem hatte ich noch Angst und saß im alten Sessel.
Es war kein richtiges Sitzen, eher eine Mischung aus sitzen und liegen. Es war nicht besonders bequem, aber so bin ich in den Sessel gestürzt, und seitdem habe ich mich nicht mehr bewegt. Keinen Zentimeter. Regungslos. Jeder Teil meines trostlosen Körpers. Wenn mich jemand so gesehen hätte, hätte er gedacht, ich wäre tot.
Aber tot war ich nicht. Nein. Denn wenn ich tot gewesen wäre, hätte ich nicht diese Schmerzen gespürt. Sie waren nicht so stark, dass ich zum Arzt müsste oder irgendwelche Medikamente bräuchte. Nein. Aber sie waren stark genug, um zu wissen, dass ich nicht tot war. Ich wusste sofort, diese Schmerzen werden sich in mein Gedächtnis einbrennen.
Aber irgendwann musste ich aufstehen. Außerdem war er auch schon seit über einer halben Stunde weg. Glaubte ich, man hat kein Zeitgefühl, wenn man nur mit seinen Gedanken beschäftigt ist.
Zuerst ging ich ins Bad, um mich im Spiegel zu betrachten. Die Silhouette seiner Handfläche konnte man in meinem Gesicht deutlich erkennen. Fast meine gesamte linke Gesichtshälfte war rot.
Ich legte meine Hand auf den Abdruck seiner. Mein Gesicht war warm, sogar heiß. Und taub war es auch.
Dieses Gefühl kannte ich nicht. Es war fast wie beim Zahnarzt. Wenn man dieses Gefühl nach dem Zahnarztbesuch hat, weiß man, dass einem geholfen wurde. Aber mir wurde nicht geholfen. Vielleicht fühlte es sich deshalb auch anders an.
Was sollte ich jetzt tun? Es gab zwei Möglichkeiten, das war mir klar. Bleiben oder Gehen? Flüchten oder der Gefahr stellen? Schwarz oder Weiß?
Es war schließlich das erste Mal, dass er mich geschlagen hat.
Aber wer einmal zuschlägt, der schlägt auch ein zweites, drittes und tausendstes Mal zu. Das war mir klar. Und wer weiß, ob er eines Tages auch Elwin schlagen wird. Oder Elwin könnte denken, es wäre in Ordnung, Schwächere zu schlagen.
Wahrscheinlich hatte er einen harten Tag bei der Arbeit. Aber die hatte er früher auch schon, und trotzdem ist er nie so ausgerastet wie heute.
Das Beste wäre, wenn ich erst einmal hier ausziehe, mit Elwin. Natürlich mit Elwin. Aber wohin? Tina würde uns sofort bei sich unterbringen. Keine Frage. Auf sie kann ich mich immer verlassen. Aber zu ihr wird Felix sofort fahren. Er weiß, dass ich immer zu ihr gehe, wenn es mir schlecht geht.
Aber wie soll ich unser Leben finanzieren? Mit meiner abgebrochenen Lehre stellt mich niemand ein. Und welcher Mann füttert schon eine Frau mit Kind durch, so wie Felix es gemacht hat? Aber es wäre immer noch besser, in Armut zu leben, als in Gewalt. Vor allem für Elwin.
Ich könnte auch zurück zu den Eltern. Mit 22 wohnen viele noch bei ihren Eltern. Mein altes Zimmer ist auch noch so wie früher. Voll mit Popbandpostern und rosa tapeziert. Aber damit würde ich sie nur bestätigen, dass er nicht der Richtige für mich ist. Wie sie es von Anfang an gesagt haben.
Ich ging zu Elwins Bettchen und nahm ihn auf den Arm. Er schlief weiter. Ruhig und friedlich schlummerte er. Mein kleiner Engel. Mein Fels in der Brandung. Ein Wunder, dass so ein kleines Geschöpf mir so viel Kraft geben kann.
Wir könnten auch nach Nürnberg, zu Ingo. Er hat früher immer auf mich aufgepasst und mich beschützt. Aber seit seiner Hochzeit im Mai habe ich nicht mehr mit ihm telefoniert. Ich bin wohl keine sehr gute Schwester.
Selbst wenn ich bei Ingo unterkommen könnte, Felix hat bestimmt die Tür abgeschlossen, damit ich ihn nicht verlasse.
Mit Elwin im Arm ging ich langsam zur Tür. Bei jedem Schritt änderte ich meine Meinung, ob es besser wäre, wenn die Tür offen oder verschlossen sei.
Ich holte tief Luft, meine Hand näherte sich wie in Zeitlupe dem silberfarbenen Türgriff. Behutsam drückte ich das kalte Stück Metall hinunter. Es schien, als wäre es viel schwerer als sonst, die Türklinge zu betätigen. Gespannt wartete ich auf das Geräusch, das entsteht, wenn sich der Verschluss der Tür öffnet. Langsam zog ich die schwere Tür auf und blickte ins helle Treppenhaus. Zögerlich machte ich einige Schritte vorwärts. Es war ruhig. Absolute Ruhe. Nichts, einfache Leere.
Sollte ich wirklich gehen? Ihm wird es bestimmt Leid tun. Es wäre bestimmt besser, wenn ich noch mal mit ihm über alles rede.
Dann schloss ich die Haustür und brachte Elwin zurück in sein Bettchen.

 

Hallo uzu,

und herzlich willkommen hier :)

Für deinen Einstand hier hast du dir ein ernstes Thema ausgewählt. Allerdings konnte ich mir die Beziehung der beiden leider nicht richtig vorstellen. Ich erfahre, dass sie ein Kind haben, wie alt sie ist und dass er sie zum ersten Mal geschlagen hat. Ich hätte mir gewünscht, noch einige mehr Details zu erfahren, um mir ein Bild machen zu können. Vielleicht hast Du Lust, noch ein paar Einzelheiten über ihren gemeinsamen Alltag einzuflechten.

Deine Erzählerin empfand ich als erstaunlich reflektiert. Sie weiß, dass es wieder passieren wird und wägt in Ruhe unterschiedliche Möglichkeiten ab. Ich bin mir nicht sicher, ob man derart überlegt reagiert in so extremen Momenten. Dass sie bleibt und nicht geht fand ich schlüssig - der einfachste Weg.

Gegen Ende haben sich einige Fehler eingeschlichen:

Ich holte tief Luft, meine Hand näherte sich wie in Zeitlupe dem silberfarbenen Türgriff.
Gespannt wartete ich auf das Geräusch, das entsteht, wenn sich der Verschluss der Tür öffnet. Langsam zog ich die schwere Tür aus ? auf und blickte ins helle Treppenhaus.

Ab und an gerätst du außerdem mit den Zeiten durcheinander. Hast du mal ausprobiert, die Geschichte einfach im Präsens zu schreiben?

Viele Grüße
Juschi

 

erstmal danke für deine kritik.
die fehler hab ich verbessert.
aber ich finde es kommt noch ein bissl was mehr über die charaktere rüber. sollte zu mindest :P. z.B. dass nur der mann arbeitet, die frau kümmert sich den ganzen tag ums kind, hatte keine abgeschlossene ausbildung.(Zitat: "Mit meiner abgebrochenen Lehre stellt mich niemand ein. Und welcher Mann füttert schon eine Frau mit Kind durch, so wie Felix es gemacht hat?")
mit der zeit muss ich´s mir nochmal überlegen..danke dir
mfg
Nik

 

Willkommen uzu,
was ist im Vorfeld passiert? Wie sieht die Beziehung aus? Die Reflektion über das Geschehene interessiert mich weniger, sie könnte eher ein kleiner Nachklang sein, aber nicht der eigentliche Inhalt. Junge Familie mit Kind, da hebe ich sofort viele Fantasien, die durch Deine angedeuteten Überlegungen der Frau noch angeheizt werden, leider kommt keine so richtig um Tragen. Bleibt für mich die Frage: Was ist denn da passiert?
LG,
Jutta

 

Liebe uzu,
danke für Deinen Text. Auch mich interessiert die vorangegangene Entwicklung der Paarkrise. Schlagen ist nur der Höhepunkt, oft geht seelische Grausamkeit voraus. Das hätte ich gern erfahren. Außerdem lässt mich der Schluss irgendwie unbefriedigt zurück. Schlicht die Tür wieder zuzumachen reicht nicht, irgendwas fehlt, ich weiß noch nicht was, ich schreibe es dann. Trotzdem: Ein Thema, aus dem man mehr machen kann. Setz Dich nochmal ran, das schreiberische Potenzial ist ja da!

lg, catlucy

 

ich fand deine geschichte nett zu lesen und gut geschrieben... deine frau denkt sehr klar und logisch über ihre situation nach,... es hat mich jetzt nicht begeistert ich hab's gern gelesen. kann nichts so richtig kritisieren. vielleicht wenn mich das thema näher mich angehen würde, hätte ich es noch gerner gelesen...

lg

 

Hallo uzu

und willkommen auf kg.de :)

Mit deinem Einstand hast du dich einem ernstem Thema zugewandt. Leider wirst du dem nicht wirklich gerecht. Du reduzierst das Thema allein auf die Reflektion, die nach dem Schlag einsetzt. Das kommt mir zu nüchtern und gefasst rüber, die Dramatik bleibt auf der Strecke.
das Problem ist, dass dem Leser keine Bilder geboten werden, die ihn zu Emotionen veranlassen. Das Ganze bleibt blass, bleiben Gedanken, an denen man nicht wirklich teilnehmen kann, da alle notwendigen Informationen nicht mitgeliefert werden.
Iim Übrogen hätte ich es wesentlich besser gefunden, wenn du das Ende offen gelassen hättest. Geht sie nun, oder bleibt sie, darauf hätte der Leser dann selbst eine Antwort finden müssen.
Fazit: Ausbaufähig :cool:

In jedem Fall noch viel Spaß auf kg.de

grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo uzu,
am Anfang hab ich mich ein bisschen schwer getan, kam mir etwas langatmig vor ... aber als ich dann weiterlas, fand ich, dass der Einstand so notwendig ist, um ein Gespür für das Gefühl zu kriegen, das die junge Frau dabei empfand, als sie geschlagen wurde, obwohl ich glaube, dass man schneller auf eine Ohrfeige reagiert ... dieses lange Warten danach hat eigentlich nur die Unverständlichkeit dass das passiert ist und ihre Ohnmacht zum Ausdruck gebracht... es kommt z.B. auch gut rüber, dass sie "durchgefüttert" wird von ihm ... wahrscheinlich bekommt sie das täglich eingeredet ... ich finde nicht, dass man wissen muss, warum sie geschlagen wird ... da passieren vorher viele Dinge, bevor es soweit kommt ... schlagen ist schlagen und darf nicht sein ... dafür wird es nie einen guten Grund geben ... dass die junge Frau kneift, ein neues Leben ohne ihn zu beginnen ist verständlich ... keine Ausbildung ... ein kleines Kind ... nicht zurück zu den Eltern, um ihnen den Triumph des Recht habens nicht zu gönnen ... Angst vor der eigenen Courage ... und zum Schluss die einzig mögliche Entscheidung ... nämlich die, zu bleiben und es nochmal zu versuchen ... hätte sie gleich nach der Ohrfeige mehr Wut gehabt als ohnmächtig zu verharren, hätte sie vielleicht eine Bauchentscheidung getroffen und den Absprung geschafft ....
ich finde, es kommt gut rüber, was du meinst ... kein Selbstbewusstsein oder ein Nichtglaubenkönnen an sich selbst, deshalb Angst, deshalb Verharren.... für mich eine logische Entscheidung, da sie ja auch noch für ein Kind und nicht nur für sich allein sorgen muss ...
im großen und ganzen finde ich die Geschichte "lebensecht"...
herzlichst,
Gerti

 

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