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Abschiedsschmerz
Abschiedsschmerz
Ich sah wie er darum kämpfte die Beherrschung nicht zu verlieren. Seiner Wut und Enttäuschung nicht freien Lauf zu lassen. Und in diesem Moment wurde mir bewusst wie viel er mir bedeutete, wie sehr ich ihn liebte.
Diese Gefühle bestärkten meinen Entschluss zu handeln. So sehr es mich selbst auch quälte, ich musste ihm noch mehr Schmerzen zufügen. Musste ihn dazu bringen mich zu hassen. Er sollte gehen. Gehen und niemals wiederkommen.
Meine Hände krallten sich unbewusst in das weiche Leder des Sofas. Er stand über mir. Fassungslos. Sprachlos. Ich sah die Pein und den Schmerz in seinen Augen und es wollte mir schier das Herz zerreißen. Tränen drohten in mir aufzusteigen. Ich kämpfte sie mit aller Macht nieder. Ich musste jetzt stark sein. Für ihn.
„Liebst du mich noch?“
Seine Frage schnitt mir tief ins Herz. Sein flehender Blick als er sie aussprach.
Der schmerzvolle Klumpen in meiner Brust wurde immer größer. Ich wollte mich in seine starken Arme werfen. Wollte alles Geschehene, alles Gesagte rückgängig machen-
Nein. Das durfte ich nicht. Ich durfte nicht schwach werden.
Ich blickte ihm fest in die Augen. In mir kämpften Gefühle gegen Gefühle in einem endlosen Ringen miteinander. Ich ließ mir nichts anmerken.
„Nein, Thomas, ich liebe dich nicht mehr.“
Mit einem Schlag verschwand alle Liebe und alle Hoffnung aus seinem Blick und machte etwas anderem Platz. Blinder Hass und Zorn die seinen Kummer und seine Verzweiflung verbargen.
Ich sah seine zu Fäusten geballten Hände. Ein stummes Zittern ergriff seinen ganzen Körper.
„Dann war es das also?“ Seine Stimme klang belegt. Auch er kämpfte mit den Tränen.
„Ja, das war` s.“ erwiderte ich. Eine einzelne verstohlene Träne rann mir die Wange hinab.
Doch er sah sie nicht mehr. Ohne einen Blick zurück zu werfen verließ er die Wohnung. Mein geliebter Thomas. Ich wusste, er würde niemals wieder zurückkehren.
Etwas in mir zerbrach. Ich ließ den Tränen freien Lauf. Glitt auf den Boden und wiegte mich selbst tröstend in den Armen.
Ich hatte es getan.
Ich wusste dass es das Beste für ihn war, doch das machte den Schmerz nicht erträglicher und ließ ihn schon gar nicht verschwinden. Thomas war jetzt in Sicherheit sagte ich mir immer und immer wieder. Wenn SIE ihn hier bei mir gefunden hätten, hätten sie auch ihn umgebracht nur um mir weh zu tun wie ich ihnen weh getan hatte. Es war das Beste für ihn.
Nach einer Weile versiegten meine Tränen. Ich blickte aus dem Fenster. Das Schwarz der Nacht hatte sich über die Stadt gelegt. Es würde nicht mehr lange dauern bis sie kamen. Und sie würden kommen um Rache an mir zu nehmen. Rache nehmen für das Unrecht das ich ihnen, gewollt oder ungewollt, angetan hatte.
Ich wartete. Stunden. Dann Tage. Ich blieb in unserer Wohnung. Thomas` und meiner.
Die Leere in mir wurde immer größer. Verzweifelt klammerte ich mich an meine Erinnerungen. Sie waren mein Halt, mein Trost und gleichzeitig Schuld an meinem Schmerz. Sein Lächeln. Seine Liebkosungen. Die Art wie er mir über das Haar strich während er mich sanft weckte.
So war es das Beste für ihn.
Sie würden kommen. Ich hatte es in ihren hasserfüllten Blicken gesehen. Sie würden kommen um Rache an mir zu nehmen.
Ich wartete weiter. Tag um Tag verging. Ich aß nicht. Trank nicht. Wozu auch?
Ich saß regungslos auf dem Sofa und wartete auf den Augenblick in dem sie zu der Tür hereinkamen, durch die Thomas mich verlassen hatte.
Doch niemand kam.
Ich wartete, während mein Körper immer schwächer wurde. Zu schwach um sich auch nur zu rühren.. Und schließlich zu schwach um sich selbst am Leben zu erhalten.
Mein Thomas…
Ich hatte mein eigenes Glück selbst zerstört und vielleicht war das ihr eigentlicher Triumph. Zuzusehen wie ich an dem Elend, das ich selbst verschuldet hatte, zugrunde ging.