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Alles relativ
Anasthasija. Mein Künstlername ist Anasthasija. Ich bin die Wortmalerin. Sie alle kennen meine Bilder, welche ich altmeisterlich mit Bleistift aus Buchstaben bilde. Schwarze Gebilde auf schlichtem Weiß und doch grell bunt. So ist auch mein Leben: Schwarz auf Weiß und bunt die Träume.
Meinen Träumen habe ich dieses Leben; umgeben von Bewunderern, Neidern und diletantischen Nachahmern zu verdanken. Ob verfolgt von Paparazzi oder umschwärmt von liebeshungrigen Verehrern - ich schwitze nie! Ich schwitze nicht. Ich lache nicht. Ich weine nicht... außer in meinen Träumen.
Sie sind der Preis für den Luxus ohne Mühsaal.
In meinen Träumen bin ich Anja: mit 14 schwanger, zu Hause 'rausgeflogen, Schule abgebrochen, wohne bei meinem Freund. Er ist Maler - ein Künstler der Farben, Lacke und Tapeten. Wir lieben uns leidenschaftlich. An einem Montagmorgen wird unser Kind tot geboren. Er ist die ganze Zeit bei mir und tröstet mich. Samstag lächle ich wieder. Sonntag ist er weg. Ich warte den ganzen Tag und rufe ihn an. Ich schicke SMS, rufe ihn an - keine Antwort. Ich suche ihn. Gehe zu seinen Freunden, klappere die Kneipen und Krankenhäuser ab. Ich gehe zur Polizei, melde ihn als von mir vermisst. Warte, weine, starr vor Unglück.
Ich habe keine Eltern, kein Kind, keinen Mann, kein Geld, keinen Schulabschluss.
Ich habe mich, verkaufe mich für Miete und Rotwein.
Das Absurdeste ist: Ich träume im Traum, ich wäre Anasthasija, die berühmte Wortmalerin.
Dann wache ich auf.