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Als die Welt zum Stilllstand kam (Beschneidung)
Resigniert stand ich in einer dunklen Ecke einer fremden Hütte und blickte stumm auf eine alte, fast blinde Frau. Ihr krauses Haar war ergraut, ihre Haut faltig, ledrig von der Sonne und von hässlichen Narben durchzogen. Sie machte mir unendliche Angst, sie war mir vollkommen fremd.
Sacht wiegte sie sich selbst immer wieder vor und zurück und ihre Lippen formten seltsame, mir unbekannte Worte. Ihre Hände, die gerade eine schmutzige, rostig Rasierklinge aus einem mit altem Blut verschmierten Tuch auswickelten, zitterten und schienen schon lange nicht mehr zur Ruhe gekommen zu sein. Sie legte die Klinge auf ein weiteres, noch dreckigeres Tuch, neben einer verbogenen Nadel, an der ein dicker langer Faden hing.
Ich blickte auf zu meiner Mutter, die neben ihr kniete und ihr stumm zusah und erhoffte mir eine Erklärung, doch nichts dergleichen geschah.
Was passierte hier? Warum brachte meine Mutter mich hier her? Wer war dieses alte Weib und was summte sie da für seltsame Worte vor sich her?
„Komm her Mali.“
Ich zuckte erschrocken zusammen, als ich meinen Namen auf einmal hörte. Die Stimme meiner Mutter war ungewöhnlich weich und das verunsicherte mich noch mehr, doch ich gehorchte. Ganz langsam, mit wackeligen Knien, ging ich auf die beiden zu. Sacht berührte meine Mutter meine Schulter und erklärte mir seltsam erfreut klingend:“ Heute ist für dich ein großer Tag“, ich verstand kein Wort:“ Setz dich zu uns.“
Zögerlich nahm ich ganz dicht neben meiner Mutter Platz und schmiegte mich hilfesuchend an sie. Die gelblich verfärbten und trüben Augen der Alten musterten mich unfreundlich und sie meinte hastig zu meiner Mutter:“ Das wird nicht einfach, Tenji, sie ist schon fast zu alt.“
Zu alt für was? Ich war gerade einmal acht Jahre alte, ein Kind, unschuldig und so wie ich es gleich erfahren würde, völlig unwissend darüber, welch Schmerzen Menschen einander zufügen können.
„Ich weiß, aber nachdem Alys…“, meine Mutter sprach nicht zu Ende, sondern blickte stumm auf ihre in einander verschlungenen Hände.
Ich erinnerte mich an meine ältere Schwester. Ich weiß auch noch, wie meine Mutter eines Tages mit ihr fort ging und nach einer Woche ohne sie zurückgekehrt war. Ich kann mich noch an ihre tiefe Traurigkeit erinnern und an ihre harten Worte, das ich nicht mehr von ihr reden dürfe.
„Es war Gottes Wille und das weißt du und es ist die Ehre deiner Familie, deiner Töchter, die du mit dieser albernen Trauer aufs Spiel gesetzt hast.“
Stumm nickte meine Mutter auf die wütend gesprochenen Worte der alten Frau hin, sie wirkte gefügig und klein. Irgendwie schien sie mir fremd.
Ich war mir mit einem mal nicht mehr sicher, ob sie überhaupt fähig war mich zu beschützen.
Auf einmal betraten zwei Männer die viel zu kleine Hütte und auf das nicken, der alten Frau hin, packten sie mich, drückten mich auf den dreckigen Boden und rissen meine Beine gewaltsam auseinander. Ich konnte nicht schreien, oder gar reagieren, es ging alles viel zu schnell. Meine Mutter packte meine Arme, noch bevor ich nach den Fremden schlagen konnte. Mein Kopf ruhte auf ihrem Schoß, in meine Augen schossen Tränen der Angst und ich flehte sie mit dünner Stimme an, mir doch zu helfen. Doch das einzige was sie sagte, war:“ Ich helfe dir doch. Ich beschütze dich vor deinen Sünden.“
Mein ganzer Körper zitterte, ich konnte kaum atmen, Panik durchdrang meinen ganzen Leib. Leise wimmernd sah ich, wie dieses alte schmutzige Weib, sich zwischen meine Beine kniete und mein neues Hemd nach oben schob.
Oh bitte, hilf mir doch jemand. Ich wollte es schreien, flehen, doch nichts kam über meine Lippen, nur ein undefinierbares, hauchdünnes winseln.
Da geschah es. Es durchfuhr meinen Körper wie einen Stromschlag und brachte meinen Kopf zum explodierten. Etwas zerriss mich, zerschnitt meinen Unterleib und dieser Schmerz, dieser unbeschreiblich intensive Schmerz, durchdrang all meine Sinne und es war, als würde meine kleine unschuldige Welt zum Stillstand kommen.
Ich hörte mich schreien, wie ich noch nie zuvor geschrien hatte. Ich hörte wie die Alte die beiden fremden Männer anfuhr, sie sollten mich richtig festhalten und ich hörte das leise Weinen meiner Mutter.
Meine unbeschwerte Kindheit endete nach einer schieren Ewigkeit mit dem letzten Stich der krummen Nadel und es folgte ein Leben voller Schmerzen und Todesängsten.
Eine Woche lang, lag ich in einer Art Koma. Eine schwere Infektion machte mein Leben zu einem Glückspiel. Doch ich überlebte, was ich bis heute noch bereue.
Nichts funktioniert mehr, so wie es die Natur vorsah. Urinieren, ist eine Qual und das Eheleben eine unbeschreiblich schmerzvolle Erfahrung, geschweige denn die Geburten meiner drei Kinder...
Mit fünfzehn verheirateten mich meine Eltern und in der Hochzeitsnacht wurde ich wieder geöffnet. Eine Woche lang, so sieht es der Brauch vor, schläft dein Mann jede Nacht mit dir. Diese Schmerzen…, diese Pein…, das Blut… ist all das was wir täglich stillschweigend auf der ganzen Welt ertragen müssen. Und das in einer modernen Welt!!!