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Als die Welt zum Stilllstand kam (Beschneidung)

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17.01.2007
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Als die Welt zum Stilllstand kam (Beschneidung)

Resigniert stand ich in einer dunklen Ecke einer fremden Hütte und blickte stumm auf eine alte, fast blinde Frau. Ihr krauses Haar war ergraut, ihre Haut faltig, ledrig von der Sonne und von hässlichen Narben durchzogen. Sie machte mir unendliche Angst, sie war mir vollkommen fremd.
Sacht wiegte sie sich selbst immer wieder vor und zurück und ihre Lippen formten seltsame, mir unbekannte Worte. Ihre Hände, die gerade eine schmutzige, rostig Rasierklinge aus einem mit altem Blut verschmierten Tuch auswickelten, zitterten und schienen schon lange nicht mehr zur Ruhe gekommen zu sein. Sie legte die Klinge auf ein weiteres, noch dreckigeres Tuch, neben einer verbogenen Nadel, an der ein dicker langer Faden hing.
Ich blickte auf zu meiner Mutter, die neben ihr kniete und ihr stumm zusah und erhoffte mir eine Erklärung, doch nichts dergleichen geschah.
Was passierte hier? Warum brachte meine Mutter mich hier her? Wer war dieses alte Weib und was summte sie da für seltsame Worte vor sich her?
„Komm her Mali.“
Ich zuckte erschrocken zusammen, als ich meinen Namen auf einmal hörte. Die Stimme meiner Mutter war ungewöhnlich weich und das verunsicherte mich noch mehr, doch ich gehorchte. Ganz langsam, mit wackeligen Knien, ging ich auf die beiden zu. Sacht berührte meine Mutter meine Schulter und erklärte mir seltsam erfreut klingend:“ Heute ist für dich ein großer Tag“, ich verstand kein Wort:“ Setz dich zu uns.“
Zögerlich nahm ich ganz dicht neben meiner Mutter Platz und schmiegte mich hilfesuchend an sie. Die gelblich verfärbten und trüben Augen der Alten musterten mich unfreundlich und sie meinte hastig zu meiner Mutter:“ Das wird nicht einfach, Tenji, sie ist schon fast zu alt.“
Zu alt für was? Ich war gerade einmal acht Jahre alte, ein Kind, unschuldig und so wie ich es gleich erfahren würde, völlig unwissend darüber, welch Schmerzen Menschen einander zufügen können.
„Ich weiß, aber nachdem Alys…“, meine Mutter sprach nicht zu Ende, sondern blickte stumm auf ihre in einander verschlungenen Hände.
Ich erinnerte mich an meine ältere Schwester. Ich weiß auch noch, wie meine Mutter eines Tages mit ihr fort ging und nach einer Woche ohne sie zurückgekehrt war. Ich kann mich noch an ihre tiefe Traurigkeit erinnern und an ihre harten Worte, das ich nicht mehr von ihr reden dürfe.
„Es war Gottes Wille und das weißt du und es ist die Ehre deiner Familie, deiner Töchter, die du mit dieser albernen Trauer aufs Spiel gesetzt hast.“
Stumm nickte meine Mutter auf die wütend gesprochenen Worte der alten Frau hin, sie wirkte gefügig und klein. Irgendwie schien sie mir fremd.
Ich war mir mit einem mal nicht mehr sicher, ob sie überhaupt fähig war mich zu beschützen.
Auf einmal betraten zwei Männer die viel zu kleine Hütte und auf das nicken, der alten Frau hin, packten sie mich, drückten mich auf den dreckigen Boden und rissen meine Beine gewaltsam auseinander. Ich konnte nicht schreien, oder gar reagieren, es ging alles viel zu schnell. Meine Mutter packte meine Arme, noch bevor ich nach den Fremden schlagen konnte. Mein Kopf ruhte auf ihrem Schoß, in meine Augen schossen Tränen der Angst und ich flehte sie mit dünner Stimme an, mir doch zu helfen. Doch das einzige was sie sagte, war:“ Ich helfe dir doch. Ich beschütze dich vor deinen Sünden.“
Mein ganzer Körper zitterte, ich konnte kaum atmen, Panik durchdrang meinen ganzen Leib. Leise wimmernd sah ich, wie dieses alte schmutzige Weib, sich zwischen meine Beine kniete und mein neues Hemd nach oben schob.
Oh bitte, hilf mir doch jemand. Ich wollte es schreien, flehen, doch nichts kam über meine Lippen, nur ein undefinierbares, hauchdünnes winseln.
Da geschah es. Es durchfuhr meinen Körper wie einen Stromschlag und brachte meinen Kopf zum explodierten. Etwas zerriss mich, zerschnitt meinen Unterleib und dieser Schmerz, dieser unbeschreiblich intensive Schmerz, durchdrang all meine Sinne und es war, als würde meine kleine unschuldige Welt zum Stillstand kommen.
Ich hörte mich schreien, wie ich noch nie zuvor geschrien hatte. Ich hörte wie die Alte die beiden fremden Männer anfuhr, sie sollten mich richtig festhalten und ich hörte das leise Weinen meiner Mutter.
Meine unbeschwerte Kindheit endete nach einer schieren Ewigkeit mit dem letzten Stich der krummen Nadel und es folgte ein Leben voller Schmerzen und Todesängsten.
Eine Woche lang, lag ich in einer Art Koma. Eine schwere Infektion machte mein Leben zu einem Glückspiel. Doch ich überlebte, was ich bis heute noch bereue.
Nichts funktioniert mehr, so wie es die Natur vorsah. Urinieren, ist eine Qual und das Eheleben eine unbeschreiblich schmerzvolle Erfahrung, geschweige denn die Geburten meiner drei Kinder...
Mit fünfzehn verheirateten mich meine Eltern und in der Hochzeitsnacht wurde ich wieder geöffnet. Eine Woche lang, so sieht es der Brauch vor, schläft dein Mann jede Nacht mit dir. Diese Schmerzen…, diese Pein…, das Blut… ist all das was wir täglich stillschweigend auf der ganzen Welt ertragen müssen. Und das in einer modernen Welt!!!

 

Hallo Lisbeth,

fuer mich ist deine Geschichte ein typisches Beispiel fuer "gut gemeint". Natuerlich ist Beschneidung ein wichtiges Thema, aber gerade wenn man nur den Vorgang an sich beschreibt rutscht es leicht ins Sensationsluesternde ab, zumal dann, wenn es auch noch in Klammern hinter dem Titel steht.
Die Beschreibung selbst erinnert mich sehr an die entsprechende Stelle in "Wuestenblume", hat aber so weit ich die Sachlage ueberblicke, noch einen entscheidenden Fehler: die Maenner, die dem Maedchen die Beine auseinanderreissen. Beschneidungen ist ja, so ironisch das ist, etwas was Frauen an Frauen vornehmen, auch wenn dahinter ein patriachales System steht.

Ihre Hände, die gerade eine schmutzige, rostig Rasierklinge aus einem mit altem Blut verschmierten Tuch auswickelten, zitterten und schienen schon lange nicht mehr zur Ruhe gekommen zu sein. Sie legte die Klinge auf ein weiteres, noch dreckigeres Tuch, neben einer verbogenen Nadel, an der ein dicker langer Faden hing.
Das ist so eine Stelle, wo es fuer meinen Geschmack echt plump plakativ wird. Es ist nicht nur eine Rasierklinge. Nein, sie ist auch noch rostig. Und nicht nur rostig, sondern schmutzig und rostig. Das Tuch ist mit altem Blut verschmiert und die Haende zittern. Das andere Tuch ist noch viel dreckiger und die Nadel muss verbogen sein. Der Faden ist natuerlich extrem dick. Was sonst?
Da schaudert es die unversehrte Westeuropaerin wohlig.
Ich finds einfach etwas unwuerdig, wenn man versucht eine ohnehin schon fuerchterliche Praktik (egal ob mit dickem oder duennen Faden) so effektheischend darzustellen.
Auch die Charakterzeichnung mit der extrem boesen Alten und der lieben aber beeinflussbaren Mutter finde ich arg schematisch. So wird das Thema ziemlich eindimensional behandelt.
Hinzu kommt, dass Du versuchst, auch wirklich jeden Aspekt der Problematik in die Geschichte zu quetschen: Die Tatsache, dass viele Maedchen an der Beschneidung sterben, die Probleme beim Geschlechtsverkehr und bei der Geburt. Das alles macht es mehr zum Aufruf (mit dem der Text ja auch endet !!!) als zur Kurzgeschichte.

Ausserdem noch Kleinigkeiten:

Resigniert stand ich in einer dunklen Ecke einer fremden Hütte und blickte stumm auf eine alte, fast blinde Frau.
Resigniert ist hier m.E. fehl am Platz, denn sie weiss ja noch gar nicht was kommt u. resigniert impliziert, dass sie es weiss und die Hoffnung schon aufgegeben hat. Ratlos oder verwirrt wuerde hier doch besser passen.

Sie machte mir unendliche Angst, sie war mir vollkommen Fremd.
fremd

Ich blickte auf zu meiner Mutter, die neben ihr Kniete und ihr stumm zusah und erhoffte mir eine Erklärung, doch nichts dergleichen geschah.
kniete
ausserdem ist das doppelte "und" etwas ungelenk

Sacht berührte meine Mutter meine Schulter und erklärte mir übertrieben erfreut klingend
uebertrieben erfreut klingend ist etwas umstaendlich

Ich war gerade einmal acht Jahre alte, ein Kind, unschuldig und so wie ich es gleich erfahren würde, völlig unwissend darüber, welch Schmerzen Menschen einander zufügen können.
Und hier wird noch einmal mit dem Holzhammer die Dramatik verdeutlicht, anstatt das Geschehen einfach fuer sich sprechen zu lassen. Dafuer wird dann auch die Perspektive des kleinen Madchens verlassen, das sich selbst bestimmt nicht als unschuldig beschreiben wuerde.

nur ein undefinierbares, hauch dünnes winseln.
hauchduennes Winseln

Da geschah es.
Das ist wieder so ein dramatisierender Trommelwirbel

Blut spritze hinauf und fiel zurück auf den sandigen Boden.
Als waere es ohne Blutfontaene nicht spannend genug.

Ich zweifle Deine hehren Absichten, diese Geschichte zu erzaehlen nicht an, in dieser Umsetzung wird das Thema aber zum Splatter-Grusel herabgewuerdigt.

lg
feirefiz

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Lisbeth!

Da muß ich mich leider ganz feirefiz anschließen. Allein nur diese Szene, ohne Hintergründe und Charakterisierung, dafür aber gespickt mit allem Schlimmsten, was man sich vorstellen kann (rostige Rasierklinge, blutige Fetzen, böse Frau, durch FGM gestorbene Schwester), ist auch mir zuwenig, und vor allem reduzierst Du in meinen Augen das ganze Problem auf Schmerzen und Blut.
Dieser Schluß:

Diese Schmerzen…, diese Pein…, das Blut… ist all das was wir täglich stillschweigend auf der ganzen Welt ertragen müssen. Und das in einer modernen Welt!!!
"ist all das" heißt für mich, daß alles, was sie ertragen müssen, Schmerzen, Pein und Blut sind, und das verbindet die Erzählerin mit einer Anklage an die "moderne Welt".
Ich gehe davon aus, daß Du mit "moderne Welt" die westliche hier meinst. Wie soll aber diese Anklage bei einem Leser oder einer Leserin ankommen, der/die sich nun wirklich nicht für ihre Schmerzen und ihr Blut verantwortlich fühlen und vor allem auch nichts dagegen unternehmen kann?

Was in meinen Augen zum Beispiel Sinn hätte, wäre eine Geschichte, in der ich etwas über die Hintergründe erfahre. Warum läßt die Mutter - wie so viele andere - ihre Tochter verstümmeln? Welche gesellschaftlichen oder psychologischen Zwänge führen dazu, daß die Frauen die Tradition trotz ihrer eigenen schlimmen Erfahrungen damit fortführen und ihren Töchtern dasselbe antun? - Eine Geschichte mit Antworten auf diese Fragen könnte zumindest das Verständnis der Leser vergrößern, statt ihnen nur ein bluttriefendes Horrorszenario vorzuführen. So ein Problemverständnis ist zum Beispiel nicht schlecht, wenn man beruflich oder privat plötzlich mit einer verstümmelten Frau zu tun hat, damit man dann nicht so falsch wie dieser Arzt reagiert:
(von hier, auf Seite 7: )

So erzählte eine Frau [...] von ihrem schlimmsten Erlebnis beim Arzt, der sie bei der Untersuchung ihrer Vagina fragte: „Um Gottes willen, hatten Sie einen Autounfall?“ Natürlich wird so kein Vertrauensverhältnis aufgebaut, auf dessen Grundlage über FGM geredet werden kann.
Und hebt sich das, was diese Frau hier erlebt, nicht etwas von "Schmerzen, Pein und Blut" ab? Beispielsweise könntest Du mit einer Situation ähnlich dieser eine Geschichte beginnen. Damit läßt Du das Problem nicht weit weg, in irgendeinem abgelegenen Dorf in der Hütte einer bösen Alten, sondern bist gleich hier, in der "modernen" Welt, in der sie ganz andere Probleme als nur Schmerzen und Blut hat.
Außerdem sind die meisten der Frauen durch den Eingriff traumatisiert, das heißt, es wird sich keine diese Erlebnisse so frei von der Seele reden können und dabei auch noch sofort anklagen. Aus welchem Anlaß erzählt Deine Protagonistin hier so offen bis in kleinste Details? Es klingt durch das Ende fast, als würde sie eine Rede halten, aber daß sie engagiert im Kampf gegen FGM ist, glaub ich ihr nicht, da engagierte Frauen nicht nur von Schmerz und Blut reden, sondern sehr genau über die vielen anderen Probleme bescheid wissen.

Was die Details betrifft, finde ich auch, daß Du es einfach zu sehr übertreibst. Daß die Klinge rostig ist, ist eine sehr einfache Art, schlechte Bedingungen darzustellen. Denk doch mal an schmutziges Wasser aus dem Dorfbrunnen oder so. Beim obigen Link findest Du z. B. auch das hier:

Die Wunde wird mit Pferdehaar oder Pflanzenmaterial vernäht. Zur Blutstillung werden zum Beispiel Asche, Kräuter, kaltes Wasser, Blätter und Pflanzensäfte, Honig und Milch benutzt.
Sowas läßt sich eigentlich recht leicht recherchieren, und wenn da nicht bloß ein "dicker Faden" sondern ein Pferdehaar ist, klingt es doch gleich viel realistischer. ;)

Ich bezweifle aber auch, daß eine Beschneiderin so böse ist. Die Menschen sind doch überzeugt, daß es etwas Gutes ist, oder zumindest soll es ihnen als das verkauft werden - da wird die Ausführende doch erst recht lieb und nett sein oder wenigstens so tun, auch wenn sie noch so brutal und unhygienisch arbeitet, sie ist schließlich selbst davon überzeugt, im Dienst einer guten Sache zu stehen - sie hat es selbst nicht anders gelernt.

Für mich paßt auch nicht ganz zusammen, daß die Mutter es als den großen Tag der Tochter bezeichnet, ihr aber vorher nichts darüber erzählt. Sicher, sie würde ihr nicht von den Schmerzen erzählen, aber daß und warum es eine wichtige Sache ist, doch, oder?

das Eheleben eine unbeschreiblich schmerzvolle Erfahrung, geschweige denn die Geburten meiner drei Kinder...
Mit fünfzehn verheirateten mich meine Eltern und in der Hochzeitsnacht wurde ich wieder geöffnet.
Warum erzählst Du hier in der falschen Reihenfolge? Damit der Leser zuerst die Vorstellung hat, das würde alles durch die kleine Öffnung stattfinden, die beim Zunähen gelassen wird?
Daß das Öffnen auch nicht immer so einfach ist, sondern die Frauen oft wieder aufgeschnitten werden müssen, weil sie praktisch zugewachsen sind, steht übrigens auch bei dem Link von oben.
Warum das Eheleben, nachdem sie geöffnet ist (und es offenbar problemlos ging), so eine schmerzvolle Erfahrung ist, wird mir nicht klar, jedoch könnte ein Hinweis darauf, daß mit der Klitoris und den Schamlippen auch ihre sexuelle Empfindungsfähigkeit beschnitten wurde, nicht schaden, da es sich um eine dauerhafte Einschränkung der persönlichen (sexuellen) Freiheit handelt. - Auch daraus ließe sich eine Rahmengeschichte basteln.

Mein Tip ist also, kurz gesagt: Überarbeite diesen Rückblick, gib ihm mehr Hintergrund, und schreib eine Rahmengeschichte drumherum, in der sie das alles erzählt oder sich erinnert. :)

Fehlerkorrektur will ich jetzt keine machen, aber bitte setze die Anführungszeichen richtig:

erklärte mir seltsam erfreut klingend:“ Heute ist für dich ein großer Tag“, ich verstand kein Wort:“ Setz dich zu uns.“
Wie hier kommt es noch zwei- oder dreimal vor: Nach dem Doppelpunkt gehört eine Leertaste und das öffnende Anführungszeichen direkt vor das erste Wort der direkten Rede: ... klingend: "Heute ...
Außerdem ist "ich verstand kein Wort" ein eigenständiger und kein Begleitsatz, daher Punkt nach "Tag", "Ich" groß, Punkt nach "Wort": ... ein großer Tag." Ich verstand kein Wort. "Setz dich ...

Ja, und zum Titel wollte ich auch noch was sagen: Nimm bitte die "Beschneidung" heraus. feirefiz sagte es schon: Das wirkt sensationslüstern. - Bei der Gelegenheit (Du mußt dafür einem Mod der Rubrik schreiben) kannst Du auch gleich das überflüssige, dritte L in Stillstand rausnehmen lassen.
Abgesehen davon ist "Beschneidung" aber ein verharmlosender Begriff - also wenn schon, dann bitte "Genitalverstümmelung".

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hallo Lisbeth,

feirefiz und Häferl haben im Prinzip schon alles gesagt, was mir zu deiner Geschichte einfällt.

Dass die Beschneidungspraxis schmerzhaft ist und z.T. auch tödliche Konsequenzen haben kann, ist - sage ich mal vereinfachend - bekannt. Von daher hat dein Text für mich auch wenig Neues gebracht, obwohl ich mich keineswegs eingehend mit dem Thema auseinandergesetzt habe und z.B. auch "Wüstenblume" nicht gelesen habe.

Was mich stört, ist neben den schon von meinen Vorrednern erwähnten Details eben vor allem, dass du diesen Brauch in keinen Kontext stellst. Warum genau wird das gemacht, was bezweckt man damit, wie nehmen die Beteiligten diesen Brauch wahr? Hat das Mädchen, deine Erzählerin, wirklich von Beginn an Angst, oder wäre es nicht wahrscheinlicher, dass sie durch das, was - wie Häferl ja vorschlägt - ihre Mutter erzählt hat, fast freudig aufgeregt ist?

So, wie du die Geschichte jetzt erzählst, ist sie meines Erachtens in der Perspektive stark eurozentrisch. Heißt: Du schaust von Anfang an durch die Linse der "modernen Welt", der "westlichen Welt", und reduzierst die Praxis auf den ausgelösten Schmerz. Ich will auf keinen Fall für diese Praxis eintreten, ich will auch nicht den von ihr verursachten Schmerz kleinreden - im Gegenteil: Wie feirefiz sagt, ist es ein wichtiges Thema, und es ist gut, wenn du darauf aufmerksam machst. Aber es ist nun mal nicht so, dass dieser Brauch von alten bösen Frauen erfunden wird, die arme kleine Mädchen quälen wollen. Dahinter stehen ganz bestimmte Vorstellungen, die den Brauch bestimmt nicht entschuldigen oder seine Grausamkeit verharmlosen, die ihn aber innerhalb seines kulturellen Kontextes etwas besser verständlich werden lassen. Dem wirst du überhaupt nicht gerecht, dadurch wirkt die Geschichte platt. Gerade, wenn du die mit der Beschneidung verbundenen Vorstellungen mit einbringen und darstellen würdest, wäre für mein Gefühl der Kontrast - in Form des empfundenen Schmerzes - wirksamer und nachvollziehbarer. So ist es eine aus dem Zusammenhang gerissene Darstellung von etwas, das ich zwar natürlich auch nicht gut finde, worüber ich aber auch nur die Schultern zucken kann, weil mir nicht erklärt wird, warum das überhaupt passiert.

Liebe Grüße,
ciao
Malinche

 

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