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Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde
Am Anfang schuf Gott das Universum. Jeder Himmelskörper war einzigartig gemacht.
Unter allen Planeten und Sternen war Terra jedoch ein Sonderling. Wenn die umliegenden Planeten sie betrachteten, konnten sie Terra nicht so richtig einschätzen. Einmal war ihre Oberfläche mit Feuer überzogen, dann mit Wasser und irgendwann erhielt sie auch noch einen Mantel aus Winden und Wolken. Dann plötzlich zog sich das Wasser zurück. Der kleine Planet war nunmehr der Tummelplatz für kleine und grosse Geschöpfe. Grüne Pflanzen wuchsen in rauhen Mengen und bedeckten so Terras Festland. Die Geschöpfe, die darauf lebten, konnten sich davon ernähren und halfen Terra so, ihre Oberfläche im Gleichgewicht zu halten.
Leider gelang es Terra nicht Freundschaften zu schliessen. Alle Planeten und Sterne nahmen Abstand von ihr.
Sie wurde ausgelacht. Es wurden Witze ausgedacht. Man redete nicht mit ihr. Man erfand Geschichten über sie und setzte die Gerüchte in die Umlaufbahnen.
Der einzige Freund Terras war der Erdmond, ein kleiner runder Klumpen, der aus dem Schutt eines Zusammenstosses des Planeten Theia mit Terra entstanden war und jetzt als Individuum Terra als Schützling auserkoren hatte. Doch der Mond war zu klein und zu unscheinbar, um gegen den schlechten Ruf seiner Freundin etwas ausrichten zu können. Er kreiste jedoch tagtäglich in seiner Bahn um sie herum.
Als Gott sah wie schlecht die kleine Terra von den anderen behandelt wurde, setzte er sich für sie ein. Terra, die ohnehin schon ein Meisterwerk war, wurde jetzt mit einer besonderen Aufgabe versehen: Menschen sollten auf ihr leben. Die Menschen hätten die Aufgabe, die Oberfläche des Planeten zu pflegen, die anderen Geschöpfe zu schützen und sich selbst zu vermehren. Terra würde somit als Gastgeberin von winzigen, intelligenten Gestalten dienen.
Es wurde weit in All hinaus getragen, dass die kleine Erde jetzt die Sonderstellung schlechthin erhalten hatte. Menschen lebten auf ihr!
Doch Terras Ruf verbesserte sich nicht. Sie wurde weiterhin gemieden. Ja, jetzt spürte sie zunehmend auch Neid. Sie wurde scharf beobachtet.
Menschen waren nicht gerade etwas All-tägliches. In den nächstliegenden Sonnensystemen hatte man noch nichts derartiges gesehen und konnte sich nicht vorstellen wie ein Mensch aussah. Einige begannen aus Neugier ihre Umlaufbahn zu verlassen und trieben Lichtjahre lang durch das All. Vielleicht waren sie sich nicht bewusst, dass durch das Verlassen ihrer Bahn ihr Licht erlöschen, also der Tod eintreffen würde. Aber wer einen letzten Blick auf Terras Bevölkerung werfen konnte, bevor er in der Hitze der Sonne verglühte, war zumindest nicht unwissend gestorben.
Einige fühlten sich auch bedroht durch Terra. Sie hatten Angst, dass die Erdenbürger plötzlich vielleicht auch andere Planeten bewohnen würden. Da sie Terra nie gefragt hatten, wie das denn so war, diese Geschöpfe auf sich herumtrampeln zu lassen, hatten sie keine genaue Vorstellung, wie sich das wohl anfühlte.
Terra hingegen empfand die Anwesenheit der Menschen eher als etwas Unangenehmes. Sie verstand nicht, wieso man ihnen so grosse Aufmerksamkeit, ihr hingegen kaum Beachtung schenkte.
Im Universalen Sternenrat wurde dann beschlossen, dass man Terra auf die Probe stellen würde. Ein paar kleine Sterne erklärten sich bereit Terra anzugreifen. Sie opferten sozusagen ihr Leben, um Terra eins auszuwischen. Es galt als ehrwürdig, so zu sterben.
Terra war traurig. Sie hatte sehr wohl die Jahrtausende lange Feindseligkeit der umliegenden Planeten und Sterne gespürt. Bis jetzt hatte sie immer geschwiegen und auf bessere Tage gewartet. Luna, ihr Mond, hatte sie stets unterstützt und ihr zugeflüstert, dass irgendwann einmal bestimmt alle auf ihrer Seite stünden. Aber wieso warf man in letzter Zeit Meteoriten nach ihr? Mit Mühe und Not hatte Luna die Klumpen aufgefangen. Nur kleine Splitter hatten Terras Oberfläche getroffen. Luna war dann längere Zeit verletzt, nicht nur äusserlich. Terra bat Luna, doch einmal einen grossen Meteoriten durchzulassen. Sie fand, dass dies vielleicht das Beste wäre. Aber Luna hätte das niemals zugelassen. Terra war nämlich nicht nur ein sehr schöner und spezieller Planet sondern auch sehr feinfühlig.
Doch nicht nur der Universelle Sternenrat schien sie aus der Umlaufbahn werfen zu wollen. Die Erdlinge schienen zunehmend zu einer Gefahr für sie zu werden. Sie schienen immer einen Weg zu finden aus den anfänglich schönen Dingen schliesslich etwas schädliches Hässliches zu produzieren. Terra konnte sich nicht vorstellen, wieso dies alles passierte. Ständig gab es Krieg zwischen den Menschen von hier und denen von da. Die einen assen ausserdem viel zu viel, während die anderen überhaupt nichts Essbares fanden. Aber natürlich gab es auch Menschen, die sehr lieb zu einander waren. Sogar welche, die ihren Planet sehr gerne mochten und ihm Gutes taten. Und da waren ja noch die Tiere. Mit denen hatte sie noch nie Probleme gehabt. Oh, es war schwer sich zu entscheiden, ob sie die Lebewesen auf der Erde jetzt lieben oder hassen sollte.
Venus flog ab und zu vorbei und warf einen kühlen Blick auf Terra. Sie hatte sich daran gewöhnt, dass dem kleinen Planeten mehr Aufmerksamkeit geschenkt wurde als ihr. Aber sie war sich auch bewusst, dass sie als Schönheit galt in diesem Sonnensystem. Ihr Ruf war einwandfrei.
Venus war schon etwas schockiert, als sie den veränderten Zustand von Terra sah. Sie nahm sich vor, an der nächsten Sternenratssitzung über Terra zu sprechen.
Der Universelle Sternenrat beschloss, Terra von nun an zu helfen.
Die Sonne spendete mehr Wärme und Licht, Mars grüsste Terra von jetzt an immer freundlich und Venus freundete sich sogar mit ihr an.
Verschiedene Botschafter-Kometen brachten aus fernen Sonnensystemen und Galaxien die Grüsse und Gesundheitswünsche vorbei.
Doch nichts von all dem konnte Terra helfen. Ihr Zustand verschlechterte sich von Tag zu Tag. Die Wärme der Sonne hatte nicht mehr die heilende Wirkung, die sie anfänglich hatte. Nein, Terra spürte wie sie anfing zu kochen, zu schwitzen. Sie bat die Sonne, doch ein bisschen weniger Wärme zu senden. Sie bat Luna ein wenig mehr Schatten zu spenden. Aber die beiden antworteten, dass dies ihnen nicht erlaubt sei, weil es Auswirkungen auf das ganze System haben könnte.
Sie schlugen stattdessen vor, die Menschen zu bekämpfen, denn wenn diese weg wären, würde es ihr bestimmt wieder besser gehen.
Der kleine Planet fühlte sich in der Entscheidung allein gelassen. Sollte sie wirklich anfangen, die winzigen, doch so schutzlosen Bewohner anzugreifen? War es denn nicht ihre Aufgabe gewesen, diese zu beherbergen? Irgendwo im Innern fing es an zu brodeln. Die aufgestauten Gefühle wollten raus. Und sie kam zu ihrer Entscheidung.
Terra fing an ihre Winde loszulassen. Kühle Luft erfrischte sie.
Sie fing auch an, das Eis zu schmelzen. Wohltuende Wogen kühlten ihre Oberfläche.
Sie liess den Boden zittern und beben. Ihre schmerzenden Stellen lockerten sich auf.
Den Wolken befahl sie Schnee in grossen Mengen herunter zu lassen.
Dann wieder liess sie zu, dass die Sonne ihre Oberfläche versengte.
Wenn sie sich etwas entspannen wollte, liess sie Regen auf sich herunterprasseln, bis das Wasser meterhoch stand.
Terra war sich bewusst, dass es nur einen Gewinner geben konnte. Entweder sie würde überleben, oder die Menschen. Denn aus ihrer Jahrhunderte langen Erfahrung mit diesen Lebewesen konnte sie sehen, dass sie sich nicht mit ihr versöhnen würden. Einige schienen den Willen zu haben, aber die Macht fehlte ihnen.
Dunkle Wolken brauten sich über der bewohnten Erdoberläche zusammen. Die düstere Stille verhiess nichts Gutes. Terra bereitete sich auf den vernichtenden Schlag gegen all ihre Bewohner vor.
Gott runzelte die Stirn. Nur er allein wusste in welchem Moment er in das Geschehen eingreifen würde.
Das ganze Universum wartet gespannt auf den Ausgang der Geschichte.