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Am Bordstein.

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23.07.2001
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Am Bordstein.

Am Bordstein

Schwache Nebelwatte umkränzte die Laternen, deren Lichter sich in den Pfützen der Gosse spiegelten. Der Lärm der Hauptstraße drang nur gedämpft herein. Hier wirkte die Nacht dunkler.
Er ließ den Wagen langsam rollen und suchte. Die Frauen standen zu zweit oder einzeln. Enge, kurze Röcke, aufreizend knappe Blusen mit tiefem Dekolletee. Grell geschminkte Gesichter, einige jung und schön, andere älter, müde, hoffnungslos.
Sie lächelten ihn an, winkten, forderten ihn auf, manche mit obszönen Gesten.
Er suchte ein bestimmtes Gesicht, hoffte es zu finden und hatte doch Angst davor.
Aber sie war nicht da.
Am Ende der Straße erkannte er den protzigen Sportwagen. Der Mann mit den breiten Schultern und den langen Haaren schickte sich an, einzusteigen, als er neben ihm hielt.
„Wo ist sie?“ fragte er durch das geöffnete Fenster, und hielt sich beim Aussteigen an der offenen Tür fest, um das Zittern unter Kontrolle zu bekommen.
Die breiten Schultern wandten sich ihm zu. Aus einem narbigen Gesicht musterten ihn dunkle, kalte Augen. Es dauerte eine Weile bis der Mann antwortete. Sein Mund verzog sich dabei zu einem höhnischen Grinsen.
„Vielleicht ist sie morgen wieder im Geschäft. Kann aber auch erst übermorgen sein.“ Das Grinsen wurde breiter und provozierender. „Sie ist ein wenig zickig. Ich musste ihr zeigen, wo es lang geht.“
„Sie haben sie geschlagen!“ ,schrie der andere. Wie ein tosendes Feuer brannte die Ausweglosigkeit in ihm. Wut und grenzenlose Angst trieben Tränen hervor, die ihm für einen Moment die klare Sicht nahmen.
Der Mann kam näher. Mit gespielter Vertrautheit raunte er: „Für dreißigtausend kannst du sie mitnehmen. Obwohl… Sie ist gut, sagen wir also vierzigtausend.“ Dabei lachte er laut.
„Sie werden sie freigeben!“ Die Verzweiflung ließ ihn vorstürmen und den Mann mit aller Kraft packen.
Dann krümmte ihn die Explosion im Magen. Der nächste Schlag warf seinen Kopf zurück, die Beine verloren ihre Kraft und er sackte auf das nasse Pflaster.
„Du kleiner Wichser hältst dich aus meinen Geschäften raus!“
Ein gewaltiger Tritt traf ihn in die Seite. Für den Bruchteil einer Sekunde schlug die Bewusstlosigkeit über ihm zusammen, um gleich darauf eine neue Schmerzwelle durch seinen Körper zu schicken.
Er lag da, unfähig sich zu rühren, hörte den starken Motor aufbrüllen, das Geräusch drehender Räder und fühlte dann die gewaltige Pein, als ein Reifen langsam über seine ausgestreckte Hand rollte.

Es war still. Jedes Ticken der Küchenuhr klang wie ein Hammerschlag durch die bleierne Ruhe. Er saß in sich zusammengesunken am Tisch und hielt mit der unversehrten rechten Hand eine Tasse umschlossen. Sein Atem ging flach und ruhig, hin und wieder unterbrochen, wenn durch eine unachtsame Bewegung der Schmerz brennend aufloderte.
Die Frau ihm gegenüber hielt ein Tuch in ihren Händen, mit dem sie sich immer wieder über die Augen wischte. Ihr Blick ruhte unverwandt auf ihm, als erwartete sie jeden Moment eine Antwort auf die Frage, die sie so schmerzlich beschäftigte.
Leise wurde die Tür aufgeschoben und eine alte Frau schlurfte herein. Schwer auf ihren Stock gestützt, hielt sie einen Moment inne, wankte dann zum Herd, nahm sich vom dampfenden Kaffee und ließ sich auf einem freien Stuhl nieder.
„Es muss etwas geschehen“, sagte sie leise. Ihre faltigen Finger führten die Tasse zum Mund.
„Sie ist doch euer Kind.“
Für einen Moment war da wieder diese Ruhe, die alles noch schlimmer machte. Dann stand der Mann auf. Als der Schmerz kam presste er eine Hand an seine Seite und nickte stumm. Ohne ein weiteres Wort verließ er die Küche. Im Haus waren seine Schritte zu hören, quietschende Schranktüren und nach wenigen Augenblicken stand er wieder vor dem Tisch in der Küche.
Die beiden Frauen schauten auf und erkannten in seinem Gesicht eine tiefe Resignation gepaart mit kalter Entschlossenheit. „Ich weiß mir keinen anderen Rat mehr.“
Wortlos nahm er wieder Platz und legte den Revolver vor sich auf den Tisch.

Das vergehende Abendrot glomm schwach hinter den Fabikgebäuden und vermochte der Straße sogar einen Hauch von Atmosphäre zu geben.
Unter den Laternen standen zu so früher Stunde erst wenige Frauen. Trotzdem hielten am Bordstein bereits zwei Autos, an denen um Leistungen und Preise gefeilscht wurde.
Von der Kreuzung her bog ein bulliger Sportwagen in die Straße ein, fuhr bis zum Ende durch und hielt dort. Ein breitschultriger Mann stieg aus. Während er den Wagen umrundete, strich er sich eitel übers lange Haar. Seine schwere Goldkette blinkte im Schein der nahen Laterne. Dann öffnete er die Beifahrertür und zerrte eine junge Frau vom Sitz. Grob packte er ihren Arm und zog sie mit sich zu zwei der Frauen, die am Straßenrand standen. Nach wenigen Worten ließ er sie in deren Obhut. Stumm schauten sie ihm nach, wie er zu seinem Wagen zurückkehrte.
Als er gerade wieder einsteigen wollte, hielt er inne. Etwas in der nahen Fabrikeinfahrt weckte seine Aufmerksamkeit. Mit schweren Schritten trat er näher und baute sich provozierend auf. Breitbeinig stand er da. Deutlich war das Muskelspiel unter seinem Hemd zu erkennen. Voller Neugierde versuchten die Frauen zu sehn, was da vor sich ging. Worte wurden gewechselt, die sie nur als entferntes Raunen vernahmen. In der Toreinfahrt schien sich ein Schatten zu bewegen. Dann lachte der Mann brüllend auf, bis ein lauter Knall seine Häme zerriss.
Das Echo von fünf weiteren Schüssen hallte schier endlos zwischen den Häuserwänden wider.
Dann war Stille.
Der Mann stand bewegungslos und aufrecht da. Die Ungläubigkeit in seinen Zügen wurde zu Entsetzen. Seine Beine knickten ein, er stürzte und bald zog ein rotes Rinnsal in die Gosse.

Während die alte Frau sich abwandte und in der engen Durchfahrt verschwand, verstaute sie mit zitternden Händen die Waffe in ihrer Tasche. Das Schlurfen ihrer Schritte und das Stampfen ihres Stockes verklang in lauten Rufen und Schreien von der Straße her.

 
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Hallo Dreimeier,

Dir ist eine spannende Geschichte über den harten Alltag auf dem Straßenstrich gelungen. Schon die ersten Beschreibungen der Straße deuten auf das anrüchige Gewerbe und das düstere Milieu hin. Im Wesentlichen geht es darum, dass ein Mann mit aller Gewalt seine prostituierende Tochter von der Straße holen möchte. Er legt sich dabei mit ihren Zuhälter an, der ihn verletzt, und was noch schlimmer ist, erniedrigt, indem er ihn mit seinem Sportwagen über die linke Hand fährt. Den Zuhälter charaktersierst du mit gängigen Klischees. Der Mann schwört Rache, und will mit Waffengewalt die 'Freilassung' seiner Tochter erzwingen. Am Ende aber ist es die Großmutter, die den Zuhälter zur Strecke bringt. Den Leser lässt du über die Zukunft des Mädchen im Unklaren.

Die Umsetzung des schwierigen Themas ist dir meiner Meinung nach gut gelungen. Die meisten bildlichen Beschreibung sind unaufdringlich und passen. Eine gute Athmossphäre erzeugst du damit beim Lesen. Die Gesellschaftskritik bleibt erkennbar: die unmenschliche Behandlung Prostituierter - der Zuhälter betrachtet sie als Ware und will sie dem Mann verkaufen -, Gewalt auf den Straßen, Selbstjustiz und gleichsam das Versagen der staatlichen Gewalt.

Insbesondere beleuchtest du das Problem Selbstjustiz aus einem anderen, neuen Blickwinkel. Nicht der Gepeinigte führt die Blutrache aus, nein, sondern die Großmutter, der meiner Vermutung nach das Schicksal der Tochter weit mehr zu Herzen geht. Sie war zu damaliger Zeit ebenfalls eine Prostituierte, und ist mit diesem Los vertraut. Deswegen war ihr Hass gegen den Zuhälter noch immenser, was sie zu dieser Tat verleitet hat. Auf der anderen Seite scheinst du die Selbstjustiz als Lösung von Konflikten abzulehnen. Das ist daran erkennbar, dass du die Zukunft der Tochter ungewiss lässt. Ob das Problem durch den Gewaltakt gelöst wurde, steht also in den Sternen. Die Selbstjustiz und die Blutrache löst keine Probleme, sondern schafft sie nur.

Ich hoffe, dass reicht dir als erstes Feedback. Auf Rechtschreibfehler habe ich noch kein Auge geworfen. Nur eine Kleinigkeit:

"Wie ein tosendes Feuer brannte die ,Ausweglosigkeit in ihm."
- Komma weg

Liebe Grüße,
moonaY

 

Am Bordstein

Hi Manfred,

eine Geschichte, die betroffen, sogar wütend macht.

Ich kann die Mordgedanken verstehen und wäre ich die Omi gewesen, hätte ich genauso gehandelt.

Was ich allerdings nicht verstehe. Kann die Polizei in einem solchen Fall nicht eingreifen? Denn in deiner KG wird das Mädchen offensichtlich gewaltsam zur Prostitution getrieben.

Du hast die düstere Stimmung und die Hoffnungslosigkeit der Betroffenen sehr gut beschrieben.
Doch auch das hämische Grinsen, die brutale Arroganz des Zuhälters.
Du hast Bilder geschaffen, die einen ohnmächtig vor Wut werden lassen.

Ich will nicht wissen, was in diesem Milleu alles machbar ist. Wobei sich mir der Verdacht aufdrängt, dass das Auge des Gesetzes eine Klappe trägt.
Es ist zum kot ...

ganz lieben Gruß, coleratio

 

Hallo moonay,
hallo coleratio,
das ging ja ratz fatz mit euren Kritiken! Danke!

@moonay,
Du hast recht gut ausgedrückt, was ich darstellen wollte. Es war allerdings nicht meine Absicht, daß der Mord als Rache angesehen wird.
Ich wollte durch die Situation in der Küche zeigen, daß die Tat lediglich aus Verzweiflung verübt wurde. Der Zuhälter war zu mächtig um noch einen anderen Ausweg zu sehen.
Die Tochter mußte vom Zuhälter getrennt werden und das ging wohl nur so.
Deine Interpretation der Gründe für Großmutters Handeln finde ich interessant und nicht abwegig, wenn ich auch eine andere Idee hatte.
Nach meiner Vermutung stellte sich lediglich die Frage, was passieren würde, wenn der Vater die Tat verübt hätte. Man hätte ihn verurteilt und wäre ins Gefängnis gegangen. Das Leid hätte seine Fortsetzung gefunden.
Was passiert mit der Großmutter, wenn man sie überführt?
Ich glaube, daß man kaum eine achtzigjährige zu einer Gefängnisstrafe verurteilen würde.
Man würde die Umstände berücksichtigen und erkennen, daß sie allgemein sonst keine Gefahr darstellen würde.
Kann aber auch ganz anders sein und ich wäre enttäuscht.

@coleratio,
Ich habe mal Auszüge eines Buches gelesen. Ich glaube es hieß „Der Minusmann“.
Darin schildert ein Zuhälter wie es so umgeht dort, wie Mädchen auf den Strich gebracht werden. Ich habe auch im Fernsehen Diskussionen und Reportagen gesehen, in denen Prostituierte ihr Schicksal schilderten.
Es funktioniert mit Angst. Wenn eine volljährige Frau so unter Druck gesetzt wird, daß sie nicht wagt zur Polizei zu gehen oder auszusagen, dann wird kann auch die Justiz nicht viel machen.
Diese Männer belassen es ja nicht nur allein bei Drohungen. Sie zeigen wirklich was passiert.
Ich verurteile absolut nicht die Frauen, die sich für dieses Gewerbe frei entschieden haben. Es muß nur freiwillig sein.
Ich denke daß die Polizei nur etwas machen kann, wenn die Opfer minderjährig sind oder nachweislich gezwungen werden. Letzteres wird sicher nicht immer leicht nachweisbar sein.

Ich habe offen gelassen was mit dem Mädchen weiter passiert, weil ich es für selbstverständlich halte, daß der Vater sie holt.

Was die Selbstjustiz betrifft möchte ich schon manchmal seien: Großmütter vereinigt euch!!!
Ich tu es natürlich nicht.

Danke für eure Gedanken
Liebe Grüße
Manfred

 

Hallo Dreimeier,

eine Großmutter, die vielleicht auf deswegen zur Waffe ihres Sohnes greift, weil sie ihr Leben schon weiter hinter sich hat? Mir hat deine kurze Geschichte auch gefallen. Allerdings bot sie jenseits der Auflösung durch den Mord der Gromutter nicht viel über das Bordsteinleben, was man in Hamburg nicht auch in den Tageszeitungen lesen kann. Vielleicht bin ich da zu stadtversaut.

Einige Details habe ich trotzdem:

„Sie haben sie geschlagen!“ Schrie der Andere.
„Sie haben sie geschlagen!“, schrie der Andere.
mE auch "der andere" klein, da es sich eindeutig auf den Fahrer des Wagens bezieht.
Wie ein tosendes Feuer brannte die ,Ausweglosigkeit in ihm.
Da ist dir ein Komma vor die Ausweglosigkeit gerutscht.
Für den Bruchteil einer Sekunde schlug die Bewusstlosigkeit über ihm zusammen, um gleich darauf eine neue Schmerzwelle durch seinen Körper zu schicken.
Wenn du es so schreibst, ist es die Bewusstlosigkeit, die eine neue Schmerzenswelle schickt. Die Bewusstlosigkeit ist aber eine Körperreaktion zum Schutz vor Schmerzen.
Die beiden Frauen schauten auf und erkannten in seinem Gesicht eine tiefe Resignation gepaart mit kalter Entschlossenheit.
Es ist nur ein Gefühl, aber ich würde den Satz umbauen. ... erkannten in seinem Gesicht eine tiefe, mit kalter Entschlossenheit gepaarte, Resignation.

Lieben Gruß, sim

 
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Hallo Dreimeier!

Deine Geschichte ist gestrickt aus Klischees und Vorurteilen, ohne die Hintergründe zu beleuchten, und das sagt mir leider nicht so zu.
Was mir auch nicht gefällt, ist, daß es sich um eine Befürwortung der Selbstjustiz handelt - allerdings hast Du die Folgen nicht bedacht; denn kein Zuhälter agiert allein, die anderen, auf der Straße stehenden Frauen würden sofort jemanden benachrichtigen, wenn ihr Zuhälter ermordet wird, und es käme wohl nicht mehr dazu, daß der Vater seine Tochter lebend wiedersieht.

Außerdem frage ich mich, wie es dazu kommt, daß der Vater den Zuhälter kennt und mit ihm über die Tochter verhandelt. Das ist mir etwas zu konstruiert und eher nicht sehr glaubwürdig.

Und dann ist auch noch die ungelöste Frage: Wie kommt die Tochter denn überhaupt in die Hände des Zuhälters? Es ist ja nicht so, daß die sich einfach irgendwelche Frauen schnappen und zur Prostitution zwingen. Dem, daß die Tochter in solche Kreise gerät, wird wohl zumindest Heroinsucht oder ähnliches vorausgegangen sein, was das Bild der heilen Familie, in der alle für die Tochter da sind, doch etwas schief hängen läßt. - Der Zwang zur Prostitution geschieht in erster Linie über Abhängigkeit, daher glauben die Betroffenen anschließend auch, es freiwillig zu machen: solange sie ihren Stoff bekommen, geht es ihnen ja gut, mit einer Aussage gegen den Zuhälter würden sie sich selbst die bequeme* Quelle abschneiden.
*(im Vergleich mit normalen Süchtigen)

Daß es sich um eine Minderjährige handelt schließe ich aus, da der Zuhälter scheinbar ein legaler ist, sonst hätte er keine Straße voller Frauen. Mit Minderjährigen handeln eher illegale.
Auch das vernarbte Gesicht finde ich sehr unpassend - Zuhälter sind oft (nach außen hin) recht feine Herren, die andere haben, die sich für sie prügeln (oder sie rächen...).
Und die langen Haare - ähm, da hast Du auch irgendwie in den falschen Requisitentopf gegriffen...
Du siehst, in meinen Augen paßt hier eher nichts zusammen.

Tut mir Leid, daß meine Kritik so negativ ist, aber es ist glaub ich die erste Geschichte von Dir, die mir nicht gefällt, daher sollte Dich das nicht zu hart treffen. ;)

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hallo Sim,
hallo Häferl,

@Sim,
..........
weil sie ihr Leben schon weiter hinter sich hat
..........
genau, das gehörte auch zu meinen Vorstellungen.

..........
bot sie jenseits der Auflösung ... nicht viel über das Bordsteinleben,
..........
ich habe von diesem Leben ja tatsächlich keine Ahnung. Was mich nur zum Schreiben dieser Geschichte bewog, war das Gefühl und die Verzweiflung die Eltern haben, wenn das Kind in die Fänge solcher „Menschen“ gerät.
Ganz ehrlich: Der Typ sollte einfach nur gekillt werden. Anfangs hatte ich die Idee, daß der erste Schuss in die Eier geht und die anderen dann gaaanz langsam.
Verdammt, ich weiß daß mein Denken und Handel so verwerflich ist.
Als Vater kommen aber manchmal solche gedanken.
Die Anmerkungen werde ich abarbeiten.


@Häferl,
...........
Deine Geschichte ist gestrickt aus Klischees und Vorurteilen, ohne die Hintergründe zu beleuchten,
...........
Das wäre ein Roman geworden.

...........
es käme wohl nicht mehr dazu, daß der Vater seine Tochter lebend wiedersieht.
...........
ich bin mir da nicht sicher, die Gefahr besteht aber durchaus. Vielleicht lasse ich Oma nachladen.
Nein im Ernst. Das ist schon ein Makel an der Geschichte.

..........
wie es dazu kommt, daß der Vater den Zuhälter kennt und mit ihm über die Tochter verhandelt
..........
Er wird ihn schon vorher angefleht haben, oder nur mit ihm gesprochen haben.
Ich hatte geschrieben: Am Ende der Straße machte er den protzigen Sportwagen aus, den er schon kannte

...........
Wie kommt die Tochter denn überhaupt in die Hände des Zuhälters? Es ist ja nicht so, daß die sich einfach irgendwelche Frauen schnappen und zur Prostitution zwingen.........
Der Zwang zur Prostitution geschieht in erster Linie über Abhängigkeit, daher glauben die Betroffenen anschließend auch, es freiwillig zu machen..........
...........
das ist so nicht immer richtig. Es werden durchaus junge Frauen in Dicotheken gegriffen und verschleppt. Siehe das o.g. Buch.

............
Auch das vernarbte Gesicht finde ich sehr unpassend - Zuhälter sind oft (nach außen hin) recht feine Herren, die andere haben, die sich für sie prügeln (oder sie rächen...).
Und die langen Haare - ähm, da hast Du auch irgendwie in den falschen Requisitentopf gegriffen...
............
Na, es gibt ja nicht den Zuhälter, so wie er auszusehen hat. Sicher gibt es solche, die ihre Leute haben. Es gibt aber genauso auch solche, die recht heruntergekommen sind und selbst mit dem Leben kaum klarkommen. Dazwischen gibt es alles. Es gibt doch keine DIN für Zuhälterei.

..............
Du siehst, in meinen Augen paßt hier eher nichts zusammen.
..............
ich gebe zu, daß es Lücken gibt. Das nichts zusammenpasst sehe ich nicht.

.............
Tut mir Leid, daß meine Kritik so negativ ist ... sollte Dich das nicht zu hart treffen
..............
den Abschiedsbrief an meine Familie habe ich gerade geschrieben.
Quatsch! Ich möchte eine ehrliche Meinung hören.
Und danke dafür an Euch

Liebe Grüße
Manfred

 

hello Dreimeier,

wenig überzeugend donnern in Deiner Geschichte die Klischees. Nichts gegen die Klischees, aber sie scheinen nicht der Realität, sondern dem Buntfernsehen zu entstammen. Da sind Huren eben 'grell geschminkt', Zuhälter haben Narben, kalte Augen, breite Schultern und zwingen die Mädels mit roher Gewalt auf die Strasse. Um glaubhaft zu sein, braucht das Ganze mehr Hintergrund, mehr Individualität. Denn anders als oftmals im TV suggeriert, ist diese Schilderung kaum nahe der Realität.

Selbstjustiz kann man dem Leser durchaus schmackhaft machen, am Besten, indem man ihn selbst auf diese Lösung kommen lässt, weil sie quasi zwingend ist. Oder indem deutlich wird, dass alle anderen Wege nicht gangbar sind. Du hast die zweite Möglichkeit mit dürren Worten angedeutet, aber überzeugend ist sie nicht - guck mal 'Ein Mann sieht rot'! ;-)

Schwache Nebelwatte? Wie kann Watte 'schwach' sein? Oder Nebel? Doch allenfalls semitransparent! ;-)

'Hier wirkte die Nacht dunkler.' - Dunkler als was? Als sonst? Wieso wirkt die Nacht dunkler, wenn Lichter der Laternen sich in Pfützen spiegeln?

'...standen zu so früher Stunde erst wenige Frauen. Trotzdem hielten am Bordstein bereits zwei Autos...'
Wieso 'trotzdem'? Halten Autos da sonst nur, wenn viele Frauen da stehen?

Viele Grüsse vom gox

 
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Hallo Manfred!


Deine Geschichte hat mich an sich ganz gut gefallen. Umso überraschter war ich, als ich die teils negativen Kritiken gelesen habe. Jetzt im Nachhinein würde ich sie irgendwo im Mittelfeld ansiedeln. Du hast schon bessere geschrieben, aber auch schlechtere.


Sprachlich hast du den Text sehr gut zu Papier gebracht, der Stil ist sauber, es macht Spaß, die Geschichte zu lesen. Deine Ausdrucksweise finde ich etwas beneidenswert. :)


Den Inhalt habe ich richtig und genauso wie moonaY verstanden, die ihn ja bereits erläutert hat. Das inhaltliche Verständnis kommt also beim Leser an.

Die Klischees sind mir persönlich nicht aufgefallen, obwohl meine Mitkritiker sicherlich nicht ganz Unrecht haben. "Grell geschminkt" kann ich mir noch vorstellen, ein Zuhälter als feiner Mann in Krawatte wäre aber wirklich realistischer als einer mit Narbe. Ich glaube, man sieht den wenigsten Verbrechern an, wie sie wirklich sind. Man kann schließlich nicht in einen Menschen hineinsehen ...

Dass die Geschichte etwas konstruiert ist, fiel mir beim Lesen weniger auf. Dass der Vater der unfreiwilligen Prostituierten kennt, glaubte und akzeptierte ich beim Lesen einfach.

Inwieweit der Inhalt mit der Realität vergleichbar ist, kann ich nicht beurteilen.

Die "Pointe" mit der Oma, die Justiz ausübt, gefällt mir gut.

Ein paar ergänzende und erklärende Sätze über die Hintergründe könnten nicht schaden.


Was war in erster Linie deine Absicht beim Schreiben?
Wolltest du möglichst detailgetreu und gesellschaftskritisch das Leben einer Prostituierten und deren Angehörigen darstellen?
Oder wolltest du eine eher unterhaltende Geschichte über grausamen Prostitutionszwang mit Happy End schreiben?
Bei so einem Thema mit hartem Tobak ist das schwierig, beides unter einem Hut zu bringen.

Allgemein steht bei deinen Geschichten die Unterhaltung im Vordergrund. Denkt man an das "Happy End" (obwohl offen bleibt, wie es mit der zur Prostitution gezwungenen Tochter weitergeht), ist auch "Am Bordstein" unterhaltsam.

Bei dieser Geschichte gehst du allerdings gleichzeitig in die gesellschaftskritischere, aufrüttelnde Richtung. Und vergleicht man "Am Bordstein" mit der Realität, muss man bedenken, dass Schicksale mit Prostitution wohl selten gut enden ...

Du hast dir daher eine schwierige Thematik für deine Kurzgeschichte ausgesucht, bin ich der Meinung.


Ein paar Dinge noch im Detail:

Am Bordstein.
In Titeln empfinde ich Punkte am Ende als störend. Da gehören sie einfach nicht hin.

"Sie haben sie geschlagen!" ,schrie
Komma unmittelbar nach Schlussstriche

Das vergehende Abendrot glomm schwach hinter den Fabikgebäuden
Fabrikgebäuden

Unter den Laternen, standen zu so früher Stunde ...
Komma zuviel

Schwache Nebelwatte umkränzte die Laternen
Der Satz liest sich für meine Begriffe gut, die Frage ist, ob Watte "schwach" sein kann.
"Semitransparente Nebelwatte" hört sich weniger gut an. :D
Ich weiß, was du ausdrücken wolltest, eventuell würde ich "schwach" aber durch ein passenderes Wort (von dem ich zugeben muss, dass mir momentan keines einfällt ... : :Pfeif: ) ersetzen. Oder du lässt das erste Wort komplett weg.


Ich hoffe, meine Anmerkungen sind etwas hilfreich für dich. Hab die Geschichte mal wieder gerne gelesen.


Viele Grüße,

Michael :)

 
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Am Ende der Straße machte er den protzigen Sportwagen aus, den er schon kannte. Der Mann mit den breiten Schultern und den langen Haaren schickte sich an, einzusteigen, als er neben ihm hielt.
Auch wenn ich mich jetzt als absoluten Trottel oute (schreibt man das eigentlich so?), ich habe diesen Satz nicht verstanden (bis du ihn in einer Antwort geklärt hast).
Ich dachte die ganze Zeit er selbst fährt den protzigen Sportwagen und macht ihn am Ende aus (also Zündschlüssel drehen) :shy:
Musst daher ganz oft lesen, umzu begreifen, warum er zittrig ausstiegt, der Zuhälter daneben steht, später in den Wagen steigt ... Ach, lassen wir das. Ich habs hinterher eh aufgegeben :D

Grüß dich erstmal, Dreimeier!

Mir hats gefallen (bis auf oben genannten Satz); und ich habs der alten Socke gegönnt. Aber mal ganz im Ernst, ich habe mich nach dem Lesen deiner Geschichte gefragt: Wie würde ich handeln, wenn sowas meiner Tochter passiert?
Ich denke, viele Väter würden deinen Schritt gehen ...

Die angeschnittenen Klischees sind durchaus realistisch. Es gibt mit Sicherheit auch Zuhälter, die anders aussehen, aber du hast dich nun mal für diese Variante entschieden. Es gibt ja auch zum Beispiel Fahrlehrer, die laufen ... ach, lassen wir das.

Auf jeden Fall hast du da eine sehr nachdenklich stimmende Geschichte geschrieben. Sie lässt viele Fragen offen, aber das ist auch gut so, da das den Realismus noch näher bringt.
Von mir gibts einen :thumbsup:

Gruß! Salem

Nachtrag: warum eigentlich einen "Punkt" am Ende deiner Überschrift? Hat das einen Sinn, der sich mir verschließt? :confused:

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Michael,
hallo Salem,
ich habe diese Geschichte nur aus einem Gefühl heraus geschrieben. Unterhalten wollte ich damit eigentlich nicht, auch nichts erreichen. Es ging mir nur im Kopf herum.
Ich habe eine Tochter und hin und wieder beschäftigen einen dann solche Themen: Was wäre, wenn deine Tochter.... Was würdest du dann machen.... Wie weit kann Verzweiflung einen treiben und was ist einem die eigene Zukunft wert, in Verbindung zum Schicksal des eigenen Kindes?
Nun ist meine Tochter weit ab von diesen Dingen, was aber ja nicht bedeutet, daß es nicht berührt.
Ich hatte bereits das Buch erwähnt, das ich mal angelesen hatte. Ganz hatte ich es nicht geschafft. Es war mir doch zu hart.
„Der Minusmann“ eine Autobiographie eines Zuhälters. Die sind in Discotheken auf Mädchenfang gegangen. Die Opfer waren dann weg, wurden durch Gewalt und Vergewaltigung gefügig gemacht und dann verkauft.
Die Opfer hatten nie die Idee auf den Strich zu gehen.
Mir ist es dann völlig egal, ob die Typen dann Ketten tragen oder dunkle Anzüge. Ich meine, für Zuhälter gibt es keine genormte Dienstkleidung.
Tatsächlich hätte ich in einigen Bereichen deutlicher werden sollen Meine Idee war, daß der Vater schon vorher versucht hat mit dem Zuhälter Kontakt aufzunehmen und ihn zu bitten das Mädchen freizugeben.
Ist wohl nicht ganz deutlich geworden.

Ein paar ergänzende und erklärende Sätze über die Hintergründe könnten nicht schaden.
Das gebe ich zu!
Am Ende der Straße machte er den protzigen Sportwagen aus
Das ist mir absolut nicht aufgefallen! Hammer!!!
Man kann schon schreiben, wenn man etwas in der Ferne erkennt, daß man es dann ausmacht.
Hier passt es aber wegen der Doppeldeutigkeit nicht.
Danke für den Hinweis!
Was die Klischees betrifft: Ich habe damit in dieser, wie auch in meinen anderen Geschichten kein Problem.

Danke an euch fürs Lesen und für die Gedanken.

Die angemerkten Fehler werde ich in den nächsten Tagen korrigieren.
Im Moment habe ich sooo den Kopf und die Hände voll.


PS.

Nachtrag: warum eigentlich einen "Punkt" am Ende deiner Überschrift? Hat das einen Sinn, der sich mir verschließt?
Wer hat den denn da hingemacht? Weg damit!

 

Hei Dreimeier,

zunächst Textkram:

Am Ende der Straße machte er den protzigen Sportwagen aus, den er schon kannte. Der Mann mit den breiten Schultern und den langen Haaren schickte sich an, einzusteigen, als er neben ihm hielt.
verwirrend. Da musste ich dreimal drüberlesen, bis ich es verstanden habe. Das reißt aus dem Lesefluss.
Der Mann kann näher.
kam

Dann stand der Mann auf, presste eine Hand an seine Seite, als der Schmerz kam und nickte stumm.
holpriger Satzbau

Unter den Laternen, standen zu so früher Stunde erst wenige Frauen.
kein Komma

Mir hat die Geschichte gefallen. Ich habe auch über überlegt, ob das Klischees sind: das Problem mit solchen Settings ist es wohl, dass wir aus Filmen soviele Bilder im Kopf und normalerweise so wenig eigene Erfahrungen damit haben, dass es schwer ist, authentisch zu schreiben. Dabei hast du aber schöne Beschreibungen geliefert:"Grell geschminkte Gesichter, einige jung und schön, andere älter, müde, hoffnungslos."

Warum sie nicht die Polizei einschalten, ist mir auch nicht klar. Aber man kann als Leser die Logik übernehmen, und sieht dann die Gewalttat als letzte Lösung an. Selbstjustiz? Soll ein Verbrechen gerächtwerden oder die Enkelin aus der Gewalt befreit? Wie geht es nach der Geschichte weiter, kann das Mädel fliehen, oder wird es von den "Kolleginnen" festgehalten für den nächsten Zuhälter? Ich merke, meine Gedanken spinnen weiter ... ein gutes Zeichen für eine Geschichte.

Die Pointe, dass nicht der Vater schießt, finde ich gut.

Gruß, Elisha

 

Hallo Elisha,
he, hier wurde in Mann getötet und Du beachtest es nicht.:D
Trotzdem dank ich Dir für Deine Anmerkungen und Gedanken. So, wie ich Deinen letzten Satz verstanden habe triffst Du genau den Punkt der mir wichtig war:
Die Großmutter hat die Sache übernommen und damit die Enkelin befreit. Ob sie dann wirklich frei wird, war mir nicht so wichtig.(In der Geschichte) Wichtig war zu zeigen, was sich alte Menschen erlauben können, weil sie doch wissen, dass ihnen das Leben nicht mehr viel Zeit lässt. Sie sind in der Lage extreme Dinge zu tun und sind dann lediglich sich selbst Rechenschaft schuldig. Großmutter opfert sich für die Familie.
Interessant wäre es zu erfahren, wie in so einem fall ein Gerichtsurteil aussähe.

Zitat:
Am Ende der Straße machte er den protzigen Sportwagen aus, den er schon kannte. Der Mann mit den breiten Schultern und den langen Haaren schickte sich an, einzusteigen, als er neben ihm hielt.
verwirrend. Da musste ich dreimal drüberlesen, bis ich es verstanden habe. Das reißt aus dem Lesefluss.
Richtig. Das wurde schon angemerkt und ich hatte vergessen mich darum zu kümmern.

Danke fürs Lesen und viele Grüße
Manfred

 

he, hier wurde in Mann getötet und Du beachtest es nicht.:D
Jaja, gewaltsames Ende durch die Hände einer Frau. Scheint ein karmisches Thema für dich zu sein. :naughty: Aber du arbeitest ja dran. *g*
Schön, dass es dich hier noch gibt. :D

Gruß, Elisha

 

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