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Am Ende bleibt der Wind

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23.11.2016
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Am Ende bleibt der Wind

Albrecht führte den Rotmarder-Pinsel langsam über das Aquarellpapier und tupfte zartes Gelb auf einen grünen Hügel, während der Klapphocker ein Stück im Boden des Geestrückens versank. Eine große Wolke verdeckte das Sonnenlicht, das eben noch die Gräser glänzen ließ. Der Dackel Paul erhob den Kopf von der blau-rot-karierten Decke neben der Staffelei, biss in den Zweig eines Heidekrauts, den der aufkommende Wind gegen seine Schnauze drückte, und spitzte die Ohren, als er das Tuckern eines alten Traktors hörte. Es dauerte nicht lange, da schob sich der Claas ins Bild, dessen hellgrüne Farbe nur noch an wenigen Stellen leuchtete.
»Moin! Na, wieder am Klecksen?«, rief Walther grinsend durchs Fenster der Fahrerkabine.
»Moin, moin. Ich male für meine erste Vernissage!«, rief Albrecht gegen den Wind, die Hand mit dem Pinsel in der Luft.
»Vernissage? Wo?«
»In der Sparkasse!«
»Wen hast’n da bestochen?!«
»Es gibt eben Leute, die etwas von Kunst verstehen!«
»In der Sparkasse?«
Ein Regentropfen fiel aufs Bild, mitten in den Himmel, und das Ultramarinblau blühte aus.
»Mist!«
»Komm rauf. Ich nehm’ dich mit.«
Albrecht packte die Malutensilien ein. Mit einer Handbewegung scheuchte er Paul von der Decke, um sie zusammenzulegen. Ächzend kniete er sich hin und Paul kläffte, als er auf den Arm sprang. Walther streckte Albrecht seine Pranke entgegen, die Haut rau wie alte Eichenrinde. Der Traktor setzte sich in Bewegung. Böen fegten durchs Gras, peitschten Regentropfen gegen die Windschutzscheibe. Die Pfützen des Watts spiegelten das Grau des Himmels wider und in der Ferne trieben Schaumkronen auf den Wellen. Nach kurzer Fahrt bog der Traktor in die Hofeinfahrt zwischen Kuhstall und Wohnhaus ein. Walther lenkte das Gefährt mit Schwung in die Gerätescheune am anderen Ende des Hofes.
»Na, nimmst noch nen kleinen Küstennebel?«, fragte Walther und hielt Albrecht Ölzeug entgegen.
»Einen, vielleicht.«
Der Regen klatschte gegen das Ölzeug, als sie über den Hof liefen. Paul steckte seine Nase tief in die Decke, in die Albrecht ihn gewickelt hatte.
»Schau mal, was für ein Strandgut ich gefunden habe!«, rief Walther, kaum, dass er die Tür geöffnet hatte.
Annemarie hängte Albrechts Ölzeug auf. »Moin Albrecht! Komm rein, wie geht’s?«
»Moin«, brummte Albrecht, zog die Stiefel aus, wickelte Paul aus der Decke und setzte den Dackel behutsam auf den Boden.
»Albrecht ist sauer,«, sagte Walther, »weil der Regen sein Bild versaut hat. Er hat nämlich eine Vernissage! Hätte ich ja nie geglaubt!«
»Weil du nichts von Malerei verstehst«, sagte Annemarie.
»Für mich ist er immer noch ein Schuldirektor und kein Maler!«, sagte Walther. »Komm, Albrecht! Lass uns einen trinken!« Er legte die Hand auf Albrechts Rücken und schob ihn in Richtung Küche, die mit Zwiebelgeruch erfüllt war. Paul lief schnüffelnd voraus.
»Setz dich«, sagte Annemarie. »Hab dich ja schon ewig nicht mehr gesehen. Kommt Ihr zwei zurecht?«
»Jaja, sind ja schon groß!« Albrecht tätschelte Paul, der eingerollt auf dem Schoß lag.
»Ach, Albrecht packt das schon«, sagte Walther, der zwei Schnapsgläser hinstellte und sie mit Küstennebel füllte. Anisduft stieg auf.
»Mir wäre das zu einsam«, sagte Annemarie.
Walther leerte sein Glas in einem Zug: »Bist ja auch ein Stadtkind!«
»Und da will ich auch wieder hin«, antwortete Annemarie, drehte sich um und sagte mit steinerner Miene: »Wir werden alles verkaufen!«
Albrecht verschluckte sich und hustete: »Wie?«
»Na, alles. Und dann gehen wir in die Stadt«, sagte Annemarie.
Walther füllte die Gläser, danach starrte er auf seine Hände.
»Du willst das Haus deiner Urgroßeltern verkaufen?«, fragte Albrecht kopfschüttelnd.
»Was hilft’s«, antwortete Walther und knetete seine Finger. »Annemarie wollte schon immer in die Stadt. Aber viel schlimmer ist das mit dem Windpark.«
»Windpark? Was für ein Windpark?«, fragte Albrecht.
»Seit deine Erika weg ist, bekommst du aber auch gar nichts mehr mit«, sagte Annemarie. »Die bauen einen Windpark.«
»Wo?«
»Na hier.«
»Etwa hier?« Albrecht streckte die Hände in Richtung Fenster.
»Ja, hier. Direkt vor unserer Tür. Und damit auch vor deiner Tür.«
Albrecht kippte den Schnaps hinunter. »Spinnt der jetzt völlig, der Günther?!«
Walther schraubte die Küstennebelflasche auf und füllte nach.
»Der Scheißkerl! Erst Erika und jetzt das. Windpark. Wisst Ihr, was das bedeutet?«, sagte Albrecht. Er kniff die Augen zusammen, als der Schnaps die Kehle herunterlief.
»Das macht der Bürgermeister doch nicht, um dich zu ärgern«, sagte Annemarie in sanftem Tonfall.
»Ach, was weißt du schon!«, rief Albrecht. »Bist nicht von hier! Weißt gar nichts!«
»Albrecht, jetzt ist gut«, sagte Walther, während er die Gläser so füllte, dass der Schnaps überschwappte. Er lachte: »Albrecht hat Günthers Tochter durchs Abi rasseln lassen, vor ewigen Zeiten und ...«
»Das lass ich mir nicht gefallen!«, schrie Albrecht. Er kippte den Schnaps mit Schwung runter. Ein Tropfen lief am Kinn entlang.
Albrecht packte Paul, der zusammenzuckte. Der Stuhl knarzte, als er aufstand. Annemarie schraubte die Schnapsflasche zu.
»Ich bring dich«, sagte Walther.
»Danke. Ich lauf.«

Albrecht bog an der Kreuzung in den Feldweg nach Hause. Den alten Bauernhof bewohnte er in der vierten Generation. Der Wind trug den Duft nach Heidekraut, Moos, feuchter Erde und salzigem Meer heran. Er atmete tief ein. Auf dem Weg blieb er an der Parkbank stehen. Sein Großvater hatte sie an der Grenze zum Grundstück aufgestellt. Die braune Farbe war stellenweise abgeblättert und die Zeit hatte tiefe Furchen ins Holz gegraben, in denen graublaue Flechten wuchsen. Er setzte sich. Sein Blick schweifte in die Ferne, wanderte am Horizont entlang. Nach einiger Zeit schüttelte er den Kopf und pfiff. Pauls Kopf tauchte zwischen Heidekraut und Gräsern auf.
»Windpark. Was soll ich dann malen?«, fragte Albrecht Paul, der jetzt vor ihm saß und an Albrechts Hand leckte. »Komm!«
Vor der Tür blieb Albrecht stehen, um den Briefkasten zu öffnen. Er blätterte durch den Stapel Briefumschläge, während er die Stiefel auszog. Ein gelber Zettel lugte zwischen den Rechnungen hervor. Er begann ihn zu zerknüllen, bis er die Wörter »Windpark« und »Bürgerversammlung« erspähte.
Im Esszimmer stellte er Paul etwas zu Fressen hin. Den gelben Zettel legte er vor sich auf die eichene Tischplatte, zwischen Brotkrümeln und klebrigen Bierresten. Seine Augen wanderten zur Anrichte, auf der früher die Bilder gestanden hatten, von ihm und Erika, und wo jetzt nur noch eine Staubschicht lag. Paul schlabberte Wasser aus dem Napf. Albrecht sah aus dem Fenster, zur alten Scheune, in der noch sein Vater Heu gelagert hatte und dann zurück zur Anrichte, die vom Großvater stammte und die Erika so sehr liebte, dass sie das Möbelstück beim Auszug mitnehmen wollte. Das Geschirr mit dem Friesenmuster stand noch genau so, wie es Erika drapiert hatte. Nur die Goldrandplatte fehlte. Erika hatte ihm erzählt, dass sie zu Günther ziehen wollte, da hat er vor Wut das Porzellan gegen die Wand geworfen. Ausgerechnet das einzige Stück Erinnerung an Erikas Mutter. Am selben Abend hatte sie das Haus verlassen. Albrecht strich über den gelben Zettel. Dann holte er das Telefon und wählte Walthers Nummer.
»Wir gehen zur Bürgerversammlung und verhindern den Windpark!«
»Wie willst du das denn machen?«
»Die meisten sind doch unsere Freunde und Nachbarn. Die wollen auch keinen Windpark.«
»Also deine Freunde kannst du nicht meinen.«
»Aber deine.«
»Die sind alle auf der anderen Seite vom Dorf. Weit weg vom Windpark.«
»Willst du dir etwa das Ding kampflos vor die Nase setzen lassen?«
»Weiß nicht.«
»Walther. Das ist deine Heimat, dein Zuhause. Lass dir das nicht kaputtmachen!«
»Schon.«
»Außerdem ist dein Hof nichts mehr wert, wenn der Windpark kommt. Und dann kannst du das vergessen mit dem Verkauf. Sag das Annemarie. Dann könnt Ihr im Einzimmerappartement hocken, wenn der kommt, der Scheißpark.«
»Albrecht, deine Ausdrucksweise!« Walther lachte.
»Sehr witzig.«
»Aber du hast schon recht. Wenn der Windpark kommt, kauft den Hof kein Mensch. Wer will schon Schlagschatten, Infraschall und den ganzen Mist.«
»Also, gehen wir gemeinsam dahin!«

Der Gemeindesaal war fast voll, als Albrecht durch die Tür schritt. Er hatte einen dunkelblauen Anzug an, der am Bauch spannte. Albrecht atmete tief ein, sog den Duft von Bohnerwachs in die Lungen, streckte die Brust raus und setzte seine Schülerschreck-Miene auf, mit der er früher durch das Schulhaus marschiert war. Er nickte den Leuten zu, während er sich an den Stuhlreihen vorbei zu Walther schob, der mit Annemarie am Rand stand. Sie begrüßte ihn nur mit einem knappen Moin.
»Ah, da ist er ja der Schuldirektor«, sagte Walther. »Wo setzen wir uns hin?«
»Albrecht«, sagte Günther, der Bürgermeister, hinter ihnen, »was willst du denn hier?«
Albrecht streckte den Rücken durch, während er sich herumdrehte. Er machte einen Schritt auf Günther zu, sodass dieser den Kopf in den Nacken legen musste, um zu ihm hochzublicken. Walther stellte sich so dicht neben Günther, dass seine Schulter gegen Günthers Ohr stieß.
»Ich bin hier, um deinen Windpark zu verhindern!«, sagte Albrecht.
»Na dann, viel Spaß«, lachte Günther, wandte sich ab und stolzierte nach vorne zu der Tischreihe am Ende des Saals. Dort angekommen setzte er sich in die Mitte, an den Platz, wo ein kleines Schild mit dem Wort »Bürgermeister« stand. Nachdem er einen Schluck Wasser getrunken hatte, lächelte er in die Menschenmenge vor ihm.
Günther eröffnete die Versammlung, erzählte etwas vom Planungsstand und auch darüber, wie dringend die Gemeinde das Geld benötigte, welche Vorteile sich er und der neben ihm sitzende Gemeinderat erhofften und dass der Windpark ja weit genug weg vom Dorf sei und daher praktisch niemand dadurch beeinträchtigt werde. Das war das Stichwort und Albrecht stand auf:
»Natürlich werden wir beeinträchtigt. Wir wohnen schließlich direkt daneben.« Albrecht zog an Walther, sodass der auch aufstand.
»Ja, da sind tatsächlich zwei alte Bauernhöfe, die direkt an den Windpark angrenzen«, sagte Günther. »Diese sind nicht mehr bewirtschaftet und die einzigen, die direkt von dem Windpark betroffen sind. Natürlich gibt es eine entsprechende Entschädigung, falls ein Schaden entstehen sollte.«
»Meine Familie wohnt dort seit Generationen. Man kann mir doch nicht einfach so einen Windpark vor die Nase setzen! Ich lasse mich nicht vertreiben! Meine Heimat vernichten! Unsere Landschaft verschandeln!«
Die Menschen im Saal murmelten, einige nickten.
»Wollt ihr das? Überall die Windräder? Schlagschatten? Surren von den Generatoren? Infraschall?« Albrecht ließ seinen Blick über die Menschen wandern.
»Das mit dem Infraschall ist nicht erwiesen«, sagte Günther. »Und den Schlagschatten sieht niemand, das haben wir berechnet.«
»Aber wir wollen doch nicht die Identität unseres schönen Dorfes zerstören; jahrhundertealte Traditionen und die Aussicht. Wie sieht das denn aus? Überall diese Windräder!«
»Hier ist so viel Platz«, sagte Günther, »und gehören die Windräder nicht mittlerweile sogar zu unserer Identität? Zu unserem Landschaftsbild? Aber abgesehen davon. Wir haben sonst keine großen Einnahmen und mit dem Windpark können wir endlich die Straßen reparieren.«
»Ja«, rief einer aus der Menge, »ich hatte letztens einen Achsenbruch wegen der Schlaglöcher!«
»Außerdem braucht der Windpark einen Internetanschluss«, sagte Günther, »und ich habe dem Betreiber das Versprechen abgerungen, dass wir das Glasfaserkabel für den Windpark auch benutzen können! Das heißt schnelles Internet für alle!«
Ein aufgeregtes Raunen füllte den Raum.
Albrecht schüttelte den Kopf. Er stupste Walther in die Seite.
»Es kann doch nicht sein, dass Internet wichtiger ist als die Natur!«, rief Albrecht.
»Wir benutzen nur eine relativ kleine Fläche, um damit die Zukunft unseres Dorfes zu sichern«, sagte Günther und dann rief er: »Die Zukunft für unsere Kinder. Denn ohne Internet sind wir hier abgehängt. Und das ist die einzige Chance, es zu bekommen! Diese Gelegenheit dürfen wir uns nicht entgehen lassen!« Beim letzten Satz haute er auf den Tisch, dass die Gläser klirrten.
Die Leute klatschten.
»Also, wer für den Windpark ist«, fuhr Günter fort, »der hebe hier und jetzt die Hand!« Alle im Saal hoben die Hand, bis auf Walther, der auf die Spitzen seiner Gummistiefel starrte, und Albrecht, der sich mit hängenden Schultern auf seinen Stuhl fallen ließ. Annemarie schaute aus dem Fenster und zuckte erschrocken, als Walther gegen ihren Fuß trat.
Nach dem Ende der Versammlung ging Albrecht kopfschüttelnd nach draußen: »Internet für alle!«
»Du musst eben mit der Zeit gehen«, sagte Annemarie.
»Mit der Zeit? Quatsch. Zu einem Anwalt muss ich gehen!«, rief Albrecht, während er seinen weinroten Mercedes öffnete, in dessen Heckscheibe ein ausgeblichener Aufkleber »Atomkraft? Nein danke« prangte, der sich stellenweise gelöst hatte.

Als Albrecht vom Termin in der Kanzlei nach Hause kam, sprang Paul schwanzwedelnd an den Beinen hoch und schnappte sich den Kalbsknochen, den Albrecht auf dem Heimweg beim Metzger besorgt hatte.
»Wir bleiben hier«, sagte Albrecht und setzte sich neben den Dackel. Die Finger glitten zärtlich über seinen Kopf. Nur das Nagen am Knochen unterbrach die Totenstille.

Albrecht und Walther saßen auf der Bank vor Albrechts Haus. Die Sonne schien ins Gesicht und ließ den Küstennebel in den Gläsern glitzern. Vor ihnen, auf dem nassen Kiesboden, lag ein Brief von Herrn Dr. Müller.
»Klage abgewiesen«, sagte Albrecht, nahm einen Schluck und trat auf den Umschlag.
»War doch zu erwarten«, antwortete Walther.
»Was hilft der ganze Rechtsstaat, wenn es keine Gerechtigkeit gibt?«
Paul sprang über den Hof. Eine Möwe flog davon.
»Gerechtigkeit gibt es nur für die Reichen«, sagte Walther. Er leerte das Schnapsglas in einem Zug. »War schon immer so!«
»Und. Ziehst jetzt weg?«, fragte Albrecht.
»Hat doch keinen Sinn.«
»Aber du und in der Stadt leben? Das ist doch nichts für dich.«
Walther drehte das Schnapsglas in den Fingern und ließ einen Tropfen der klaren Flüssigkeit hin- und herrollen.
»Womöglich in einer Wohnanlage, mit lauter Menschen um dich rum. Die gehen dir doch auf den Senkel.«
»Ja. Und wie. Aber der Park wird kommen.«
Walther zeigte nach links. Ein silbergrauer Range Rover näherte sich schnell auf dem Feldweg, bog in die Hofeinfahrt und blieb mit scharfer Bremsung stehen, sodass Kiessteine durch die Luft flogen. Paul sprang auf das Auto zu. Er bellte, als die Fahrertür aufging.
»Hier!«, rief Günther, ein Stück Papier in der Hand, »Jetzt hast du es schriftlich, du sturer Bock! Ich wusste es doch. Du kannst nicht gewinnen. Nicht gegen die Zukunft und schon dreimal nicht gegen mich!«
»Ich bin schon informiert!«, sagte Albrecht. »Die Fahrt hättest dir sparen können!«
»Ich überbringe dir noch eine andere Nachricht!«, rief Günther, der immer noch hinterm Auto stand. »Deine Vernissage findet nicht statt!« Er grinste und stierte zu Albrecht herüber, der reglos auf der Bank saß.
»Hast du gehört?«, fragte Günther nach.
Albrecht drückte plötzlich Walther das Schnapsglas in die Hand, sprang auf und griff nach dem Reisigbesen neben der Bank.
»Siehst du das?«, sagte er in Richtung von Walther und zeigte auf Günther. »Da ist ein riesiger Dreckhaufen! Mitten im Hof! Da muss ich mal kehren!«
Albrecht stampfte los. Günther sprang ins Auto. Er zuckte zusammen, als der Reisigbesen auf das Autodach niedersauste. Der Motor heulte auf. Paul blieb stehen und bellte. Der Reisigbesen landete ein weiteres Mal auf dem Autodach. Der Rover machte einen Satz nach vorne und stoppte abrupt. Paul winselte jämmerlich. Albrecht ließ den Besen fallen, sank auf die Knie, hielt die Hände vors Gesicht und brachte nur ein kehliges, abgeschnürtes Nein heraus. Nach einer kleinen Ewigkeit kam Walther angelaufen und kroch unters Auto. Er zog ein Bündel aus Fell und Blut hervor. Albrecht schluchzte, während das Blut von Walthers Fingern tropfte, und krümmte sich nach vorne, den Kopf zwischen den Händen vergraben.

Nach einem langen, nasskalten Winter mit vielen Stürmen stand Albrecht am Zaun seines Gemüsegartens, neben dem Tor, dort, wo ein kleines Steingrab an Paul erinnerte. Er beobachtete, wie die ersten Bagger zum Grundstück des geplanten Windparks fuhren. Eine Faust ballte sich in der Tasche. Er trat gegen den Zaun, so heftig, dass sich ein Brett löste. Er marschierte los, bog auf den Feldweg zu Walthers Hof, vorbei an den Resten der Parkbank, die eine Woche zuvor ein LKW auf dem Weg zur Baustelle des Windparks umgefahren hatte, wobei er keinen Blick darauf verschwendete, sondern nur auf den braunen Kies vor sich starrte. Nach einer Weile hallten seine Schritte in Walthers Hofeinfahrt.
Annemarie öffnete die Tür: »Moin Albrecht. Na, was gibt’s so früh?«
»Wo ist Walther?«
»Der ist beim Frühstück. Komm rein.«
Albrecht schlüpfte aus den Stiefeln und steuerte in die Küche, wo Walther gerade an einer Tasse Kaffee nippte.
»Albrecht, was willst du um die Zeit hier?«
»Es geht los! Die Bagger kommen. Wir müssen was tun. Jetzt! Sofort!«
»Albrecht ...«
»Du bist mir das schuldig!« Albrecht setzte sich neben Walther und legte seine rechte Hand auf Walthers linken Arm, um ihn am Kaffeetrinken zu hindern.
»Nichts ist er dir schuldig«, sagte Annemarie.
»Was weißt du schon?«, antwortete Albrecht.
»Was soll das heißen?«, fragte Annemarie. Sie setzte sich gegenüber an den Tisch. »Wieder so ein altes Dorfgeheimnis?«
»Quatsch«, sagte Walther.
»Vielleicht will Walther es dir selbst erzählen?«, sagte Albrecht. »Hast du einen Kaffee?«
Annemarie holte eine Tasse, füllte sie mit frischem Kaffee. Beim Hinstellen schwappte Flüssigkeit heraus. Albrecht tippte mit dem Zeigefinger in die Kaffeepfütze und malte kleine Kringel.
»Was soll er erzählen?«, fragte Annemarie, die Walther tief in die Augen sah.
»Albrecht hat mir mal den Arsch gerettet«, sagte Walther.
»Kannst du mal Butter bei die Fische geben?«, sagte Annemarie so laut, dass Albrecht zusammenzuckte.
»Wir waren jung, dumm und betrunken«, fing Walther an.
»Ja, blabla«, antwortete Albrecht. »Lange Rede kurzer Sinn: Walther ist im Winter betrunken in die Scheune vom Bertram gerast. Ich war dabei, habe gesagt, dass es rutschig und neblig war und der Walther nichts dafür konnte. Deswegen hat der Bertram auch nicht die Polizei geholt. Und deswegen schuldet er mir was!«
»Was hast du vor?«, fragte Walther, während er sich mit der Hand am Kopf kratzte.
»Ihr mit euren Geschichten«, sagte Annemarie. »Ich hab es so satt, diese Geschichten.« Sie knüllte das Geschirrhandtuch zusammen, das sie geholt hatte, um den Kaffee aufzuwischen, und schmiss es ans Tischende.
»Wir blockieren die Straße«, sagte Albrecht. »Du mit deinem Traktor und ich mit meinem Auto. Und dann ketten wir uns an die Fahrzeuge. Wir machen einen Streik. Dann kommt die Zeitung und ...«
»Als ob sich die Presse für euch alte Säcke interessiert«, lachte Annemarie.
»Was soll das bringen?«, fragte Walther, die Hände hebend.
»Aufmerksamkeit. Und Zeit. Und Zeit kostet den lieben Günther Geld. Viel Geld.«
»Wie kommst du da drauf?«, fragte Walther.
»Erika hat es mir erzählt, als sie vorbeikam wegen Paul. Weißt schon, um sich für den Drecksack Günther zu entschuldigen.«
»Was hat sie erzählt?«
»Dass der Günther beteiligt ist am Windpark, als Investor, hat einen Haufen Anteilsscheine gekauft und dafür einen Kredit aufgenommen hat. Einen hohen Kredit. Und er muss Zinsen zahlen.«
»Glaubst du wirklich, die paar Zinsen stören ihn?«, fragte Walther.
»Hast du eine bessere Idee? Außerdem, du ...«
»Ja, ich schulde dir was«, vollendete Walther den Satz. Er stand auf und trug seine Tasse zur Spüle. »Na gut, ich ...«
»Das ist nicht dein Ernst!«, rief Annemarie. »Bist du jetzt von allen guten Geistern verlassen?«

Die Kiesstraße war übersät mit Schlaglöchern. Es fing an zu regnen. Der Scheibenwischer erzeugte einen dichten, braunen Schmierfilm. Auf dem Beifahrersitz lag eine rostige Kuhkette mit einem Vorhängeschloss. Sie klimperte im Takt mit den Schlangenlinien, die Albrecht teilweise recht abrupt fuhr, um den Schlaglöchern auszuweichen. Die Bremsen quietschten, als Albrecht eine Vollbremsung machte, um nicht gegen das Mähwerk zu fahren. Die Kette rutschte vom Sitz. Der Traktor scherte nach links aus und gab die Sicht auf den Bauzaun mit dem Zufahrtstor frei. Mit wenigen Zügen hatte Walther den Traktor vor dem Tor platziert. Albrecht stellte seinen Mercedes als weitere Hürde quer auf die Straße.
»Die werden Augen machen«, rief Albrecht, als er aus dem Auto stieg. Er rieb sich die Hände.
»Ganz schön ungemütliches Wetter«, sagte Walther durch die offene Fahrertür.
»Ach, das ist nur ein kurzer Schauer«, sagte Albrecht.
»Sieht nicht so aus!« Walther nickte in Richtung Meer. Eine dunkle Wolkenfront zog heran. »Deswegen fühle ich mich heute so komisch. Das ist ein Sturmtief!«
»Wir müssen uns ans Lenkrad ketten.«
»Ich weiß nicht«, sagte Walther.
»Schnell«, antwortete Albrecht und zeigte auf die Straße, »da kommt schon einer!«
Walther stieg in den Traktor und Albrecht ins Auto. Wenige Sekunden später kam ein Kiestransporter knapp vor dem Mercedes zu stehen. Regen peitschte gegen die Scheibe. Der aufziehende Sturm brachte den Wagen zum Schwanken. Der Fahrer des Kieslasters fing an zu hupen, erst kurz, dann mehrmals hintereinander, dann immer länger. Albrecht lachte. Der Fahrer zeigte ihm einen Vogel und gestikulierte wild in seiner Kabine, aber Albrecht lachte weiter. Schließlich öffnete sich die Tür und der Fahrer kam die wenigen Meter durch den Regen zu ihm gelaufen, klopfte an die Scheibe und brüllte, dass er wegfahren solle. Albrecht schüttelte den Kopf. Der Fahrer rüttelte an der Tür, ließ aber sofort wieder ab, als er merkte, dass sie verschlossen war. Er holte ein Telefon aus seiner Tasche, lief zum LKW zurück und telefonierte.
Der Sturm gewann an Kraft. Er fegte den Regen fast horizontal übers Land. Albrecht stellte das Radio an, legte seine Lieblingskassette ein, Mahlers Fünfte, und klopfte zu strahlenden Bläserklängen im Takt auf das Lederlenkrad. Aus einer Papiertüte holte er ein Pumpernickel. Der LKW-Fahrer versuchte es noch einmal mit einem Hupkonzert, das aber in den Sinfonieklängen unterging. Danach gab es nur noch die Musik und das Tosen des Sturms. Wasserschlieren liefen über die Windschutzscheibe. Der Wind drückte gegen das Auto, als ob er für die Baustellenfahrzeuge Platz machen wollte. Albrecht konnte den Traktor nur schemenhaft erkennen. Er zog die Decke unterm Beifahrersitz hervor, auf der Paul immer gelegen hatte und wickelte sich in ihr ein.
Nach einer Stunde kamen nur noch ein paar Tropfen vom Himmel. Plötzlich sah Albrecht Günther mit dem LKW-Fahrer auf ihn zulaufen. Schon von Weitem schrie er, was das solle und dass er sich das nicht gefallen lassen werde. Albrecht zog die Decke enger um sich herum, als Günther heftig gegen die Fensterscheibe schlug: »Mach auf!«
Albrecht fädelte seine linke Hand aus der Decke und kurbelte das Fenster herunter, sodass ein kleiner Spalt entstand, zu schmal, um eine Hand durchzustecken.
»Was ist?«, fragte Albrecht grinsend.
»Du fährst hier weg! Sofort!«
»Da kannst du lange drauf warten.«
Der LKW-Fahrer schüttelte den Kopf.
»Können Sie den Irren nicht mit dem Laster wegschieben?«, fragte Günther den Fahrer, der nur antwortete: »Ne, damit möcht ich nichts zu tun haben!«
»Na gut! Du willst es nicht anders!«, sagte Günther und marschierte zum Traktor, den der Regen saubergewaschen hatte und dessen Grün leuchtete wie lange nicht mehr.
Günther kletterte die erste Stufe zum Führerhaus hoch und brüllte, dass ihm das noch leidtun werde. Er sprang vom Traktor und landete mit seinen Lackschuhen in einer tiefen Pfütze. Ockerfarbener Schlamm überzog die Schuhe und das erste Drittel der Anzugshose. Er telefonierte.
Nach kurzer Zeit sammelte sich ein Trupp Bauarbeiter, auf die Günther einredete und dann brüllte: »Wer das hier schnell beendet, bekommt Anteilsscheine! Viele Anteilsscheine!« Aus dem Tor kam ein weiterer Arbeiter und stapfte auf die Gruppe zu. Er hielt einen Bolzenschneider hoch, worauf die Gruppe mit Applaus reagierte.
Ein Typ, Oberarme wie ein Baumstamm, schnappte sich den Bolzenschneider und stampfte auf den Traktor zu, die Arme leicht angewinkelt, sodass sich die Muskeln durch den gelben Regenmantel abzeichneten. Albrecht kurbelte das Fenster herunter.
»So!«, schrie der Typ, als er auf die erste Stufe stieg, »Du alter Sack kommst jetzt hier raus!«
Die Gruppe johlte.
»Lass mich in Ruhe!«, schrie Walther.
Der Typ riss an der Fahrertür, die nicht verschlossen war. Albrecht sah, wie Walther dunkelrot im Gesicht wurde vor Anstrengung, die Tür zuzuhalten.
»Halt durch!«, rief Albrecht. »Gib nicht auf!«
Da schrie einer aus der Gruppe »Dich krieg ich!« und lief auf Albrecht zu, der schnell die Fensterkurbel greifen wollte, dabei aber die Hand in der Decke verhedderte. Albrecht schaute auf die Decke, dann auf den Mann, der auf ihn zueilte, riss an der Decke, ruderte mit den Armen, bekam die Kurbel zu greifen, drehte mit beiden Händen, sah, wie sich der Spalt ein wenig verkleinerte, dann Finger, die durch den Spalt kamen, und drehte nochmals ruckartig an der Kurbel.
»Ahh!«, schrie der Mann, trat gegen die Fahrertür, sodass das Auto wackelte, zog die Finger aus dem Spalt, hob einen Stein auf und schleuderte ihn gegen die Windschutzscheibe, auf der sich spinnennetzartig Risse von der Aufschlagstelle ausbreiteten.
»Lass mich!«, rief Walther.
Albrecht sah, wie der Mann mit den dicken Oberarmen einen Fuß gegen das Führerhaus stemmte und am Türgriff zog, das Gesicht schweißnass. Unter ihm stand ein anderer Arbeiter. Er hielt den Bolzenschneider, den er aber fallen ließ, um dann ebenfalls auf die erste Stufe zu klettern. Mit seinen Händen um den Türgriff herum rief er: »Auf Drei!«
»Haut drauf«, rief Günther, »den alten Schrottkarren kann ich locker ersetzen!«
In dem Moment krachte ein Stein auf die Heckscheibe von Albrechts Auto.
Zwei weitere Arbeiter holten Betonsteine vom Bauzaun und schleppten sie zum Mercedes.
Walther schrie: »Du kommst nicht rein!« Seine Faust schlug auf die Nase des Mannes mit den dicken Oberarmen. Blut tropfte auf den gelben Mantel. Der Mann schrie, sodass Albrecht zusammenzuckte, holte aus und traf Walther mit voller Wucht im Gesicht.
In dem Moment krachte einer der Betonsteine durch die Heckscheibe und landete auf der Rücksitzbank. Splitter flogen umher und Albrecht riss die Hände hoch, um die Decke schützend über sich zu halten, wobei seine Hände so sehr zitterten, dass Glassplitter von der Decke rieselten.
Plötzlich tönte aus einem Megaphon »Stopp! Polizei!« Albrecht ließ langsam die Hände sinken. Für einen Moment war nur das entfernte Rauschen des Meeres zu hören.
»Da stimmt was nicht«, rief der Mann mit den dicken Oberarmen. »Holt einen Krankenwagen!«

Albrecht stieg aus dem Taxi, das direkt vorm Haupteingang des Krankenhauses hielt, drückte dem Fahrer zwanzig Euro in die Hand, schlug die Tür hinter sich zu und starrte auf die automatische Eingangstür. Nach einem Seufzer zupfte er an der blauen Schleife, die er um den Hals einer Flasche Küstennebel gebunden hatte. Er atmete tief ein und aus. Dann stieg er die Stufen nach oben zum Eingang.
An der Information fragte er nach der Zimmernummer von Walther. Nachdem er sie bekam, schlich er langsam davon, wie jemand auf dem Weg zum Schafott.
Im Fahrstuhl deutete eine alte Frau auf seine linke Hand: »Alkohol ist hier nicht erlaubt!«
Albrecht umklammerte die Flasche, sodass die Knöchel weiß wurden, und fixierte die Tür, bis sie sich öffnete. Er hastete nach draußen, ohne sich umzudrehen. In einem Bett, das auf dem Gang stand, lag ein Patient. Er stöhnte, während die Infusion in den linken Arm floss. Die Augen waren geschlossen, der Atem flach.
Albrecht schluckte, schlich den Gang entlang bis zum Ende und blieb vor Walthers Tür stehen. Er drehte die Flasche in der Hand, sah sie lange an, zupfte an der Schleife, die aber wieder in ihre schiefe Stellung zurückkehrte. Sein rechter Mittelfinger formte ein Dreieck, doch die Hand stoppte einen Zentimeter vor der Türfläche. Eine Träne rann die linke Wange herunter, die er sofort wegwischte, um dann einmal kräftig zu klopfen. Kein Laut drang zu ihm. Langsam drückte er die Klinke nach unten.
Walther lag im hinteren Bett, das vordere war leer. Annemarie saß auf einem Stuhl und streichelte die freie Stelle auf Walthers Stirn, neben dem Verband. Das linke Auge war zugeschwollen, die linke Wange war dick. Verkrustetes Blut klebte an der Augenbraue, in der Nase und an der Unterlippe. Ein Schlauch steckte im Mund, die Brust hob sich regelmäßig. Monitore zeigten die Vitalfunktionen an. Walther lag nur da, ohne sich zu rühren.
»Wie geht es ihm?«, fragte Albrecht, wobei das ihm in einem kratzig-gurgelndem Geräusch unterging.
»Herzinfarkt«, sagte Annemarie, ohne den Kopf zu heben.
Albrecht hob die Flasche in seiner Hand ein Stück, ließ sie dann aber wieder sinken. »Wird er wieder?«
»Weiß man noch nicht«, sagte Annemarie. Sie hob den Kopf und starrte ihn an, die Augen verengt. Dann sagte sie: »Das ist deine Schuld! Deine!«
Albrecht ließ den Kopf sinken. Er nestelte an der Schleife herum. Sein Räuspern unterbrach das Piepsen des Herzmonitors: »Das sollte nicht passieren. Das war ganz anders ...«
»Aber«, sagte Annemarie gefolgt von einem Schluchzen: »Es ist passiert! Ich wollte doch nur einen schönen Lebensabend mit meinem Walther. Ohne Plackerei. Ohne diesen verdammten Hof, diese verdammte Einsamkeit!«
»Es tut ...«, sagte Albrecht so leise, dass es kaum zu hören war.
Annemarie ließ den Kopf sinken: »Ohne dich säßen wir schon längst in der Wohnung. In der Stadt! So, wie wir es immer wollten!«
»Wie du es immer wolltest!«
»Nein, nein. So wie wir es immer wollten! Walther hat das nur wegen dir gemacht. Nur für dich. Der alten Zeiten wegen.« Annemarie hob den Kopf und schaute Albrecht in die Augen: »Aber jetzt ist Schluss! Schluss, verstehst du?«
Albrecht nahm die Flasche in die rechte Hand: »Hier, kannst ...?«
»Lass! Geh! Bitte geh. Und komm nicht wieder.«

»Sieh doch nur«, sagte Walther, als er auf der Düne stand, von der aus man den Windpark sehen konnte.
Annemarie stellte sich neben ihn, der Wind zerzauste ihre grauen Haare. Walther hielt seine Schirmmütze fest. Wolken jagten über den Himmel. Das Surren der Windräder war überall. Die Schlagschatten der Rotorblätter zogen zusammen mit den Schatten der Wolken über das Heidekraut.
»Dort drüben«, sagte Walther. Sein Finger zeigte auf das Ende des Parks, auf eine Lücke zwischen zwei Windrädern: »Dort stand unser Haus.«
Annemarie lächelte: »Ja, da stand es. Ich fass es immer noch nicht, wie viel die für die alte Hütte bezahlt haben!«
»Schöne Zeiten waren das!«
»Aber auch Schwere!«
»Wie es wohl Albrecht geht?«, fragte Walther. Er nickte in Richtung des alten Bauernhauses, das am Rande des Windparks stand.
»Vermisst du ihn?«, fragte Annemarie und nahm Walthers Hand.
»Schau mal! Da drüben!«
Walther lief die Düne herunter. Er nahm einen Weg zwischen Gräsern und Hagebuttensträuchern, der sich einen kleinen Hügel herauf schlängelte, auf dessen Spitze eine Staffelei stand. Annemarie lief hinterher.
»Das ist Albrechts Staffelei«, sagte Walther zu Annemarie, die schnaufend neben ihm hinterherkam.
»Woher weißt du das?«, fragte Annemarie.
»Ganz einfach. Siehst du, da unten am Fuß, da hat der Paul immer drauf rumgebissen.«
»Komisches Bild«, sagte Annemarie, die auf das eingespannte Papier zeigte.
»Ja, nur ein paar bunte Kleckse«.
»Weißt du, was das ist?«
Walther zuckte mit den Schultern.
»Mach mal einen Schritt zurück!«
Walther stolperte rückwärts und studierte das Aquarellbild.
Annemarie stand neben ihm, ein Lächeln auf den Lippen: »Siehst du die Windräder?«
»Ja, jetzt sehe ich sie! Er hat ihnen keine Farbe gegeben!«
»Sondern nur die Landschaft drum herum gemalt.«
Walther schmunzelte: »Na, viel musste er da nicht malen! Aber, wo ist er?«
Annemarie drehte sich langsam um die eigene Achse: »Da sind Spuren!«
Walther rief nach Albrecht, doch er bekam keine Antwort. Auf der letzten Düne am Meer sah er, dass die Fußabdrücke am Strand entlang führten. Ein Schlagschatten tauchte sie für kurze Zeit ins Dunkel, bevor eine Welle der ankommenden Flut sie fortspülte.

 

Liebe Sabine P. und lieber Geschichtenwerker,

Küstennebel ist ein Schnaps. Leute von dort, (oder sind‘s die Touristen?) bestellen häufig „Linie“, einen Aquavit...
Die erste Challenge-Geschichte „Staub zu Staub“ spielte in bayerischem Milieu. Host mi?
Gruß wieselmaus

 

wieselmaus,

ja, das es ein Schnaps aus der Gegend ist, war mir schon klar. Aber was für einer? Aus Trauben, Weizen, Kartoffeln, Äpfeln, Himbeeren, ach...unzählige Möglichkeiten.
Sabine wills genau wissen ;)

 

Sabine P.

Neutralkohol, 21%, mit Sternanis und weiteren Kräutern versetzt. Gilt als Likör. Das habe ich von Wiki. Die Firma Behn vertreibt auch „kleiner Feigling“. Ich trinke lieber Zibärtle ...

Gruß wieselmaus

 

Hallo Sabine P,

herzlichen Dank für Deinen Kommentar und es ist schön, dass Du die überarbeitete Variante kommentierst, aber zunächst das Wichtigste: Küstennebel wird aus Sternanis gemacht.

In der Geschichte gibt es auch einen Hinweis:

der zwei Schnapsgläser hinstellte und mit Küstennebel füllte. Anisduft stieg auf.

Aber, ehrlich gesagt, kenne ich das Zeug auch nicht. Ich fand nur, dass es gut zur Geschichte passt und soviel ich weiß, ist es schon ein Getränk, welches typisch für die Gegend ist (aber ob das die Einheimischen wirklich so trinken, kann ich nicht mit Sicherheit sagen).

Der erste Absatz hat mich schon mal neugierig gemacht. Ein Maler, wie schön. Ich male auch gerne aber Aquarell kann ich einfach nicht.

Schön, dass Dich der Anfang gleich angesprochen hat. Die erste Variante wurde durchaus kritisiert. Anscheinend hat meine Überarbeitung zumindest bei Dir den richtigen Effekt erzielt.

Süß...der Dackel der ins Heidekraut beißt.

Ich kenne das aus eigener Erfahrung mit Hunden. Es freut mich, dass Dir das Detail gefällt.

Ist so schön, die Landschaft, die du beschreibst. Da möchte ich gerne mal hinreisen.

Wow, dass ich das mit meinen Landschaftsbeschreibungen bei Dir auslösen kann - da werde ich fast verlegen.

Ja, ist irgendwie schon traurig. Das ist auch bei uns so. Viele kleine Bauern geben ihr Vieh auf. Zahlt sich für sie einfach nicht aus...na, und die Annemarie will sowieso in die Stadt...

Das greift leider um sich.

Oh, mein Gott! Geschichtenwerker, wie konntest du nur?! Der Dackel? Echt jetzt?

Ja, manchmal bin ich echt gemein!

Na, das jetzt auch noch? Sag was ist los mit dir?

Drama! Ich will Drama!

Ach nein, jetzt bin ich wirklich sauer auf dich! Eine so schöne, wenn auch ziemlich lange, Geschichte und mit subtilen Humor.

Ja, lang ist sie immer noch, die Geschichte, trotz Kürzung. Aber immerhin scheine ich die gröbsten Stolperfallen beseitigt zu haben und natürlich hast Du mir mit Deinem Fazit den Rest des Tages versüßt!

Nochmals vielen Dank!

Lieber Gruß

Geschichtenwerker


***

Hallo wieselmaus,

Die erste Challenge-Geschichte „Staub zu Staub“ spielte in bayerischem Milieu. Host mi?

Ernsthaft? Du erinnerst Dich an meine letzte Challenge-Geschichte? Wie konnte das denn passieren?!

Lieber Gruß

Geschichtenwerker

 

Geschichtenwerker, wieselmaus,

Also, auf griechisch: "Ich trink Ouzo! Was trinkst du so?" -stimmt der Anisgeruch...
In diesem Sinne, Prost! Made my day!

Liebe Grüße Sabine

 

Hallo Geschichtenwerker,

puh, da hatte ich gestern ein bisschen Pech. Hatte gerade deine Geschichte gelesen, mir ein bisschen was zum ersten Absatz zurechtgelegt, schaute ihn mir nochmal an und - zack - alles anders. Nun nehme ich nochmal Anlauf. Insgesamt habe ich deine Nord-Drama gerne gelesen, bin aber erst im Verlauf immer besser reingekommen. Es ist ja eine recht lange Geschichte, die sich immer mehr zuspitzt, die Geschichte einer ohnmächtigen Wut. Wenn sich Ignoranz gegenüber den Bedenken einzelner Bürger noch mit einer persönlichen Fehde verbinden, dann wird es gemein. Der Günther ist nun wirklich ein Unsympath, der gewinnt ja an keiner Stelle Punkte. Dass er den Dackel überfährt und dem Albrecht noch seine Ausstellung versaut, da läßt du aber auch nichts aus. Der Albrecht ist ja wie ein Panzer in seiner Wut und wird an dem Punkt für mich unsympathisch, wo er den Freund zur solidarischen Aktion presst. Ich war am ehesten mit Annemarie identifiziert. Aus diesem Dorf hätte ich auch weggewollt.

Noch einmal zu dem ersten Abschnitt, der mir vorher auch etwas holperig vorkam. Aber ich erinnere mich, dass es dort der Wind war, der dem Dackel den Zweig gegen die Nase wehte, worauf dieser hineinbiss. Dieses Bild fand ich witzig, so typisch Dackel, auch wenn es etwas komisch formuliert war. Ich finde es gut, dass du die komplizierten Farben weggelassen hast.

Albrecht führte den Rotmarder-Pinsel langsam über das Aquarellpapier und malte graue Wolken, während der Klapphocker ein Stück im Gras des Geestrückens versank. Eine große Wolke verdeckte das Sonnenlicht, das eben noch Gräser glänzen ließ.

Ich glaube, ich würde mich von dem Fettgedruckten auch trennen. Sonst hast du zweimal Wolken. Und wenn ich mit dem Blick des Malers gucke, dann ist das ja blöd, wenn sich durch die Wolke plötzlich alle Farben ändern. Ich hätte deshalb sowieso eher gedacht, dass er gerade dabei ist die Gräser zu malen. Dann könntest du auch schreiben : "führte den Rotmarder-Pinsel langsam über das Aquarellpapier, zog feine, goldgelbe Linien, während ..." So würdest du im ersten Abschnitt schon das Thema der ganzen Geschichte andeuten, dass eine Idylle plötzlich kippt, aus dem Hell, Dunkel wird. Günther ist quasi die Wolke. Sorry, wenn ich gleich soviel am Anfang herumnörgele, den du nun schon geändert hast. Aber wo ich schon dabei bin:

auf der er die letzte Stunde neben der Staffelei gelegen hatte

möglicherweise auch entbehrlich.

Es dauerte nicht lange, da schob sich der Claas ins Bild, dessen hellgrüne Farbe nur noch an wenigen Stellen leuchtete.

Und hier war ich nicht ganz sicher, ob sich der letzte Satz auf den Claas oder auf das Bild bezog.

Danach hat es mich in die Geschichte hineingezogen und mir ist gar nicht mehr soviel aufgefallen. Die Dialoge fand ich recht natürlich, die Figuren ausdrucksstark, die Handlung kraftvoll. Doch es gibt noch ein paar Formulierungen, die mich noch irritieren.

»Na, alles. Und dann gehen wir in die Stadt«, sagte Annemarie.
Walther füllte die Gläser, danach starrte er auf seine Hände, während er die Finger knetete.
»Du willst das Haus deiner Urgroßeltern verkaufen?«, fragte Albrecht kopfschüttelnd.

Hier würde ich mich für eins entscheiden. Entweder starren oder kneten. Eigentlich stellt man doch auch erstmal die Flasche weg, setzt sich hin, nimmt vielleicht das Glas in die Hand. Du willst so einen ausweichenden Blick denke ich. Walther ist ja von Annemaries Plan nicht so begeistert,(oder, nach Annemaries Lesart am Ende ist es ihm nur unangenehm gegenüber Albrecht.) Vielleicht auch einfach: "Walther füllte schweigend die Gläser."

Albrecht wankte hinterher, stapfte durch die Pfützen, drehte sich nach ein paar Metern halb herum und hob kurz die Hand. Walther und Annemarie standen in der Tür, wobei Annemarie die Arme verschränkt hatte. Walther hob die Hand, schaute aber dann zu Boden, als seine Frau ihn ins Haus zog.

Ich verstehe es so, dass Walther seinem Freund noch ein bisschen hinterherwinkt, seine Frau, die dem ungestümen Albrecht gegenüber skeptisch ist, zeigt das durch die verschränkten Arme und dadurch, dass sie ihren Mann wegzieht. Aber der fettgedruckte Satz kommt mir etwas unmotiviert vor. Und du hast hier zweimal "hob die Hand". "Winkte" ist vermutlich zu unmännlich?
Problem ist auch, dass Albrecht ja auch nur kurz die Hand hebt, dennoch aber den ganzen Prozess beobachtet, wie Annemarie erst die Arme verschränkt dasteht, sie dann löst und ihren Mann wegzieht. Ich glaube, ich würde mich hier von einer Sache trennen. Entweder steht Annemarie mit verschränkten Armen oder sie zieht ihren winkenden Mann ins Haus, was ich an der Stelle noch etwas sehr schroff fände. Kann ich mich jetzt gerade richtig dran festfressen an der Stelle, sorry.

Den alten Bauernhof bewohnte er in der vierten Generation. Der Wind trug den Duft nach Heidekraut, Moos, feuchter Erde und salzigem Meer heran. Er atmete tief ein. Auf dem Weg blieb er an der Parkbank stehen. Sein Großvater hatte sie an der Grenze zum Grundstück aufgestellt. Die braune Farbe war stellenweise abgeblättert und die Zeit hatte tiefe Furchen ins Holz gegraben, in denen graublaue Flechten wuchsen. Er setzte sich. Sein Blick schweifte in die Ferne, wanderte am Horizont entlang.

Das ist schön.

Eine Träne rann die linke Wange herunter, die er sofort mit der rechten Hand wegwischte, um dann einmal kräftig zu klopfen.

Manchmal hast du einen Hang zur Übergenauigkeit. Links und rechts würde ich weglassen.

»Sieh doch nur«, sagte Walther, als er auf der Düne stand, von der aus man den Windpark sehen konnte.
Annemarie stellte sich neben ihn, der Wind zerzauste ihre grauen Haare. Walther hielt seine Schirmmütze fest. Wolken jagten über den Himmel. Das Surren der Windräder war überall. Die Schlagschatten der Rotorblätter zogen zusammen mit den Schatten der Wolken über das Heidekraut.

Gefällt mir auch sehr gut. Man spürt den Wind. Toll, wie du das Thema der Challenge umgesetzt hast.
Das Albrecht sich hinterher umbringt, trau ich ihm zu, das mit dem Bild auf der Staffelei zu verbinden und so zum Beginn zurückzukehren, finde ich eine tolle Idee. Jetzt ist es nicht mehr die Wolke die den Schatten bringt, sondern der Schlagschatten.

Schön, dass es wenigstens für Walther und Annemarie gut ausgegangen ist.

Eine schöne Woche dir!

Liebe Grüße von Chutney

 

Hallo Chutney,

da bin ich aber freudig überrascht, so einen tollen Kommentar zu bekommen.

puh, da hatte ich gestern ein bisschen Pech. Hatte gerade deine Geschichte gelesen, mir ein bisschen was zum ersten Absatz zurechtgelegt, schaute ihn mir nochmal an und - zack - alles anders. Nun nehme ich nochmal Anlauf.

Das ist in der Tat ungünstig gelaufen, dafür hast Du aber immerhin eine überarbeitete Fassung gelesen, die vielleicht sogar besser ist, als die vorherige.

Insgesamt habe ich deine Nord-Drama gerne gelesen, bin aber erst im Verlauf immer besser reingekommen.

Das ist schön. Man braucht ein wenig, bis das Ganze in Fahrt kommt. Ich denke, das ist nicht so der typische Kurzgeschichtenanfang, weil man eben ein wenig Geduld braucht. Andererseits wollte ich nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen.

Es ist ja eine recht lange Geschichte, die sich immer mehr zuspitzt, die Geschichte einer ohnmächtigen Wut. Wenn sich Ignoranz gegenüber den Bedenken einzelner Bürger noch mit einer persönlichen Fehde verbinden, dann wird es gemein. Der Günther ist nun wirklich ein Unsympath, der gewinnt ja an keiner Stelle Punkte.

Genau so sollte es sein. Günther ist in der Tat ein echter Unsympath. Die gestrichene Wirtshausszene zeigte, warum er auch aus persönlichen Gründen nicht mit Albrecht kann. Nachdem ich die gestrichen habe, bleibt nur noch das Unsympathische übrig.

Dass er den Dackel überfährt und dem Albrecht noch seine Ausstellung versaut, da läßt du aber auch nichts aus.

Das stimmt. Vielleicht ist es etwas zu viel, aber wenn ich das entschärfe, wird der Schluss nicht mehr nachvollziehbar. Letztlich wollte ich Albrecht alles nehmen.

Der Albrecht ist ja wie ein Panzer in seiner Wut und wird an dem Punkt für mich unsympathisch, wo er den Freund zur solidarischen Aktion presst. Ich war am ehesten mit Annemarie identifiziert. Aus diesem Dorf hätte ich auch weggewollt.

Vor allem ist er ein sturer Panzer, der nicht nachgeben will.

Aber ich erinnere mich, dass es dort der Wind war, der dem Dackel den Zweig gegen die Nase wehte, worauf dieser hineinbiss. Dieses Bild fand ich witzig, so typisch Dackel, auch wenn es etwas komisch formuliert war.

Vielleicht baue ich das wieder ein. Andererseits verstehen solche Szenen wahrscheinlich nur Leser mit entsprechender Hundeerfahrung. Aber schön, dass Du auch dieses Verhalten kennst und an der Stelle wiedererkannt hast.

n : "führte den Rotmarder-Pinsel langsam über das Aquarellpapier, zog feine, goldgelbe Linien, während ..." So würdest du im ersten Abschnitt schon das Thema der ganzen Geschichte andeuten, dass eine Idylle plötzlich kippt, aus dem Hell, Dunkel wird.

Der Anfang ist einfach noch nicht ideal. Das mit den feinen, golgdelben Linien passt nicht so richtig zur Aquarellmalerei und schon gar nicht zur Landschaftsmalerei, wo man eher schnell arbeitet - gerade wenn dicke Wolken durch die Gegend ziehen. Aber ich verstehe sehr gut, was Du meinst. Ich bin nur noch zu dicht am Text, hänge noch zu sehr an der ursprünglichen Idee, sodass ich noch etwas Zeit brauche, bis ich es besser machen kann.

Sorry, wenn ich gleich soviel am Anfang herumnörgele, den du nun schon geändert hast. Aber wo ich schon dabei bin:

Ich finde es gut, wenn Du nörgelst. Durch Applaus werde ich vielleicht zufriedener, aber nicht besser.

auf der er die letzte Stunde neben der Staffelei gelegen hatte

möglicherweise auch entbehrlich.


Sehe ich mir an, danke.

Es dauerte nicht lange, da schob sich der Claas ins Bild, dessen hellgrüne Farbe nur noch an wenigen Stellen leuchtete.

Und hier war ich nicht ganz sicher, ob sich der letzte Satz auf den Claas oder auf das Bild bezog.

Ok, an der Stelle ist bisher noch keiner gestolpert. Ich muss mal sehen, ob das durch die Überarbeitung unklar wird.

Danach hat es mich in die Geschichte hineingezogen und mir ist gar nicht mehr soviel aufgefallen. Die Dialoge fand ich recht natürlich, die Figuren ausdrucksstark, die Handlung kraftvoll.

Das freut mich sehr.


»Na, alles. Und dann gehen wir in die Stadt«, sagte Annemarie.
Walther füllte die Gläser, danach starrte er auf seine Hände, während er die Finger knetete.
»Du willst das Haus deiner Urgroßeltern verkaufen?«, fragte Albrecht kopfschüttelnd.


Hier würde ich mich für eins entscheiden. Entweder starren oder kneten. Eigentlich stellt man doch auch erstmal die Flasche weg, setzt sich hin, nimmt vielleicht das Glas in die Hand. Du willst so einen ausweichenden Blick denke ich. Walther ist ja von Annemaries Plan nicht so begeistert,(oder, nach Annemaries Lesart am Ende ist es ihm nur unangenehm gegenüber Albrecht.) Vielleicht auch einfach: "Walther füllte schweigend die Gläser."


Naja, ich will schon auch zum Ausdruck bringen, dass Walther das Thema unangenehmen ist, nicht nur Albrecht gegenüber, sondern auch seiner Frau, weil er eben nicht so 100% überzeugt davon ist, alles zu verkaufen und in die Stadt zu gehen (Annemarie hingegen schon).

Darüber muss ich noch nachdenken.

Albrecht wankte hinterher, stapfte durch die Pfützen, drehte sich nach ein paar Metern halb herum und hob kurz die Hand. Walther und Annemarie standen in der Tür, wobei Annemarie die Arme verschränkt hatte. Walther hob die Hand, schaute aber dann zu Boden, als seine Frau ihn ins Haus zog.


Ich verstehe es so, dass Walther seinem Freund noch ein bisschen hinterherwinkt, seine Frau, die dem ungestümen Albrecht gegenüber skeptisch ist, zeigt das durch die verschränkten Arme und dadurch, dass sie ihren Mann wegzieht. Aber der fettgedruckte Satz kommt mir etwas unmotiviert vor. Und du hast hier zweimal "hob die Hand". "Winkte" ist vermutlich zu unmännlich?
Problem ist auch, dass Albrecht ja auch nur kurz die Hand hebt, dennoch aber den ganzen Prozess beobachtet, wie Annemarie erst die Arme verschränkt dasteht, sie dann löst und ihren Mann wegzieht. Ich glaube, ich würde mich hier von einer Sache trennen. Entweder steht Annemarie mit verschränkten Armen oder sie zieht ihren winkenden Mann ins Haus, was ich an der Stelle noch etwas sehr schroff fände. Kann ich mich jetzt gerade richtig dran festfressen an der Stelle, sorry.


Bei der ersten Überarbeitungsrunde ist mir dieser Szene auch aufgefallen. Die ist noch etwas ungelenk, da gebe ich Dir völlig recht und ich danke Dir für die guten Hinweise.

Eine Träne rann die linke Wange herunter, die er sofort mit der rechten Hand wegwischte, um dann einmal kräftig zu klopfen.

Manchmal hast du einen Hang zur Übergenauigkeit. Links und rechts würde ich weglassen.


Da muss ich auch drüber nachdenken. Wenn ich Hand oder Wange lese, frage ich mich meistens "welche".

Gefällt mir auch sehr gut. Man spürt den Wind. Toll, wie du das Thema der Challenge umgesetzt hast.
Das Albrecht sich hinterher umbringt, trau ich ihm zu, das mit dem Bild auf der Staffelei zu verbinden und so zum Beginn zurückzukehren, finde ich eine tolle Idee. Jetzt ist es nicht mehr die Wolke die den Schatten bringt, sondern der Schlagschatten.

Danke für das Lob - das geht natürlich runter wie Öl.

Schön, dass es wenigstens für Walther und Annemarie gut ausgegangen ist.

Ja, die wollte ich nicht auch noch ins Unglück stürzen!

Herzlichen Dank für Deinen ausführlichen Kommentar und die Zeit!

Lieber Gruß

Geschichtenwerker

P.S.: Die nächste Überarbeitung kommt bestimmt, wird aber vor nächstem Wochenende nicht passieren, denke ich.

 

Hallo Geschichtenwerker,

boah, das war ja mal eine lange Geschichte … Hat mir wirklich sehr gut gefallen, aber für meinen Geschmack würde sie etwas kürzer auch funktionieren. Also schon mit allem Drum und Dran, aber die einzelnen Szenen und Dialoge einfach knapper. Aber du hast ja schon gekürzt, wie ich beim Überfliegen der Kommentare gelesen habe, und ja - ich habe natürlich alles ganz genau vor mir gesehen, gespürt, gehört und gerochen, das ist dir gut gelungen. Das war ein richtiger Film.
Der arme Albrecht, der im wahrsten Sinn des Wortes gegen Windmühlenflügel ankämpft und der wirklich alles verliert: seine Frau, seine Vernissage, seinen Hund, seinen Hof, seinen Freund, seine Ehre, sein Leben … Mensch! :sad:

Walther legte die Hand auf Albrechts Rücken und schob ihn in Richtung Küche, die mit Zwiebelgeruch gefüllt war.

Mit Zwiebelgeruch gefüllt klingt doof, so als ständen nicht mal Möbel drin, sondern eben nur Zwiebelgeruch … Die von Zwiebelgeruch erfüllt war, vielleicht eher.


»Albrecht«, sagte Günther, der Bürgermeister, hinter ihnen, »was machst du denn hier?«

Das finde ich aber mal eine richtig dumme Frage – es sind ja alle zur Bürgerversammlung eingeladen. Günther ist natürlich dumm, vielleicht aber trotzdem eher so ein Ausdruck des Erstaunens wie: Albrecht, du auch hier …?

…streckte die Brust raus und setzte seine Schülerschreck-Miene auf, mit der er früher durch das Schulhaus marschiert war.

Sehr schön! Kann ich mir gut vorstellen. :lol:


Er steuerte auf den Mercedes zu, in dessen Heckscheibe ein ausgeblichener Aufkleber »Atomkraft? Nein danke« prangte, der sich stellenweise gelöst hatte.

Hier habe ich auch gegrinst. Strom aus der Steckdose ist sowieso die beste Lösung!
Aber „er steuerte auf den Mercedes zu“ finde ich nicht gut, das klingt, als wäre er volltrunken. Er läuft doch eigentlich nur zu seinem Auto.


Er atmete tief ein. Auf dem Weg blieb er an der Parkbank stehen. … Er setzte sich. Sein Blick schweifte in die Ferne, wanderte am Horizont entlang. Nach einiger Zeit schüttelte er den Kopf. Albrecht pfiff.

Hier war ich etwas irritiert, bzw. fand das nicht so schön, weil immer er, er, er – und dann plötzlich Albrecht.


Beim Schluss bin ich etwas zwiegespalten, also das Ende an sich finde ich schon gut so, aber es ist auch ein sehr fetter Zufall, dass Walther und Annemarie gerade in dem Moment ihre alte Heimat und die Dünen besuchen, als Albrecht sich gerade ins Wasser begeben hat und sogar noch Spuren zu sehen sind.
Na ja, es gibt ja schon Zufälle im Leben … ;)

Ich habe deine Geschichte gerne gelesen.

Viele Grüße von Raindog

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey Geschichtenwerker,

sehr schön! Ich fühlte mich, so des Setting wegen ein bisschen wie in Siegfried Lenz' "Deutschstunde" und der Windräder wegen wie in Juli Zehs "Unterleuten". Beides Romane die ich sehr, sehr gern gelesen habe. Und ein bisschen was romanhaftes hat die Geschichte ja auch. Zumindest ist sie episch breit angelegt. Das Gegenstück zu Jimmys Challengebeitrag sozusagen. Man sagt ja auch, so ein Selbstmord muss gut vorbereitet sein, damit der Leser das schluckt. Ich habe das gekauft, allerdings nicht als zwingend notwendig. Nun gut, so ein Selbstmord ist selten zwingend notwendig, aber so als allerletzter Ausweg, als kein Entrinnen mehr, als der einzige Weg ... ich nehme mal an, Du hast nicht fünf verschiedene Varianten eines Endes aufgeschrieben, alle durchgestrichen und dir ein sechstes ausgedacht, sondern Du hast auf genau dieses Ende zugeschrieben. Mir hätte ein anderes, nicht so ganz zu erwartendes, Ende aber besser gefallen. Neuerdings habe ich es aber auch mit den Enden. Irgendwie stehe ich mit denen z.Z. nicht auf gutem Fuß. Ständig kritisiere ich die. Vielleicht bin sogar eher ich das Problem. Aber immerhin sage ich nicht, geht gar nicht. Ich sage so eher, ist okay.

Mir hat das gut gefallen, dass Du Dir so viel Zeit/Zeilen genommen hast. Ich fand das sehr angenehm. Spannungsaufbau, Figuren, Plot, Setting, das greift alles schön ineinander, funktioniert, macht Spaß. Ich mag da gar nix dran rumningeln. Nur einmal, als Du die Aktion ins Geschehen gebracht hast, da war ich nicht ganz bei Dir. Warum in aller Welt, sollten sich die LKW-Fahrer da die Hände schmutzig machen. Die können ihren Job nicht machen, die stecken sich doch eher 'ne Zigarette an und sitzen das aus. Ich finde, da sollte eher der Bürgermeisten mit ein paar Gehilfen die Fäuste schwingen. Vielleicht mit wem, der ohnehin noch eine Rechnung mit den beiden offen hat. Dieser Scheunenmensch zum Beispiel. Oder mit wem, der auch an den Windrädern verdient. Wem z.B. gehört denn das Land, auf dem sie gebaut werden? Oder der arme, trottelige, gehorsame Cousin vom Bürgermeister. Oder wer, den der Bürgermeister erpressen kann. So viele Möglichkeiten! Und auf die paar Zeilen mehr kommt es nun auch nicht an. Die könnteste Dir zur Not auch bei den Dialogen ausleihen.


»Hast Du/du gehört?«, fragte Günther nach.
Albrecht drückte plötzlich Walther das Schnapsglas in die Hand, sprang auf und griff nach dem Reisigbesen neben der Bank.

Fundstück ;).

»Ja, blabla«, antwortete Albrecht. »Lange Rede kurzer Sinn: Walther ist im Winter betrunken in die Scheune vom Bertram gerast. Ich war dabei, habe gesagt, dass es rutschig und neblig war und der Walther nichts dafür konnte. Deswegen hat der Bertram auch nicht die Polizei geholt, obwohl ihm klar war, dass der liebe Walther sternhagelvoll war. Und deswegen schuldet er mir was!«

Mach das weg, sonst macht die Aussage des Freundes im Vorfeld keinen Sinn.

Annemarie stand neben ihm, ein Lächeln auf den Lippen: »Siehst du die Windräder?«
»Ja, jetzt sehe ich sie! Er hat ihnen keine Farbe gegeben!«
»Sondern nur die Landschaft drum herum gemalt«.

Ein wirklich schönes Bild. Im doppelten Sinne.

Ich bin ein Fan der Geschichte. Du hast hier Arbeit investiert, das spürt man. Ich habe mich gut unterhalten gefühlt. Und das Thema, mehr geht wohl nicht. So viel Wind und Gegenwind - die Themenkrone bekommste von mir schon mal aufs Haupt gesetzt.

Ich verneige mich vor dem Windkönig,

:huldig: Fliege

Und natürlich wünsche ich Dir das beste aller Jahre!

 

Hallo Geschichtenwerker,

gerade dir richtige Sonntagsnachmittagsgeschichte, windgeschüttelte, eine mutgesättigte Hauptfigur, die für ihre Überzeugungen, ihre Heimat kämpft. Der Mix stimmt, auch wenn ich mir mehr Überraschungen wünschte, die Figuren nicht alle den Klischees entgehen (Günther vor allem) und mich das Ende nicht ganz befriedigt, er weicht nicht, geht dafür ins Meer, hinterlässt dafür seine Staffelei, was wiederum ein schönes Bild ist. Irgendwie hätte es mir, glaube ich, besser gefallen, ihn vor der Staffelei, dem Meer und als trotziger alter Mann zwischen den Windrädern zu sehen. Übrigens sind Windräder wirklich überaus hässlich und viele Leute, die sich für Halb-Ökos halten, investieren ihre Gutmenschengeld ausgerechnet in Windräder. Sprachlich sauber erzählt hält mich der Text bis zum Ende bei der Stange.

Textstellen:

Walther streckte Albrecht seine Pranke entgegen, die Haut rau wie alte Eichenrinde. Der Traktor setzte sich in Bewegung. Böen fegten durchs Gras, peitschten Regentropfen gegen die Windschutzscheibe und Schaumkronen trieben auf Wellen über das Watt, in dessen Pfützen sich das Grau des Himmels spiegelte.
schöne, klare Bilder

»Alle weg«, antwortete Walther. Der Schnaps plätscherte ins Glas.
»Ja, endlich«, sagte Annemarie, die jetzt Kartoffeln schälte.
plätschern klingt hier so, als ob sie aus riesigen Gläsern Schnaps tränken.

Die braune Farbe war stellenweise abgeblättert und die Zeit hatte tiefe Furchen ins Holz gegraben, in denen graublaue Flechten wuchsen. Er setzte sich. Sein Blick schweifte in die Ferne, wanderte am Horizont entlang. Nach einiger Zeit schüttelte er den Kopf. Albrecht pfiff. Pauls Kopf tauchte zwischen Heidekraut und Gräsern auf.
»Windpark. Was soll ich dann malen?«, fragte Albrecht Paul, der jetzt vor ihm saß und an Albrechts Hand leckte. »Komm!«
auch hier eine gelungene Beschreibung, allerdings finde ich schon, dass er die Landschaft auch mit den Windrändern malen könnte, expressionistisch, könnte als starker Gegensatz wirken

Ein Frisör hatte die weißgrauen Haare mit Haarwachs zu einem Scheitel geformt. Die Lackschuhe glänzten.
dass der extra zum Frisör geht, Lackschuhe anzieht, als wolle er zur eigenen Hochzeit, finde ich übertrieben

»Das mit dem Infraschall ist nicht erwiesen«, sagte Günther. »Und den Schlagschatten sieht niemand, das haben wir berechnet.«
Infraschall, das muss ich mal recherchieren

Im Hintergrund standen Windräder, deren Rotoren sich im Wind drehten, unermüdlich, Minute für Minute, Tag für Tag, Jahr für Jahr, um dem Wind die Energie zu rauben.
interessante Beobachtung, dass die Windräder dem Wind die Kraft nehmen, sollte man bewusst einsetzten, oder?

Er zog ein Bündel aus Fell und Blut hervor. Albrecht schluchzte, während das Blut von Walthers Fingern tropfte, und krümmte sich nach vorne, den Kopf zwischen den Händen vergraben.
sehr tragisch, kann er den Günther da nicht anzeigen?

»Ja, blabla«, antwortete Albrecht. »Lange Rede kurzer Sinn: Walther ist im Winter betrunken in die Scheune vom Bertram gerast. Ich war dabei, habe gesagt, dass es rutschig und neblig war und der Walther nichts dafür konnte. Deswegen hat der Bertram auch nicht die Polizei geholt, obwohl ihm klar war, dass der liebe Walther sternhagelvoll war. Und deswegen schuldet er mir was!«
und dem Bertram schuldet er noch mehr, oder? Also ir reicht die Geschichte, die du da unterlegst, nicht ganz als Begründung aus

Splitter flogen umher und Albrecht riss die Hände hochriss, um die Decke schützend vor sich zu halten.
mit dem Satz stimmt was nicht

Annemarie drehte sich langsam um die eigene Achse: »Da sind Spuren!«
Walther folgte den Spuren, auf die Annemarie zeigte. Er rief nach Albrecht, doch er bekam keine Antwort. Auf der letzten Düne am Meer sah er, dass die Fußabdrücke ins Meer führten. Ein Schlagschatten tauchte sie für kurze Zeit ins Dunkel, bevor eine Welle der ankommenden Flut sie fortspülte.
wie gesagt, den Schluss könnte man einen Ticken offener gestalten, vielleicht ohne Spuren ins Meer.

Liebe Grüße und, tja, ein Geschichtswerkerjubeljahr für dich
Isegrims

 
Zuletzt bearbeitet:

Allgemein:

Neue Version online, in der im Wesentlichen die Kommentare von Chutney, Raindog und Fliege verarbeitet sind.

Lieber Raindog,

zunächst herzlichen Dank, dass Du Dich durch meine Geschichte gearbeitet und diese auch noch kommentiert ist, denn

boah, das war ja mal eine lange Geschichte …

Und dann gleich das Lob

Hat mir wirklich sehr gut gefallen,

gefolgt von einem (Schlag-)Schatten:

, aber für meinen Geschmack würde sie etwas kürzer auch funktionieren.

Das ist natürlich eine spannende Frage, ob die Geschichte auch kürzer funktionieren würde bzw. ob sie dann auch noch genauso glaubwürdig wäre. Schließlich interpretieren einige das Ende als Selbstmord von Albrecht, was entsprechend vorbereitet sein muss. Aber ich gebe Dir recht, es gibt sicher Autoren, die den gleichen Effekt mit weniger Text erzeugt hätten, aber ich glaube, dass ich noch nicht so weit bin.

Ich bin ja schon froh, dass ich das geschafft habe:

ich habe natürlich alles ganz genau vor mir gesehen, gespürt, gehört und gerochen, das ist dir gut gelungen. Das war ein richtiger Film.

Ehrlich gesagt schreibe ich auch so, ich stelle mir die Geschichte wie einen Film vor und schreibe dann, was ich sehe. Dies ist meine Art, "show" umzusetzen. Das scheint ganz gut zu funktionieren.

Der arme Albrecht, der im wahrsten Sinn des Wortes gegen Windmühlenflügel ankämpft und der wirklich alles verliert: seine Frau, seine Vernissage, seinen Hund, seinen Hof, seinen Freund, seine Ehre, sein Leben … Mensch!

Die Gefahr ist natürlich, dass es zu viel wird, aber bei Dir hat es wohl Betroffenheit ausgelöst, so wie ich es wollte.

Mit Zwiebelgeruch gefüllt klingt doof, so als ständen nicht mal Möbel drin, sondern eben nur Zwiebelgeruch … Die von Zwiebelgeruch erfüllt war, vielleicht eher.

habe ich geändert.

»Albrecht«, sagte Günther, der Bürgermeister, hinter ihnen, »was machst du denn hier?«
Das finde ich aber mal eine richtig dumme Frage – es sind ja alle zur Bürgerversammlung eingeladen. Günther ist natürlich dumm, vielleicht aber trotzdem eher so ein Ausdruck des Erstaunens wie: Albrecht, du auch hier …?

Habe ich geändert in: "was willst du denn hier?"

Aber „er steuerte auf den Mercedes zu“ finde ich nicht gut, das klingt, als wäre er volltrunken. Er läuft doch eigentlich nur zu seinem Auto.

Jetzt schlendert er, passt sowieso besser zu seiner Stimmung an der Stelle.

Hier war ich etwas irritiert, bzw. fand das nicht so schön, weil immer er, er, er – und dann plötzlich Albrecht.

Das "Albrecht" ist weg, ansonsten sind immer noch einige "er" an der Stelle, aber anderen hat dieser Abschnitt auch sehr gut gefallen, sodass ich es vorerst in der aktuellen Variante lasse.


Beim Schluss bin ich etwas zwiegespalten, also das Ende an sich finde ich schon gut so, aber es ist auch ein sehr fetter Zufall, dass Walther und Annemarie gerade in dem Moment ihre alte Heimat und die Dünen besuchen, als Albrecht sich gerade ins Wasser begeben hat und sogar noch Spuren zu sehen sind.

Das finde ich immer wieder spannend, denn der Schluss ist offen. In jeder Hinsicht. Es müssen nicht einmal Albrechts Spuren sein, die da zu sehen sind, sondern es könnten auch die Spuren eines anderen Spaziergängers sein. Aber ich gebe Dir recht, bei Deiner Lesart ist das ein "fetter Zufall". Andererseits glaube ich, dass Literatur sehr oft von Zufällen lebt und bisher hat sich - Glück gehabt - noch keiner daran gestört.

Und Du sagst ja selbst:

Na ja, es gibt ja schon Zufälle im Leben …

Ich habe deine Geschichte gerne gelesen.

Und ich habe mich sehr über Deinen Kommentar gefreut.

Herzlichen Danke für Deine Zeit!

Gruß
Geschichtenwerker

Liebe Fliege,

auch Dir den allerbesten Dank für den Kommentar, der mein durchaus anstrengendes Wochenende versüßt:

sehr schön!

Was will man mehr?

Ich fühlte mich, so des Setting wegen ein bisschen wie in Siegfried Lenz' "Deutschstunde" und der Windräder wegen wie in Juli Zehs "Unterleuten". Beides Romane die ich sehr, sehr gern gelesen habe. Und ein bisschen was romanhaftes hat die Geschichte ja auch. Zumindest ist sie episch breit angelegt.

Meine Schwierigkeit ist, dass meine besseren Ideen meistens eher zu Romanen als zu Kurzgeschichten passen. Ich habe zwar auch Ideen für Kurzgeschichten, aber die finde ich dann meistens zu platt, um sie groß auszuarbeiten und womöglich im Forum zu präsentieren.

ich nehme mal an, Du hast nicht fünf verschiedene Varianten eines Endes aufgeschrieben, alle durchgestrichen und dir ein sechstes ausgedacht, sondern Du hast auf genau dieses Ende zugeschrieben.

Ich hatte das offene Ende vor Augen, das stimmt. Ich finde nicht, dass man zwingend einen Selbstmord hineinlesen muss. Ich habe schon überlegt, stärker anzudeuten, dass Albrecht womöglich noch lebt, andererseits gefällt mir der letzte Satz so gut, dass ich das momentan nicht ändern möchte.

Mir hätte ein anderes, nicht so ganz zu erwartendes, Ende aber besser gefallen. Neuerdings habe ich es aber auch mit den Enden. Irgendwie stehe ich mit denen z.Z. nicht auf gutem Fuß. Ständig kritisiere ich die. Vielleicht bin sogar eher ich das Problem. Aber immerhin sage ich nicht, geht gar nicht. Ich sage so eher, ist okay.

Ich kann das gut nachvollziehen, denn so etwas ist auch immer stimmungsabhängig. Wahrscheinlich ist es sogar stimmungsabhängig, wie man das offene Ende interpretiert. Trotzdem denke ich noch über das Ende nach, denn auch bei mir ist es stimmungsabhängig, wie gut es mir gefällt.

Mir hat das gut gefallen, dass Du Dir so viel Zeit/Zeilen genommen hast. Ich fand das sehr angenehm. Spannungsaufbau, Figuren, Plot, Setting, das greift alles schön ineinander, funktioniert, macht Spaß. Ich mag da gar nix dran rumningeln.

Das freut mich sehr, denn bei der Geschichte habe ich zum ersten Mal vorm Schreiben alles durchgeplant. Von daher bestätigt mich Dein Feedback, dass ich die Arbeit lohnt, vor allem bei längeren Texten.

Nur einmal, als Du die Aktion ins Geschehen gebracht hast, da war ich nicht ganz bei Dir. Warum in aller Welt, sollten sich die LKW-Fahrer da die Hände schmutzig machen. Die können ihren Job nicht machen, die stecken sich doch eher 'ne Zigarette an und sitzen das aus. Ich finde, da sollte eher der Bürgermeisten mit ein paar Gehilfen die Fäuste schwingen. Vielleicht mit wem, der ohnehin noch eine Rechnung mit den beiden offen hat. Dieser Scheunenmensch zum Beispiel. Oder mit wem, der auch an den Windrädern verdient. Wem z.B. gehört denn das Land, auf dem sie gebaut werden? Oder der arme, trottelige, gehorsame Cousin vom Bürgermeister. Oder wer, den der Bürgermeister erpressen kann. So viele Möglichkeiten! Und auf die paar Zeilen mehr kommt es nun auch nicht an. Die könnteste Dir zur Not auch bei den Dialogen ausleihen.

Ich habe jetzt einen Hinweis eingebaut, dass Günther "Anteilsscheine" für den Windpark anbietet. Schnöder Mammon ist immer eine starke Motivation, denke ich. Natürlich ist es auch reizvoll, noch weitere Personen einzubauen, und wahrscheinlich ist es bei der Länge auch schon egal, wenn man darauf mehr Text verwenden muss, aber die jetzige Lösung ist sehr knapp eingebaut, sodass die Geschichte nur minimal länger wurde.

Dass "Du" habe ich schon entfernt, immer wieder erstaunlich, wie leicht mir dieser Fehler unterläuft. Das ist einfach die Gewohnheit "Du" groß zu schreiben.

»Ja, blabla«, antwortete Albrecht. »Lange Rede kurzer Sinn: Walther ist im Winter betrunken in die Scheune vom Bertram gerast. Ich war dabei, habe gesagt, dass es rutschig und neblig war und der Walther nichts dafür konnte. Deswegen hat der Bertram auch nicht die Polizei geholt, obwohl ihm klar war, dass der liebe Walther sternhagelvoll war. Und deswegen schuldet er mir was!«

Mach das weg, sonst macht die Aussage des Freundes im Vorfeld keinen Sinn.


Ist passiert.

Ich bin ein Fan der Geschichte. Du hast hier Arbeit investiert, das spürt man. Ich habe mich gut unterhalten gefühlt. Und das Thema, mehr geht wohl nicht. So viel Wind und Gegenwind - die Themenkrone bekommste von mir schon mal aufs Haupt gesetzt.

Das ist so schön, dass ich meine Familie schon damit genervt habe!

Herzlichen Dank für die Krönung!

Ich verneige mich vor dem Windkönig,

Ich verneige mich zurück als Dankeschön für den tollen Kommentar!

Und natürlich wünsche Dir auch ein tolles 2018 - ich habe ein wenig den Überblick verloren, wem ich das schön gewünscht habe.

Nochmals herzlichen Dank für Deine Zeit und Mühe!

Gruß

Geschichtenwerker


Liebe Isegrims,


kaum zwei Kommentare beantwortet, schon geht es weiter. Erst einmal auch Dir ein tolles, neues (Rest-)Jahr und vielen Dank, dass Du Deinen Sonntagnachmittag mit meiner Geschichte verbracht hast.

Der Mix stimmt, auch wenn ich mir mehr Überraschungen wünschte, die Figuren nicht alle den Klischees entgehen (Günther vor allem) und mich das Ende nicht ganz befriedigt, er weicht nicht, geht dafür ins Meer, hinterlässt dafür seine Staffelei, was wiederum ein schönes Bild ist. Irgendwie hätte es mir, glaube ich, besser gefallen, ihn vor der Staffelei, dem Meer und als trotziger alter Mann zwischen den Windrädern zu sehen.

Ja, Günther ist tatsächlich jetzt klischeehafter als in der ersten Variante. Das liegt an dem Rausschmiss einer Szene. Vielleicht sollte ich die doch wieder in geänderter Variante einfügen. Darüber muss ich aber noch ein wenig nachdenken.

Sprachlich sauber erzählt hält mich der Text bis zum Ende bei der Stange.

Wenn ich das bei der Textlänge schaffe, bin ich doch schon glücklich!

»Alle weg«, antwortete Walther. Der Schnaps plätscherte ins Glas.
»Ja, endlich«, sagte Annemarie, die jetzt Kartoffeln schälte.

plätschern klingt hier so, als ob sie aus riesigen Gläsern Schnaps tränken.


Naja, es plätschert auch, wenn man schnell einschenkt. Aber vielleicht ist das zu stark ... Kommt jedenfalls auf die ToDo-Liste.

auch hier eine gelungene Beschreibung, allerdings finde ich schon, dass er die Landschaft auch mit den Windrändern malen könnte, expressionistisch, könnte als starker Gegensatz wirken

Könnte er, will er aber nicht. Zu seiner Verteidigung muss ich auch sagen, dass Windräder einfach nicht malerisch sind.

dass der extra zum Frisör geht, Lackschuhe anzieht, als wolle er zur eigenen Hochzeit, finde ich übertrieben

Findest Du? Ich habe ihn durch den Weggang seiner Frau ein wenig ungepflegt vor Augen. Vielleicht muss ich das noch irgendwo einbauen.

interessante Beobachtung, dass die Windräder dem Wind die Kraft nehmen, sollte man bewusst einsetzten, oder?

Tut man ja, sonst würden sich die Rotoren nicht drehen ...

und dem Bertram schuldet er noch mehr, oder? Also ir reicht die Geschichte, die du da unterlegst, nicht ganz als Begründung aus

Ja, ich habe jetzt den Satztteil "obwohl ihm klar war, dass der liebe Walther sternhagelvoll war." rausgenommen, damit es nachvollziehbarer wird.

Splitter flogen umher und Albrecht riss die Hände hochriss, um die Decke schützend vor sich zu halten.
mit dem Satz stimmt was nicht

Ist ausgebessert.

wie gesagt, den Schluss könnte man einen Ticken offener gestalten, vielleicht ohne Spuren ins Meer.

Nachdem Du jetzt auch in das Horn stößt, was einige Kommentatoren vorher nicht getan haben, denke ich noch einmal verstärkt über den Schluss nach. Das ist aber sensibel und dafür brauche ich ein wenig Bedenkzeit.

Auch Dir vielen Dank für Deine Zeit und Deine Mühe!

Gruß

Geschichtenwerker

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Geschichtenwerker,

mir gefallen Thema und das Szenario sehr gut. Ein Mann sträubt sich gegen den vermeintlichen Fortschritt und eskaliert dabei einen sowohl gesellschaftlichen als auch individuellen Konflikt, und das Ganze endet in einer persönlichen Niederlage. Watt und Nordsee sind wunderbare Hintergründe, weil sie uns ursprünglich und charakteristisch erscheinen.

Der Plot verläuft recht geradlinig und plausibel. Daran ist nichts zu meckern. Allenfalls die eine oder andere Stelle schwächelt ein wenig, was die Glaubwürdigkeit betrifft. Die Eskalation bei der Straßensperre ist schon ein bisschen fragwürdig. Beispielsweise muss deutlich mehr passieren als eine Rauferei, bevor ein Polizist in die Luft schießt, glaube ich. (Man darf nicht vergessen, dass das Projektil wieder runterkommt und dabei eine tödliche Gefahr darstellt.) Das Ende ist vom Timing her fragwürdig. Walther und Annemarie schauen nach langer Zeit mal wieder vorbei. Es ist im Grunde unmöglich, dass sie genau in dem Moment dort aufkreuzen, als Albrecht beschließt, ins Meer zu gehen. Das kann einfach nicht stimmen, es sei denn, ihr Besuch dort wäre der Auslöser. Das würde aber von der Geschichte her keinen Sinn machen.

Die sprachliche Gestaltung gefällt mir über Strecken schon sehr gut. Bei einem so langen Text bleiben allerdings Qualitätseinbrüche hier und dort nicht aus. Es ist ein ganzes Stück Arbeit, einen Text solcher Länge auf gleichbleibend hohem Niveau zu verfassen. Hundert Stunden würde ich schätzen. Nur ein paar Beispiele für solche Problemstellen:

Walther winkte zurück, während Annemarie die Arme verschränkt hatte.

Sie zeigte die vielen verschiedenen Arten von Grün …

Der Scheibenwischer erzeugte einen dichten, braunen Schmierfilm … Sie klimperte im Takt mit den Schlangenlinien, die Albrecht teilweise recht abrupt fuhr, um den Schlaglöchern auszuweichen.

Grundsätzlich muss man sich bei der Schilderung von konkreten Handlungen (Autofahren, Hantieren mit Geräten etc.) immer darum bemühen, nicht zu sehr ins Detail zu gehen, wenn der Text dadurch den Klang einer Gebrauchsanweisung bekommt. Ich löse das meist so, dass ich die maximale Verkürzung nutze, die dem Leser gerade noch ermöglicht, die Handlung zu verstehen. Je mehr man in solche Formulierungen kommt …

Walther stieg in den Traktor und Albrecht ins Auto, wo er die Kuhkette mehrmals um seinen Bauch wickelte, dann ums Lenkrad und die Lenksäule, um schließlich die beiden Enden mit dem Vorhängeschloss zu sichern.

… desto grauer und prosaischer wird der Text.

Für künftige Arbeiten wäre das vielleicht ein Aufgabenfeld. Im Moment steckt die Geschichte noch sehr im Konkreten. Es werden alle möglichen Handlungen, Gespräche usw. detailliert wiedergegeben. Maria bemerkte, dass sie sich durch den Text kämpfen musste, und da stimme ich zu. Das ist ein Nachteil dieser detaillierten Ausführung. Es wirkt wie ein Foto, auf dem alle Bildteile gleichberechtigt und scharf sind. Das Auge irrt umher und sucht einen Fixpunkt.

Meine Idee wäre, mehr Unschärfen einzubauen, das Prosaische zu dämpfen und ein wenig mehr Poesie reinzubringen. Die erste Technik, die mir dazu einfällt, besteht im Weglassen trivialer Details. Um das ein bisschen zu verdeutlichen: Musterbeispiel eines prosaischen Textes ist für mich der klassische Schulaufsatz der Marke Mein erster Ferientag Jedes noch so nebensächliche Detail wird nüchtern aufgezählt, langes Ausschlafen, Zähneputzen, Brötchen mit Marmelade zum Frühstück usw.

Poesie und Ästhetik entsteht nicht nur durch die Auswahl der für die Beschreibung geeigneten Momente innerhalb einer Ereigniskette sowie durch die Art der Schilderung, sondern ebenfalls durch den Subtext, durch das, was es auf der symbolischen Ebene bedeutet. Wofür steht ein Dackel auf der symbolischen Ebene? (Ich glaube nicht, dass es ein Dackel jemals in eine meiner Geschichten schaffen wird.)

Das Kunststück bei großen Autoren besteht u.a. darin, dass sie alltägliche Handlungen aussehen lassen, als würden sich diese zu einem größeren Ganzen fügen, als wären sie Teil eines universellen Geschehens, magische Gesten, wenn Du so willst. Im Gegensatz dazu wirken die Handlungen in der Lindenstraße eben wie die trivialen Handlungen irgendwelcher Leute, gänzlich uninteressant, banal, unbedeutend, ohne innere Kraft oder Magie.

Ich weiß, dass man als Autor eine Phase des Vollständigkeitsstrebens durchläuft. Man will jede Handlung zeigen, die für Ablauf der Geschichte notwendig erscheint, vielleicht weil man denkt, der Leser verstünde sonst nicht, worum es geht. Meine Empfehlung lautet, dort noch mehr Mut zum Weglassen zu entwickeln. Lücken haben auch den Vorteil, dass sie die Aufmerksamkeit des Leser stimulieren. Es ist besser den Leser mit einem Rätsel zurückzulassen, als ihn mit Details zu langweilen.

Okay, so viel von mir. Ich habe die Geschichte gern gelesen und freue mich auf Deine nächste Story.

Beste Grüße
Achillus

 

Hallo Achillus,

mit Spannung habe ich darauf gewartet, ob Du kommentierst oder nicht, denn aus Erfahrung weiß ich, dass Deine Kommentare mich immer ein gutes Stück weiterbringen, so auch diesmal.

Zunächst ein kleines Lob von Dir:

mir gefallen Thema und das Szenario sehr gut. Ein Mann sträubt sich gegen den vermeintlichen Fortschritt und eskaliert dabei einen sowohl gesellschaftlichen als auch individuellen Konflikt, und das Ganze endet in einer persönlichen Niederlage. Watt und Nordsee sind wunderbare Hintergründe, weil sie uns ursprünglich und charakteristisch erscheinen.

Der Plot verläuft recht geradlinig und plausibel. Daran ist nichts zu meckern.


Worüber ich mich sehr freue, wobei Du natürlich gleich die Schwachstellen benennst:

Allenfalls die eine oder andere Stelle schwächelt ein wenig, was die Glaubwürdigkeit betrifft. Die Eskalation bei der Straßensperre ist schon ein bisschen fragwürdig. Beispielsweise muss deutlich mehr passieren als eine Rauferei, bevor ein Polizist in die Luft schießt, glaube ich. (Man darf nicht vergessen, dass das Projektil wieder runterkommt und dabei eine tödliche Gefahr darstellt.) Das Ende ist vom Timing her fragwürdig. Walther und Annemarie schauen nach langer Zeit mal wieder vorbei. Es ist im Grunde unmöglich, dass sie genau in dem Moment dort aufkreuzen, als Albrecht beschließt, ins Meer zu gehen. Das kann einfach nicht stimmen, es sei denn, ihr Besuch dort wäre der Auslöser. Das würde aber von der Geschichte her keinen Sinn machen.

Ja, das sind in der Tat Schwachstellen, wobei ich an der ersten schon gearbeitet habe, bei der zweiten muss ich noch nachdenken, wie ich das verbessern kann (dazu brauche ich aber etwas mehr Zeit).

Die sprachliche Gestaltung gefällt mir über Strecken schon sehr gut.

Wow, das ist schon mal etwas und ich sehe, dass ich wohl einen gewissen Fortschritt zur letzten Challenge-Geschichte erzielt habe.

Bei einem so langen Text bleiben allerdings Qualitätseinbrüche hier und dort nicht aus. Es ist ein ganzes Stück Arbeit, einen Text solcher Länge auf gleichbleibend hohem Niveau zu verfassen. Hundert Stunden würde ich schätzen.

Da gebe ich Dir völlig recht und da liegt auch eine Schwierigkeit, mit der ich kämpfe, denn so viel Zeit kann ich in eine Challenge-Geschichte nicht investieren.

Nur ein paar Beispiele für solche Problemstellen:

Walther winkte zurück, während Annemarie die Arme verschränkt hatte.

Sie zeigte die vielen verschiedenen Arten von Grün …


Interessanterweise sind die beiden Stellen durch die Überarbeitung entstanden, worin sich eine weitere Schwierigkeit zeigt, mit der ich kämpfe. Eigentlich müsste ich mir viel mehr Zeit für die Überarbeitung in Reaktion auf Kommentare nehmen, aber ich denke dann, ach den Einwand kann ich schnell ausräumen und schon habe ich gepfuscht.

Der Scheibenwischer erzeugte einen dichten, braunen Schmierfilm … Sie klimperte im Takt mit den Schlangenlinien, die Albrecht teilweise recht abrupt fuhr, um den Schlaglöchern auszuweichen.

Grundsätzlich muss man sich bei der Schilderung von konkreten Handlungen (Autofahren, Hantieren mit Geräten etc.) immer darum bemühen, nicht zu sehr ins Detail zu gehen, wenn der Text dadurch den Klang einer Gebrauchsanweisung bekommt. Ich löse das meist so, dass ich die maximale Verkürzung nutze, die dem Leser gerade noch ermöglicht, die Handlung zu verstehen. Je mehr man in solche Formulierungen kommt …

Walther stieg in den Traktor und Albrecht ins Auto, wo er die Kuhkette mehrmals um seinen Bauch wickelte, dann ums Lenkrad und die Lenksäule, um schließlich die beiden Enden mit dem Vorhängeschloss zu sichern.

… desto grauer und prosaischer wird der Text.

Und hier bekomme ich einen sehr hilfreichen Tipp von Dir, wie ich mich (weiter) verbessern kann.

Für künftige Arbeiten wäre das vielleicht ein Aufgabenfeld. Im Moment steckt die Geschichte noch sehr im Konkreten. Es werden alle möglichen Handlungen, Gespräche usw. detailliert wiedergegeben. Maria bemerkte, dass sie sich durch den Text kämpfen musste, und da stimme ich zu. Das ist ein Nachteil dieser detaillierten Ausführung. Es wirkt wie ein Foto, auf dem alle Bildteile gleichberechtigt und scharf sind. Das Auge irrt umher und sucht einen Fixpunkt.

Ja, das siehst Du völlig richtig. Mein nächstes Ziel ist auch loszulassen, mehr zu wagen. Hier wollte ich ausprobieren, wie gut das mit dem Durchplanen einer Geschichte klappt, das Charakterisieren von Figuren durch "Show", das Ausarbeiten einer nachvollziehbaren und glaubwürdigen Handlung und nachvollziehbar handelnde Figuren.

Meine Idee wäre, mehr Unschärfen einzubauen, das Prosaische zu dämpfen und ein wenig mehr Poesie reinzubringen. Die erste Technik, die mir dazu einfällt, besteht im Weglassen trivialer Details. Um das ein bisschen zu verdeutlichen: Musterbeispiel eines prosaischen Textes ist für mich der klassische Schulaufsatz der Marke Mein erster Ferientag Jedes noch so nebensächliche Detail wird nüchtern aufgezählt, langes Ausschlafen, Zähneputzen, Brötchen mit Marmelade zum Frühstück usw.

Interessanter Ansatz, den ich wohl nicht so einfach bei dieser Geschichten umsetzen kann. Ich überlege in der Tat, mittelfristig die Geschichte einfach noch einmal neu zu schreiben und auf diese Punkte zu achten, denn wenn ich den Text überarbeite, klebe ich zu sehr am Vorhandenen (das passt zur Aquarellmalerei, ein Aquarellbild nachträglich zu verbessern ist nahezu unmöglich).

Poesie und Ästhetik entsteht nicht nur durch die Auswahl der für die Beschreibung geeigneten Momente innerhalb einer Ereigniskette sowie durch die Art der Schilderung, sondern ebenfalls durch den Subtext, durch das, was es auf der symbolischen Ebene bedeutet. Wofür steht ein Dackel auf der symbolischen Ebene? (Ich glaube nicht, dass es ein Dackel jemals in eine meiner Geschichten schaffen wird.)

Der Dackel ist für mich ein Symbol für die Rest-Bindungsfähigkeit und Empathie von Albrecht, die noch vorhanden ist. Aber das ist ein Punkt, über den ich auch schon nachgedacht habe, ob das überhaupt eine gute Idee ist, Albrechts Empathie im Umgang mit dem Dackel zu zeigen.

Eine weitere Baustelle meiner Schreibfähigkeit ist momentan auch die Verdichtung, aber ich sehe das ähnlich wie beim Zeichnen, man muss erst konkret zeichnen, bevor man mit weniger Strichen auskommt, denn nur so lernt man, auf welche Linien es ankommt. Also ist mein Ansatz beim Schreiben ähnlich, erst einmal detailliert, nachvollziehbar, klar, um dann zu lernen, worauf es wirklich ankommt und was man weglassen kann (und das geht weit über "Adjektive streichen" hinaus).

Deinem Kommentar:

Ich weiß, dass man als Autor eine Phase des Vollständigkeitsstrebens durchläuft. Man will jede Handlung zeigen, die für Ablauf der Geschichte notwendig erscheint, vielleicht weil man denkt, der Leser verstünde sonst nicht, worum es geht. Meine Empfehlung lautet, dort noch mehr Mut zum Weglassen zu entwickeln. Lücken haben auch den Vorteil, dass sie die Aufmerksamkeit des Leser stimulieren. Es ist besser den Leser mit einem Rätsel zurückzulassen, als ihn mit Details zu langweilen.

entnehme ich, dass Dir dieser Weg nicht fremd ist und Du es letztlich ähnlich siehst.

Danke für Deine Mühe und Deine Zeit und vor allem Deinen wirklich sehr lehrreichen Kommentar!

Und trotz aller Schwächen in meinem Text freue ich mich darüber sehr:

Ich habe die Geschichte gern gelesen und freue mich auf Deine nächste Story.

Bester Gruß

Geschichtenwerker

 

Hi Geschichtenwerker,

jetzt fang ich doch mal an, mich deiner Geschichte zu widmen, obwohl es absehbar ist, dass ich nicht an einem Stück durchkommen werde. Ich habe aus Zeitgründen auch beim Leser bisher noch Lücken gelassen, sprich übersprungen. Das sagt schon die erste Kleinigkeit aus, nämlich dass es sich doch auch etwas gezogen hat, viel zu bedeuten hat das allerdings nicht, denn vor allem war die fehlende Zeit schuld.

Den Anfang fand ich jedenfalls wirklich gut gelungen, und zwar nicht nur so lala gut gelungen, sondern dass ich beim Lesen schon immer wieder gestaunt habe, wie gut du das hinbekommen hast. Anschaulich, klanglich ausgewogen, realistisch - alles, was man sich so wünschen kann.

Allenfalls den "Paul" finde ich hier etwas unbequem:

Albrecht packte die Malutensilien ein. Mit einer Handbewegung scheuchte er Paul von der Decke, um sie zusammenzulegen.
Man merkt hier schon - und spätestens im zweiten Satz - dass Paul ein Hund ist. Aber irgendwie klingt mir das trotzdem fast ein bisschen zu menschlich, den Hund nur mit dem Namen einzuführen.

Oh, und hier fällt mir was auf:

Der Traktor setzte sich in Bewegung.
Ich habe ja - trotz der oben schon genannten Traktorengeräusche - "den Claas" für ein Boot gehalten! Wär eigentlich auch schön ...

Den bald folgenden Dialog finde ich etwas zu ausgebreitet, das wirkt mir ein Stückchen zu bieder, wenngleich das in die Landschaft passt. Was genau mit zuviel ist, kann ich gar nicht sagen, die Einzelteile finde ich alle stimmig. Vor allem solche Schätzchen wie diesen hier:

»Bist ja auch ein Stadtkind!«, sagte Walther.
»Und da will ich auch wieder hin«, antwortete Annemarie.
Streng genommen falscher Bezug: "da" will ich wieder hin -- ins Stadtkind?! Aber so redet die eben, hab ich sofort vor Augen. Mündliche Sprache ist oft falsch, und hier ist sie ganz treffend falsch.

»Du willst das Haus deiner Urgroßeltern verkaufen?«, fragte Albrecht kopfschüttelnd.
Das ist so 'ne Erklärstelle, könnte gut weg, dann wirkt der Walther stärker. Für die Urgroßeltern ist später noch Platz.

»Windpark? Was für ein Windpark?«, fragte Albrecht.
Ist das wirklich möglich, dass er nichts mitbekommen hat?

»Na hier.«
»Etwa hier?« Albrecht streckte die Hände in Richtung Fenster.
Find ich gut gemacht, etwas theatralisch, aber passt.

»Der Scheißkerl! Erst Erika und jetzt das. Windpark. Wisst Ihr, was das bedeutet?«, sagte Albrecht.
Erscheint mir nicht ganz stimmig: Er hat ja nichts davon gewusst. Und jetzt fragt er rhetorisch, ob die wissen, was das bedeutet? "Wisst ihr, was das für mich bedeutet" wäre sicher einen Tick stimmiger.
Mit der Handlung geht es mir hier ein bisschen schnell: Gerade erst erfährt er vom Windpark, und schon erkennt er das als eine Waffe, die der Bürgermeister gegen ihn richtet. Klar die Geschichte ist schon lang, aber trotzdem fänd ich es nicht schlecht, wenn sich das langsamer aufbauen würde.

Ein gelber Zettel lugte zwischen den Rechnungen hervor. Er begann ihn zu zerknüllen, bis er die Wörter »Windpark« und »Bürgerversammlung« erspähte.
OK, jetzt wird erklärt, wie er nichts davon wissen kann. Die Erklärung könnte sogar ausreichen, etwas gewollt erscheint sie mir trotzdem. Passender fände ich es eventuell, wenn er entschlossen im Altpapier nach der Information sucht. er muss ja wissen, dass er irgendetwas zugeschickt bekommen hat.

Albrecht atmete tief ein, sog den Duft von Bohnerwachs in die Lungen, streckte die Brust raus und setzte seine Schülerschreck-Miene auf, mit der er früher durch das Schulhaus marschiert war.
Ich find das an sich schon gut, wie der Albrecht als kleiner König ankommt, dann aber nichts ausrichten kann. Ganz zufrieden bin ich trotzdem nicht, kann aber wieder mal nicht genau sagen, woran es liegt. Vielleicht würde ich den Moment gerne sehen, in dem Albrecht sich klar wird, dass seine Fassade hier nichts wirkt, dass er erwachsene Leute vor sich hat und keine Schüler? Weiß nicht, vielleicht ist es das. Oder, vielleicht noch besser: Er bläst sich auf und findet dann keine Worte, kein Argument.

»Wir zerstören gar nichts«, sagte Günther.
Eine etwas diplomatischere Sprechweise könnte dem Bürgermeister gut zu Gesicht stehen, so wie: "Ich verstehe ja, dass das einige am Landschaftsbild hängen. Aber überlegt doch mal: was wird denn eigentlich zerstört?"

Albrecht stieg in den Fahrstuhl, der direkt in die Empfangsetage der Kanzlei »Müller & Partner« führte. Er hatte einen Termin bei Herrn Dr. Müller.
Diese Anwaltsepisode ist nur eine Skizze und macht zugleich eine neue Szene auf. Vielleicht besser rausnehmen. Dass er zum Anwalt gegangen ist, kannst du auch anders zeigen, da musst du ihn nicht unbedingt begleiten.

Hier zum Beispiel:

Albrecht und Walther saßen auf der Bank vor Albrechts Haus. Die Sonne schien ins Gesicht und ließ den Küstennebel in den Gläsern glitzern. Vor ihnen, auf dem nassen Kiesboden, lag ein Brief von Herrn Dr. Müller.
»Klage abgewiesen«, sagte Albrecht,
Damit ist doch eigentlich alles gesagt.

»Deine Vernissage findet nicht statt!« Er grinste und stierte zu Albrecht herüber, der reglos auf der Bank saß.
Wie fies!

Im folgenden ist mir wieder zu viel Dialog, da könntest du für meinen Geschmack gerne straffen, mal kurz was erzählen, und dann wieder weiter mit dem direkten Blick aufs Geschehen, z.B. (nur so als Idee) ab hier:

Die Kiesstraße war übersät mit Schlaglöchern.

In dem Moment krachte ein Stein auf die Heckscheibe von Albrechts Auto.
»Haut drauf«, rief Günther, »den alten Schrottkarren kann ich locker ersetzen!«
Schon ein bisschen heftig, wie die reagieren ...

»Weiß man noch nicht«, sagte Annemarie. Sie hob den Kopf und starrte ihn an, die Augen verengt. Dann sagte sie: »Das ist deine Schuld! Deine!«
Und es kommt noch dicker ... Schon ziemlich viel auf einmal, finde ich. Vielleicht würde ich die Action vorher etwas ausdünnen, dann kommt eventuell der Herzinfarkt besser in Szene.

»Aber«, sagte Annemarie gefolgt von einem Schluchzen: »Es ist passiert! Ich wollte doch nur einen schönen Lebensabend mit meinem Walther. Ohne Plackerei. Ohne diesen verdammten Hof, diese verdammte Einsamkeit!
Ist mir auch ein bisschen viel Erklärerei. Würde sie das in dem Moment so sagen?

»Sieh doch nur«, sagte Walther, als er auf der Düne stand, von der aus man den Windpark sehen konnte.
Ein ordentlicher Zeitsprung, aber kein schlechtes Schlussbild, finde ich.

Annemarie drehte sich langsam um die eigene Achse: »Da sind Spuren!«
Ich muss gestehen: ich fänd's auch schöner ohne Spuren (irgendjemand hat das angeregt). Er steht nicht vor der Staffelei, sie finden ihn nicht, das reicht doch eigentlich.

So, jetzt bin ich doch durch, allerdings in ziemlich groben Schritten gegangen. Es ist nicht alles, was ich da geschrieben habe, sonderlich gut überlegt. Vielleicht kannst du trotzdem was damit anfangen.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

Hallo erdbeerschorsch,

am Anfang Deines Kommentars wusste ich nicht so genau, ob ich lachen oder weinen soll, denn erst kommt die kalte Dusche:

jetzt fang ich doch mal an, mich deiner Geschichte zu widmen, obwohl es absehbar ist, dass ich nicht an einem Stück durchkommen werde. Ich habe aus Zeitgründen auch beim Leser bisher noch Lücken gelassen, sprich übersprungen. Das sagt schon die erste Kleinigkeit aus, nämlich dass es sich doch auch etwas gezogen hat,

wobei Du dann das Wasser auf lauwarm drehst:

viel zu bedeuten hat das allerdings nicht, denn vor allem war die fehlende Zeit schuld.

Und dann wird es ganz heimelig warm

Den Anfang fand ich jedenfalls wirklich gut gelungen, und zwar nicht nur so lala gut gelungen,

mit einer kleinen Kneipkur zwischendurch:

, sondern dass ich beim Lesen schon immer wieder gestaunt habe, wie gut du das hinbekommen hast.

Hm, so wahnsinnig viel scheinst Du mir nicht zugetraut zu haben. Keine Sorge, ich musste lachen - ich weiß, auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn ....

Anschaulich, klanglich ausgewogen, realistisch - alles, was man sich so wünschen kann.

Darauf kann ich wohl aufbauen.

Und dann kommen einige textliche Anmerkungen, durch die ich jetzt nicht alle gehe, denn einige davon muss ich erst einmal auf mich wirken lassen.

Allenfalls den "Paul" finde ich hier etwas unbequem:

Albrecht packte die Malutensilien ein. Mit einer Handbewegung scheuchte er Paul von der Decke, um sie zusammenzulegen.
Man merkt hier schon - und spätestens im zweiten Satz - dass Paul ein Hund ist. Aber irgendwie klingt mir das trotzdem fast ein bisschen zu menschlich, den Hund nur mit dem Namen einzuführen.

Ja, daran hat sich bisher noch keiner gestört. Für Albrecht ist Paul auch eher wie ein Mensch, insofern passt es vielleicht dann doch wieder.

Den bald folgenden Dialog finde ich etwas zu ausgebreitet, das wirkt mir ein Stückchen zu bieder, wenngleich das in die Landschaft passt. Was genau mit zuviel ist, kann ich gar nicht sagen, die Einzelteile finde ich alle stimmig.

ich glaube, dass sehr viel - zumindest mir geht es so - der eigenen Empfindung von der momentanen Stimmung abhängt. Wenn man eine Geschichte z. B. schnell lesen möchte, weil man keine Zeit hat, dann stören einen andere Dinge, als wenn man gemütlich im Sessel sitzt und jedes Wort in sich aufsaugt. Insofern ist jeder Kommentar auch eine Momemtaufnahme der Stimmung, in der sich der Kommentator befindet.

Jedenfalls gebe ich Dir recht, dass es noch Kürzungspotential bei den Dialogen gibt, aber ich habe davon Abstand genommen, einfach schnell zu überarbeiten, weil man dadurch nicht unbedingt den gesamten Text verbessert, sondern bestenfalls lokal.

Vor allem solche Schätzchen wie diesen hier:
»Bist ja auch ein Stadtkind!«, sagte Walther.
»Und da will ich auch wieder hin«, antwortete Annemarie.
Streng genommen falscher Bezug: "da" will ich wieder hin -- ins Stadtkind?! Aber so redet die eben, hab ich sofort vor Augen. Mündliche Sprache ist oft falsch, und hier ist sie ganz treffend falsch.

Schön, dass Dir das ins Auge gefallen ist. Ich habe gelernt, dass "realistische" Dialoge eben kein direktes Frage-Antwort-Spiel sind und das habe ich hier ausprobiert.

Wenn das dann auch noch gut ankommt, freue ich mich umso mehr.

»Der Scheißkerl! Erst Erika und jetzt das. Windpark. Wisst Ihr, was das bedeutet?«, sagte Albrecht.
Erscheint mir nicht ganz stimmig: Er hat ja nichts davon gewusst. Und jetzt fragt er rhetorisch, ob die wissen, was das bedeutet? "Wisst ihr, was das für mich bedeutet" wäre sicher einen Tick stimmiger.
Mit der Handlung geht es mir hier ein bisschen schnell: Gerade erst erfährt er vom Windpark, und schon erkennt er das als eine Waffe, die der Bürgermeister gegen ihn richtet. Klar die Geschichte ist schon lang, aber trotzdem fänd ich es nicht schlecht, wenn sich das langsamer aufbauen würde.

Das ist ein guter Punkt, der tief in den Aufbau der Geschichte hineingreift und sicherlich nicht einfach zu adressieren ist.

Ein gelber Zettel lugte zwischen den Rechnungen hervor. Er begann ihn zu zerknüllen, bis er die Wörter »Windpark« und »Bürgerversammlung« erspähte.
OK, jetzt wird erklärt, wie er nichts davon wissen kann. Die Erklärung könnte sogar ausreichen, etwas gewollt erscheint sie mir trotzdem. Passender fände ich es eventuell, wenn er entschlossen im Altpapier nach der Information sucht. er muss ja wissen, dass er irgendetwas zugeschickt bekommen hat.

Ja, ist eine gute Idee, allerdings bin ich mir nicht sicher, ob Albrecht überhaupt noch so etwas wie einen "Altpapier-Behälter" befüllt in seinem Ein-Mann-plus-Hund-Haushalt. Ich spüre aber förmlich, was für eine Szene Du Dir vorstellst.

Ein guter Gedanke, den ich mal weiter verfolge.

Albrecht atmete tief ein, sog den Duft von Bohnerwachs in die Lungen, streckte die Brust raus und setzte seine Schülerschreck-Miene auf, mit der er früher durch das Schulhaus marschiert war.
Ich find das an sich schon gut, wie der Albrecht als kleiner König ankommt, dann aber nichts ausrichten kann. Ganz zufrieden bin ich trotzdem nicht, kann aber wieder mal nicht genau sagen, woran es liegt. Vielleicht würde ich den Moment gerne sehen, in dem Albrecht sich klar wird, dass seine Fassade hier nichts wirkt, dass er erwachsene Leute vor sich hat und keine Schüler? Weiß nicht, vielleicht ist es das. Oder, vielleicht noch besser: Er bläst sich auf und findet dann keine Worte, kein Argument.

Finde ich auch einen interessanten Punkt, aber ich wollte Albrecht nicht als so naiv hinstellen, dass er in die Versammlung ohne Argument geht und mir erscheint er auch nicht so ängstlich, dass er einen Blackout hat.

Albrecht stieg in den Fahrstuhl, der direkt in die Empfangsetage der Kanzlei »Müller & Partner« führte. Er hatte einen Termin bei Herrn Dr. Müller.
Diese Anwaltsepisode ist nur eine Skizze und macht zugleich eine neue Szene auf. Vielleicht besser rausnehmen. Dass er zum Anwalt gegangen ist, kannst du auch anders zeigen, da musst du ihn nicht unbedingt begleiten.

Ja, andererseits wollte ich auch sein (verfrühtes) Triumphgefühl zeigen ...

Dann kommt ein wenig Kritik an der "Actionszene", die wohl die schwächste ist, auch wenn sie am meisten Spaß gemacht hat. Ich glaube dort ist die Schwierigkeit, dass jeder eine ganz eigene (oder keine) Erfahrung mit Gruppengewalt hat und von daher es jeder anders empfindet. Ich habe mittlerweile die "Bestechung" durch Günther eingebaut, um den Bauarbeitern mehr Motivation für die Gewalt zu geben. Aber das ist wohl noch eine Baustelle.

»Aber«, sagte Annemarie gefolgt von einem Schluchzen: »Es ist passiert! Ich wollte doch nur einen schönen Lebensabend mit meinem Walther. Ohne Plackerei. Ohne diesen verdammten Hof, diese verdammte Einsamkeit!
Ist mir auch ein bisschen viel Erklärerei. Würde sie das in dem Moment so sagen?

Sehr gute Frage und als Autor muss ich natürlich sagen: Klar! Immerhin habe ich es ja geschrieben. Annemarie entlädt hier auch die Vorwürfe, die sich gegenüber Albrecht angestaut haben.

Annemarie drehte sich langsam um die eigene Achse: »Da sind Spuren!«
Ich muss gestehen: ich fänd's auch schöner ohne Spuren (irgendjemand hat das angeregt). Er steht nicht vor der Staffelei, sie finden ihn nicht, das reicht doch eigentlich.

Ja, das wäre auch meine natürlich Lösung gewesen, um den Schluss offener zu gestalten, aber ich brauche noch ein wenig Abstand zum Ganzen. Ich habe ziemlich viel um die Ohren und einige der letzten Änderungen waren nicht so wohlüberlegt, wie sie eigentlich sein sollten (ich neige dazu, einfach schnell etwas zu ändern, wenn mir ein Einwand schlüssig erscheint, ohne dann aber an den ganzen Text zu denken und daran, welche Auswirkungen das hat. Daher mein Vorsatz: Zeit nehmen!).

So, jetzt bin ich doch durch, allerdings in ziemlich groben Schritten gegangen. Es ist nicht alles, was ich da geschrieben habe, sonderlich gut überlegt. Vielleicht kannst du trotzdem was damit anfangen.

Ich kann eine ganze Menge damit anfangen, denn Du hast mit Deinem feinen Gespür ganz neue Aspekte beleuchtet, die ich alle bedenkenswert finde.

Ganz herzlichen Dank für Deine Mühe und diesen ausführlichen Kommentar, obwohl

es sich doch auch etwas gezogen hat

Bester Gruß

Geschichtenwerker

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Geschichtenwerker,
ich nehme Deine Geschichte in der Sprache charakteristisch wahr und im Inhalt. Beides möchte ich kurz betrachten.
Inhaltlich finde ich die Geschichte in dem Konflikt aus Alt und Neu interessant aufgestellt. Ein hochaktuelles Thema, das auch für Bayern spannend ist, wo man die Abstandsregularien für Windräder so formulierte, dass nur schwerlich ein Szenario entstehen könnte, wie bei Dir geschildert. Die windträchtige Umgebung, aus der Profit geschlagen wird, ihre Archaik sozusagen vermarktet wird, zu Geld gemacht wird, das macht sie zum Energiebasar, da verkommt die herbe Schönheit zum Ramschplatz, wird verhökert und übrig bleibt eine zerstückelte Landschaft, wie auf dem Schlussaquarell. Überhaupt, dass Albrecht sie malt, belegt seine faszinierte Sicht auf die Dünen und aufs Meer. Mir gefällt diese Ausgangslage also sehr gut.
Jetzt habe ich letztes Mal bei einem Fernsehfilm aus Versehen auf einen Knopf gedrückt und es kamen dann immer Erläuterungen: Der und der geht durch den Raum. Er lächelt. In der Mitte sieht man auf einer Staffelei ein Aquarell. Er bleibt stehen und betrachtet das Bild. Durch das Fenster scheint die Sonne und erleuchtet es. Und so weiter.
Ich dachte: Verrückt. Wenn man die Augen schließt, bekommt man quasi eine Geschichte vorgelesen und hört dann die Dialoge dazwischen. Das war so deckungsgleich mit der Erzähltheorie des Zeigens, dass ich echt erstaunt war. Gleichzeitig hatte die Zeigestimme auch etwas Nüchternes, Kühles an sich, trotz der Bildhaftigkeit. Ein wenig ging es mir in Deinem Text auch so. Es ist, wenn ich es richtig sehe, so konsequent gezeigt, dass ich manchmal das vermisse, was man vielleicht Stimmung nennen mag. Und dann ensteht für mich am Ende aber dann doch eine sehr ausdrucksstarke Schlussgeste, die ebenso nur gezeigt ist, aber eine Atmosphäre besitzt, weil sie vielleicht so finalhaft ist, ich weiß es nicht. Jedenfalls spüre ich da eine Stimmung, eine Schwebung, die über den nüchternen Zeigetonfall hinausgeht, obwohl sie ihn technisch nicht überschreitet. Da ist das Gezeigte dann mehr, als die bloße Summe von Einzelgesten, Dingen, Geräuschen und Farben, sondern etwas, was berührt. Ich glaube, es ist das Motiv des Scheiterns, des Verlorenseins, des Abgangs ins Medium Meer, das ja ohnehin eine Riesenmetapher darstellt und eben der Platz am Ende, der die Aussage finalhaft überhöht.
Die Wortwiederholung "Meer" finde ich unelegant an der Stelle.

Auf der letzten Düne am Meer sah er, dass die Fußabdrücke ins Meer führten. Ein Schlagschatten tauchte sie für kurze Zeit ins Dunkel, bevor eine Welle der ankommenden Flut sie fortspülte.
Sagte, wahrscheinlich.
»Das ist Albrechts Staffelei«, sagt Walther zu Annemarie, die schnaufend neben ihm
hinterherkam.

Beim Anfang ging es mir so, dass ich fast ein wenig geflasht war von Farbe, Namen, Geruch, Gras. Ein wenig verwirrend als Einstieg. Das musste ich öfter lesen. Aber dann legte sich das und es wurde klarer.
Albrecht führte den Rotmarder-Pinsel langsam über das Aquarellpapier und tupfte zartes Gelb auf einen grünen Hügel, während der Klapphocker ein Stück im Boden des Geestrückens versank. Eine große Wolke verdeckte das Sonnenlicht, das eben noch die Gräser glänzen ließ. Der Dackel Paul erhob den Kopf von der blau-rot-karierten Decke neben der Staffelei, biss in den Zweig eines Heidekrauts, den der aufkommende Wind gegen seine Schnauze drückte, und spitzte die Ohren, als er das Tuckern eines alten Traktors hörte. Es dauerte nicht lange, da schob sich der Claas ins Bild, dessen hellgrüne Farbe nur noch an wenigen Stellen leuchtete.

Herzliche Grüße und gerne gelesen!
rieger

 

Hallo rieger,

auf Deinen wundervollen Kommentar möchte ich gleich antworten, obwohl es zeitlich gerade knapp ist, aber es wird die nächsten Tage nicht besser werden und da fände ich es schade, wenn ich Deine Zeilen zu lange unbeantwortet ließe.

Inhaltlich finde ich die Geschichte in dem Konflikt aus Alt und Neu interessant aufgestellt. Ein hochaktuelles Thema, das auch für Bayern spannend ist, wo man die Abstandsregularien für Windräder so formulierte, dass nur schwerlich ein Szenario entstehen könnte, wie bei Dir geschildert.

Genau dieser Konflikt interessiert mich, denn er ist auch in anderer Form hochaktuell. Hinter dem Thema steckt letztlich auch Darwins "survival of the fittest", wer sich nicht anpasst, der verschwindet, wie man nicht nur an Albrecht sieht, sondern an Buch- oder Musikgeschäften in Innenstädten, Autokonzernen, die kein Konzept für die Zukunft haben, etc.

Übrigens wegen dieser bayrischen Regularien lasse ich die Geschichte an der Nordsee spielen, wo es diese meines Wissens nicht gibt.

Die windträchtige Umgebung, aus der Profit geschlagen wird, ihre Archaik sozusagen vermarktet wird, zu Geld gemacht wird, das macht sie zum Energiebasar, da verkommt die herbe Schönheit zum Ramschplatz, wird verhökert und übrig bleibt eine zerstückelte Landschaft, wie auf dem Schlussaquarell. Überhaupt, dass Albrecht sie malt, belegt seine faszinierte Sicht auf die Dünen und aufs Meer. Mir gefällt diese Ausgangslage also sehr gut.

Ja, es ist ein großes Thema, mit vielen Facette und es freut mich, dass Dir die Ausgangslage gefällt.

Gleichzeitig hatte die Zeigestimme auch etwas Nüchternes, Kühles an sich, trotz der Bildhaftigkeit. Ein wenig ging es mir in Deinem Text auch so. Es ist, wenn ich es richtig sehe, so konsequent gezeigt, dass ich manchmal das vermisse, was man vielleicht Stimmung nennen mag.

Das hast Du sehr gut erkannt und für mich war der Text in gewissem Sinne ein Experiment, ob man eine längere Geschichte rein auf der "Zeigeebene" schreiben kann und trotzdem noch eine gewisse Stimmung erzeugen kann. Das war natürlich gefährlich, aber ich sehe das auch als Schreibübung.

Und dann lese ich in Deinem Kommentar:

Und dann ensteht für mich am Ende aber dann doch eine sehr ausdrucksstarke Schlussgeste, die ebenso nur gezeigt ist, aber eine Atmosphäre besitzt, weil sie vielleicht so finalhaft ist, ich weiß es nicht. Jedenfalls spüre ich da eine Stimmung, eine Schwebung, die über den nüchternen Zeigetonfall hinausgeht, obwohl sie ihn technisch nicht überschreitet. Da ist das Gezeigte dann mehr, als die bloße Summe von Einzelgesten, Dingen, Geräuschen und Farben, sondern etwas, was berührt. Ich glaube, es ist das Motiv des Scheiterns, des Verlorenseins, des Abgangs ins Medium Meer, das ja ohnehin eine Riesenmetapher darstellt und eben der Platz am Ende, der die Aussage finalhaft überhöht.

Es funktioniert also, vielleicht mit Abstrichen, aber es hinterlässt etwas, was hinter den Gesten steckt, eine tiefere Ebene, die einen dann vielleicht auch als Leser tiefer berührt. Ich finde das sehr spannend und ich glaube, ich werde weiter auf diesem Weg experimentieren.

Und dann kommt noch ein wenig Textkritik (Wiederholung "Meer") und noch ein Tippfehler "Sagte"), wo ich noch einmal ran muss.

Und schließlich der Anfang:

Beim Anfang ging es mir so, dass ich fast ein wenig geflasht war von Farbe, Namen, Geruch, Gras. Ein wenig verwirrend als Einstieg. Das musste ich öfter lesen. Aber dann legte sich das und es wurde klarer.

Da hattest Du Glück, dass Du bereits die entschlackte Variante gelesen hast, in der ersten Fassung war das noch krasser, glaube ich.

Das mit den vielen Eindrücken ist für mich auch ein sehr spannendes Thema, da dies von Lesern sehr unterschiedlich aufgenommen wird und jeder die Eindrücke in einer anderen Gewichtung wahrnimmt.

Spannend!

Ich danke für Deinen tiefen und stimmungsvollen Eindruck, der mir eine weitere Sichtweise auf meinen Text geliefert hat und mich ein Stück bestätigt, das mit der konsequenten "Zeigeebene" weiter zu verfolgen. Mal sehen, wohin mich das bringt.

Vielen Dank für Deine Zeit und Deine Mühe und herzliche Grüße zurück vom
Geschichtenwerker

 

Ich weiß, dass es eigentlich unüblich ist, seine eigene Geschichte wieder nach oben zu holen.

Allerdings habe ich den Text nochmals überarbeitet; einige Stellen sind gestrichen, die Dialoge gekürzt und das Ende ist offener gestaltet, sodass es hoffentlich in Ordnung ist, darauf hinzuweisen. Wenn nicht, dann möge diesen Beitrag bitte einer der Moderatoren löschen und die Geschichte wieder in die Versenkung verschieben.

Gruß
Geschichtenwerker

 

Hi Geschichtenwerker,

ich steige ein, ohne Kommentare gelesen zu haben.

Albrecht führte den Rotmarder-Pinsel langsam über das Aquarellpapier und tupfte zartes Gelb auf einen grünen Hügel, während der Klapphocker ein Stück im Boden des Geestrückens versank. Eine große Wolke verdeckte das Sonnenlicht, das eben noch die Gräser glänzen ließ. Der Dackel Paul erhob den Kopf von der blau-rot-karierten Decke
Wenn es nicht um einen Maler ginge, würde ich sagen: Boah, so viele Farben. ;)

Es dauerte nicht lange, da schob sich der Claas ins Bild, dessen hellgrüne Farbe nur noch an wenigen Stellen leuchtete.
Hier hast du mich verloren. Wer oder was ist Claas, der/die/das sich ins Bild schob? Ist das ein Fachausdruck bzgl. des Bildes?

… und Paul kläffte, als er auf den Arm sprang. Walther streckte Albrecht seine Pranke entgegen, die Haut rau wie alte Eichenrinde.
Dachte bei „Pranke“ erst an den Hund …

Böen fegten durchs Gras, peitschten Regentropfen gegen die Windschutzscheibe und Schaumkronen trieben auf Wellen über das Watt, in dessen Pfützen sich das Grau des Himmels spiegelte.
Gras, Windschutzscheibe, Wellen, Watt, Pfützen.
Ungewöhnliche, schwierige Kamerafahrt, finde ich. Ich würde vom Großen zum Kleinen/ins Detail zoomen:

„Schaumkronen trieben auf Wellen über das Watt, in dessen Pfützen sich das Grau des Himmels spiegelte. Böen fegten durchs Gras, peitschten Regentropfen gegen die Windschutzscheibe.“

Annemarie hängte Albrechts Ölzeug auf: »Moin Albrecht! Komm rein, wie geht’s?«
Annemarie hängte Albrechts Ölzeug auf. »Moin …“
Kein Doppelpunkt. Der passt m.E. nur bei „sagen“ o.ä.

sagte Walther. »Komm, Albrecht! Lass uns einen trinken!« Walther legte die Hand
Würde das zweite „Walther“ durch „er“ ersetzen.

»Hier ist so viel Platz«, sagte Günter,
Günther

sagte Günther »und ich
sagte Günther, »und ich

sich stellenweise gelöst hatte..
Ein Punkt zu viel.

Als Albrecht vom Termin in der Kanzlei nach Hause kam, sprang Paul schwanzwedelnd an den Beinen hoch und Albrecht zog einen Kalbsknochen aus einer Plastiktüte, den er auf dem Heimweg beim Metzger besorgt hatte.
»Wir bleiben hier«, sagte Albrecht zu Paul und setzte sich neben ihn. Die Finger glitten zärtlich über seinen Kopf. Nur Pauls Schmatzen unterbrach die Totenstille.
Hier kommen mir zu oft Albrecht und Paul vor.

sagte Albrecht, »Die Fahrt hättest dir sparen können!«
sagte Albrecht, »die Fahrt hättest dir sparen können!«

Er zog ein Bündel aus Fell und Blut hervor.
Bis zu dieser Stelle habe ich mich gefragt, welche Funktion der Hund in der Geschichte überhaupt ausübt.

Eine Träne rann die linke Wange herunter, die er sofort mit der rechten Hand wegwischte, um dann einmal kräftig zu klopfen.
Wofür ist die rechte Hand wichtig? Könnte auch „die er sofort wegwischte“ heißen.

»Ja, jetzt sehe ich sie! Er hat ihnen keine Farbe gegeben!«
»Sondern nur die Landschaft drum herum gemalt«.
gemalt.«
Schöner, stiller, persönlicher, letzter Protest von Albrecht.

Handwerklich sauber geschrieben, Plot und Figuren finde ich sehr gut.
Hat mir echt gefallen. Da ist dir ein tolles Stück gelungen!

(Jetzt ist mir auch wieder eingefallen, dass Claas ein Traktorhersteller ist ...)

Liebe Grüße,
GoMusic

 

Hallo GoMusic,

Du hast mal wieder sehr genau gelesen und ich habe alle Fehler gleich verbessert.

Wenn es nicht um einen Maler ginge, würde ich sagen: Boah, so viele Farben.

Am Anfang hatte ich sogar noch mehr Farben, aber ich denke auch, dass ich durch die Malerei eine gute Ausrede für meine Farbenpracht habe.

Hier hast du mich verloren. Wer oder was ist Claas, der/die/das sich ins Bild schob? Ist das ein Fachausdruck bzgl. des Bildes?

Was "Claas" ist, fiel Dir am Ende Deines Kommentars wieder ein, deshalb lasse ich es mal so.

Dachte bei „Pranke“ erst an den Hund …

Diese Assoziation hatte noch keiner .. immer wieder interessant, was unterschiedlichen Lesern so auffällt. Ich glaube aber, dass man bei einem Dackel eher Pfote sagen würde und daher der Anteil von Lesern gering sein dürfte, der hier an den Hund denkt. Aber trotzdem vielen Dank für den Hinweis, ich finde es sehr spannend, wie unterschiedlich der Text wahrgenommen wird.

Gras, Windschutzscheibe, Wellen, Watt, Pfützen.
Ungewöhnliche, schwierige Kamerafahrt, finde ich. Ich würde vom Großen zum Kleinen/ins Detail zoomen:

Die Textstelle habe ich geändert, nicht ganz so wie Du es vorgeschlagen hast, aber Dein Einwand war absolut berechtigt und bei anderen Text bin ich auch sehr sensibel, was schlechte Kamerafahrten anbelangt. Daher habe ich mich richtig gefreut, dass Du mir das hier um die Ohren gehauen hast.

Als Albrecht vom Termin in der Kanzlei nach Hause kam, sprang Paul schwanzwedelnd an den Beinen hoch und Albrecht zog einen Kalbsknochen aus einer Plastiktüte, den er auf dem Heimweg beim Metzger besorgt hatte.
»Wir bleiben hier«, sagte Albrecht zu Paul und setzte sich neben ihn. Die Finger glitten zärtlich über seinen Kopf. Nur Pauls Schmatzen unterbrach die Totenstille.

Hier kommen mir zu oft Albrecht und Paul vor.


Die Textstelle habe ich auch überarbeitet.

sagte Albrecht, »Die Fahrt hättest dir sparen können!«

sagte Albrecht, »die Fahrt hättest dir sparen können!«


Da muss ich leider widersprechen, befürchte ich, denn da muss es "sagte Albrecht. »Die Fahrt hättest dir sparen können!«" heißen, denn der Satz davor war auch schon ein vollständiger Satz und in dem Fall macht man einen Punkt, weil das "sagte Albrecht" keine echter Einschub mehr ist. Aber gut, dass Dir die Fluse noch aufgefallen ist. Leider tendiere ich dazu, bei der Überarbeitung wieder neue Flusen zu produzieren.

Handwerklich sauber geschrieben, Plot und Figuren finde ich sehr gut.
Hat mir echt gefallen. Da ist dir ein tolles Stück gelungen!

Damit hast Du mir wirklich den Tag versüßt und mich darin bestärkt, weiterzumachen. Ich hadere immer sehr mit meinen Texten und wenn ich dann Dank der Kommentare sehe, wie blind ich manchmal bei meinen eigenen Texten bin, hege ich den einen oder anderen Selbstzweifel.

Also vielen Dank für das genaue Lesen und Deine Zeit!

Lieber Gruß
Geschichtenwerker

 

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