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Amandine

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19.05.2015
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Amandine

Karl reist nach Afrika der Liebe wegen. Am Flughafen küsst Amandine ihn, lächelt das zerfurchte Gesicht, den Schleierblick an, streicht über seinen Bart, berührt den Kopf. Seine Lippen fühlen sich weich an. Sie verlassen die Ankunftshalle, treten ins Freie und werden von Staubhitze erschlagen. Verbranntes Holz, Gummi, Benzingeruch, süßlich, dominant, beschweren die Luft, als läge eine Glocke über der Stadt, darunter Verwesung. Im Hotelzimmer legen sie das Gepäck ab, Karl will sie aufs Bett werfen. Amandine verspricht, die Nacht mit ihm zu verbringen. Dann brechen sie auf. Das Taxi irrt durch die Stadt. Die Straßen gleichen einander, unverputzte Flachbauten, dasselbe Ameisengewusel. Menschen transportieren Gegenstände auf dem Kopf, halten sich das Smartphone vors Gesicht. Der Gesang Afrikas dringt durch die Fenster. Er besteht aus dem Brummen und Heulen von Motoren, aus wütendem Gehupe, das sich über Stimmenrauschen, perlendes Gelächter, über Rufe und Schreie der Stadtbewohner legt.

Als hätten sie den Ausgang aus einem Labyrinth gefunden, erreichen sie irgendwann das Viertel, aus dem Amandine stammt.
Neben einer Blechhütte liegen zwei Kinder in einer Ecke, eingerollt in eine Militärdecke, einander zugewandt. Eins lehnt die Schultern an eine Wassertonne, aus der Modergeruch emporsteigt, das andere klammert sich an ein Handy. Plastiktüten liegen verstreut im Dreck. Das Licht schwindet, Abenddämmerung, letzte Sonnenstrahlen überziehen ihre Gesichter wie ein Schleier aus Gold. Sie pressen die Augenlider zusammen.
Während sie an den Schlafenden vorbeigehen, drückt Amandine sich an Karl, reibt ihre Hüften an seiner massigen Gestalt, will ihn spüren, herausfinden, ob er ein lebendiger Mensch ist, warm, real, einer, der wegen eines schwarzen Mädchens nach Afrika fliegt, eine Hochzeit zu tanzen und die Ahnen zu erfreuen.
Über die Vororte von Yaoundé fegt Wind, der Sandkörner durcheinanderwirbelt, zerfetzte Worte, Musik, das Rascheln in den Büschen über die Lehmstraße weht. Die Luft schmeckt feucht, nach Regen.
Karls Ledersohlen knirschen über Sand und Steine. Sie steigen über eine Pfütze, in der die fliegenumschwirrten Überreste eines Vogels versinken. Amandine gleitet elegant wie eine Katze vorwärts, berührt die Erde kaum, so geschmeidigzart schwebt sie. Er fasst sich an die Hosentasche, wo das Portemonnaie steckt.

„Gleich da, nicht mehr weit“, sagt sie.
„Ganz schön dunkel hier.“ Er zeigt zum Horizont, auf dem Gewitterwolken im Nachthimmel versinken.
„Mama hat für uns gekocht“, sagt sie mit Glanzaugen.
„Die Nebelschleier da hinten flimmern wie Geister.“ Karl deutet auf ein freies Gelände hinter der Siedlung.
„Geister? Dämonen hausen woanders, nicht hier!“, ruft sie, lässt seine Hand los, schreibt Zeichen in die Luft.
„Schon gut, glaube ich dir. Amandine?“
„Ja?“
„Weißt du, ich freue mich auf das Essen. Bin ganz schön hungrig.“
„Ein Mann wie du braucht Fleisch, Bohnen und Obst. Mama wird dich mögen und meine Brüder auch!“
„Deine Brüder?“
„Ja, sie beschützen uns, seit Papa tot ist.“
„Ich hatte nie richtig Familie.“ Karl löst sich aus ihrem Blick, schaut zum Boden. „Du bist schön, Amandine!“

Sie geht langsamer, als müsste sie sich ausruhen. Schweißtropfen rinnen über ihre Haut. Erinnerungen fallen über sie her, je näher sie kommen. Zweimal abbiegen, dann stehen sie vor der Bretterheimat, dort, wo Amandine in jeder Ecke Träume, Tränenseen, den Hunger nach Leben, richtigem Leben versteckt hat. Sie weiß nicht, ob sie sich fürchten oder freuen soll. Rauch strömt aus einem der Fenster. Amandine klopft an der Tür, das Klacken dringt in Karls Ohren. Stimmen nähern sich.
Unterdessen erwachen die Kinder aus Zauberträumen, kriechen unter der Decke hervor, schauen sich an, lächeln, öffnen die Schwingen und fliegen los.

Die Holzbalken beobachten, wie der Fremde Amandine an der Hand hält, das Mädchen mit den Goldaugen, das vom Kind zur Frau wurde, die Traumblicke seit langem in die Zukunft richtet, sich sucht, was sie braucht. Die morschen Stellen, die Feuchtigkeit, den Schweiß und die Tränen, die sich ins Holz gefressen haben, von ihm aufgesaugt wurden, wird der Mann nicht bemerken. Er ist ja nicht der erste, zwei waren schon hier, wenngleich keiner mit so heller Haut.
Die Mama-Jala schaut den Fremden an, öffnet die Arme, grinst und drückt ihn an sich, während er sie mit der Tochter vergleicht, nach Ähnlichkeiten sucht.
„Du bist also Karl!“, sagt sie.
Mama-Jala riecht nach Moschus und einem Vanilleparfümhauch, trägt ein Blumenkleid und führt den Mann tiefer in die Hütte, an uns vorbei, den Pfosten, Baumstämmen aus einem Wald, an den wir uns kaum noch erinnern können. Amandine sieht neben ihr so zart aus. Kerzen flackern, Glühbirnen werfen ihr Licht durch den Raum. Mama-Jala geht voran, das Pärchen folgt ihr. Sie erreichen den Hauptraum, das Wohnzimmer, wo Herd und Tisch stehen, die Familie zusammenkommt. Fleisch- und Gemüsegeruch wehen ihnen entgegen, Töpfe und Geschirr klappern. Amandines Brüder hantieren am Herd. Auf dem Tisch stehen Schüsseln mit Reis, Gemüse, Saucen, Fleischstückchen. Henry und Hugo nicken Karl zu, drücken ihm trotz ihrer Muskelarme die Hand wie Schmetterlinge. Seit ihre Bärte sprießen, glänzt die Haut noch dunkler. Amandine zeigt auf das Tischende, nimmt neben ihm Platz, streichelt seine Hand, während Mama-Jala ihm Glas und Bierflasche hinstellt. Im Hintergrund läuft Musik, afrikanische Rhythmen. Die Fleischschüssel steht vor dem Gast. Mama-Jala hält ein Messer in der Hand. Auf der Klinge spiegelt sich Karls Gesicht. Sie schneidet Stücke ab. Bratenflüssigkeit tropft aus den Schnittstellen. Als sie fertig ist, wendet sie den Blick nach draußen, zum Nachthimmel. Durch das Fenster mitten in der Pfostenreihe strahlt ein Sichelmond herein.
„Wir essen und dann unterhalten wir uns ein wenig, Karl“, sagt sie und legt Fleisch auf seinen Teller. Karls Augen spiegeln Hunger und Melancholie. Amandine reicht ihm die Schüsseln. Henry und Hugo sitzen schweigend am anderen Ende des Tisches. Amandine achtet auf jede Bewegung, beobachtet, wie er kaut, traumlächelt Karl und Mama-Jala an.
„Schmeckt es Dir?“, fragt sie ihn.
„Sehr lecker, alles sehr lecker!“
Amandine isst wenig. Wie Federn gleiten die Finger über Karls Oberschenkel. Er häuft einen zweiten Teller mit Leckereien, trinkt, schluckt, ohne zu kauen. Dann öffnet sich die Tür und die Engelskinder betreten den Raum. Karl blickt kurz auf, scheint sich zu fragen, ob er sie kennt. Amandines Brüder rücken zur Seite. Mama-Jala neigt den Kopf und begrüßt sie. Die Kinder essen hastig, stopfen sich Fleisch und Gemüse in die Münder, lassen dabei Karl nicht aus den Augen. Amandine nimmt eine Papierserviette, tupft Karls Mundwinkel ab, säubert ihn, als er aufhört zu essen, sich zurücklehnt.

Mama-Jala entfaltet schließlich ein Papier, fängt mit der Befragung an. Er antwortet, nennt Eckdaten, Alter, Arbeitsstelle, Herkunft, Ausbildung. Amandine übersetzt, was die Mutter nicht versteht. An manchen Stellen ertönt Gelächter, Nicken, Kopfschütteln. Karls Augen fixieren die Wand, die Holzpfosten, die Mama-Jala-Pupillen. So sehr konzentriert er sich auf die Formulierungen, als ob er sich genau überlegen müsste, welche Form sie annehmen, wenn sie sein Inneres verlassen.
Ich bin intakt, kann Kinder zeugen. Der Zufall wollte es so. Ich fand nie die richtige Frau für die Gründung einer Familie. Ich mag Kinder sehr, auf jeden Fall. Am besten zwei. Mädchen oder Junge, ist egal. Die Hautfarbe spielt für mich keine Rolle. Ich möchte eine gute Frau. Charakter entscheidet. Ich habe Amandine als wunderbares Wesen kennengelernt. Wir haben ja viel geschrieben, bevor wir beschlossen haben, einander zu sehen. Ich wohne im eigenen Haus, ja, groß genug für eine Familie. Von den Eltern geerbt. Ich habe eine Schwester, die hat Kinder. Reich bin ich nicht, aber ich kann für meine Frau sorgen. Ich verdiene gut, habe vorgesorgt, kann Kontoauszüge vorweisen. Nein, ich bin überhaupt nicht pervers, ganz normal, liebevoll, großzügig, fürsorglich. Alkohol trinke ich nur gelegentlich. Ich rauche nicht und nehme keine Drogen. Ich reise gern, gehe selten aus. Amandine könnte eine Ausbildung machen, wenn sie das will, oder ein Studium absolvieren.
Irgendwann fallen Mama-Jala keine Fragen mehr ein. Ihre Augen nehmen einen warmen Glanz an, als müsse sie nachdenken, sich mit ihren Geistern besprechen. Amandine starrt in die Luft, wartet. Die Brüder schauen reglos zu. Die Kinder spielen mit dem Besteck, schlecken die Schüsseln aus, bis sie sich an Karl wenden. Sie sprechen gleichzeitig mit einer einzigen synchronen Stimme:

„Kommst du morgen mit?“
„Wohin?“
„Aufs Land.“
„Klar, warum nicht?“
„Gut.“
„Amandine bringt dich gleich zum Hotel.“

Amandine senkt den Kopf, murmelt etwas, streicht sich das Kleid glatt. In ihren Augen spiegeln sich Träume und Kerzenlicht, während sie Karl zu sich zieht und zum Aufbruch drängt. Sie verabschieden sich von der Familie, umarmen Mama-Jala, winken den Brüdern zu. Karls Blick sucht die Kinder, findet sie nirgends. Die anderen kümmert ihr Verschwinden nicht.
Scheinwerfer leuchten auf. Das Taxi hält. Derselbe Fahrer wie bei der Hinfahrt bringt sie zum Hotel. Amandine sitzt ganz dicht bei Karl, schaut in die Dunkelheit. Nachtlichter, das Rauschen der Stadt drängt sich durch die Fensterritzen. Der Fahrer summt die Melodien des Radios mit. Amandines Atem haucht über Karls Hals, ihre Hand spielt zwischen seinen Beinen. Als sie am Hotel ankommen, zieht Karl das Portemonnaie aus der Tasche, zählt die Scheine ab, um das Taxi zu bezahlen.
Der Nachtportier reibt sich die Augen und öffnet ihnen die Tür. Im Aufzug steckt Amandine Karl die Zunge in den Mund, leckt das Ohr. Die Teppiche schlucken die Schritte der beiden. Sobald sie das Zimmer betreten haben, will er sich auf sie stürzen, doch Amandine wehrt ihn ab, geht ins Bad, schließt die Tür hinter sich. Er hört dem Plätschern des Wassers zu, spürt seine Lust wachsen. Gleichzeitig rauschen die Bilder des Tages an ihm vorbei, die Reise nach Afrika, die Menschen, die er kaum entschlüsseln kann, die Engelskinder, Amandine, den Wunsch, sie lieben zu können, richtig lieben, der Rausch ihrer Gegenwart. Das Bett vor ihm schwebt.
Amandine hüllt sich in Seide, darunter schimmert die goldschwarze Haut. Karl zittert, reißt sie an sich, so plötzlich, dass sie aufschreit. Er achtet nicht darauf, zerrt an den Haaren, greift zwischen ihre Beine. Der Stoff knistert, als er sie aufs Bett zwingt, die Beine auseinander drückt, sie beschnüffelt, den Milchgeruch ihrer Haut von oben bis unten lecken will, um sich einzuverleiben, was er so dringend braucht. Sie liegt da, Tränen kullern über die Wangen, blickt zum Fenster, zu Karl, dreht sich weg. Eine Ohrfeige landet auf ihrem Gesicht, eine zweite, die wie ein Peitschenknall durch den Raum jagt. Daraufhin öffnet sie die Beine, streckt sie zum Himmel, als wolle sie ihn herausfordern, sucht nach seinen Augen. Zähne blitzen auf, als sie lauthals zu lachen beginnt. Karls Ohren dröhnen. Seine Hose fällt zu Boden, die Shorts. Er müsste sie jetzt besteigen, in sie eindringen. Trotz der Lust, die er in sich trägt, seit er Amandine zum ersten Mal gesehen hat, versagt er schließlich in der Wirklichkeit, schlaff, halbaufgerichtet, hängt sein Schwanz. Er flüchtet ins Bad, lässt Wasser über die Haut perlen, will den Schmutz wegrubbeln, schließt die Augen. Gleich wenn er zu Amandine zurückgekehrt ist, will er die Sterne am Himmel suchen, sie küssen, ihr Liebesworte ins Ohr flüstern, sie zart berühren. Sorgfältig schlingt er das Handtuch um die Lenden.

Die Tür schwingt auf. Eine Katze liegt auf dem Bett, ein Panther, der ihn anschaut. Das Fell wird vom Mondlicht berührt. Smaragdaugen fixieren Karl. Dann richtet sich das Tier auf, zögert, wendet den Blick ab, durchquert das Zimmer, springt mit einem Satz aus dem Fenster und entschwindet in die Nacht.
Karl bewegt sich nicht, löst sich erst aus der Erstarrung, als er bemerkt, dass Stille ihn umfängt. Amandine fällt ihm ein, er sucht nach ihr, findet ihre Kleider als Bündel auf einem Stuhl. Ihr Milchgeruch durchtränkt die Luft, sie aber bleibt verschwunden. Karl fährt sich mit der Hand durch die Haare. Schließlich wagt er sich ans Fenster, beugt sich nach draußen. Die Laute der Stadt dringen zu ihm, mehr nicht, also schließt er es wieder, geht zur Minibar und schüttet sich den Wodka- und Whiskeyvorrat in die Kehle. Raum und Zeit entfliehen, als wäre weder der Panther noch Amandine jemals hier gewesen. In diesem Zustand sinkt er auf das Bett, das Handtuch gleitet ab, er schmiegt sich an die Decke, überlässt sich einer traumleeren Nacht.

Am frühen Morgen wacht er auf. Amandine liegt neben ihm, nackt, zusammengerollt zu einem Knäuel, schön. Karl hört ihr beim Atmen zu, lässt sie nicht aus den Augen, vergewissert sich, dass die Haut warm ist, nimmt sie in die Arme. Lange liegt er so da. Dann berührt er Amandine, küsst ihren Hals, zieht sie an sich, umschließt sie, spürt sich selbst, seine Wärme, ihre Wärme, will sie einsaugen, sich an ihr nähren, atmet im selben Rhythmus wie sie, hält eine Haarsträhne, ein einzelnes Haar ans Licht, streicht es sich über die Wange. Als sie aufwacht, die Nussaugen auf ihn richtet, ihm Fragen zu stellen scheinen, treffen sie ihn mitten ins Herz. Amandines Lippen öffnen sich, Perlmuttzähne werden sichtbar. Ein Speicheltropfen löst sich, befeuchtet die Lippen. Sie küsst ihn. Er spürt die Zunge, das Glück, das mit ihm spielt. Seidenfinger wandern über seinen Körper, während er stillhält. Amandine nimmt Karl. Wie in einem Traum gleitet er in sie, schwimmt in ihr. Sie sitzt auf ihm, schließt seine Augen mit einer Fingerbewegung. Hinter dem Vorhang der Lider erinnert er sich an den Panther. Als er sich in sie ergießt, schreit er. Amandine bäumt sich auf. Die Muskeln ihres Geschlechts schließen sich um ihn er fühlt sich eins mit ihr.

Beim Frühstück lächeln sie einander unentwegt an. Die Stimmen der Geschäftsleute neben ihnen am Tisch dringen zu ihnen.
„Iss dich satt, Liebling!“, sagt Amandine, nippt am Orangensaft, löffelt Müsli, steckt sich Rührei, Speck in den Mund, lässt Karl nicht aus den Augen, streichelt seine Wangen.
„Die Kinder kommen bald“, sagt sie.
Kaum verklingen ihre Worte, stehen sie am Tisch, setzen sich zu den beiden, häufen auf ihren Tellern Brötchen, Croissants, Wurst. Sie tragen Shorts, Sandalen und T-Shirts mit der Aufschrift I am proudin unterschiedlichen Farben, riechen nach Stroh und Sonne. Amandine küsst ihre Hände zur Begrüßung. Der Kellner verlangt Extratrinkgeld für sie, nickt ihnen zu und grinst. Sie fragen ihn, ob sie Kakao bekommen können. Karl kann sie immer noch nicht unterscheiden.
„Sightseeing, monsieur?“, fragt eins der Kinder.
„Wie heißt ihr eigentlich?“
Sie kichern, stoßen sich gegenseitig an, deuten auf Amandine: „Frag sie!“
„Ist Amandine eure Schwester?“, fragt Karl.
„Mm“, sagen sie gleichzeitig.
Amandine lacht und schweigt. Die Kinder stecken einige Croissants in die Taschen, dann brechen sie auf.

Die Luft schmeckt nach Teer und Asche, Im Taxi läuft Hip-Hop, Amandine sitzt zwischen den Kindern, wippt mit, singt. Die Fahrt dauert. Irgendwann stehen die Häuser weniger eng beieinander, weichen Büschen, Bäumen, Gras, Feldern, Weidevieh. Sie nähern sich einem Fluss, fahren an ihm entlang. In einem Hüttendorf halten sie.
Die Kinder nehmen Karl an die Hand. Menschen kommen ihnen entgegen, lachen, berühren die Besucher, bilden eine Traube um sie, reden durcheinander. Amandine läuft hinterher, umarmt einige. Vor einer Hütte bleiben sie stehen. Die Kinder beschmieren Karls Gesicht mit Erdfarben, geben ihm eine Schale mit einem Getränk, das wie heißer Honig durch die Kehle rinnt, den Himmel seiner Träume in Pastellfarben taucht. Plötzlich stößt Amandine sich ab, rennt über den Lehmweg, zwischen den Hütten hindurch.
Der Rhythmus stampfender Füße pocht in Karls Ohren. Die Kinder weisen ihm die Richtung, zeigen zur Graslandschaft, einem Wäldchen, das auf einer Anhöhe liegt. Er fühlt sich leicht, obwohl die Sonne auf die Glatze brennt. Von Amandine ist nichts mehr zu sehen. Staub wirbelt auf, Karls Beine schmerzen, Schweiß durchtränkt das Unterhemd, auf dem Polo-Shirt bilden sich feuchte Flächen. Grasgeruch steigt ihm in die Nase, die Fäulnis überreifer Früchte. Er läuft auf einem Pfad nach oben. Am Horizont erstreckt sich der Fluss.
Neben einem Baum erkennt er den Panther, der ihn fixiert, abschätzt, sich zum Angriff bereit macht. Das Raubtier öffnet das Maul, Reißzähne werden sichtbar. Karl spürt eine sonderbare Kraft in den Beinen, drückt sich ab und jagt dem Panther auf vier Füßen entgegen, fletscht die Zähne, springt vorwärts, bis er es erreicht. Die Fellhaare wirbeln in der Luft. Sie kommen sich ganz nahe, umkreisen einander, warten darauf, wer beginnt, wer mehr wagt. Schließlich springen sie gleichzeitig ab, verkeilen sich, reißen sich die Flanken auf, suchen nach dem Hals, um den tödlichen Biss zu setzen, während sie Gras zertreten, Staub emporsteigt, Blut zu Boden sickert. Ihre Raubtieraugen flackern und halten in dem Moment inne, als sie einander wie in einem Spiegel erkennen. Dann erst erstarren sie und lassen voneinander ab, stehen sich gegenüber, beide mit Bisswunden, mit den Spuren der Pranken des anderen übersät. Amandine atmet schwer, die Nüstern blähen sich auf. Karl streckt die Schnauze zum Himmel, reibt die Nase, den Schädel an Amandines Kopf. Sie schleckt über seinen Körper, saugt das Blut auf, mischt seines mit ihrem, legt sich auf den Grasboden. Dort dreht sie sich auf den Rücken, ihr Bauch sieht wie Milch aus. Karl legt sich daneben, Fell an Fell wenden sie sich einander zu, während die Sonne wie ein Blutball vergeht, sie mit dem Licht der Abenddämmerung umgibt. Grillen zirpen im Gras. Oberhalb des Hügels werfen Bäume Dämonenschatten auf Amandine und Karl. Das Paar fühlt sich am Ziel, deshalb schließen beide die Augen.

Als sie wieder aufwachen, schieben sie die Finger ineinander und kehren zum Dorf zurück. Es ist leergefegt, keine Menschenseele begegnet ihnen.
„Wo sind die Kinder hin?“
Amandine zeigt zum Himmel, wo Mond und Sterne die Nacht beleuchten.

 

Hallo wegen,

Gern gelesen und gegrübelt und nachgefühlt.
ich finde deinen Text sprachlich toll. Deine Beschreibungen vermitteln mir gut ein Gefühl für die Umgebung, in der die Geschichte spielt.
dankeschön, darüber freue ich mich wirklich sehr, stellt sich ja als ein Text heraus, der polarisiert, da sauge ich solche Sätze auf.

Über die Lebensumstände, die Karl und Amandine zusammen bringen, kann ich (nur) spekulieren. Ist ihr erstes(?) Treffen arrangiert?
Ich denke, der Text lässt Raum und unterschiedliche Lesarten zu.

werfen Schattenküsse zum Himmel, als wollten sie ihre Träume beschützen
Darunter konnte ich mir nichts vorstellen. Die Sonne kommt von oben, Schatten gehen gewöhnlich nicht Richtung Himmel.
ich stelle mir Schattenküsse anders vor, sie werfen Küsse der Sehnsucht zum Himmel, befinden sich im Schatten der Gesellschaft, also Schatten ist hier als Metapher gedacht.

Freunde haben in Südafrika geheiratet, bei Regen. Dort heißt es, Regen während einer Hochzeitszeremonie bringt Glück für die Ehe. Hast du darauf angespielt?
Regen, Wasser spielt in Afrika sicher eine große Rolle, wenn du dabei an die Hochzeitszeremonien denkst, hat das eine Bedeutung.

Sie geht langsamer, als müsse sie sich ausruhen. Schweißtropfen rinnen über ihre Haut.
Ist Amandine krank oder unehelich schwanger?
es ist ein großer Schritt für sie, ihre Zukunft kündigt sich an

Diese beiden Kinder haben vllt. die gleiche, flächendeckende, leicht übertragbare, hoch ansteckende Krankheit wie Amandine, und sind gerade verstorben und ihre Seelen fliegen davon.
Ohje. Ich bin gespannt, wie sehr ich auf dem Holzweg war und was die Sätze eigentlich bedeuten...
interessante Interpretation

Vielen Dank für den Kommentar und Nachtigallengrüße für dich
Isegrims

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe bernadette.
Was für ein gehaltvoller Kommentar. Dankeschön! Den Text habe ich entsprechend deiner Ideen überarbeitet. Super, klingt jetzt besser.

Von verbranntem Holz, staubiger Hitze, Abgasen, Abwasser, Verwesung. Schwer, rusig und süßlich.
Das könnte rein, dann weiß man, wo das spielt. Bitte nicht erst am Ende des ersten Absatzes.
Sie verlassen die Ankunftshalle, treten ins Freie und werden von Staubhitze erschlagen. Benzin, verbranntes Holz, Gummi, süßlich, dominant, beschwert die Luft, als läge Glocke über der Stadt, darunter Verwesung.
klingt jetzt so

übertönen den Gesang Afrikas, das Perlenlachen, Stimmenrauschen, all die Rufe und Schreie.
das ist zu kurz, um das Ambiente zu beschreiben.
Der Gesang Afrikas dringt durch die Fenster. Er besteht aus Motorengeräuschen, aufheulend, brummend. Wütendes Gehupe legt sich über Stimmenrauschen, perlendes Gelächter, über die Rufe und Schreie der Stadtbewohner.
hier die neue Version

Während sie an den Schlafenden vorbeigehen, drückt Amandine sich an Karl, hält ihn an der Hand, reibt ihre Hüftknochen an der Silberrückengestalt,
genau heute in einer Woche, Isegrims, werde ich abends neben dich stellen, mit meiner rechten deine linke Hand nehmen. Und du zeigst mir dann bitte, wie du deine Hüftknochen an mir reiben kannst. Ich bin gespannt.
äh, können wir probieren, aber die Stelle habe ich verändert.

„Gleich da, nicht mehr weit“,
„Geister? Dämonen hausen woanders, nicht hier!“
das passt nicht zusammen. Der erste Satz ist so rudimentär, und die Antwort so präzise.
diesen Einwand verstehe ich nicht ganz, für mich klingt der Dialog geschmeidig.

Sie geht langsamer, als müsse sie sich ausruhen.
Aber was denkt sie? Hat sie Wehmut, dass sie den Slum verlassen muss? Hat sie Angst, Karl vorzustellen? Was muss ich in diesen Satz interpretieren? Ich weiß zu wenig von denen zwei, um das zu können, leider.
Sie geht langsamer, als müsste sie sich ausruhen. Schweißtropfen rinnen über ihre Haut. Erinnerungen fallen über sie her, je näher sie kommen. Zweimal abbiegen, dann stehen sie vor der Bretterheimat, dort, wo Amandine in jeder Ecke Blumenträume, Tränenseen, den Hunger nach Leben, richtigem Leben versteckt hat. Sie weiß nicht, ob sie sich fürchten oder freuen soll.
nach der Überarbeitung klarer?

Und dieser Abschluss:
Unterdessen erwachen die Kinder aus Zauberträumen, kriechen unter der Decke hervor, schauen sich an, lächeln, öffnen die Schwingen und fliegen los.
kommt mir so vor, als wäre er dem Poetischen geschuldet, das du in den Dreck und das Elend hineinschreiben wolltest. Das ist nicht das, was ich gerne lesen möchte, wenn sich die Szenerie im Slum abspielt, mir ist das zu romantisch, wo die Romantik doch 10 km tief vergraben ist.
den Einwand verstehe ich, Sozialromantik haben das andere genannt, dennoch war es mir wichtig, dass es der Text mit Hoffnung endet.
Mir kommt es wie ein Schnellschuß geschrieben in der Hitze Deutschlands vor, die dich an Afrika erinnert hat. Geh' mal in Schatten und gib dem ganzen mal mehr Fleisch an die Knochen .
ja, wenn die Schattenstunde kommt, werde ich nachdenken, das Ding ist nicht zuende.

Tja, in ein paar Tagen werden wir draußen sitzen in der Nacht, den Sternen entgegenblicken, Gläser füllen, unseren Stimmen lauschen, friedlich, lebhaft einander bereichern. Bis bald!
Isegrims

Hallo zigga,

freut mich, dass du mir deine Gedanken zu dem Text schenkst.

ich finde das eine schöne Kurzgeschichte, eine richtig klassische.
danke dir!

So fehlen mir - Details. Da liegen Kinder auf Wellblechen, erdige Straßen, das kennt man alles und mir fehlen drei, vier markante Details, die das Ganze für mich unverwechselbar authentisch gestalten. Ist Kritik weit oben. Aber das in Afrika ist teilweise eine so unvorstellbar andere Gesellschaft und Welt, auch von ihren Vorstellungen her, ich habe da wirklich schon verrückte Geschichten von Wertvorstellungen und Vorstellungen von der Welt und was es dort gibt und wie die Leute ticken gehört, dass mir so etwas im Text wirklich fehlt, damit ich das - auf welche Art auch immer - wiedererkenne und fühle: Das ist wahr, das spielt in Afrika.
mm, ein wenig nachgearbeitet habe ich, besonders nach dem Kommentar von bernadette, aber ob das ausreicht, um die Besonderheit Afrikas deutlich zu machen, so wie du das zurecht anmahnst, da bin ich mir noch unsicher, werde ich aber im Hinterkopf behalten. Klar, der Text ist kurz, aber das soll keine Ausrede sein.

Wahrscheinlich, weil ich noch nie davon gehört habe, dass jemand nur durch Internet-Kontakt in ein Dritte Welt-Land fliegt und sofort heiratet, und dass das die Frau dort eben auch möchte. Wenigstens einmal oder zwei-, dreimal treffen ist da eigentlich immer drin.
vielleicht haben sie monatelang gechattet, geskypt und da steht doch nirgends, dass sie wirklich sofort heiraten, Amandine träumt davon, ja, Karl womöglich auch.

Unterdessen erwachen die Kinder aus Zauberträumen, kriechen unter der Decke hervor, schauen sich an, lächeln, öffnen die Schwingen und fliegen los.
Das ist sehr schön.
:Pfeif:

Liebe Warum-bist-du-eigentlich-beim-Gathering-nicht-dabei-Grüße
Isegrms

 
Zuletzt bearbeitet:

Hej Isegrims,

diese Geschichte kann ich bloß kommentieren, weil sie kurz ist. Ich habe festgestellt, dass sich deine Sprache schwer mit meinem Hirn verbinden lässt. Ich sehe Geschichten, bin angewiesen auf Worte und deren Verbindungen zueinander, Personen, die interagieren, Umgebungen, die ich durch dich kennenlernen muss. Deine abstrakten Schöpfungen klingen meist poetisch, verknoten meine Windungen aber derart, dass ich nichts erkennen kann.
Ich habe schon mehrmals darüber nachgedacht, warum mir das bei Gedichten, die ich mir oft zu Gemüte ziehe, um abzutauchen, nicht so geht, und bin zu dem Schluss gekommen, dass mir ein Gedicht selbst ein Bild ist und sich nicht mit all den Figuren und der Umgebung und dem Gesagten zusammensetzen und harmonieren muss. Hier fließt alles und ist Kunst, die komplett und harmonisch ist. Oder so ähnlich.

Ein alter Tibetteppich
Deine Seele, die die meine liebet,
Ist verwirkt mit ihr im Teppichtibet.
Strahl in Strahl, verliebte Farben,
Sterne, die sich himmellang umwarben.
Unsere Füße ruhen auf der Kostbarkeit,
Maschentausendabertausendweit.
Süßer Lamasohn auf Moschuspflanzenthron,
Wie lange küßt dein Mund den meinen wohl
Und Wang die Wange buntgeknüpfte Zeiten schon?

Das Gedicht von Else Lasker-Schüler, die ich seit meiner Schulzeit verehre, könnte dir zeigen, was ich meine. :shy:

V[QUOTEAm Flughafen küsst sie ihn, flüstert, wie jung er aussehe, lächelt das Furchengesicht an, die Glatze, den Schleierblick, streicht über seinen Bart.
[/QUOTE]

Gleich hier am ersten Satz tritt in meinem Hirn Verwirrung auf, denn Worte wieküssen, flüstern, jung ergeben eine unüberwindbare Differenz zu

Furchgesicht, Glatze und Schleierblick
. Ich sehe: nichts.

Im Hotelzimmer legen sie das Gepäck ab, Karl will sie aufs Bett werfen. Amandine verspricht, die Nacht mit ihm zu verbringen. Dann brechen sie auf. Das Taxi irrt durch die Stadt.

Hier passiert es mir sogar inhaltlich. Weil Karl will sich aufs Bett werfen. Ich stehe also im Zimmer und sehe Karl, wie er ... was jetzt macht? In meinem Kopf hebt er ab und schwebt über dem Bett. Als hätte ich am Fernseher auf die Pausetaste gedrückt.
Und dann, ohne Vorwarnung brechen sie auf und irren mit dem Taxi herum. Alle drei wissen scheinbar nicht, wohin sie fahren und ich dann ja schon gleich gar nicht. :confused:

Die Straßen gleichen sich, unverputzte Flachbauten, dasselbe Ameisengewusel, Menschen transportieren Gegenstände auf dem Kopf, halten sich das Smartphone vors Gesicht. Der Gesang Afrikas dringt durch die Fenster. Er besteht aus Motorengeräuschen, aufheulend, brummend. Wütendes Gehupe legt sich über Stimmenrauschen, perlendes Gelächter, über die Rufe und Schreie der Stadtbewohner.

Es folgen gängige, beliebige Bilder und Geräusche, die mir auf dieser Distanz allerhand abverlangen und mich überfluten.

Neben einer Blechhütte liegen zwei Kinder in einer Ecke, eingerollt in eine Militärdecke, einander zugewandt.

Jedes Bild eine Verwirrung. Dachte ich eben noch, es wäre heiß und stickig, sehe ich nun Kinder in Decken. Ist es doch kalt? Oder ist es Nacht? Hab ich eine von den vielen Informationen überlesen?

Das Licht schwindet, Abenddämmerung, letzte Sonnenstrahlen, überziehen ihre Gesichter mit Goldfolie. Sie pressen die Augenlider zusammen, werfen Schattenküsse zum Himmel, als wollten sie ihre Träume beschützen.

Ja, es dämmert zumindest. Dennoch ich lese: Sonnenstrahlen, Goldfolie, im selben Atemzug Schatten(küsse) und mein Hirn schlägt Purzelbäume, weil es ach noch die Träume der Kinder mit unterbringen muss. Ich bin atemlos und schwer überfordert.

Während sie an den Schlafenden vorbeigehen, drückt Amandine sich an Karl, hält ihn an der Hand, reibt ihre Hüften an seiner massigen Gestalt, will ihn spüren, herausfinden, ob er ein lebendiger Mensch ist, warm, real, einer, der wegen eines schwarzen Mädchens nach Afrika fliegt, eine Hochzeit zu tanzen und die Ahnengeister zu erfreuen.

Ach, die Kinder sind auch schon schnell eingeschlafen, wo sie eben noch Küsse zum Himmel sandten. Ich gebe mir Mühe, ich starre auf den Text und sehe und lese und versuche alles richtig zu verstehen und ja, deuten muss ich es auch noch.
Amandine (eine wunderschöner Name) hält seine Hand, spürt seinen Körper an ihrem, um seine Lebendigkeit herauszufinden. Warum zweifelt sie daran? Warum soll ein Karl kein Mädchen aus Afrika heiraten wollen? Ich muss mir also selbst denken, wo das Problem liegt, aber ich mag nicht.

Über die Vororte von Yaoundé fegt Wind, der Sandkörner durcheinanderwirbelt, zerfetzte Worte, Musik, das Rascheln in den Büschen, über die Lehmstraße weht. Die Luft schmeckt feucht, nach Regen.
Karls Budapester knirschen über Sand und Steine.

Herrje, wo ist Yaoundé das denn jetzt bloß? Es gibt dort Wind, Sand, Worte, Musik, Büsche, Lehmstraßen, ja und Steine. Okay. Und dann? Weißt du, wie es mir geht? Ich will dir zeigen, was dein Text mit einem Leser machen kann.
Warum jetzt auch noch ein Wort wie Budapest - ach nee, so heißen ja nur seine Schuhe. Warum muss ich das wissen? :hmm: Wer trägt noch gleich Budapester? Wer ist dieser Kerl, äh, Karl ? :confused:

Sie steigen über eine Pfütze, in der die fliegenumschwirrten Überreste eines Vogels versinken. Amandine gleitet elegant wie eine Katze vorwärts, berührt die Erde kaum, so geschmeidigzart schwebt sie. Er fasst sich an die Hosentasche, wo das Portemonnaie steckt.

Weiter geht’s. Hinzu kommen also Pfützen, tote Tiere, nee, eine Katze gibt es nicht, es ist Amandine, die lebt ja auch. Portemonnaie? Was zahlt er jetzt. Das Taxi ist doch längst weg, dachte ich. Schon die Hochzeit? Aber an wen? Ist da jemand? Hat er Angst, der tote Vogel hätte es ihm weggenommen, oder gar seine Zukünftige? Fragen über Fragen.

„Gleich da, nicht mehr weit“, sagt sie und streicht ihm über den Unterarm.
„Ganz schön dunkel hier.“ Er zeigt zum Horizont, auf dem Gewitterwolken im Nachthimmel versinken.
„Mama hat für uns gekocht“, sagt sie mit Glanzaugen.
„Die Nebelschleier da hinten flimmern wie Geister.“ Karl deutet auf ein freies Gelände hinter der Siedlung.
„Geister? Dämonen hausen woanders, nicht hier!“, sagt sie, lässt seine Hand los, schreibt Zeichen in die Luft.
„Schon gut, glaube ich dir. Amandine?“
„Ja?“
„Weißt du, ich freue mich auf das Essen. Bin ganz schön hungrig.“
„Ein Mann wie du braucht Fleisch, Bohnen und Obst. Mama wird dich mögen und meine Brüder auch!“
„Deine Brüder?“
„Ja, sie beschützen uns seit Papa tot ist.“
„Ich hatte nie richtig Familie.“ Karl löst sich aus ihrem Blick, schaut zum Boden. „Du bist schön, Amandine!“

Dieser Dialog ist zwar munter zusammengewürfelt, aber ich sehe zwei Menschen kommunizieren. Kann kurz durchschnaufen.

Erinnerungen fallen über sie her, je näher sie kommen. Zweimal abbiegen, dann stehen sie vor der Bretterheimat, dort, wo Amandine in jeder Ecke Blumenträume, Tränenseen, den Hunger nach Leben, richtigem Leben versteckt hat. Sie weiß nicht, ob sie sich fürchten oder freuen soll. Rauch strömt aus einem der Fenster. Amandine klopft an der Tür, das Klacken hallt, dringt in Karls Ohren. Stimmen nähern sich.

Aber: jetzt kommen diffuse Erinnerungen und ich bleibe ausgeschlossen. Tu mir selbst ein bisschen leid, wo ich doch tapfer durch all das mit gestapft bin. :( Und die einzige Frage, die ich mir in diesem Augenblick stelle ist, warum sind die nicht mit dem Taxi bis vor die Tür der Hauses gefahren? Stattdessen lese ich von Blumen und Tränen und Hunger nach Leben. Kenn ich, denk ich. Amandine, meine Schöne, das gibbet hier auch. Aber sofort bin ich verwirrt: Herrje, wie schreckhaft ist der dicke Karl, dass ein Klopfen auf Holz erwähnenswert ist?

Unterdessen erwachen die Kinder aus Zauberträumen, kriechen unter der Decke hervor, schauen sich an, lächeln, öffnen die Schwingen und fliegen los.

Und, ach nö! Anstatt ich nun erfahre, wie es um Amandine und ihrer Mama bestellt ist, um das Essen, ob Mama Karl nun mag und obs Bohnen gibt, zerrst du mich zu den Kindern unter ihrer Decke. :confused:
I’m not interested in by the moment, hab ich ja nicht mal Karl und AMandine kennengelernt.

Liebe Isegrims, das machen all deine Texte mit mir. Und bei diesem fasse ich mal den Mut, auch weil es sich anhand der Kürze eben auch für mich bewerkstelligen ließ, um dir einen einzelnen, ausgiebigen Leseeindruck zu bescheren.

Und einen freundlichen Gruß achtern, Kanji

edit: mittlerweile habe ich auch entdeckt, dass Karl Amandine aufs Bett werfen will, jetzt schwebt sie über dem Bett :lol:

 

Hallo Bea Milana,

mittlerweile habe ich mich beruhigt, entschuldige mich auch, wenn ich zu heftig reagiert habe, die Erregtheit ist gewichen und es breitet sich Ratlosigkeit aus. Nicht weil ich eure (im Folgenden speziell deine) Kritik nicht verstehe: Recherche, Genauigkeit etc. vielmehr frage ich mich, was ich vor allem mit euren Vorbehalten gegenüber meinem Stil anfange. Was wäre die Alternative? Auf sprachliche Ausdrucksmöglichkeiten verzichten (keine Wortschöpfungen), Bildkraft gar nicht erst suchen, schlicht, einfach, reduziert schreiben? (Eigentlich will ich jetzt hinzufügen: kurzum: Mainstream-Schreibschule, was ich gar nicht abwertend meine). Wie dankbar wäre ich, wenn mir jemand einen Rat geben könnte, die Qualitäten meines Schreibens so zu entwickeln, dass Texte entstehen, die wegen ihrer sprachlichen und inhaltlichen Kraft, mehr Leser berühren, anstatt sie zu verärgern. Vielleicht entstünden dann die – Achtung – Zaubertexte, die ich schreiben möchte.

Das ist ein Schnellschuss, keine Geschichte.
Was passiert auf der Handlungsebene?
Ein Frau holt einen Mann ab und führt ihn zu ihrer Bretterbude in einem Slum in Yaounde (Kamerun). Hm, und dann? Träumen die Kinder. (Ach, wie süß.)
eine Geschichte ist das schon, kurz, mit einer Menge Zwischenraum für den Leser, darauf habe ich gesetzt, klar, manches ist nicht ausgearbeitet.

(Ich habe nur diese herausgepickt, es gibt leider noch mehr). Ich weiß, du hast Doppelworte für dich entdeckt und experimentierst damit, aber ich finde sie passen hier überhaupt nicht in ihrer romantischen Verklärung (Kitsch), sind auch schlichtweg falsch in ihrer Aussage und Verallgemeinerung.
entdeckt ist doch sehr wertend, ich möchte dadurch Bedeutungsebenen erschließen, mm, Kitsch, Sozialromantik, verstehe, deshalb habe ich eine karge, eher feindliche Umgebung beschrieben. Vielleicht sollten die Wortverbindungen eher auf das Hässliche abzielen, meinst du das? Aber was ist an Furchengesicht schön?

- Der Dialog ist reiner Infodump.
sehe ich nicht so

erwarte ich a) mehr Recherche und b) tiefergehende Überlegungen zu den Figuren, die dir ermöglichen, ein Spannungsverhältnis zu zeigen, das durchaus gesellschaftliche Relevanz hat.
nehme ich sehr ernst, diese Punkte. Um das Geforderte umzusetzen, hätte der Text deutlich länger werden müssen, sicher.

Deine Wortschöpfungen sind der kleinste Teil des Problems. Du kannst dich natürlich daran festbeißen, sie partout verteidigen, schon um des Prinzips deiner "Kreativität" wegen, aber du wirst immer wieder damit konfrontiert werden.
ach, ich halte die Wortschöpfungen nicht für einen Kreativitätsbeweis
Als zweites kommen dann andere Dinge dazu (Balance, Strahlwirkung, Stellung im Satz u.s.w.)
mm, ich glaube allerdings, dass sie der Sprache Rhythmus verleihen

Für mich machen diese Wortkreationen den Text kaputt. Sie bewirken nichts, dienen nur sich selbst, platzen dominant hervor, ohne eine positive Wirkung im Gesamtbild zu erzielen.
immerhin bewirken sie, dass du dich mit Thema und Text auseinandersetzt, kein Selbstzweck, kein Ach-ich-kann-so-tolle-Worte-erfinden (interessanterweise kommen solche Einlassungen eher von versierten Autoren, wie du eine bist)


An dieser Stelle dann richtig geballt und auf den Höhepunkt getrieben: "Blumenträume, Tränenseen, Hungergesang"

Ich raufe mir die Haare, ehrlich. Denke, da will jemand partout originell sein, und haut dabei in einem literarischen Text so daneben, ohne wirklich etwas zu erzählen. Vllt. sind deine Wortschöpfungen in der Lyrik besser aufgehoben ...

die genannte Stelle habe ich mittlerweile verändert, und noch mal: um Originalität geht es mir nicht.

Was willst du mir damit sagen, Isegrims? Darf ich das als Bestätigung für meine Überlegung
Vllt. sind deine Wortschöpfungen in der Lyrik besser aufgehoben ...
auffassen oder ist es ein Argument für die Wortverbindung?
mit dem Heine-Zitat will ich zeigen, dass ich überhaupt nicht originell schreibe, alles schon mal da gewesen.

Was ich damit erreichen will? Ich versuche, dir klar zu machen, was das Problem deiner Wortschöpfungen anhand von den beiden genannten Beispielen in diesem Text ist. Allerdings sehe ich diesen Versuch, zumindest momentan, als gescheitert an.
sehr schade, dass wir uns darüber nicht während des Gatherings austauschen können.

So, jetzt habe ich deine Kommentare zusammengefasst und besser verstanden, was du mir sagen wolltest. Vielen Dank und liebe Grüße!
Isegrims

P.S. Das real life verlangt nach mir. Die anderen Kommentare werde ich baldmöglichst beantworten!

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber Isegrims,
ich habe in der letzten Zeit ziemlich viel über deine Geschichte hier nachgedacht, auch über deine Art des Schreibens. Man merkt ja auch ein wenig deine Irritation darüber, dass diese Geschichte bei vielen nicht funktioniert.
Ich habe diese Geschichte hier nicht kommentiert, ich hätte dieses Mal viel Kritik gehabt, speziell an dieser Geschichte hier, weil ich halt auch finde, du hättest mehr in die Tiefe gehen müssen, mehr recherchieren, vielleicht dich nicht so sehr auf bestimmte Formulierungen verlassen dürfen (Gesang Afrikas) die schon ein gewisses Klischee bedienen. Alles Sachen, die schon von anderen genannt wurden. Deshalb habe ich es einfach mal gelassen. Eines will ich aber auch sagen, die Aufgabenstellung, die du dir da gegeben hattest, war aber auch wirklich sausauschwer. Mit 500 Wörtern eine Geschichte hinbiegen, die mit dem Material dieses den meisten so fremden Kulturkreises Substanz, Logik, Nachvollziehbarkeit und Glaubwürdigkeit der Charaktere vermittelt, da muss man schon meisterlich schreiben und verdichten können. Von daher, ist doch wurscht, wenn was schief geht. Einserseits. Was nicht wurscht ist, ist zu prüfen, warum es schief geht. Es ist wichtig, woran es liegen kann, wenn etwas scheitert. Und hier meine ich, dass es an deiner für den normalen Afrikaurlauber eigentlich nicht zu bewältigenden Aufgabenstellung liegt.

Und dann hast du das hier geschrieben:

Nicht weil ich eure (im Folgenden speziell deine) Kritik nicht verstehe: Recherche, Genauigkeit etc. vielmehr frage ich mich, was ich vor allem mit euren Vorbehalten gegenüber meinem Stil anfange. Was wäre die Alternative? Auf sprachliche Ausdrucksmöglichkeiten verzichten (keine Wortschöpfungen), Bildkraft gar nicht erst suchen, schlicht, einfach, reduziert schreiben? (Eigentlich will ich jetzt hinzufügen: kurzum: Mainstream-Schreibschule, was ich gar nicht abwertend meine). Wie dankbar wäre ich, wenn mir jemand einen Rat geben könnte, die Qualitäten meines Schreibens so zu entwickeln, dass Texte entstehen, die wegen ihrer sprachlichen und inhaltlichen Kraft, mehr Leser berühren, anstatt sie zu verärgern. Vielleicht entstünden dann die – Achtung – Zaubertexte, die ich schreiben möchte.
Du kippst gerade das Kind mit dem Bade aus. Erstens mal mögen einige deinen Stil, deine Wortschöpfungen. Auch hier in der Geschichte. Zweitens hat eigentlich keiner geschreiben, dass du zu einem kargen, einfachen Stil finden solltest oder dir die Wortneuschöpfungen verbieten solltest, Isegrims. Wenn man so ein sehr eigenes Stilmittel entwickelt, ist es nur so, dass man manchmal auch daneben liegen kann. Gerade Wortschöpfungen können furchtbar schief gehen. Die müssen stimmen, die dürfen nicht wie mit Händen ausgeschüttet sein, die müssen furchtbar genau treffen, die dürfen nicht nur schön klingen, die müssen einen Inhalt sehr speziell fassen Und dass du vor lauter Freude über deine schreiberische Eigenart manchmal über das Ziel hinausschießt,das ist so. Aber was solls? Das ist nichts Schlimmes. Isegrims, das ist dein Markenzeichen, du magst das, dann steh doch auch dazu. Schreib, wie dir der Schnabel gewachsen ist. Mach einfach weiter und probier und mach und tu und denk dir Wörter aus oder benutze wenig gebräuchliche. Und dann prüf, obs passt. Und manchmal kann man das allein schwer. Über die Kritik der anderen wäre ich also froh, deine Kommentatoren weisen dich auf die Tücken dieses Stils hin. Die Qualitäten dieses deines höchstpersönlichen Stils kannst du nur steigern, indem du so weiterschreibst wie bisher, aber eben noch dazu jedes einzelne Wort wirklich sehr streng prüfst. Passt es dahin, wo es steht? Transportiert es genau den Inhalt, den du willst?
Und da muss man streng mit sich sein, gerade bei einem solchen Stil, damit der vor der Geschichte nicht die Überhand gewinnt.
Ärgere dich auch nicht so sehr, wenn dir jemand schreibt, dein Stil würde so wirken, als wollest du originell sein. Diese Krtitik klingt schlimmer als sie gemeint ist. Mal abgesehen davon, dass vieles Geschmacksdsache ist, heißt das doch nur, dass sich ein Wort nicht so einpasst, wie es soll, dass es wie ein Fremdkörper wirkt. Und was außerdem soll schlimm dran sein, originell sein zu wollen. Originell wollen wir alle sein. Entweder beim Plot oder beim Stil. Oder bei den Details. Auch Effekte wollen wir alle erreichen. Wer was anderes sagt, der schwindelt. Das Spannende beim Schreiben ist einfach, sich die möglichen Effekte bewusst zu machen, um sie überhaupt verwenden zu können und sie dann auch noch so supergut einzupassen, dass kein Schwein merkt, dass es ein Effekt ist.
So - jetzt hör auf zu hadern mit dir und deinem Stil und probier dich aus in dem, was dir liegt und was du magst. Und häng nur zukünftig zusätzlich eine Wörterprüfmaschine an deine Texte.

Viele Grüße von Novak

PS: Ich schicke dir eine List der Wörter, die ich für unpassend halte, ich versuche auch zu erklären, warum sie aus meiner Sicht nicht passen. Ich spiele also mal Wörterprüfmaschine. Aber dazu komme ich heute wohl nicht mehr. Mach ich morgen oder so.
Aber ansonsten pflege weiter deinen dir ureigenen Stil und sei froh, dass du ihn hast, stell ihn halt nur auf den Prüfstand und misstrau der Schönheit der Wörter einfach manchmal ein bisschen mehr.

 

Hi Isegrims,

ich glaube, dass Dir diesen Rat:

Wie dankbar wäre ich, wenn mir jemand einen Rat geben könnte, die Qualitäten meines Schreibens so zu entwickeln, dass Texte entstehen, die wegen ihrer sprachlichen und inhaltlichen Kraft, mehr Leser berühren, anstatt sie zu verärgern. Vielleicht entstünden dann die – Achtung – Zaubertexte, die ich schreiben möchte.

am Ende niemand geben kann, denn ich z. B. weiß gar nicht, von welchem Leser Du da sprichst? Es gibt schließlich nicht den einen Leser und wenn man nicht gerade ein bestimmtes Genre im Auge hat, wo man auf eine "Genre-Leserschaft" zurückgreifen kann, deren Erwartungshaltung man vielleicht ungefähr kennt, weiß man über seinen potentiellen Leser gar nichts.

Wenn man ehrlich ist, weiß man sogar über die gängigen Kommentatoren im Forum in ihrer Funktion als Leser sehr wenig, obwohl man diese im Verhältnis zum "unbekannten Leser" extrem gut kennt.

Also welchen Leser möchtest Du denn verzaubern? Und warum ist Dir das wichtig? Wenn Du Deinen Leser nicht kennst, wie willst Du dann Texte für ihn so optimieren, dass er verzaubert ist?

Um es auf den Punkt zu bringen: Du wirst kaum jemanden mit Deinen Wortschöpfungen verzaubern können, der eine Milieustudie oder etwas in der Art erwartet, umgekehrt wirst Du Leser, die sich von Deiner Originalität ("Wortschöpfungen") begeistern lassen, mit einer Milieustudie eher abschrecken, weil diese Gegenpole aus meiner Sicht einfach nicht richtig zusammenpassen (außer man trifft vielleicht mit den Wortschöpfungen den Nagel im richtigen Kontext auf den Kopf, dann müssten aber auch die vielen andere Kritikpunkte in Bezug auf den Inhalt der Geschichte ausgeräumt werden).

Ehrlich gesagt, glaube ich, dass bei diesem Text einfach der momentane Stil nicht zum momentanen Inhalt passt.

Aber so what? Die Bilder, die Deine Wortschöpfungen bei mir kreieren, gefallen mir trotzdem und ich finde das stimmiger von der Gewichtung her als bei anderen Texten, die ich von Dir bisher gelesen habe.

So, jetzt bin ich aber wieder raus mit meinen Miniweisheiten.

Gruß
Geschichtenwerker

 

Hallo MariaSteffens,

vielen Dank für den Kommentar. Da steckt so viel Enthusiasmus drin, Sprachbegeisterungsfähigkeit, das lese ich in jeder Zeile und bin mir sicher, dass dir das auf deinem eigenen Weg helfen wird. Dein überschwängliches Lob freut mich natürlich, warum sollte ich das leugnen.

Gehupe, brummende, aufheulende Motorengeräusche dringen durch das Fenster, übertönen den Gesang Afrikas, das Perlenlachen, Stimmenrauschen, all die Rufe und Schreie.
Dieser Satz gefällt mir sehr. Nur das "Rufe und Schreie" verstehe ich nicht ganz. Es passt für mich nicht ganz in die Aufzählung "Gesang Afrikas", "Perlenlachen", "Stimmenrauschen".
ich habe die komplette Passage geändert, die war nicht rund

Ich verstehe die Geschichte so, dass sie durchaus sehr schlimme Dinge anspricht, aber die poetische, romantische Sprache lässt alles trotzdem wie eine wundervolle Liebesgeschichte klingen. Ich finde diesen Gegensatz unheimlich toll. Der Gegensatz hat mich manchmal total wütend gemacht, manchmal unheimlich traurig, auf jeden Fall hat mich die Geschichte dadurch sehr bewegt.
so ungefähr habe ich mir die Wirkung vorgestellt, umso besser, dass es bei dir funktioniert hat.

ich bin so fasziniert von deiner wundervollen Sprache!
:Pfeif:

Liebe Ich-will-die-Sonne-zurück-Sommersehnsuchtsgrüße
Isegrims


Hallo NGK,

Ähm, ja ... ich wurde ja schon ein paar Mal drauf hingewiesen. Beim Erstellen habe ich mir darüber tatsächlich keine Gedanken gemacht. Vielleicht könnte der @Webmaster einrichten, dass ich auch ne Benachrichtigung bekommen, wenn jemand @NGK eintippt?
na ja, ich kann dich ja trotzdem NGK abkürzen, schließlich war der webmaster so weise, eine Benachrichtigungsfunktion für erhaltene Erwähnungen einzurichten.

MariaSteffens ist neu und super beeindruckt von deiner Sprache. Was sie ja auch ist. Ich finde, es toll, dass du so anders schreibst, wie du es schaffst, mit Wörtern so große Bilder zu kreieren – das ist sehr beeindruckend.
o je, was soll ich dazu sagen, ohne dass es missverstanden wird, die Bildersucht bleibt, klar, aber ich kenne auch die Lücken zwischen den Bildern, die es zu füllen gilt, dankeschön an alle Kritiker.

Trotzdem werde ich auch weiterhin Kreationen hinterfragen, wenn sie mir nicht klar werden, und bin immer noch der Meinung, dass die einzelnen Wortkombinationen mehr Wirkung entfalten können, wenn sie gezielter eingesetzt werden.
unbedingt, ich bitte darum!

Bis morgen in einer Woche (!) und liebe Grüße,
zwei Tage noch, im Augenblick Wolkensuppe und Regengüsse, aber am Donnerstag soll’s wieder sonnenstrahliger werden.

Liebe Jetzt-wird’s-auch-Zeit-fürs-Gathering-für-Gitarrenklnge-und-Zaubergespräche-Grüße
Isegrims


Hallo Geschichtenwerker,
herzlichen Dank für deine wohlwollenden Anmerkungen, wird mir ein Ansporn sein und gibt mir auch einen Hinweis auf die Punkte, an denen ich arbeiten muss.

ist es mir gerade wichtig zu sagen, dass mich Deine Wortkreationen diesmal in keiner Weise gestört haben (und das will was heißen! ;-)
schon mal gut.:thumbsup:

Es gibt schließlich nicht den einen Leser und wenn man nicht gerade ein bestimmtes Genre im Auge hat, wo man auf eine "Genre-Leserschaft" zurückgreifen kann, deren Erwartungshaltung man vielleicht ungefähr kennt, weiß man über seinen potentiellen Leser gar nichts.
sicher, den Leser an sich gibt es nicht, aber ich möchte doch möglichst viele mitnehmen, ohne gleich beliebigbelanglose Unterhaltung zu bieten.

Also welchen Leser möchtest Du denn verzaubern? Und warum ist Dir das wichtig? Wenn Du Deinen Leser nicht kennst, wie willst Du dann Texte für ihn so optimieren, dass er verzaubert ist?
die andere Seite ist der künstlerische Wert (ein hochgegriffenes Wort, weiß ich), den Leser durch Sprache und Inhalt mitnehmen, das wünsche ich mir.

wirst Du Leser, die sich von Deiner Originalität ("Wortschöpfungen") begeistern lassen, mit einer Milieustudie eher abschrecken, weil diese Gegenpole aus meiner Sicht einfach nicht richtig zusammenpassen
Thema und Inhalt, ja, verstehe ich, obwohl ich dachte, dass gerade dieser Gegensatz eine andere Sicht ermöglicht.

Die Bilder, die Deine Wortschöpfungen bei mir kreieren, gefallen mir trotzdem und ich finde das stimmiger von der Gewichtung her als bei anderen Texten, die ich von Dir bisher gelesen habe.
gut, super, das war Teil des Experiments beim Schreiben dieser Geschichte

Liebe Grüße und eine zauberentsapnnte Restwoche für dich
Isegrims

 

Hallo Jimmy,
ich verstehe ganz gut, was du meinst. Umso dankbarer bin ich für die schonungslose Kritik, die Zeit und Auseinandersetzung mit dem Text, gerade weil du ihn hinterfragst, weil

Nee, nix für mich.
Deswegen bin ich letztlich hier.

Am Flughafen küsst sie ihn, flüstert, wie jung er aussehe, lächelt das Furchengesicht an, die Glatze, den Schleierblick, streicht über seinen Bart.

Sie lächelt also die Glatze an? Sie lächelt den Schleierblick an? Ist es wirklich das, was du meinst?

finde ich gar nicht unpräzise. Sie betrachtet ihn, nimmt Glatze, Gesicht wahr und lächelt es an.

Als hätten sie den Ausgang eines Labyrinths gefunden, halten sie irgendwann plötzlich an und erreichen das Viertel, aus dem Amandine stammt.

Irgendwann plötzlich. Da geht eine Tür auf und puff! sind die da. Na, ist ein bißchen simpel, oder? So mir nix dir nix sind die da, wo sie sein sollen?

die Stelle habe ich geändert

Mit so Wortschöpfungen wie Perlenlachen wäre ich vorsichtig. Ich habe die da Afroamerikanerin im Blick, die mal Werbung für Perlweiss gemacht hat. Kann böse nach hinten losgehen.
auch das Perlenlachen ist gestrichen; ich wollte damit ein perlendes Lachen, lachende Menschen an einer Perlenschnur aufgereiht andeuten

Für mich wirkt der Text vollkommen unausgegoren. Was soll mir hier erzählt werden?
das trifft wahrscheinlich den Kern. Ich hatte dieses Foto und mit den schlafenden Kindern und die Erzählung eines Freundes über Online-Dating und daraus wollte ich eine Geschichte gestalten. Meistens lasse ich mich dazu verleiten ohne über Prämisse, Fokus nachzudenken zu schreiben, zu überarbeiten. Die Textstruktur ist vorhanden und erst dann stelle ich mir die Frage, mit welchem Ziel, was ist die Kernaussage. Vielleicht fürchte ich auch, den Schreibprozess durch eine andere Vorgehensweise zu zerstören. Wahrscheinlich muss ich diese Herangehensweise dennoch ändern.

Viele Grüße und wir werden bisschen den Jimmy-Gedächtnis-Whiskey auf dich trinken in den nächsten Tagen
Isegrims


Hallo linktofink (warum muss ich an Vöglein, Finken, denken, wenn ich deinen Nickname lese?),

vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar, der mir wirklich weiterhilft und Aspekte behandelt, an die ich bisher gar nicht gedacht habe.


das Lesen deines Textes hat mich verwirrt (so viele offene Fragen) und doch berührt zurückgelassen. Dann las ich die comments und dachte nur: dieses verkopfte Zerpflücken, diesen Verriss hat deine KG nicht verdient. Das ist für mich eine heftige Überreaktion.
wenn der Text dich berührt, trotz der Kürze und der Lücken, dann ist das eine gute Nachricht.

Was mich nur wundert, ist die Prozedur, die ich mir - ohne allzu viel darüber zu wissen - anders vorstellen würde: Treffen im Büro der Vermittlungsagentur, Erledigung der Formalitäten, Rückflug zu zweit nach Deutschland.
klar, ich gebe da keine Hinweise drauf, aber ich glaube, dass im Internetzeitalter gar nicht mehr unbedingt Vermittlungsagenturen gebraucht werden.

Die Dämmerung überzieht ihre Gesichter wie Goldfolie, Plastiktüten liegen verstreut im Dreck.
Die Goldfolie finde ich umrahmt von Textstellen mit Plastiktüten und-müll nicht wirklich schön. Wie wär´s mit der Dämmerung, die ihre Gesichter zärtlich mit Blattgold betupft? Dann hast du einen Kontrast.
die Stelle habe ich bereits verändert, sollte ausdrücken, dass sich die Strahlen des Sonnenuntergangs über ihr Gesicht legen.

Sie pressen die Augenlider zusammen, werfen Schattenküsse zum Himmel, als wollten sie ihre Träume beschützen.
Da übergibst (verschenkst) du die Deutungshoheit an den Leser, statt ein klares Bild zu vermitteln. Was sind Schattenküsse? Was willst du damit sagen?
ein bisschen Rätselhaftigkeit darf ruhig übrig bleiben. Ich interpretiere die Schattenküsse im Zusammenhang mit ihrer Schattenexistenz

Karls Businessschuhe knirschen über Sand und Steine.
Budapester? Ist anschaulicher.
habe ich geändert. Richtig zufrieden bin ich damit dennoch nicht. Lederschuhe, aber eben keine einfachen, plumpen, eben Businessschuhe, die Info wollte ich unterbringen.

„Mama hat für uns gekocht“, sagt sie mit Glanzaugen.
„Weißt du, ich freue mich auf das Essen. Bin ganz schön hungrig.“
Hmm, damit habe ich ein Problem. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein alter, westlicher Knochen sich auf afrikanische Küche unter Slumbedingungen freut.
Er sagt das aus Verlegenheit, um überhaupt etwas zu sagen, und sein Hunger betrifft ja nicht das Essen selbst

... dort, wo Amandine in jeder Ecke Blumenträume, Tränenseen und Hungergesang versteckt hat.
Das ist mir auch zu dick, zu plakativ rauskickend. Da würde ich abspecken.
Wenn du schreibst, sie hat Blumen in abgeschnittenen Kanistern gezogen, wird das Hoffnungsmotiv genauso klar und wenn du schreibst, dass der Boden ihre Tränen geschluckt und die Wände ihre Hungerklage gehört haben, ist das schon dick genug.
die Stelle habe ich ein wenig geschmeidiger (wie ich hoffe) umformuliert

Unterdessen erwachen die Kinder aus Zauberträumen, kriechen unter der Decke hervor, schauen sich an, lächeln, öffnen die Schwingen und fliegen los.
Kann ich mir als Bild vorstellen, über die Message kann ich nur spekulieren. Aufgrund der öffnenden Schwingen (Engel?) denke ich, dass sie sterben? Oder meinst du fliegende Träume? Wo liegt die Bedeutung als Schlusssatz der Kernhandlung?
der Schluss ist vage gehalten, klar, ich wollte das auch so, dachte dabei eher an die Geister, von denen im Gespräch zwischen Amandine und Karl die Rede ist.

jede mögliche Denke in Richtung "Liebesheirat" zu verhindern und alles Süßliche auf den Prüfstand des realen Elends stellen. Haben sie genug Fleisch (in einem Slum???), Bohnen und Obst, oder ist das ein großes Opfer für die Familie, das sie quasi als Investition bringen, weißt?
du vergisst die Gastfreundschaft, ein Gast kommt von weit her, notfalls leiht man sich das Geld für Fleisch, als Opfer, nicht mal als Investition, würde ich das betrachten.

Viele finkmuntere Peace-Grüße
Isegrims
Kanji; Novak, Bea Milana: ihr wisst schon, was die Bande (leider ohne euch, also überlegt es euch: last chance!) in den nächsten Tagen vorhat. Ob ich es deshalb schaffe eure großartigen Kommentare vor dem Wochenendausklang zu beantworten, ist mehr als fraglich, ganz herzlichen Dank dafür (Bea: PN folgt auch alsbald, sehr überlegenswert, was du schreibst)

 

Lieber Isegrims,

ich wollte dir ja noch eine Wortliste schicken. Das hole ich hiermit nach. Aber wie gesagt, das Hauptproblem desTextes, so sehe ich das, ist mehr der Inhalt, weniger deine Neigung, Wörter neu zu schöpfen (das mag ich und empfinde ich wie gesagt als deine persönliche Isegrimstimme. Das, was du selbst schreibst; fehlende Prämisse, Kernaussage usw. das sind wohl die wichtgen Punkte hier. Und bei der von dir ins Auge gefassten Szene mit ihrem Hintergund ist deine Aufgabenstellung halt sausauschwer. Aber sie ist auch toll. Deshalb gräm dich nicht, sondern feier schön mit den anderen.


Am Flughafen küsst sie ihn, flüstert, wie jung er aussehe, lächelt das Furchengesicht an, die Glatze, den Schleierblick, streicht über seinen Bart.
Furchengesicht finde ich verunglückt. Begründen kann ich es nicht. Aber es wirkt unfreiwillig komisch auf mich. Vielleicht liegt es auch an dem, was Jimmy sagte, dass sie die Glatze anlächelt, das ganze Furchgesicht anlächelt, den Schleierblick anlächelt. Kommt mir einfach verunglückt vor, so das Verb anlächeln zu verwenden. Dass du das kontrastierst, das falsche Kompliment und die tatsächliche Erscheinung - das finde ich aber gut. Wenn du sie über den Bart streichen lässt, zum Beispiel, kommt mir das gut vor. Und wenn sie zum Beispiel eine tiefe Falte (oder Furche) mit einem Finger nachzeichnet oder ihm über die Glatze streicht, so, wie du es beim Bart gehalten hast, das finde ich alles gut.

Sie verlassen die Ankunftshalle, treten ins Freie und werden von Staubhitze erschlagen.
Die Staubhitze zum Beispiel finde ich eine gute Zusammenstellung.

Benzin, verbranntes Holz, Gummi, süßlich, dominant, beschwert die Luft, als läge Glocke über der Stadt, darunter Verwesung.
Da fehlt ein Wort vor Glocke. Außerdem ist das amS eventuell wieder ungenau. Nicht Benzin beschwert die Luft, sondern der Geruch danach - aber das weiß ich jetzt auch nicht, ob ich da nicht zu genau bin. Beim verbrannten Holt hab ich nämlich kein Problem, wahrscheinlich, weil da sofort Rauch assoziiert wird. Ich würde übrigens überlegen, ob ich nicht beschweren schreibe, denn das Verb bezieht sich eigentlich auf die gesamte Aufzählung, nicht nur auf den letzten Teil der Aufzählung. Die einzelnen Elemente bilden ja die Glocke

Das Licht schwindet, Abenddämmerung, letzte Sonnenstrahlen, überziehen ihre Gesichter mit Goldfolie.
Vor überziehen kein Komma. Der goldene Schimmr auf den Gesichtern der Kinder ist schön. Da spielst du wieder mit dem Kontrast. Musst halt aufpassen, dass du die Armut nicht verharmlost bzw fast glorifizierst dadurch. Ist wirklich scheißschwer, was du da vorhast. Das Bild mit der Goldfolie ist amS wieder sprachlich ungenau. Man könnte sagen wie mit Goldfolie, die unmittelbare Metapher aber, also die Gleichsetzung des Schimmers mit der harten Folie würde ich mir überlegen.

Sie pressen die Augenlider zusammen, werfen Schattenküsse zum Himmel, als wollten sie ihre Träume beschützen.
Die vieldiskutierten Schattenküsse. Ich finde das Wort toll. Aber inhaltlich passt es auch mir hier null rein. In Heines Gedicht deuten all die mit Schatten verknüpften Inhalt Schattenküsse, Schattenliebe, Schattenleben auf die Flüchtigkeit, vielleicht sogar die Verstecktheit der Liebe hin. Sie eröffnen durch die Zusammenstellung die neue Ebene, den neuen Blick auf die Liebe. Hier in diesem Zusammenhang aber eröffnet sich weder eine neue Ebene noch werden die Handküsschen der Kinder exakter formuliert durch das Kompositum. Du merkst das, wenn du dich fragst, welchen Inhalt du mit den Schattenküssen bezeichnen willst. Die Flüchtigkeit des Kusses kann es nicht sein. Die Tasache, dass es dämmert? Das würde aber auch nicht passen.

Anbei noch: Im Satz danach lässt du die Kinder schlafen. Sollen sie da trotzdem die Hände bewegen? Hmmm.

Karls Budapester knirschen über Sand und Steine.
Ersetzen die Budapester die Businessschuhe? Gut so. Ich hab zwar keine Ahnung, was Budapester sind, aber dass es eine Art Schuh sein müssen, und zwar so irgendwie ganz besondere, das wird schon klar. Und die Busineeschuhe waren furchtbar.

Auch der Silberrücken ist weg. Wunderbar. Der war doof, denn Karl ist doch kein Schimpanse. Ich nehme an, mit dem Wort wolltest du Karls Stellung, seine Position in alter oder neuer Hierarchie kennzeichnen. Aber damit überfrachtest du das Wort.

Das wars. Ich finde, du hast ganz schön viel überarbeitet.

Viele Grüße von Novak

 

Hallo Isegrims ,

Ich hoffe, ich bin nicht zu spät bei der Party. Die Kommentare haben jetzt richtig mein Interesse geweckt und ich will jetzt mal sehen, was hier bei deinem Text abgeht.


Am Flughafen küsst sie ihn
Das ist sehr schön.

Furchengesicht
Ich schließe mich Novaks Meinung an.

die Glatze, den Schleierblick, streicht über seinen Bart.
Das finde ich schön, wie sie ihn zerlegt.


Karl schwebt auf Wolken
Ist das der Typ, den sie küsst? Warum sagst du erst "er" und nennst dann erst den Namen.

Karl will sie aufs Bett werfen. Amandine verspricht, die Nacht mit ihm zu verbringen.
Diese Stelle ist komisch. Wie soll ich mir das vorstellen? Karl sagt "Ich werf' dich jetzt auf's Bett!" und Amandine antwortet "Ich verspreche dir, heute Nacht mit dir intim zu werden". Ich finde das irgendwie unnatürlich.

Die Straßen gleichen sich, unverputzte Flachbauten, dasselbe Ameisengewusel, Menschen transportieren Gegenstände auf dem Kopf, halten sich das Smartphone vors Gesicht.
Ich stell' mir hier Lagos vor, einfach weil Lagos cool ist.

Gesang Afrikas
Findest du, dass eine Frau so über ihre Heimatstadt denken würde. Dann müsste sie schon ordentlich panafrikanisch sein.

herausfinden, ob er ein lebendiger Mensch ist, warm, real, einer, der wegen eines schwarzen Mädchens nach Afrika fliegt, eine Hochzeit zu tanzen und die Ahnengeister zu erfreuen.
Ach, das ist eine von diesen Frauen, die im Internet reiche Männer kennenlernen?


nicht hier!“, sagt sie,
Warum das Ausrufezeichen?

„Ja, sie beschützen uns seit Papa tot ist.“
„Ja, sie beschützen uns, seit Papa tot ist.“

Amandine in jeder Ecke Blumenträume, Tränenseen, den Hunger nach Leben, richtigem Leben versteckt hat.
Das ist schön. Da hast du wohl für den Höhepunkt mit der poetischen Sprache zugelegt.

[/Unterdessen erwachen die Kinder aus Zauberträumen, kriechen unter der Decke hervor, schauen sich an, lächeln, öffnen die Schwingen und fliegen los. QUOTE]
Das ist natürlich ein Ende, dass man unterschiedlich Interpretieren kann. Willst du wissen, was ich mir dabei denke? Dass jetzt die Brüder gekommen sind und den Karl umgebracht haben und jetzt hat die afrikanische Familie das ganze Geld vom Karl und kommt endlich aus dem Slum raus.
Also, die fliegenden Kinder sind Karls Seele bzw. die Familie, die aus dem Slum rauskommt.

Oh man, was gibt es denn sonst zu sagen?

Ich hatte das Gefühl, dass du stark zurückgeschraubt hast. Bei den Kritiken hätte ich jetzt mit einem superkomplizierten Kunsttext voller blumiger Wörter gerechnet. Es hat mich tatsächlich überrascht, wie schlicht es wahr. Eigentlich schade, ich habe mich fast schon auf so ein richtig künstlerischen Text gefreut :D

Dass ich mir unter den Handlungsort Lagos vorstelle und das Ende so brutal interpretiere, wirkt vielleicht irritierend auf dich. Ich denke, ich habe das alles nur so gelesen, weil ich letztens eine interessante Doku über die nigerianische Filmindustrie angeguckt habe. Hier, wenn du Interesse hast: https://www.youtube.com/watch?v=DfAfv-3SFXs

Und hier ein Nollywoodfilm: https://www.youtube.com/watch?v=qTO73MpNjHY

Insgesamt hatte ich auch das Gefühl, dass Amandine sehr ruhig ist, was ich eigenartig fand, weil sie am Anfang mit dem Kuss so emotional auf mich gewirkt hat.

So, und jetzt hoffe ich, dass du meinem Kommentar etwas neues abgewinnen kannst.

Liebe Grüße,
alexei

 

Liebe Kanji,

ich bin seit jeher der Meinung, dass ehrlichkritische Stimmen einen Blick auf das eigene „Schaffen“ ermöglichen, der unverzichtbar ist, wenn man sich weiterentwickeln möchte. Bei dir bin ich auch guter Dinge, dass Texte von mir entstehen werden, die deiner Leseerwartung mehr entsprechen wie dieser.

Maschentausendabertausendweit.
Süßer Lamasohn auf Moschuspflanzenthron,
Wie lange küßt dein Mund den meinen wohl
Und Wang die Wange buntgeknüpfte Zeiten schon?

Das Gedicht von Else Lasker-Schüler, die ich seit meiner Schulzeit verehre, könnte dir zeigen, was ich meine.

schon deswegen!
Deine abstrakten Schöpfungen klingen meist poetisch, verknoten meine Windungen aber derart, dass ich nichts erkennen kann.
Die poetischen Elemente stören dich in einem Prosatext, kann ich respektieren, vielleicht lässt du dich irgendwann darauf ein. Der Karl in dem Text ist ja auch nichts anderes als ein „Lamasohn (merkwürdige Assoziation zu den echten Lamas, die wir am Wochenende beobachtet haben) auf Moschuspflanzenthron“.
Wenn ich deine Texte vergleiche, erkenne ich natürlich eine andere Herangehensweise. Ich schreibe gerade in dieser Geschichte von außen und überlasse es dem Leser das Innen zu füllen.

Im Hotelzimmer legen sie das Gepäck ab, Karl will sie aufs Bett werfen. Amandine verspricht, die Nacht mit ihm zu verbringen. Dann brechen sie auf. Das Taxi irrt durch die Stadt.
Hier passiert es mir sogar inhaltlich. Weil Karl will sich aufs Bett werfen. Ich stehe also im Zimmer und sehe Karl, wie er ... was jetzt macht?
gut, dass sich dieses Bild am Ende deiner Lektüre aufklärt.

Neben einer Blechhütte liegen zwei Kinder in einer Ecke, eingerollt in eine Militärdecke, einander zugewandt.
Jedes Bild eine Verwirrung. Dachte ich eben noch, es wäre heiß und stickig, sehe ich nun Kinder in Decken. Ist es doch kalt? Oder ist es Nacht? Hab ich eine von den vielen Informationen überlesen?
auch wenn es warm ist, kann man sich in eine Decke einrollen, oder?

Über die Vororte von Yaoundé fegt Wind, der Sandkörner durcheinanderwirbelt, zerfetzte Worte, Musik, das Rascheln in den Büschen, über die Lehmstraße weht. Die Luft schmeckt feucht, nach Regen.
Karls Budapester knirschen über Sand und Steine.

Herrje, wo ist Yaoundé das denn jetzt bloß? Es gibt dort Wind, Sand, Worte, Musik, Büsche, Lehmstraßen, ja und Steine. Okay. Und dann? Weißt du, wie es mir geht? Ich will dir zeigen, was dein Text mit einem Leser machen kann.
Warum jetzt auch noch ein Wort wie Budapest - ach nee, so heißen ja nur seine Schuhe. Warum muss ich das wissen? Wer trägt noch gleich Budapester? Wer ist dieser Kerl, äh, Karl ?

im Grunde nicht viel mehr als Verortung. Und über die Budapester habe ich länger nachgedacht, anfangs stand da Businessschuhe. Ausdrücken will ich, dass er in seinen feinen hochglanzpolierten Bürolederschuhen in den Slums der Kameruner Hauptstadt Yaoundé herumläuft.

Stattdessen lese ich von Blumen und Tränen und Hunger nach Leben. Kenn ich, denk ich. Amandine, meine Schöne, das gibbet hier auch. Aber sofort bin ich verwirrt: Herrje, wie schreckhaft ist der dicke Karl, dass ein Klopfen auf Holz erwähnenswert ist?
ich glaube gar nicht mal, dass der so schreckhaft ist.

das machen all deine Texte mit mir. Und bei diesem fasse ich mal den Mut, auch weil es sich anhand der Kürze eben auch für mich bewerkstelligen ließ, um dir einen einzelnen, ausgiebigen Leseeindruck zu bescheren.
wie gesagt: ich freue letztlich über deinen Kommentar, vielen Dank, auch für die Zeit und die Überweindung, die es dich womöglich gekostet hat.

Viele Wär-ja-nett-gewesen-wenn-du-beim-Gathering-auch-dabei-gewesen-wärst-schon-wegen-der-Lamas-Grüße
Isegrims


Liebe Novak,

was hältst du eigentlich von einem moosbedeckten Keuschheitsgürtel oder von zwnagskopulierenden Lamas? Mm, weißt du nicht, kannst du nicht einordnen, wortschöpfungstechnisch zu ungenau? Würdest du nicht denken, wärst du in Bad Schwalbach gewesen.:D

PS: Ich schicke dir eine List der Wörter, die ich für unpassend halte, ich versuche auch zu erklären, warum sie aus meiner Sicht nicht passen. Ich spiele also mal Wörterprüfmaschine. Aber dazu komme ich heute wohl nicht mehr. Mach ich morgen oder so.
aus Restmüdigkeitsgründen und weil ich in Ruhe über das Ergebnis der Wortprüfmachine nachdenken muss, folgt die Antwort auf deinen zweiten Kommentar wie oben von dir selbst beschrieben.

ich habe in der letzten Zeit ziemlich viel über deine Geschichte hier nachgedacht, auch über deine Art des Schreibens. Man merkt ja auch ein wenig deine Irritation darüber, dass diese Geschichte bei vielen nicht funktioniert.
ist für mich mit mittlerweile etwas Abstand schon ein Erkenntnisprozess, der gerade einsetzt, ich verstehe viel besser, warum diese kleine Geschichte nur teilweise und nur bei manchen funktioniert, dankeschön für den großartigen Kommentar!

Eines will ich aber auch sagen, die Aufgabenstellung, die du dir da gegeben hattest, war aber auch wirklich sausauschwer. Mit 500 Wörtern eine Geschichte hinbiegen, die mit dem Material dieses den meisten so fremden Kulturkreises Substanz, Logik, Nachvollziehbarkeit und Glaubwürdigkeit der Charaktere vermittelt, da muss man schon meisterlich schreiben und verdichten können.
will ich trotzdem wiederholen, solche oder ähnliche Versuche, lerne ich draus und bin ohnehin der Meinung, dass ich das zu Weiterentwicklung brauche.

Wenn man so ein sehr eigenes Stilmittel entwickelt, ist es nur so, dass man manchmal auch daneben liegen kann. Gerade Wortschöpfungen können furchtbar schief gehen.
tatsächlich erkenne ich mite in wenig Abstand auch, welche Wortschöpfungen in die Prüfmaschine müssen
Über die Kritik der anderen wäre ich also froh, deine Kommentatoren weisen dich auf die Tücken dieses Stils hin. Die Qualitäten dieses deines höchstpersönlichen Stils kannst du nur steigern, indem du so weiterschreibst wie bisher, aber eben noch dazu jedes einzelne Wort wirklich sehr streng prüfst.
deswegen werde ich an deinen Rat halten!

Und was außerdem soll schlimm dran sein, originell sein zu wollen. Originell wollen wir alle sein. Entweder beim Plot oder beim Stil. Oder bei den Details. Auch Effekte wollen wir alle erreichen. Wer was anderes sagt, der schwindelt. Das Spannende beim Schreiben ist einfach, sich die möglichen Effekte bewusst zu machen, um sie überhaupt verwenden zu können und sie dann auch noch so supergut einzupassen, dass kein Schwein merkt, dass es ein Effekt ist.
okay, originell sein, so als Selbstzweck, danach strebe ich nicht, eine Verdichtung mit einer Wortkreation zu erreichen, danach ganz unbedingt. Effekte erzielen zu wollen habe ich nie geleugnet.

Aber ansonsten pflege weiter deinen dir ureigenen Stil und sei froh, dass du ihn hast, stell ihn halt nur auf den Prüfstand und misstrau der Schönheit der Wörter einfach manchmal ein bisschen mehr.
o je, der Schönheit zu widerstehen, fällt schwer.

Vielen Dank, viele Sonnengrüße und bis bald
Isegrims

 

Liebe Novak,

zwar stecke ich noch in der Nachgatheringmüdigkeitsphase, aber deinen so überaus wertvollen Kommentar kann ich jetzt endlich beantworten, weil ich mittlerweile ein paar Stellen (ungefähr genau die von dir angesprochenen) verändert habe. Viele Dank!

ist mehr der Inhalt, weniger deine Neigung, Wörter neu zu schöpfen (das mag ich und empfinde ich wie gesagt als deine persönliche Isegrimstimme. Das, was du selbst schreibst; fehlende Prämisse, Kernaussage usw. das sind wohl die wichtgen Punkte hier.
ich schätze darin beszeht der Lernprozess, ich werde die nächsten Geschichten besser planen, auch wenn es nicht ganz meiner bisherigen Arbeitsweise entspricht.

ist deine Aufgabenstellung halt sausauschwer. Aber sie ist auch toll. Deshalb gräm dich nicht, sondern feier schön mit den anderen.
a propos feiern: siehe Gathering-Thread und schwör mal, dass du nächstes Mal dabei bist!

Am Flughafen küsst sie ihn, flüstert, wie jung er aussehe, lächelt das Furchengesicht an, die Glatze, den Schleierblick, streicht über seinen Bart.
Furchengesicht finde ich verunglückt. Begründen kann ich es nicht. Aber es wirkt unfreiwillig komisch auf mich. Vielleicht liegt es auch an dem, was Jimmy sagte, dass sie die Glatze anlächelt, das ganze Furchgesicht anlächelt, den Schleierblick anlächelt. Kommt mir einfach verunglückt vor, so das Verb anlächeln zu verwenden.
mit der Stelle wollte ich ausdrücken, auf welche Weise und dass sie ihn abscannt.
Am Flughafen küsst sie ihn, flüstert, wie jung er aussehe, lächelt das zerfurchte Gesicht, den Schleierblick an, streicht über seinen Bart, berührt die Glatze.
ich hab’s anders angeordnet und das Furchengesicht ersetzt.


Nicht Benzin beschwert die Luft, sondern der Geruch danach - aber das weiß ich jetzt auch nicht, ob ich da nicht zu genau bin. Beim verbrannten Holt hab ich nämlich kein Problem, wahrscheinlich, weil da sofort Rauch assoziiert wird. Ich würde übrigens überlegen, ob ich nicht beschweren schreibe, denn das Verb bezieht sich eigentlich auf die gesamte Aufzählung,
auch die Stelle habe ich verändert
Verbranntes Holz, Gummi, Benzingeruch, süßlich, dominant, beschweren die Luft, als läge eine Glocke über der Stadt, darunter Verwesung.

Das Bild mit der Goldfolie ist amS wieder sprachlich ungenau. Man könnte sagen wie mit Goldfolie, die unmittelbare Metapher aber, also die Gleichsetzung des Schimmers mit der harten Folie würde ich mir überlegen.
stimmt, deshalb jetzt:
Das Licht schwindet, Abenddämmerung, letzte Sonnenstrahlen überziehen ihre Gesichter wie ein Schleier aus Gold.

Sie pressen die Augenlider zusammen, werfen Schattenküsse zum Himmel, als wollten sie ihre Träume beschützen.
Die vieldiskutierten Schattenküsse. Ich finde das Wort toll. Aber inhaltlich passt es auch mir hier null rein. In Heines Gedicht deuten all die mit Schatten verknüpften Inhalt Schattenküsse, Schattenliebe, Schattenleben auf die Flüchtigkeit, vielleicht sogar die Verstecktheit der Liebe hin.
mm, mit den Schattenküssen habe ich lange gekämpft – ich liebe die Bildhaftigkeit, Vieldeutigkeit, die sich darin versteckt. Dennoch:
QUOTE=Novak;704930]
Sie pressen die Augenlider zusammen, als müssten sie tief in sich den Schattenhimmel küssen, um ihre Träume zu beschützen.

Karls Budapester knirschen über Sand und Steine.
Ersetzen die Budapester die Businessschuhe? Gut so. Ich hab zwar keine Ahnung, was Budapester sind, aber dass es eine Art Schuh sein müssen, und zwar so irgendwie ganz besondere, das wird schon klar.
Budapester sind so Lederbusinessschuhe mit einer Art Stickmuster.
Was für ein toller Kommentar: viele Grüße aus der Sichelmondnacht
Isegrims

Liebe Bea Milana,

noch mal ein paar Worte zu deinem wunderbaren Kommentar.

Du musst dir darüber im Klaren sein, was du erzählen willst (Intention) und mit wem du es erzählen willst (Figuren). Auch das wie ist wichtig (Stil), aber das kommt mMn später und irgendwann ganz von selbst. Lassen wir die Stilfrage mal außer acht und konzentrieren wir uns auf die Figuren und deine Erzählabsicht.
ich muss einen Ausgleich zwischen intuitivem und geplanten Schreiben finden, den kreativen Prozess erhalten und gleichzeitig ordnen.
Was will Amandine? Hm, da bin ich nicht sicher. Der Text lässt keine genauen Schlüsse zu.

Ist sie an einen Fremden verheiratet worden und wird sie womöglich bald das Land verlassen? Wenn das der Fall ist, wie fühlt sie sich?
Hoffnungsvoll, unsicher, ängstlich, wie ein Stück Vieh, wie eine Braut (geliebt), ...

Wie ist ihr Charakter? Macht sie sich etwas vor? Hat sie eine Ahnung, auf was sie sich einlässt? Machen das alle in Nachbarschaft so? Was hat sie bereits darüber gehört? Nur Gutes? Welches Bild von Männern hat sie? Welche Ideale hat ihre Mutter ihr mitgegeben? Welche ihre Brüder? Ist sie zur Schule gegangen? Kann sie schreiben? Arbeitet sie? Wenn ja, wo? Auf der Müllhalde, im Restaurant in der Küche, als Latrinenreinigerin? Welche Kleidung trägt sie? Mit Sicherheit hat sie Freundinnen, Nachbarinnen? Die gucken doch bestimmt, wen sie da anschleppt. In den Gettos kriegt jeder von jedem alles mit. Alles. Wie ist deren Reaktion?

Ich verstehe die Fragen, klar, dennoch muss der Leser sich seinen eigenen Zugang verschaffen können.

[

All das wird ihr Tun und ihre Gedanken begleiten und es wird etwas über sie und ihr Leben dort aussagen. Du musst es nicht alles erzählen, aber du musst es wissen!
ich muss mehr wissen, mag sein, alles aber nicht

Den Rest zum Handlungsverlauf und meinem ganz persönlichen Rat schicke ich per PN.
morgen mehr per PN, vielen Dank!

Nachträgliches Edit: Habe gestern spät noch ein paar Artikel zum Thema "Zwangsheirat" von Minderjährigen in Afrika gelesen. Ich finde, das das ein großartiges, aber sehr schreckliches Thema ist, Isegrims. Ich weiß nicht, ob es das war, was dich getrieben hat, diese Geschichte zu erzählen,
nein, mir ging es nicht um Zwangseehe

Viele Mondschattengrüße
Isegrims

 

Hallo alexei,

bin mal wieder sehr erfreut über deinen erfrischenden Besuch, danke dir!

Ich hoffe, ich bin nicht zu spät bei der Party. Die Kommentare haben jetzt richtig mein Interesse geweckt und ich will jetzt mal sehen, was hier bei deinem Text abgeht.
yea: Party, Zirbenschnaps (Grüße an RinaWu), Klimpergitarre, E-Piano und Donnergesang (Grüße an Nichtgeburtstagskind und dotslash), tja, wärst du mal zum Gathering gekommen.

die Glatze, den Schleierblick, streicht über seinen Bart.
Das finde ich schön, wie sie ihn zerlegt.
super: einer, der es durchschaut hat

Karl schwebt auf Wolken
Ist das der Typ, den sie küsst? Warum sagst du erst "er" und nennst dann erst den Namen.
Spannungsspielerei

Karl will sie aufs Bett werfen. Amandine verspricht, die Nacht mit ihm zu verbringen.
Diese Stelle ist komisch. Wie soll ich mir das vorstellen? Karl sagt "Ich werf' dich jetzt auf's Bett!" und Amandine antwortet "Ich verspreche dir, heute Nacht mit dir intim zu werden". Ich finde das irgendwie unnatürlich.
die haben sich lange zuvor schon ausgetauscht.

Die Straßen gleichen sich, unverputzte Flachbauten, dasselbe Ameisengewusel, Menschen transportieren Gegenstände auf dem Kopf, halten sich das Smartphone vors Gesicht.
Ich stell' mir hier Lagos vor, einfach weil Lagos cool ist.
ich glaube, das ist eine brutal impressive Stadt

Gesang Afrikas
Findest du, dass eine Frau so über ihre Heimatstadt denken würde. Dann müsste sie schon ordentlich panafrikanisch sein.
ganz glücklich bn ich mit dem Ausdruck nicht, aber das erzähle ich nicht aus ihrer Perspektive

Ach, das ist eine von diesen Frauen, die im Internet reiche Männer kennenlernen?
reich braucht er nicht gleich sein

Dass jetzt die Brüder gekommen sind und den Karl umgebracht haben und jetzt hat die afrikanische Familie das ganze Geld vom Karl und kommt endlich aus dem Slum raus.
Also, die fliegenden Kinder sind Karls Seele bzw. die Familie, die aus dem Slum rauskommt.
gefällt mir, die Interpretation

Wörter gerechnet. Es hat mich tatsächlich überrascht, wie schlicht es wahr. Eigentlich schade, ich habe mich fast schon auf so ein richtig künstlerischen Text gefreut
Mann, soll ich wieder mehr reinstopfen?

letztens eine interessante Doku über die nigerianische Filmindustrie angeguckt habe. Hier, wenn du Interesse hast: https://www.youtube.com/watch?v=DfAfv-3SFXs

Und hier ein Nollywoodfilm: https://www.youtube.com/watch?v=qTO73MpNjHY

sehr coole Links

Viele Mondschattengrüße
Isegrims


Liebe maria.meerhaba,

Ich lese deine Kommentare immer, absolut immer, auch zu anderen Geschichten. Wegen der Leidenschaft, dem Blutwurstgranteln. Nix Türkin, nix Türkei, echt süddeutschösterwienerisch. Danke für deinen Besuch und he: hier wird’s in der Nacht auch wieder kälter und die ewigen WM-Spiele ähneln sich brutal.

Am Flughafen küsst sie ihn, flüstert, wie jung er aussehe, lächelt das Furchengesicht an, die Glatze, den Schleierblick, streicht über seinen Bart.
Das ist ein schöner erster Satz und vermutlich gefällt er mir so gut, weil es meinem derzeitigen Stil ähnelt :3
mir gefällt’s, dass du den Stil magst (obwohl ich das Furchengesicht ersetzt habe)

Für meinen Geschmack ist das hier einfach zu wenig. Ich bin kein Fan von Flashfiction oder Kürzestkurzgeschichten, sondern will sie immer lang haben, so richtig eintauchen und mich darin verlieren,
ich weiß, mag ich ja auch, hätte man auch aus der Geschichte machen können, aber ich wollte was Kurzes, mit viel Zwischenraum für den Leser.

[ Aber das sind jede Menge Mutmaßungen, die die Geschichte nicht beantwortet und alles bleibt offen, endet abrupt und ist vorbei. Ich mag so was nicht.
ja, ja, ja, kapiert

Vom Klang und Stil her, hat mir die Geschichte gut gefallen, aber es passiert einfach nichts und hat stattdessen ein schnelles Ende, mit dem ich mich nicht anfreunden werde.
immerhin, der Klang, ein Ziel erreicht.

Ein paar Nebelschattennachtgrüße für dich
Isegrims

 

Hallo Manlio,
ich danke dir für deine Anmerkungen, sehr schön, dass der Text bei dir funktioniert hat, die Kürze genug Raum eröffnete. Einige deiner Änderungsvorschläge habe ich übernommen.

Mag ich, wirklich, Isegrims!

Sie verlassen die Ankunftshalle, treten ins Freie und werden von Staubhitze erschlagen.
Hier vielleicht "Sie treten ins Freie und ..." ?
hier warden ja zwei Vorgänge beschrieben, die ich trennen wollte.

Dann brechen sie auf. Das Taxi irrt durch die Stadt.
"Dann brechen sie auf" ist ein "Übergangssatz", zeigt den Wechsel der Szene an. Vorher hattest du abrupt gewechselt ("Im Hotelzimmer"). Deshalb Vorschlag: "Im Taxi irren sie durch die Stadt."
super, nehme ich, gefällt mir!

eine Hochzeit zu tanzen und die Ahnengeister zu erfreuen.
nicht eher "um eine Hochzeit ..." ?
wegen des Klangs habe ich das „um“ weggelassen

das Rascheln in den Büschen über die Lehmstraße weht.
war ein kleiner Stolperer. Nicht eher "das Rascheln in den Büschen weht ..." ?
weht steht am Schluss, weil sich ja alle Nebensätze auf den Wind beziehen.

- "Unterdessen erwachen die Kinder aus Zauberträumen, kriechen unter der Decke hervor, schauen sich an, lächeln, öffnen die Schwingen und fliegen los."
Das ist schon seeehr romantisch, aber warum nicht, warum sollen die Kinder nicht ein bisschen vom besseren Leben träumen.
Hoffnung war mir wichtig, ja. .

liebe Grüße und ein paar Zauberträume für dich
Isegrims

 

In der ersten Version fehlte zu viel, die Geschichte brauchte mehr Platz. Den hat sie jetzt. Und ist von 500 auf 2500 Wörter gewachsen.

 

Karl schwebt auf Wolken.
Dein Ernst, Grims? (Muss ich jetzt befürchten, dass der Typ im Verlauf der Geschichte auch noch „Schmetterlinge im Bauch“ hat?)
Im Ernst: Hau schleunigst diese zigtausendmal gehörte Groschenroman-Phrase raus. Bitte!
Verbranntes Holz, Gummi, Benzingeruch, süßlich, dominant, beschweren die Luft,
Nö, Ise, der Satz geht so nicht. Sinngemäß steht da nämlich:
Verbranntes Holz, Gummi […] beschweren die Luft,
und das klingt, mit Verlaub, einfach … na ja, dings. Und wenn du jetzt hundertmal sagst. „Mann, da kapiert doch jeder, wie das gemeint ist!“, dann sag ich dir drauf: „Also ich versteh das so, dass sich da Autoreifen in der Luft stapeln, kilometerhoch, und ja, Säcke voller Asche durch die Luft segeln. Oder so. Lieg ich damit richtig?“, woraufhin du vermutlich sagst: „Jessas, offshore, jetzt stell dich nicht blöder, als du bist.“ Woraufhin ich wiederum … na egal.
Schon klar, du versuchst, Atmosphäre zu schaffen, und das mit Hilfe prägnanter, eindrücklicher Wortbilder. Kurz, prägnant, im besten Fall noch poetisch - schön und gut, aber wenn du nicht ein Mindestmaß an Sprachgenauigkeit einhältst, klingen diese Bilder sehr schnell einfach nur sehr schief. Und eine wesentliche Voraussetzung für das Textverständnis ist nun mal die Textverständlichkeit. Und Textverständlichkeit erreicht man am allerehesten durch ein Höchstmaß an Sprachpräzision usw usf.

Soviel mal zu den ersten vier Zeilen deiner Geschichte. Würde jetzt gern weitermachen, aber heut schaff ich das nimmer. Muss morgen verdammt früh raus.
Du geduldest dich einfach noch ein bisschen, okay?

Danke, ich wusste es. :)

offshore

 

Dein Ernst, Grims? (Muss ich jetzt befürchten, dass der Typ im Verlauf der Geschichte auch noch „Schmetterlinge im Bauch“ hat?)
Im Ernst: Hau schleunigst diese zigtausendmal gehörte Groschenroman-Phrase raus. Bitte!
okay, der schwebt jetzt nicht mehr, einerseits bedauerlich, weil Wolkenschweben doch an Traumschweben erinnert und das wirst du ja bald erleben, weil:
Soviel mal zu den ersten vier Zeilen deiner Geschichte. Würde jetzt gern weitermachen, aber heut schaff ich das nimmer. Muss morgen verdammt früh raus.

muss noch mit dem Hündchen durch den Regen trotten, deshalb wird das mit der Sprachgenauigkeitsprüfung erst morgen was, danke dir!:Pfeif:
Isegrims

 

Hallo @Isegrims,

Karl reist nach Afrika der Liebe wegen.

Bei einem Autor wie dir gehe ich eigentlich davon aus, dass er weiß, was er tut - deshalb bin ich hier auch gleich ein wenig irritiert. Müsste es nicht heißen "Karl reist nach Afrika, der Liebe wegen?"

Aber halt, bevor ich weiter irritiert an deinem Text herummäkel, möchte ich gleich vorwegschicken, dass ich die Ursprungsversion während meiner Abwesenheit gelesen habe, und zwar gerne gelesen habe. Ja klar, sie war saukurz, die Geschichte, und deshalb gab sie plot- und twistmäßig nicht allzu viel her, aber trotzdem hast du es halt irgendwie geschafft, dich mit den paar wenigen Wörtern so tief ins Gedächtnis zu brennen, dass diese fliegenübersäte Kussmundaugenstimmung gleich wieder wachgerufen wurde, als ich den Titel hier aufploppen sah.

Aber zurück zum Meckern.

Seine Lippen fühlen sich weich an.

Hier hatte ich ein kleines Problem mit der Perspektive. Wer fühlt denn da die Weiche der Lippen? Amandine wohl, aber da die Geschichte nicht aus ihrer Sicht geschrieben ist, wirft mich dieser Einschub ein wenig raus.

Als hätten sie den Ausgang aus einem Labyrinth gefunden, erreichen sie irgendwann das Viertel, aus dem Amandine stammt.

Dieser inhaltlich passende Satz wird meines Erachtens durch die ungelenke "das Viertel, aus dem Amadine stammt"-Formulierung etwas ... dings ... na, hier, ich hätte mir halt was Runderes gewünscht.

„Gleich da, nicht mehr weit“, sagt sie.
„Ganz schön dunkel hier.“ Er zeigt zum Horizont, auf dem Gewitterwolken im Nachthimmel versinken.
„Mama hat für uns gekocht“, sagt sie mit Glanzaugen.
„Die Nebelschleier da hinten flimmern wie Geister.“ Karl deutet auf ein freies Gelände hinter der Siedlung.
„Geister? Dämonen hausen woanders, nicht hier!“, ruft sie, lässt seine Hand los, schreibt Zeichen in die Luft.
„Schon gut, glaube ich dir. Amandine?“
„Ja?“
„Weißt du, ich freue mich auf das Essen. Bin ganz schön hungrig.“

„Ein Mann wie du braucht Fleisch, Bohnen und Obst. Mama wird dich mögen und meine Brüder auch!“
„Deine Brüder?“
„Ja, sie beschützen uns, seit Papa tot ist.“
„Ich hatte nie richtig Familie.“ Karl löst sich aus ihrem Blick, schaut zum Boden. „Du bist schön, Amandine!“


Ich finde den Dialog eigenartig, aber weil ich nicht greifen kann, woran es liegt ... belasse ich es dabei.

Mir ist der Name gerade entgangen, aber irgendwer hat hier kürzlich eine Geschichte eingestellt, in der er gänzlich auf Absätze verzichtet hat - um der Stimmung beizutragen, sie ... enger, drückender zu gestalten, oder so.
Du benutzt hier eine ganze Menge Absätze und zwischendurch hab ich mich mal gefragt, ob ich das jetzt gut oder schlecht finde. Aber ich glaube, hier funktioniert das Prinzip "Stimmung durch Absätze" - dadurch, dass da quasi nie etwas ganz auserzählt wird, immer nur ein Eindruck eingeworfen wird und bevor man ihn verarbeitet, gewertet hat, schon der nächste Absatz um die Ecke kommt, fühlt sich alles irgendwie drückend fremd an. Ja, ich hatte ständig das Bedürfnis, zu sortieren, die Dinge einzuordnen, hatte aber keine Chance dazu, war schon wieder weiter und musste damit klarkommen.

Durch das Fenster mitten in der Pfostenreihe strahlt ein Sichelmond herein.

Vielleicht eher "der Sichelmond"? Gibt ja nicht so viele davon.

säubert ihn.Dann lehnt er sich zurück.

:Pfeif:

Wir haben ja viel geschrieben, bevor wir uns entschlossen haben, uns zu sehen.

Hm, das doppelte uns finde ich nicht ganz rund, vielleicht eher ... "bevor wir uns dazu entschlossen haben, einander zu sehen/treffen" oder so?

Ich wohne im eigenen Haus,ja,

:Pfeif:

Ja, irgendwie ist es eine ganz eigentümliche Erfahrung, diese Geschichte. Die Szene da beim Essen zum Beispiel, auch die wird sich wieder tief einbrennen, diese Befragung, die so ... sinnlos erscheint, so oberflächlich, wichtige Fragen wohl, aber was sagen die schon aus über den Karl? Und alles unter Beobachtung der stummen Wächterbrüder, die das Ganze regungslos überwachen - würde mich nicht wundern, wenn sie nebenberuflich Buckingham-Palace-Wachen sind - und der Engelskinder. Ich mag das, wie das eigentliche Geschehen, also das Gesagte, zur Nebensache wird und das stumme Bild die Szene beherrscht, oder so.

Um ehrlich zu sein, hätte die Geschichte für mich dann auch schon enden können, an dieser Stelle zum Beispiel:

Das Bett vor ihm schwebt in seinen Hoffnungen.

Bis hier hin ist alles gesagt, was ich wissen muss - oder eben nicht gesagt, sodass ich es mir selbst vorstellen muss, dass es mich weiter beschäftigt. Stattdessen lese ich diese ... Penisversagensszene, die ich nicht richtig einordnen kann und die morgendliche Wiedergutmachung, die meines Erachtens sprachlich etwas abfällt gegenüber dem bisher Gelesenen. Aber nun gut, es ist deine Geschichte und nicht meine und so nehme ich auch diese Szenen mit, sauge die Stimmung auf, versuche sie einzuordnen, was mir kaum gelingt, weil ich weitermuss, zum Frühstück, die Geschichte gibt es so vor und mir gefällt das, genau wie das Ende der Geschichte, das so selbstverständlich daherkommt, obwohl es das ja überhaupt nicht ist.

Eigentlich ist das ein perfektes Das-muss-ich-noch-mal-lesen-Ende, denn Mann, wie viel hab ich denn eigentlich verpasst, wie konnte ich den Panther, als er früher aufgetaucht ist, einfach so hinnehmen und ... Na, weil die Geschichte einen Sog hat wohl, kein Hinterfragen zulässt, nur ein Akzeptieren und Weitertreiben durch die Hitze Afrikas.

Sehr gerne gelesen, eine tolle Erfahrung, die so gar nicht nach Schreibratgeber riecht, sondern nach ... Rausch. Und ein bisschen nach den magischen (Sur-)Realisten aus Südamerika.

Bas

 
Zuletzt bearbeitet:

Auf der einen Seite der verliebte, vorurteilsfreie Romantiker, für den soziokulturelle Schranken nicht existieren, für den nur die wahre Liebe zu einem Menschen, egal welcher Herkunft, zählt, auf der anderen Seite der skrupellose Sextourist – in seinem genuinen Umfeld oftmals ein völliger Blindgänger, den freiwillig keine Frau auch nur mit der Kneifzange anfassen würde – der das materielle Elend in Drittweltstaaten ausnutzt, um sich Liebe (bzw. das, was er sich darunter vorstellt) zu erkaufen. Das sind die beiden (zugegeben stereotypen) Extreme, zwischen denen dein Karl sich theoretisch bewegen könnte, und zu Beginn der Geschichte weiß ich natürlich noch nicht, welcher Ecke ich ihn zuordnen soll. Was nichts anderes heißt, als dass ich nicht weiß, ob er mir sympathisch sein kann.
Nun bin ich obendrein – auch wenn ich mich für noch so weltoffen und aufgeklärt halte - ein in Wahrheit furchtbar altmodischer Mensch. Dermaßen altmodisch, dass mir so seltsame Phänomene wie Internet-Partnerbörsen, Blind Dates, Speed Dates usw. natürlich ein Begriff sind, aber ich mir halt nach wie vor nicht vorstellen kann, wie irgendwer auf diesem Wege den einen, den wahren Menschen fürs Leben finden kann. (Natürlich weiß ich, dass die Statistiken darüber, wie es heutzutage vorwiegend zu Beziehungen kommt, meiner vorgestrigen Vorstellung mittlerweile Hohn sprechen, und natürlich weiß ich auch, dass angesichts mehrerer Milliarden potenzieller Partner es sowieso und immer einfach nur einer verdammten Lotterie gleichkommt, da den einzig Richtigen/die einzig Richtige rauszufinden. Na egal.)
Was ich sagen will, Isegrims: Weil ich deine Geschichte gestern Nacht doch noch fertig lesen wollte, im Bett, mit dem Laptop auf dem Bauch, es aber schon so verdammt spät war und ich ehrlich gesagt null Bock drauf hatte, mich jetzt noch mit einem Unsympathler rumärgern zu müssen, hab ich kurzerhand beschlossen, deine Figuren zu mögen.
Ja, so einfach geht das. :D
Beziehungsweise nicht ganz so einfach, muss ich zugeben, ich hab mich nämlich noch eines Tricks bedient: Ich stellte mir deinen Karl einfach so vor, wie ich mir vor Jahrzehnten den Helden in Saul Bellows großartigem Roman Henderson the Rain King vorstellte. (Für mich ist das eine der eindrücklichsten und faszinierendsten Figuren der Weltliteratur, ohne Scheiß. Nicht von ungefähr hält sich das Buch nach wie vor hartnäckig in den TopTen meiner list of 10 books that influenced me, die ich seit gut fünfundvierzig Jahren führe.)
Aber was ich wirklich sagen will, Isegrims: Es war ein beeindruckendes Leseerlebnis!
Vor allem dann auch die Stellen, wo die Geschichte anscheinend (oder scheinbar? Träumt Karl das vielleicht nur?) den Boden der Realität verlässt, ins gleichsam Magische abdriftet. Jetzt bin ja nicht unbedingt ein Freund von so mystischem, meinetwegen allegorischem Zeugs (besser gesagt: nicht mehr. Marquez zum Beispiel hab ich geliebt in meiner Jugend), aber gerade diese Stellen

Die Tür schwingt auf. Eine Katze liegt auf dem Bett, ein Panther, der ihn anschaut. Das Fell wird vom Mondlicht berührt. Die Smaragdaugen fixieren Karl. Dann richtet sich das Tier auf, zögert, wendet den Blick ab, durchquert mit einem einzigen Sprung das Zimmer, springt mit einem Satz aus dem Fenster und entschwindet in die Nacht.
usw.
Neben einem Baum erkennt er den Panther, der ihn fixiert, abschätzt, sich zum Angriff bereit macht. Das Raubtier öffnet das Maul, Reißzähne werden sichtbar. Mit einmal spürt Karl eine sonderbare Kraft in den Beinen, drückt sich ab und jagt dem Panther entgegen, rennt auf vier Füßen, fletscht die Zähne, springt vorwärts, bis er das Raubtier erreicht, spürt die Luft in seinem Fell wirbeln. Sie kommen sich ganz nahe, umkreisen sich, warten darauf, wer beginnt, wer mehr wagt.
usw.
... verleihen der Geschichte etwas Märchenhaftes, etwas Zauberhaftes, und sie entschärfen auf eine gewisse Weise all die Problematik, die dem von dir gewählten Thema (und vor allem natürlich dem Schauplatz Afrika) innewohnt.
Also wirklich beeindruckend, wie gesagt, auch und vor allem sprachlich, umso mehr, weil ich gestern Nacht ausschließlich gelesen hab, mir gedacht hab, scheiß auf stilistische Fragwürdigkeiten, scheiß auf syntaktisches Kleingeldzählen, scheiß auf den Rotstift, ich lese jetzt einfach nur, hab ich mir gedacht und mich bedingungslos reinfallen lassen in "dieses so farbenprächtige afrikanische Monumentalgemälde". (Schön gesagt, was?)

Zwei kleine Kopfnüsse kann ich dir allerdings nicht ersparen.
Die Stellen sprangen mir gestern zu sehr ins Auge, als dass ich sie hätte überlesen können:

Die Holzbalken beobachten, wie der Fremde Amandine mitbringt, das Mädchen mit den goldenen Augen, die sie wachsen sahen, vom Kind zur Frau wurde,
Das ist stilistisch höchst ... na ja, du weißt schon, höchst dings. Zum einen weiß ich nicht, worauf sich der Artikel „die“ im Relativsatz beziehen soll (auf die Augen oder gar auf das Mädchen?), zum anderen hängt diese … äh, Wortgruppe “vom Kind zur Frau wurde“ syntaktisch vollkommen in der Luft.
… die sie wachsen sahen, die sahen, wie sie vom Kind zur Frau wurde, soll das vermutlich heißen. Nur, so steht’s halt nicht da.
Natürlich könntest auch schreiben: ... die sie wachsen sahen, vom Kind zur Frau werden, ...
Der Stoff knistert, als er sie aufs Bett zwingt, die Beine auseinander drückt, fängt an [anfängt], sie zu beschnüffeln
So, wie das Prädikat momentan dasteht, setzt du damit den Hauptsatz fort, demzufolge ist es der Stoff, der anfängt, sie zu beschnüffeln (Der Stoff knistert, […] fängt an, …)
In Wahrheit soll das Prädikat aber zu dem mit „als“ eingeleiteten Satz gehören, stimmt’s?
Die Satzstellung „als er fängt an“, bzw. „als Karl fängt an“ ist grammatikalisch zwar nicht falsch, aber sie klingt halt eher nach einem Übersetzungsprogramm aus den 90ern als nach gutem Stil.

Derartige Stolpersteine gibt’s noch ein paar, aber ich hab wie gesagt gestern einfach keine Lust gehabt, sie alle zu markieren, und schon gar nicht hab ich jetzt Lust, sie nochmal rauszusuchen.
Aber ich bin mir sicher, es findet sich noch wer, der sie findet. Vielleicht sogar du selber.

War mir ein Vergnügen, Isegrims.

offshore

(Zu den fünfhundert Leerzeilen sag ich jetzt gar nix, schön langsam glaub ich nämlich, dass ich eh
der einzige bin, den das stört. Wenn ich daran denke, dass in meiner Schulzeit noch
die "Äußere Form der schriftlichen Arbeiten" benotet wurde ... :rolleyes:
Okay, ich werde alt.
Na ja, drauf geschissen.)

 

Lieber @Bas,

der erste Satz muss passen, wissen wir alle, auch bei einem Kommentar zu einem Kommentar. :D
Ich sag mal Dankeschön und freue mich über deine Anmerkungen, Ein paar Hinweise habe ich bereits im Text verarbeitet.

Bei einem Autor wie dir gehe ich eigentlich davon aus, dass er weiß, was er tut - deshalb bin ich hier auch gleich ein wenig irritiert. Müsste es nicht heißen "Karl reist nach Afrika, der Liebe wegen?"
tja, das ist ein Beispiel für einen ersten Satz. Ich habe ihn nachträglich hinzugefügt, weil ich die Geschichte zusammenfassen wollte mit dem Satz. Das Komma habe ich weggelassen, weil es den Sprachfluss unterbrechen würde.

dich mit den paar wenigen Wörtern so tief ins Gedächtnis zu brennen, dass diese fliegenübersäte Kussmundaugenstimmung gleich wieder wachgerufen wurde, als ich den Titel hier aufploppen sah.
Kussmundzauber, gefällt mir:Pfeif:

Hier hatte ich ein kleines Problem mit der Perspektive. Wer fühlt denn da die Weiche der Lippen? Amandine wohl, aber da die Geschichte nicht aus ihrer Sicht geschrieben ist, wirft mich dieser Einschub ein wenig raus.
mit den Perspektiven habe ich in dem Text gespielt, gemischt, sogar die Holzpfosten der Hütte erzählen einen Teil.

Ich finde den Dialog eigenartig, aber weil ich nicht greifen kann, woran es liegt ... belasse ich es dabei.
ja, die reden aneinander vorbei, weiß ich, soll aber die Stimmung beschreiben, denke ich noch mal drüber nach.

Du benutzt hier eine ganze Menge Absätze und zwischendurch hab ich mich mal gefragt, ob ich das jetzt gut oder schlecht finde. Aber ich glaube, hier funktioniert das Prinzip "Stimmung durch Absätze" - dadurch, dass da quasi nie etwas ganz auserzählt wird,
einerseits mit voller Absicht, andererseits auch dem Schreibprogramm geschuldet, mit dem ich seit kurzem arbeite (Scrivener)

würde mich nicht wundern, wenn sie nebenberuflich Buckingham-Palace-Wachen sind - und der Engelskinder. Ich mag das, wie das eigentliche Geschehen, also das Gesagte, zur Nebensache wird und das stumme Bild die Szene beherrscht, oder so.
:Pfeif:

die morgendliche Wiedergutmachung, die meines Erachtens sprachlich etwas abfällt gegenüber dem bisher Gelesenen.
mm, mag vielleicht daran liegen, dass Erotik meist erwartbar wirkt, denke ich drüber nach. ob ich was ändere.

wie konnte ich den Panther, als er früher aufgetaucht ist, einfach so hinnehmen und ... Na, weil die Geschichte einen Sog hat wohl, kein Hinterfragen zulässt, nur ein Akzeptieren und Weitertreiben durch die Hitze Afrikas.
wow;)

Sehr gerne gelesen, eine tolle Erfahrung, die so gar nicht nach Schreibratgeber riecht, sondern nach ... Rausch.
Schreibratgeber, liest du die?

Und ein bisschen nach den magischen (Sur-)Realisten aus Südamerika.
ja, oder Joseph Conrad, aber magischen Realismus mag ich sehr:Pfeif:

Bleibt mir noch dir einen Wohlfühlrauschabend zu wünsche
viele Grüße
Isegrims

 

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