Anna
Anna
Es war kalt an diesem Morgen, als Anna in die Schule ging. Sie war froh, als der Bus endlich da war. Sie ging im Bus nach hinten, vorbei an den fünf Einzelplätzen, und stellte sich auf die unterste Stufe bei der hinteren Tür. Das war ihr Platz. Dann, in der Garderobe, sah sie die anderen aus ihrer Klasse stehen. Sie ging schnell vorbei. Zum Glück hatten sie sie übersehen. Sie zog Jacke und Schuhe aus, sah sich um, und als sie sich sicher war, dass niemand zusah, versteckte sie sie hinter der großen Topfpflanze. Dann ging sie in die Klasse.
Sie saß allein in der ersten Reihe, direkt vorm Lehrertisch, aber das machte ihr nichts aus. Anna stellte ihren Rucksack unter den Tisch und packte ihre Bücher aus. Geografie hatten sie in der ersten Stunde. Dann nahm sie ihr Schreibzeug aus dem Rucksack. Sie war stolz auf die neue Füllfeder, die sie erst letzte Woche zu ihrem elften Geburtstag bekommen hatte.
Es läutete. Der Lehrer war ungewöhnlich früh in der Klasse. Er kündigte eine Gruppenarbeit an. Schnell hatten sich die üblichen Grüppchen gebildet. Fünf mal vier Leute. Anna blieb über. Diesmal wurde sie der Mädchengruppe in der letzten Reihe zugeteilt. „Warum kriegen wir sie schon wieder?“ fragte eine von ihnen. Aber der Lehrer setzte seine strenge Miene auf und sie waren still. Widerwillig machten sie Anna Platz. Dann fingen sie an, ihre Aufgabe zu diskutieren. Anna war still. Sie wusste aus Erfahrung, dass das besser war. Sie war froh, als die Glocke wieder läutete.
In den Pausen war Anna meist allein in der Klasse, außer jemand hatte die Hausaufgaben nicht gemacht und musste sie erst abschreiben. Anna war sich sicher, dass sie die Einzige in der Klasse war, die noch nie abgeschrieben hatte. Von wem auch?
An diesem Tag hatte sie noch Deutsch, Mathematik und Turnen. Wenigstens keine Gruppenarbeiten mehr. Nach der Schule musste sie sich beeilen, um den Bus nicht zu verpassen. In der Garderobe fand sie Jacke und Schuhe unverändert hinter der Topfpflanze vor. Sie freute sich, dass niemand ihr Versteck entdeckt hatte und machte sich auf zum Bus. Während der Fahrt kam von irgendwo her eine Bananenschale zu ihr auf die unterste Stufe geflogen. Sie ignorierte sie.
Zuhause machte sich Anna sofort an ihre Hausaufgaben, dann räumte sie auf und begann das Abendessen vorzubereiten. Ihre Eltern arbeiteten den ganzen Tag hart, also war das ihre Aufgabe. Die Eltern kamen geschafft und müde nach Hause und freuten sich schon auf das Essen. Sie waren sehr stolz auf ihre Tochter.
Nach dem Essen saßen sie noch auf dem winzigen Balkon zusammen und schauten in die Sterne. Es war eine klare Nacht und plötzlich war da eine Sternschnuppe. „Wünsch dir was!“ sagte Annas Vater, und sie schloss die Augen und dachte ganz fest an das Schönste, was sie sich nur vorstellen konnte. Dann ging sie schlafen.
Als Anna am nächsten Morgen aufwachte, und langsam die Augen öffnete, konnte sie es kaum glauben. Ihr Wunsch war in Erfüllung gegangen. Sie sprang auf, rannte aus dem Zimmer und…
Nur ein Traum. Anna machte die Augen auf
und war noch immer schwarz.