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Astronaut

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03.03.2003
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Astronaut

Astronaut

Förmlich spüre ich wie das Fleisch von meiner Kehle geätzt wird. Die Flüssigkeit brennt sich einen Weg hinunter in meinen Magen. Richtige Schmerzen sind es, da soll man sich nichts vormachen.
Einerseits.
Andererseits lob´ ich mir die aktiven Bestandteile des Cannabis im Thujon des Feechens, denn die Wirkung setzt beinahe augenblicklich ein. Kaum angefangen zu trinken, bekomme ich, was ich will: betrunken. In Prag, im Park, am Nachmittag: betrunken! Der Fluss vor mir, die Fee neben mir: betrunken! Auf einer Bank hinter einer Trauerweide, (die zwar in Wirklichkeit eine andere Baumart ist, aber trotzdem grundlos in den Fluss weint): betrunken! So ist das. Und was die Fee aus der Flasche betrifft: nachdem ich eben beim Schlucken noch den Mund nach der Art Einer-muss-es-ja-machen verzogen habe, badet mein Hirn bald lange genug im Alkohol, um mich auf eine enthemmte Plauderei mit ihr einzulassen.
Tatsächlich verstehen wir uns auf Anhieb blendend. Voller Harmonie führen wir unseren Monolog. Sie streicht mir über den Oberarm und unter den Unterarm. Sie beruhigt mich, indem sie sagt, dass ihr die verwirrten und verängstigten Tanzpartner von allen die Liebsten wären –sogar obwohl ich etwas Schreckliches angestellt hätte. Trotzdem: ob ich nicht langsam machen wolle, was ich längst hätte machen sollen?
Will ich? Na, gut.
Ich springe von meiner Bank auf und verbeuge mich galant vor ihr: „Gnädiges Fräulein, darf ich bitten?“
Nein, sagt sie nicht.
Wir beginnen mit einem flotten Foxtrott. Gefolgt von einer Rumba. Dann ein Cha-Cha-Cha. Und Merengue. Obwohl, beim Merengue sind wir uns jetzt mit der Schrittfolge nicht so eins. Tja!
Nur am Rande bemerke ich, wie die Leute ihre Augen aufreißen und dann angestrengt weggucken, sobald sie erkennen, dass ich hier mit einer Flasche tanze.
Überraschung: Ein total toller Typ tanzt total toll besoffen! Na und? Ich saufe für den Weltfrieden. Da darf man sich schon Mal im Kreis drehen!
Die Hirne der etwaigen Betrachter sind mir egal, oder sogar völlig Schnuppe, viel schlimmer ist das, was die Fee, mit ihren 72% und dem Thujion, mit meinem Hirn veranstaltet. Denn je betrunkener ich werde, desto öfter flötet sie mir eine ganz bestimmte, süffisante Frage, nach jemandem ganz Bestimmtes aus Deutschland ins Ohr.
Die aus Deutschland, die aus Deutschland.....es ist wirklich hässlich, wie die Fee mich mit ihrem Lächeln seziert. Sie hätte es verdient, angeschrieen zu werden.
Mit starkem Willen und einem weiteren Schluck aus der Flasche versuche ich, mich so gut es geht zu beherrschen.
Es geht aber nicht gut. Ich bin viel zu besoffen, als dass ich wiederstehen könnte, lautstark mit ihr zu streiten. Wütend schreie ich: „Jetzt sei endlich ruhig, verdammt!“
Sie ist es nicht. Sie schießt wie aus der Pistole zurück: „Die aus Deutschland, Petre? Petre, was ist mit der?“
„Verdammt noch mal: Biest, Hexe, Miststück! Hör mir gut zu. Erstens: Mein Name ist Peter. Hörst du! Peter! Nicht Petre! Ich heiße Peter! Ich bin kein Tscheche, ich komme aus Deutschland, Göttingen, Reihnhäuserlandstraße 4a. Ja, und außerdem“ Ich hole noch einmal tief Luft, um meiner Stimme mehr Volumen zu geben: „Es gibt sie eben nicht, wie man sie haben will, nur wie sie ist. Merk´ dir das“
„Und wenn doch?“
„Und wenn nicht?“
„Und wenn nicht?“
„Und wenn doch?“
„?“
In der entsehenden Stille blicke ich hoch, in die knochigen Äste der Pseudoweide, die hinter uns steht. Etwas an ihr sagt mir, dass sie lieber im Stillen vor sich hintrauern würde, als uns Besoffenen zuzuhören, wie wir uns anschreien....wir streiten weiter.

Irgendwann sind wir am Ende. Mit Streit vergeht zwar die Zeit, aber es ist sehr anstrengend. Deswegen beschränken wir uns mehr und mehr auf friedliches Flussufergucken. Soll heißen: stumm nebeneinander sitzend blicken wir drei –Pseudoweide, Fee und ich- mitleidig dem dreckigen Wasser hinterher, wie es sich in Richtung Meer quält.
Nach einer langen Weile fragt mich die Fee leise, wie spät es wohl sein mag.
„Ich habe keine Ahnung!“, entgegne ich gähnend, „Vielleicht ist´s eins in der Nacht. Könnte aber genauso halb sieben sein. Was glaubst du?“
Ihr Antwortblick ist glasig.
Unbeholfen umschließe ich ihre Taille und ziehe mich auf die Beine, denn ich glaube, dass es besser ist, in die Innenstadt zu gehen, als hier einzuschlafen.
Um diesen Vorsatz in die Tat umzusetzen, gehen wir die Treppe runter von unserer Insel, hinauf auf die Brücke. Von dort aus folgen wir den Tramschienen. Wir kommen an einem komischen Gebäude -mit einer Krone auf dem Dach- vorbei, und daneben ist das Cafe Slavia, was ich aus dem Reiseführer kenne. An einem großen Haus aus Glas schwenken wir nach links, in die Altstadt.
Die Altstadt ist vor allem eins: verwirrend. Der „Marquise de Sade“ ist gleich neben dem „Chattaue“, das wiederum gleich neben der „Bannana Bar“ liegt, in dessen Schaufenster eine Frau tanzt, die kaum etwas an hat, egal, jedenfalls: wir kommen dann wieder zum „Marquise de Sade“ und zum „Chattau“ und zur „Bannana Bar“. Und so weiter und so fort. Und das geht lange so.
So lange geht das so, bis wir von einer Welle aus Menschen erfasst werden, die uns durch eine kleine Gasse auf einen großen Platz spült.
Eine Leinwand hängt an einem Haus. Ein Tor steht in der Ecke. Nichts von all dem habe ich je gesehen. Oder? Genau weiß ich es nicht! Und die Fee? Sie weiß es genauso wenig. Sie ist mir wirklich keine Hilfe. Aber ich bin froh, dass ich sie dabei habe. Ich schätze, das Luder und der Peter, wir werden ewig zusammen durch Prag irren. Verschollen in Prag – „Har“ schreit die Fee da schrill. Vor uns ragt ein monumentales Riff auf.
In letzter Sekunde reiße ich das Ruder herum. Und dreh uns um. Und stolpere ein paar Schritte. Und dann beinahe in ein Blumenbeet. Platten sind in den Boden eingelassen, „Jan Pallach“ steht drauf; dazu zwei Gesichter in Stein gemeißelt.
Das erinnert mich an irgendetwas. An, an -ich komme noch drauf- an, ja, an den Wenzelsplatz! Ich steh´ auf dem Wenzelsplatz! Vor mir der Reiter. Um mich herum, seltsame Leute, die mich mit großen Augen anglotzen. Statt Indien, Amerika! Heureka! Mein Überlebenstrieb hat mich geleitet. Oder war es diese Anstandsdame. Wer? Na, die knochige Alte, die neben uns seht. Sie will uns vor uns selbst beschützen. Glaube ich. Wir sollen die Tram zurück zu meinem Hotel nehmen.
Ach nee!
Lieber torkele ich entgegengesetzt dahin.
Kurz vor einem roten KFC versperrt uns eine Menschentraube den Weg, der wir instinktiv ausweichen. Wir biegen in eine Nebenstraße hinein.
Lauter Leute in Bauarbeiterwesen rennen hier umher. Man kommt nur an ihnen vorbei, wenn man Zettel nimmt, die sie einem hinhalten.
Kurz hinter einer weißen Stretchlimousine, mit acht Rädern, bleibe ich wie angewurzelt vor zwei Frauen stehen. Erstens könnten die zwei ihrer Größe nach Einwohner des Staates Lilliputt sein, ja, aber vor allem das: oben-ohne stehen sie hier auf der Straße, zeigen jedem ihre goldenen Brüste!
Spitze. Doch bei der Kälte?
Zeit, den tieferen Sinn hinter ihrer Erscheinung zu ergründen, bleibt mir keine. Direkt neben meinem Kopf blitzt eine Reihe gesunder Zähne auf. Der dazugehörige Neger -er trägt ebenfalls eine dieser neongelben Bauarbeiterwesten- beginnt wie wild auf mich einzubrabbeln.
Was er da von sich gibt, daraus werde ich nicht wirklich schlau. Bei seinem blubbernden Wortschwall, weiß ich nicht einmal genau, ob ich seiner Sprache mächtig bin. Da er allerdings öfter „my friend, my friend“ sagt, glaube ich fast, er redet Englisch. Ah-ja, er will mir „golden tits shown“; wie er ausufernd erklärt und auf die zwei Frauen vor uns zeigt. Ich soll mit ihm in diesen roten Eingang gehen. Zu seiner Linken. Es wäre „very cheap“. „no kiddin`“. „I´ll show you my friend.“ „hotest girls in praha“ „come on have a look for free“ „gratis beer“ „take a ride in the k five“….er redet wirklich verflixt schnell, und dann: „Look at this” er hält mir einen von diesen farbigen Zetteln vors Gesicht.
Da ich das Spiel mit den Zetteln ja bereits kenne, nehme ich ihn und stecke ihn zu den anderen in meine Tasche.
Im Gegensatz zu den Bauarbeitern, die mir bisher Zettel in die Hand drückten, wird das Sendungsbewusstsein meines neuen Freundes dadurch jedoch kaum gebremst. Er ruft noch irgendwas, was sich nicht Englisch anhört, hinter mir her, als ich ihn einfach stehen lasse.
Ich schlängele mich zwischen den Schneehäufchen hindurch zur anderen Straßenseite, wo Mädels im Schaufenster sitzen.
Am Glas drücke ich meine Nase platt; angenehm warm ist es.
Ich denke nach.
Exakt in dem Moment, wo mir klar wird, dass die Frauen mich je mehr anstrahlten, desto näher ich ihnen kam, vernehme ich eine Stimme.
Ich wende meinen Kopf.
Eine Bauarbeiterin!
Sie will mich zu den Scheibenmädels führen.
Glanzidee!
Mich würde bei dem Ganzen allerdings mal interessieren, weshalb hier so viele Bauarbeiterinnen rumlaufen.
Jedenfalls bin ich so begeistert, dass ich mich gleich versteife. Weswegen es mir gut gelingt, mich lässig von der Scheibe abzustoßen.
Mein Mädchen möchte mir –ich fasse es nicht- sie will mir das Feechen ausspannen!!
Sie greift nach ihr.
„Was fällt denn dir ein?!“ schreie ich schrill.
Ich setzte die Flasche trotzig an meinen Mund und lasse das Feechen hineinschweben.
Es guckt nur einen Sekundenbruchteil herein, dann will es machtvoll wieder hinaus.
Allein mittels heldenhafter Selbstbeherrschung widerstehe ich der zivilisatorischen Zumutung, schlucke hart.
Nichts mit: je t´taime, voulez vous coucher avec moi ce soir.
Stattdessen kippe ich den grünen Rest entwaffnet und ergeben in den Rinnstein; denke dabei -nicht ohne Wehmut- denke: au revoir mon ami, Cherie!
Ce la vie, höre ich von ihren bittersüßen Lippen.
Dem ist nichts hinzuzufügen.
Außer dem, dass mir schwindlig ist.
Deswegen bin ich meiner Freundin dann sehr dankbar, dass sie mich wieder in dem Arm nimmt und mich liebevoll und geduldig den Bürgersteig, der etwas rutschig ist, entlang drückt,
Sie leitet mich. Wohin? Insgeheim bin ich mir sehr sicher, dass sie weiß, wo es lang geht.
Mir dagegen, mir wird alles zunehmend zu kompliziert.
In dem Hinterhof, in den wir kommen, gehen wir auf einem Strich entlang, der direkt vor dem Eingang eines bunten Clubs endet, dessen Türen sich wie von selbst öffnen, nachdem meine Begleiterin rhythmisch gegen das Holz pochte, das, wie ich erkenne als es aufschwingt, gar kein Holz ist, sondern eher Metall und hinter dem sich eine Frau zeigt, die uns freudenstrahlend -offensichtlich ist ihr warm- zur Begrüßung anlächelt -sie läuft hier nur in Unterwäsche herum- und die dann meine Freundin zur Umarmung begrüßt, äh, ich meine, zur Begrüßung umarmt und sich als nächstes mir zuwendet, Gesten macht, „Money“ sagt, mir an den Arm fasst.
Junge, Junge! Wenn ich es jetzt alles richtig deute, soll ich Geld geben.
Achselzuckend grapsche ich in mein Portmonee und schiebe schnell rüber was ich habe.
Sie lächeln. Beide. Alles ist gut. Glaube ich. Gut. Für den Moment. Nur gut. Für den Moment.
Ob die Stufen der breiten, roten Treppe, zu der man mich drückt, wirklich so gut sind, bezweifele ich dann, denn schließlich schwanken sie wie Pontons auf unruhigem Wasser.
Hilfesuchend greife ich nach der Hand meiner Freundin, die sich jedoch einfach wegdreht.
Anscheinend will man mich sogar alleine lassen. „Have fun, have fun“ rufen die zwei mir winkend zu.
Etwas verwirrt und mit krauser Stirn stehe ich allein vor der Treppe.
Mir fällt etwas ein, was Alf in der Fernsehserie gesagt hat: Es gibt nichts gutes, außer man tut es.
Gut, also: ab in den Keller!
Was ich dann unten sagen kann, ist, dass Mut belohnt wird. Denn die Frauen aus dem Schaufenster sind alle samt hier und alle samt ist ihnen warm.
Ein Bulle rollt auf mich zu. Er stellt sich so vor mich, dass er mir die schöne Aussicht versperrt. Schon allein deswegen mag ich ihn nicht. Und so wie er mich anstiert, mag er mich auch nicht.
Als er dann vor mir in die Knie geht, um mich abzutasten, muss ich mich beherrschen, damit ich ihm nicht auf den Kopf spucke.
Gott sei Dank braucht der Mann nicht lang, bis er mir einen sehr kräftigen Klapps auf die Schulter gibt. Weswegen ich nach vorne torkele. Rudere.
Schnell komme ich nicht voran. Menschliche Hindernisse versperren den Weg. Viele haben ziemlich wenig an. Es ist laut. Zwei Männer küssen einenander. Ich muss lachen. Licht blendet. An einer silbernen Stange verbiegt sie eine Art Schlagen. Sie erinnert mich an eine Bekannte. Eine andere Frau, die ich nicht kenne, zeigt mir ihre auffallend lila geschminkten Brustwarzen, (die ich nicht sehen will). Ich schüttele mich. Die Lilane presst ihre Brüste zusammen. Der Gedanke an die Bekannte, der drückt einen Knopf in meinem Kopf. Deswegen drehe ich mich weg von diesen lila Brüsten. Ich gucke lieber zur Stange. Etwas löst der Anblick in mir aus. Langsam wanke ich zu einer Bank an der Tanzfläche. Ich setzte mich hin. Der Name der Bekannten, an die mich die Tanzschlange erinnert, will mir nicht einfallen. Ich weiß nur noch, dass auch sie sehr gelenkig war. Aber wie war doch gleich ihr Name?
Gedankenverloren streiche ich mir übers Kinn. Suche nach einem Sinn. Beobachte dabei. Die Wunderschöne. Die ihre Hüften kreisen lässt. Ich bin gebannt. Von ihrer eingeölten Haut wird das Scheinwerferlicht reflektiert. Es wirkt wie in einem schwedischen Erotikfilm. Verschwommen sehe ich, dass sie sich mit Anlauf an die Stange wirft. Ihre Muskulatur zeigt sich beeindruckend. Wie eine Extremsportlerin gleitet sie kopfüber, mit den Beinen festgeklemmt, zu Boden. Dort fängt sie sich geschickt ab. Beginnt, auf allen Vieren über die Tanzfläche zu schleichen. Hätte sie einen Schwanz, würde er gefährlich über den Boden streichen. Wie bei einer Raubkatze. Am ehesten gleicht sie einem Panter auf der Pirsch. Sie bewegt sich so drohend. Geschmeidig. Und kraftvoll. Und zielstrebig. Ihr Weg führt.., sie gleitet ja direkt auf mich zu! Meine Güte!
Langsam; quälend langsam schleicht sie näher. Wie in Zeitlupe.
Ich halte die Luft an.
Mit gesenktem Kopf kriecht sie direkt bis an den Rand der Tanzfläche; keinen Meter von mir entfernt wartet sie. Verharrt. Lauert.
Plötzlich zuckt ihr Kopf hoch.
Ich rucke ein gutes Stück zurück.
Will die etwa zu mir auf die Bank kriechen?
Sie fixiert mich.
Warum, will sie denn zu mir?
Ihr eindringlicher, beinahe böser Blick in meine aufgerissenen Augen, lässt mich wie ein Fisch am Hacken zappeln. Sekunden vergehen, die mir wie Jahre vorkommen. Dann dreht sie sich aber um. Das ist ja noch besser!
Unweigerlich klappt mir bei ihrem Hintern der Kiefer runter.
Wenn sie nur das Höschen auch ausziehen würde.
Sie drückt ihren Rücken durch und wieder denke ich: wenn sie es nur ausziehen würde.
Als ob die Schlange meine Gedanken lesen könnte, streift sie ihr bisschen Stoff herunter: Tatsächlich!
Ungläubig schüttele ich mich. Dieser Ort ist das Paradies!
Dann aber versperren mir zwei freischwebende Brüste die Aussicht.
Ihr dummen, blöden Brüste! Ihr sollt gefälligst aus dem Weg gehen!
Ich versuche sie mit Zischlauten zu verjagen, wie man das mit Vögeln oder Katzen macht.
Meine Taktik hilft nichts, deswegen winde ich meinen Kopf um sie herum.
Leider zeigt sich die Schwerkraft: ich kippe auf die Bank.
Das Gute ist, dass ich von meiner neuen Position nun die Tänzerin wieder besser sehen kann.
Ja, aber dann das: Ein Gesicht vor meinem Gesicht!
„Eileen?“ Genau, ja, Eileen, das war der Name, der mir die ganze Zeit nicht einfiel. Begeistert rufe: „Eileen!“
„No, boy, no, no my name is Vicky.“
Kein Wort verstehe ich von dem, was sie da sagt; höre nur mein eigenes Eileen.
Ich versuche mich aufzurichten, rutsche aber mit den Händen ab.
Sie hilft mir. Sie drückt mich in die Ecke der Bank. Sie setzt sich so neben mich, dass ich mich an sie anlehnen kann. Und nimmt dann meine Hand in die Ihre.
Bei der Berührung ihrer Finger, die so schön warm sind, passiert etwas, mit dem ich wirklich nicht gerechnet hätte. Erst langsam, dann immer schneller: Worte schießen aus mir. Wie ein Wasserfall.
Was ich da sage, das weiß ich nicht. Aber Eileen freut sich. Also freue ich mich. Das ist doch prächtig; uns geht´s blendend.
Nur dass ich irgendwann pinkeln muss, finde ich gar nicht so blendend.
Kopfschüttelnd über sie, über mich, über die Umstände, verlasse ich Eileen, um mir Erleichterung zu verschaffen.
Auf dem Klo gibt es marmorierte Fliesen, goldene Wasserhähne und übergroße Spiegel.
Die Pissoirs, zu denen ich in einem anderen Raum gelange, sind gefährlich, so viel Verstand schwimmt in einem Papierboot auf meinem grünlichen Alkohol.
Um nicht zu kentern, setzte ich mich in eine Kabine.
Das Wesentliche erledige ich ohne Problem. Und einen Augenblick des Friedens gönne ich mir. Dann stehe ich auf, denn wer weiß, wie lange Eileen auf mich wartet.
Als ich mit dem Gesicht gegen die Toilettentür schlage, tut es gar nicht weh.
Nur erschrecken tue ich mich ganz fürchterlich.
“Verdammte Hose, die, dieses Mist Ding, das!“
Ich gucke an mir herunter.
„Weiß der Geier, wie ich das dumme Dinge je wieder hoch bekomme soll....“
Wenn´s der Geier wissen sollte, kann er es mir ja sagen. Ich ziehe an meiner Hose, konzentriert, wie bei einer Buchführungsklausur. Ich fummele sie vorsichtig übers Knie. Hoch. Über meinen Hintern. Dahin, wo es hingehört. Sie passt.
Jetzt aber schnell, zurück zu Eileen!
Sie ist nicht mehr da. Auf ihrem Platz sitzt wer ganz anderes -mit roten Haaren- wo ist sie hin?
Aufgeregt tippe ich der Halbnackten neben mir, zu der ich mich an die Tanzfläche gestellt habe, auf die Schulter: „Eileen, ist she in the bed, schon ins Bett gegen, die Eileen?“
Die Frau guckt mich nur irritiert an.
Statt einer Antwort legt sie ihren Arm um mich, was wiederum mich ziemlich irritiert. Vor allem, weil sie beginnt, an meinem Schlüsselbein rumzufummeln.
Ich weiß nicht....wirklich....meine großen Augen folgen der Linie ihrer Unterarme zu den Oberarmen und der Schulter und bei dem Anblick ihres Ausschnittes interessiert mich, ob sie vielleicht genau so eine Schlange wie die Schlange von der Stange ist.
„Du like dancing?“, frage ich -ob sie gerne tanzt?
Und: Sie nickt.
„Ach ja“, nicke ich ihr ebenfalls lächelnd zurück; das hab ich doch gleich gedacht.
Mich am Kinn kratzend überlege ich mir, dass man nun mal nichts machen kann, wenn Eileen schon im Bett liegt und ich daher -jedenfalls bis Eileen wieder aufwacht- mit der hier tanzen könnte. Oder?
Ne, ne, ne und ja!
Und als ob hier wirklich alle Tanzschlangen des Gedankenlesens kundig sind, nimmt sie meine Hand und zieht mich hinter sich her.
Sie zieht mich an einer langen weißen Theke vorbei, drückt dort eine Tür auf und zieht mich zum Ziel: Ein winziger, abgedunkelter Raum.
Für mehr Möbel als das Bett wäre kein Platz gewesen.
„Danzig?“ frage ich skeptisch grinsend.
Sie lacht auf: stößt mich aufs Laken.
„Hey!“
Sie springt auf die Matratze, nur um sich breitbeinig über mich zu stellen, was zur Folge hat, dass ich maiäferähnlich ins Schwimmen gerate -und mir gar nicht gefällt.
Mit ärgerlich aufgerissenen Augen, bleibt mir nichts anderes übrig, als ihr unter den Minirock zu gucken.
Sie trägt ein knallgelbes Höschen, unter das sie ihre Finger schiebt.
Irgendetwas macht sie unter dem Höschen. Was zum Henker macht sie denn da? Ach so, sie zieht den Stoff zur Seite.
Darunter hat sie nichts. Nicht einmal Haare. -ich lache lauthals auf.
Die Schlampe, äh, ich meine, die Schlange lächelt weise zurück.
Ihre Lippen faszinieren mich.
Lachend lässt sie sie kreisen.
Ausgedehnten Bewegungen. Ausladende Formen. Ausgeschwungene Spiralen. Reisenkreise. Konzentrisch. Ellipsen. Teilweise, gleichschenklige Dreiecke. Und auf dem Bauch liegenden Achten. A-ha, und bei den Achten geht sie peu a peu in die Knie, verdunkelt die Sonne.
Mir wird so warm, warm wie... warm wie, ich weiß nicht was. Ich glaube, ich beiße sie, bevor sie mich beißt.

Am Ende zieht sie mich an. Mir geht es eigentlich relativ gut. Ich hätte sogar noch Lust, etwas zu feiern. Gegen meinen ausdrücklichen Willen, wirft mich meine Liebe in ein Auto. Dort bleibe ich liegen. Dann wirft mich jemand an eine Tür. Dann wirft mich jemand anderes in ein Bett. Es ist zu hell.


Das Leben meint es ehrlich: neben mir liegt Erbrochenes. Sofort muss ich würgen, presse dünnflüssige Galle hervor, die sich in einer Lache um den Matsch aus Halbverdauten sammelt, der auf meinem Bettlaken verteilt ist.
Nach unendlich ekeligen Kontraktionen möchte ich nur noch sterben oder schlafen. Doch kann ich nichts davon. Ich verende bei vollem Bewusstsein.
Es ist qualvoll und ein Blick auf meine Uhr, die sagt, dass es gerade mal 9:12 ist, verheißt, dass mein Elend noch dauern wird.
Dazu, und das ist das Schlimmste, lässt das Delirium Bilder vor meinem inneren Auge aufflammen. Es sind die Bilder, die wie Säure in mein Hirn geätzt sind. Es ist der Anblick, der sich in meine Netzhaut brannte, als ich vor zwei Tagen die vergifteten Worte aussprach. Wieder muss ich sehen, wie vor mir kaum mehr menschliche Augen verzweifelt flehen, dieser Moment möge nicht real sein. Sie liebt mich, röchelt sie; wie sie mich liebt, alles würde sie tun, damit ich es rückgängig mache. Dann ertrinkt ihre Stimme im Schluchzen der Tränen, verebbt bis erneut ein jäher Heulkrampf aus ihr herausbricht.
Ich dagegen wage kaum zu atmen.
Still, fassungslos, verantwortlich bleibt mir nichts, als sie mit großen Augen anzustarren.
Ihr Anblick wird wohl eines der Bilder sein, die, wenn es stimmt, was man sagt, wenige Sekunden vor dem Tod an meinem inneren Auge vorüber ziehen.

Warum?

Warum, warum, warum? Weil es besser ist, jemanden zu verlassen, solange man noch weiß, warum man zusammen kam.

 

Hallo Peter

hm. Hmmm... Ein Besäufnis in Prag. Gut. Stress mit der Freundin, wenn ich das Ende richtig verstehe?? Mag ein Grund sein. Für ein Besäufnis. Eine Geschichte braucht mE. ein wenig mehr als das ziellose Herumfliegen im All. Noch dazu, weil Du es auf den Thujon schiebst. Aber keinen Thujon-Rausch beschreibst, sondern lediglich eine mittlere Alkoholvergiftung. Das ist der grünen Fee gegenüber nicht gerecht. Und auch der Kurzgeschichte gegenüber. Also lieber irgendetwas Thujon-freies süffeln lassen und dann darauf die üblichen Alk-Fantasien setzen, sonst hast Du die Zunft der Absinth-Freunde gegen Dich. Mich inklusive. ;)

Eine der Faustregeln bei Kurzgeschichten ist ja, dass von Anfang an klar sein sollte, was Du mit der Geschichte willst. Soll heißen: welches Ziel hat die Story. Da würde der "Astronaut" gewinnen, wenn die Freundin schon vorher einen Platz bekommt, zumindest in der Reflexion. Und wenn klar würde, in welcher Beziehung Besäufnis und Trennungswunsch stehen.

So mäandert die Geschichte arg ziellos vor sich hin, steigert sich zwar, hat auch etliche nette, sprich originelle Zeilen und Gags, aber dem Leser ist nie klar, ab wann er abbrechen kann, ohne etwas zu verpassen. Denn dein Prot will ja gar nichts erreichen. Oder zumindest erfährt man dies erst mit dem letzten Satz.

Hier noch ein paar Kleinigkeiten:

was die Fee aus der Falsche betrifft
Flasche?
die Fee, mit ihren 72% und dem Thujion
weiter oben schreibst Du Thujon, was der Sache näher kommt.
„I´ll Show you my friend.“ „hotest girls in praha“
sag mir, dass die Rechtschreibfehler Absicht sind, weil ja ein Ausländer spricht: "I'll show you" - "hottest" (die hört kein Mensch, diese Fehler)
Stattdessen, kippe ich den grünen Rest entwaffnet und ergeben in den Rinnstein
klingt auch ohne Komma sehr schön (und grammatisch sogar richtig)
die Frauen aus dem Schaufenster sind alle samt hier und alle samt ist ihnen warm
laut meines Dudens hat sich die Rechtschreibreform noch nicht des Ausdrucks "allesamt" bemächtigt. Und Du sagst ja auch, sie hätten eher alle weniger samt an.
„Eileen, ist she in the bed, schon ins Bett gegen, die Eileen?“
gegen? gegangen vielleicht?? oder nur noch bruchstückhaftes Gestammel eines Delirierenden? Ich hoffe doch, Du hast die Geschichte erst nach dem Aufwachen geschrieben...
dass man nun Mal nichts machen kann
nun mal?
ich mailäferähnlich ins Schwimmen gerate
mailäfer? maikäfer?? Wann schwimmen die denn? hm...
Ich dagegen, wage kaum zu atmen.
Komma als Kunstpause? Dann doch lieber Gedankenstrich. Oder durchschreiben.

Gruß,
Ennka

 
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Hallo Peter,

der Text scheint autobiografisch zu sein, jedenfalls dem Namen nach, den du für deinen Prot verwendest. Aber auch so las er sich für mich entsprechend und brachte mich zu dem Problem, dass es für autobiografische Texte oft gibt. Ich wusste partout nicht, warum ich diesen Text lesen sollte.
Gossentexte können durchaus eine gesellschaftliche Relevanz und Berechtigung haben. Dieser hier dümpelt aber nur in einem privaten Besäufnis in Prag vor sich hin, bleibt letztlich die Privatsache des Autors und findet keinerlei Erweiterung zu einer gesellschaftlichen Perspektive. Er ist schlicht belanglos. Warum du ihn gerade in diese Rubrik gestellt hast, blieb mir völlig verschlossen.

Und was die Fee aus der Falsche betrifft
aus der Falsche? Was ist das denn?
betrifft: nachdem ich eben beim Schlucken
Da ein vollständiger Satz folgt, nach diesem Doppelpunkt groß weiter.
Liebsten wären –sogar obwohl ich etwas
fehlendes Leerzeichen
Nein, sagt sie nicht.
Warum hier die Negativierung einer positiven Antwort? Und das Komma ist überflüssig.
Ich bin viel zu besoffen, als dass ich wiederstehen könnte,
widerstehen
Lauter Leute in Bauarbeiterwesen rennen hier umehr
umher

Lieben Gruß, sim

 

..

Ja, das mit der Rubrik stimmt allerdings. Würde wohl eher in "Alltag" passen. Kann man verschieben oder muss man es löschen und dann in Alltag posten?

 

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